22 November 2024, 05:58:27

Autor Thema: Der Wächter des Hauses  (Gelesen 3602 mal)

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Lionel Eschenbach

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Der Wächter des Hauses
« am: 14 April 2021, 22:52:20 »
In einer Röstung von euch, wurde gesagt, ich müsste dichter an den Prota heran.

Paul hatte gesagt, ich solle mit Kurzgeschichten anfangen und nicht mit einem Roman. Ich finde aus vielerlei Gründen Kurzgeschichten einfacher. Aber im Augenblick mag ich komplexe Romane. Der Vorteil an einer Kurzgeschichte ist, dass auf kurzen Raum etwas Wesentliches geschrieben werden kann. Es gibt kein Vorher, kein Nachher. Nur den Moment.

Hier eine Kurzgeschichte, die aus einem Schreibprojekt entstanden ist. Nur zwei Seiten Text.

Frage, bin ich hier näher an meinem Prota als bislang in meinem Roman? :)

Das Schreibprojekt war wie folgt. Wir haben ein Bild bekommen und mussten daraus eine Geschichte machen.


Der Wächter des Hauses.

Sein Blick verfolgte mich. Seit ich mich erinnern kann, wachte er vor dem Haus. Nie hat er gelächelt. In stoischer Ruhe trotzte er Schnee und Sturm. Die Zeit konnte ihm nichts anhaben. Nur die Farben waren verblasst. Das Rot der Mütze war ein schmutziges Braun.
»Tut mir leid«, sagte ich. Ein Stück vom Ohr fehlte. Ich hätte ihn nicht mit Steinen bewerfen sollen. Damals als Kind.
»So behandelt man keine Menschen«, hatte meine Mutter gesagt, wenn er verschwand. Am nächsten Tag war er wieder da. Ich war ein Kind gewesem. War es wirklich  schon vierzig Jahre her?
»So behandelt man keine Menschen«, wieder hörte ich ihre Stimme in mir, als stünde sie am offenen Fenster. Mit vorwurfsvollen Blick. Mir wurde schwer ums Herz. Als Student hatte ich mich ereifert, meine Mutter davon zu überzeugen, den Gartenzwerg in die Tonne zu werfen. »Ich mag ihn, er bleibt, wo er ist«, antworte sie und wusch meine Wäsche.
Du hättest öfter kommen müssen, schrie er mich still an. »Sei still«, sagte ich und schaute über den Zaun.
Im Kübel stapelten sich die Blätter. Ein Windzug wirbelte einige heraus. Sie hatte es nicht mehr geschafft, sie zum Komposthaufen zu bringen. Ich biss die Zähne zusammen und vermied, ihn anzusehen. Der Stacheldraht muss gemacht werden, hatte sie gesagt, als sie schon schwach war. Ein Pfahl war vom Sturm umgeknickt. Schuldgefühle schnürrten meine Kehle zu. Überall lagen vertrocknete Blätter herum und der Rasen war braun.
Bevor ich in die Welt auszog, musste ich ihn mähen und im Herbst die Blätter einsammeln und verbrennen. Darauf bestand sie. Könnte ich es  heute noch tun. Mich danach auf die alte Küchenbank setzen, um Apfelkuchen mit Sahne zu essen.
»Tut mir leid«, sagte ich leise. Er antwortete nicht. Ich erinnerte mich, wie ich einmal mit dem Rasenmäher über ihn gefahren bin. Die Kratzer auf seiner Mütze mahnten mich, so behandelt man keine Menschen.
Ich blickte zum Haus. Alles war mir so vertraut. Die alten weißen Vorhänge. Der Plastikpinguin hinter dem Fenster. Auch von ihm konnte sich meine Mutter nicht trennen. Sie liebte diesen künstlichen Firlefanz. Das Haus, wie ich, wir waren alt geworden. Die Fassade sah schäbig aus. Farbe würde ihr gut tun. Aber dafür war meine Mutter zu schwach gewesen und ich hatte ein Leben in einer anderen Stadt.
Irgendwann kamen die Pfleger, sie saß im Rollstuhl am Fenster, wenn ich sie besuchte.
