Hi Ofli,
schön, mal wieder was von dir zu lesen! Ich fang mal an und schau, wie weit ich in der begrenzten Zeit komme.
Mich wirfst du leider schon in den ersten zwei Sätzen raus:
Regen klimperte auf den Helmen und Waffen der Soldaten. Ihre Pferde pflügten mit schmatzenden Hufen durch Schlamm, der noch vor wenigen Stunden eine staubige Straße gewesen war.
Klimpern macht bei mir so ein leises, kuscheliges Bild. Und dann setzt du ein "pflügten" daneben, was rasant klingt. Ich bin verwirrt.
Jorik Durothrar ritt an der Spitze seines Kriegstrupps. Hoch aufgerichtet, trotzte er dem schneidenden Wind und genoss den schweren Duft frischer Wiesen.
Das Komma gehört da nicht hin. Und: Was sind frische Wiesen? Meinst du frisch gemähte? Udn echt. Er genießt es, da durch den Regen zu reiten? Müsste es da nicht nach nassem Pferd und Schweiß riechen?
Der Absatz danach irritiert mich auch.
Im folgenden Absatz gehst du in eine Rückblende. Die holpert für mich sprachlich ein wenig, da könntest du straffen. Stolpern tu ich aber vor allem über Königs-Thing. Denn Monarchie und Thing-Regierung sind für mich widersprüchliche Dinge.
Trotzdem ist es dir gelungen, eine Stimmung zu beschreiben, und das sehe ich als Pluspunkt. Ebenso wie, dass ich nun wissen will, wieso der Rat ihn losschickt, aber will, dass er scheitert.
"Er hätte den Regen ruhig aufwärmen können, wenn er uns schon decken will. Ich habe keine Lust an Fieber auf dem Heimweg zu sterben."
Das musst du umdrehen, finde ich: "Ich habe keine Lust, auf dem Heimweg an Fieber zu sterben."
Deine Leute sprechen schrecklich gestelzt und umständlich. Gestelzt kaufe ich als Ambiente, aber umständlich macht es anstrengend. Beispiel:
"Leider nein, Herr. Es gibt nur drei Straßen, die in das Herz vom Dorf führen, diese sind von Feldern ohne nennenswerte Deckung umgeben. Auf der Nordseite liegt ein Wald auf einem Hügel.”
Warum nicht:
"Leider nein, Herr. Alle drei Straßen ins Dorf sind von Feldern umgeben. Keine nennenswerte Deckung. Es sei denn wir nutzen den Wald auf der Nordseite.”
Vom Hügel müssen wir jetzt ja noch nichts wissen. Und wenn doch, mach einen bewaldeten Hügel draus.
Du hast oft Dinge doppelt erklärt. Wenn jemand einen Auftrag bekommt und bestätigt, musst du uns nicht sagen, dass er ihn ausführt. Dass Bogenschützen aus der Ferne agieren, wissen wir auch. usw. Dadurch wird der Text langsam.
Was mir allerdings fehlt, ist etwas Hintergrund. Oben hast du was von Plünderern erzählt, nun sagst du hier etwas von einer Armee. Das muss sich nicht widersprechen, aber zwei, drei Sätze Einordnung wären gut. Vor allem brauche ich ein individuelles Motiv deines Helden: Was hat er zu verlieren? Und was zu gewinnen?
Jorik ritt vom Weg herunter und ließ sich langsam von seinen Soldaten überholen, während er im Schritt neben ihnen herritt. Sie waren müde, erschöpft und sahen alles andere als kampfeslustig aus.
Mal doch bitte in Bild: Sie sitzen nass und zusammengesunken auf ihren Pferden und ... und: Hast du da nur Männer?
Die Ansprache ist leider enorm generisch. Geht es nicht irgendwie individueller?
Jorik orientierte sich wieder zur Front und ordnete an, dass die fünfzehn Armbrustschützen bei erster Gelegenheit auf die Dächer gehievt werden sollten, falls möglich.
Hier ist auch wieder so eine Doppelung: bei Gelegenheit = falls möglich.
So auch hier:
Björn hatte sich unterdessen daran gemacht, die zwanzig Bogenschützen abzuziehen.
