22 November 2024, 13:09:49

Autor Thema: VL1: Das Glasperlenspiel - Grundsätzliches  (Gelesen 33489 mal)

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merin

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Re: VL1: Das Glasperlenspiel - Grundsätzliches
« Antwort #30 am: 14 March 2014, 12:41:32 »
Mir sind noch zwei allgemeine Dinge aufgefallen.

1. Die sprachliche Eigenheit des Textes. Es gibt nicht nur eigene Ränge und Wörter (Repetenten, Magister Ludi...), sondern auch eigene Formulierungen: "je und je" verwendet jeder im Text, ich habe das noch nie vorher gehört. Dadurch entsteht eine Art Kunstsprache, die zum Inhalt ganz gut passt.

2. Das Werk gilt als Hesses Spätwerk. Dabei ist er erst über 30 Jahre später gestorben. Wie kommt denn das?
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Parzifal

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Re: VL1: Das Glasperlenspiel - Grundsätzliches
« Antwort #31 am: 14 March 2014, 14:08:29 »
Zitat
1. Die sprachliche Eigenheit des Textes. Es gibt nicht nur eigene Ränge und Wörter (Repetenten, Magister Ludi...), sondern auch eigene Formulierungen: "je und je" verwendet jeder im Text, ich habe das noch nie vorher gehört. Dadurch entsteht eine Art Kunstsprache, die zum Inhalt ganz gut passt.

Hesse hält diese Sprache und Ausdrucksweise in allen seinen Büchern (ich kenne 16) durch - es ist eindeutig sein Stil.

Zitat
2. Das Werk gilt als Hesses Spätwerk. Dabei ist er erst über 30 Jahre später gestorben. Wie kommt denn das?

Das Glasperlenspiel hat er 1943 geschrieben, im Alter von 66 Jahren. Gestorben ist er am 9. August 1962 (also 19 Jahre später) in seinem Sommerhäuschen in Montagnola (Tessin) Nach dem Glasperlenspiel hat er weiter geschrieben, bis zu seinem Tod. Vermutlich gilt ein Werk ab einem gewissen Alter als Alterswerk. Heute fängt das Leben ja erst mit 66 an, laut Udo Jürgens - damals war das vielleicht noch anders.  ;)

merin

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Re: VL1: Das Glasperlenspiel - Grundsätzliches
« Antwort #32 am: 14 March 2014, 14:21:57 »
Uups, entschuldige, ich habe die Jahreszahl seines Geburtsjahr fürs Sterbejahr genommen und das Sterbejahr fürs Geburtsjahr. Wahrscheinlich hilt alles ab dem Rentenalter als Alterswerk.
In Narziss und Goldmund erinnere ich mich auch an die eigentümliche Sprache (aber ohne "je und je", meine ich). Und "Unter dem Rad" fand ich sprachlich wesentlich näher am Alltagssprachlichen, wenn ich recht erinnere. Ist schon einige Jahre her, dass ich es gelesen habe.

Spannend ist auch, dass Technik in dem Buch keine Rolle spielt. Bislang gibt es Radios, aber reisen tut man immer noch zu Fuß. Das war ja auch 1946 nicht mehr so.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

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Re: VL1: Das Glasperlenspiel - Grundsätzliches
« Antwort #33 am: 14 March 2014, 17:28:37 »
Ich nochmal. Nun wollte ich doch mal genauer nachlesen. Bei Wikipedia ist zu lesen, dass Hesse im Internat war (er sollte Theologe werden) und dass er diesem vorbestimmten Weg aber entfloh:

Zitat
Nun begann, begleitet von heftigen Konflikten mit den Eltern, eine Odyssee durch verschiedene Anstalten und Schulen. Im Alter von nun 15 Jahren befand sich Hermann Hesse in einer depressiven Phase und äußerte in einem Brief vom 20. März 1892 Suizidgedanken („Ich möchte hingehen wie das Abendrot“). Im Mai 1892 versuchte der Jugendliche einen Selbstmord mit einem Revolver in der von dem Theologen und Seelsorger Christoph Friedrich Blumhardt geleiteten Anstalt Bad Boll.

Ich finde es ganz spannend, weil mir scheint, dass er in Knecht einen Gegencharakter entwirft: Knecht geht den vorbestimmten Weg - und trotzdem habe ich das Gefühl, dass eine Depressivität im Charakter des Josef angelegt ist.

Zum Glasperlenspiel steht bei Wikipedia:

Zitat
Im Spätwerk tritt diese Komponente noch deutlicher hervor – in den zusammengehörigen Werken Die Morgenlandfahrt und Das Glasperlenspiel verdichtete Hesse in mehrfachen Variationen sein Grundthema: die Beziehung zwischen einem Jüngeren und seinem älteren Freund oder Meister. Vor dem historischen Hintergrund der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland zeichnete Hesse im Glasperlenspiel eine Utopie der Humanität und des Geistes, zugleich schrieb er aber auch wieder einen klassischen Bildungsroman. Beide Elemente halten sich in einem dialektischen Wechselspiel die Waage.

Ich finde es spannend, dass das so sehr dem widerspricht, wie ich das Buch empfinde. Für mich sind die Beziehungen ziemlich blass, auch wenn jetzt im Kpaitel 7, wo der Altmeister erleuchtet wird, nochmal mehr Intensität da ist. Und für mich sit es auch keine Utopie, sondern klar Dystopie. Aber die Beziehungslosigkeit, die es für mich zur Dystopie macht, zieht sich durch alle Werke Hesses und hat vielleicht etwas mit seinem eigenen Blick auf Beziehungen zu tun. Möglicherweise nimmt er als beziehungsvoll wahr, was mir verknöchert und fern erscheint...
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