Nope!!
Es gibt immer den Erzähler, der eben nur in verschiedenen Funktionen sich in den Roman einschaltet.
Der auktoriale Erzähler weiß alles, kann in alle Köpfe eindringen, wie er will.
Der personale Erzähler - mehr oder minder - gibt die Geschichten nur aus den Köpfen der Handelnden wieder, er weiß nur, was sie wissen.
Der neutrale Erzähler betrachtet es mehr oder minder nur von oben, gibt wieder, was er hört und sieht. Kommt aber nicht an die Gedanken der Figuren ran.
Der Ich-Erzähler unterliegt noch mehr der Perspektive desjenigen, in den er schlüpft.
Um es hier mal kompliziert auszudrücken, selbst wenn du die Hauptfigur, der in manchen Szenen als Ich-Erzähler auftritt, dann in die Erzählerperspektive wechseln lässt, dann gibt es immer noch den Erzähler, der wiedergibt, was der andere Erzähler gerade sagt, denkt, fühlt, sieht. Denn es gibt immer den Erzähler, der die Geschichte erzählt.
Und das wäre wohl eine neue Kategorie des Erzählers, jenseits von auktorial, personal, neutral und Ich-Form.
Bei dir wäre es so.
Der Erzähler dringt in den Kopf des Ich-Erzählers, sagen wir Kapitel 1.
Wenn dann der Ich-Erzähler zum Erzähler wird, dann ist der andere Erzähler immer noch im Kopf des Erzählers.
Ok, komische Sätze.
Daher muss ja eben der Leser plausibel nachvollziehen können, wie dieser Wechsel möglich ist.
Also, der Ich-Erzähler erlebt irgendwas in seinem Kapitel. Wenn er jetzt zum Erzähler wird, dann könnte es vielleicht so sein.
Der Erzähler macht klar, dass er nun über die Vergangenheit berichtet, was er erlebt hat, was er glaubt, was die anderen gesagt, erlebt und gefühlt haben mochten. Er kommentiert also nur die Vergangenheit und stellt sie szenisch da, und wenn er nicht magische Fähigkeiten hat, wird er nie die Gedanken wiedergeben können!!!
Hier ist es schlicht nicht möglich, das der Ich-Erzähler an die Gedanken der anderen herankommt. Da wäre ich auf deine Erklärung gespannt, wie du das Problem für den Leser auflösen willst.
Und wenn du ganz viel Zeit hast
Bauer, Matthias: Romantheorie und Erzählforschung. Eine Einführung. Stuttgart, Metzler Verlag 2005, ISBN: 978-3476020796
Stanzel, Franz K.: Theorie des Erzählens. Stuttgart, UTB 2002, ISBN: 978-3825209049
Vogt, Jochen: Aspekte erzählender Prosa. Eine Einführung in Erzähltechnik und Romantheorie. Stuttgart, UTB 2008, ISBN: 978-3825227616