Es war ein Wettstreit gegen die Zeit, den sie verlieren würden. Doch Jorik ließ nichts unversucht und trieb seine Männer immer wieder an. Björn musste wie ein wahnsinniger zurückgeritten sein, denn die anderen Späher stießen erst um einiges später zum Trupp.
Das weiß ich alles schon. Bis auf den letzten Satz und den verstehe ich nicht. Was hat Björns Tempo mit den Spähern zu tun? So oder so ist die Info unwichtig und du kannst den gesamten Absatz streichen.
Auch das, was jetzt kommt, ist generisch. Nichts Individuelles, nichts, was ich nicht schon x Mal gelesen oder in Filmen oder Spielen gesehen habe. Es tut mir leid, aber mich langweilt das leider.
Sie ritten so schnell der Untergrund es zuließ: Die Hütten und Häuser wurden mit jedem Schritt größer und purer Elan floss durch Joriks Venen. Nichts konnte sie aufhalten.
Das empfinde ich als Klischee pur. Und es widerspricht auch dem, was du vorher gemalt hast: Hoffnungslosigkeit.
In Folge werde ich nun nicht mehr so genau lesen. Ich habe sehr viel anzumerken. Du hast eine Vorliebe für Einschübe, vergisst aber immer die Kommas. Dadurch fällt die Orientierung im Text schwer. Du malst ganz schön ein mittelalterliches Setting, aber es wirkt ansonsten leider beliebig.
Das Auftauchen des Flügelwesens könnte ein individueller Faktor sein, aber leider bleibst du auch da generisch. Für meinen Geschmack bist du zu weit von deinen Figuren weg und in sehr temporeichen Szenen wirst du umständlich, statt klar und knapp. Nur als Beispiel:
Das war die Gelegenheit: Jorik sprang auf die schwarze Gestalt zu. Er schaffte es, hinter sie zu kommen. Sie breitete die Flügel aus, bereit zum Abheben. Er schlug mit ganzer Kraft zu und traf sie im Rücken, während sie abhob. Er spürte wie sein Schwert in ihr Fleisch eindrang. Ein Flügel traf ihn hart in die Seite und schleuderte ihn gegen die Trümmer eines Hauses. Der dumpfe Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen und ein hohes Pfeifen hallte in seinem Kopf. Er kämpfte gegen die Schwärze und sah nur noch, wie die schwarze Gestalt in den Himmel stieg. Sein letzter Gedanke galt seinen Männern, bevor die Schwärze ihn erneut empfing.
Du hast sehr viele Doppelungen. Und: "Er spürte, er sah, ...." kannst du eigentlich immer streichen. Und: Er ist ja nicht hinter der Gestalt, sondern auf ihr. Ich denke mal, das kannst du ohne Informationsverlust um die Hälfte kürzen. Stattdessen kannst du uns zeigen, wie groß das Vieh ist und wie es denn nun aussieht.
Würde ich weiterlesen? Nope. Mich interessieren die xten Geschichten über den ach so glorreichen cis Mann-Krieger, der allein dem Monster auf den Rücken springt, nicht mehr. Und Frauen und Kinder kommen nur als Opfer vor. Gähn. Sowas hat sicher Fans, aber ich gehöre nicht dazu. Außerdem habe ich nichts an der Hauptfigur, was mich hookt, was mein Interesse weckt.
Das Pacing ist mir durchweg zu langsam. Ich finde, du könntest am Anfang noch etwas mehr Ambiente einbauen, uns zeigen, wer da reitet und vor allem: Du führst drei Figuren ein, die gehen mir aber immer wieder durcheinander, weil die alle gleich vage sind. Bau da erste Individualität ein.
In der Kampfszene muss für meinen Geschmack das Tempo anziehen. Kurze Sätze, knackig. Wiederholungen nur, wenn es rhythmisch nötig ist.
Und ich brauche wirklich einen Hook. Es kam zu Anfang die Frage auf "wieso soll er scheitern?", aber du hast sie nicht weiter gefüttert. Irgendwas brauche ich hier.
Sorry, das ist jetzt eher ein Verriss. Aber vielleicht hilft er dir trotzdem.
LG
merin