Ich musste  durchatmen. Ich war auch schon im Herbst des Lebens. Er kommt schneller, als man denkt. Ich blickte zum Zwerg zurück und die Erinnerungen meiner Kindheit schossen mir in den Kopf. Es waren unbeschwerte Zeiten gewesen. Das hier ist meine Heimat, dachte ich. Aber der Satz schmeckte fahl. Seit über dreißig Jahren wohnte ich in einer anderen Stadt, in einem Haus mit Garten. Ohne einen Gartenzwerg. Heute bat ich meine Kinder, den Rasen zu mähen und die Blätter einzusammeln. Doch nun fühlte sich mein Elternhaus wieder wie warmer Apfelkuchen an. Ein warmes Gefühl ließ meine Haut kribbeln. Er schien es zu spüren. Ein Blick reichte. Als ich hier wohnte, dachte ich selten an die Vergangenheit, ich wollte immer nach vorne schauen. Das Leben lag vor, nicht hinter mir. Aber jetzt, wo ich den Gartenzwerg sah, wollte ich zurückblicken. Wollte jede Sekunde bewahren, die sich in mir aufdrängte. Ich strich mit meiner Hand über die Holzlatte. Sie war grau und verwittert.
Aber ich hätte nicht häufiger kommen können. Vier Stunden Autofahrt um zurückzukehren. Ursula mochte keine langen Autofahrten. Kannten wir uns wirklich schon 27 Jahre? Fin war auch schon 18 und Ben 21.
Im Nachhinein sind wir immer schlauer. Ich hätte sie öfter besuchen müssen. »Und natürlich dich«, sagte ich und schluckte. Erst fing es mit leichten Rückenschmerzen an. Ipoprophen reichte irgendwann nicht mehr. Sie ging zum Arzt. Es war nicht der Zahn der Zeit, der an ihr genagt hatte. Der Krebs war schon fortgeschritten. Ich nahm Urlaub, stieg ins Auto und begleitete sie zu den Ärzten. Verdammt. Ich musste doch  arbeiten. Die Hypothek ist erst nächstes Jahr abbezahlt.
An meinem Kinderzimmer waren keine Vorhänge. Diese 15 Quadratmeter waren damals mein Königreich gewesen. Dort las ich die Bravo. Das Haus und der Gartenzwerg hatten mich wie meine Mutter geschützt.
»So behandelt man keine Menschen. Ich weiß Mutter, ich habe gelernt«, sagte ich leise.
Ich ging zum Gartentor, es quietschte. Viel musste getan werden, um das alles hier wieder in Schuss zu bringen. Aber ich hatte ein eigenes Haus in einer anderen Stadt. Letztes Jahr hatte ich den Dachboden ausgebaut und einen Teich angelegt. Auf der Terasse grille ich mit meinen Freunden. Ein Leben in einer anderen Stadt in einem anderen Haus.
Ich habe über dich gewacht, als das hier deine Heimat war, drängten sich die Worte des Gartenzwerges in meine Schuldgefühle. Du hättest häufiger kommen müssen, fügte er an. Ich seufzte. Ich war es, der den Rollstuhl in das Zimmer geschoben hatte. Eine große Fensterfront, draußen hoppelten Hasen über den Rasen. Wenn ein Krankenzimmer in einen Garten führt, ist es ernst. »Gieß die Blumen, wenn du zurück bist. Und lass ihn in Ruhe«, hatte sie mit leiser Stimme gesagt. Sie war voller Hoffnung, doch sie verlor. Das war vor vier Monaten. Die Zeit verstrich. Entscheidungen mussten getroffen werden.

Fremden Leute kamen aus dem Haus. Ich konnte aus den Gesichtern lesen, dass mein Elternhaus mir nicht mehr gehörte. Der Makler schloss die Tür. »Sie werden das Haus kaufen, zu dem Preis, den wir abgesprochen haben.« Freude wollte in mir nicht aufkommen. Ich blickte nach rechts und meine Schritte waren leicht, fast schon rannte ich. Ich bügte mich, nahm ihn auf. »Ich nehme ihn mit«, sagte ich. Die Käufer lächelten.
»Gerne, wir hätten ihn eh wegeworfen, diese Dekoration ist nicht mehr zeitgemäß.«
Die Blätter raschelten, als ich mich ins Auto setzte.
Mein Wächter saß auf dem Beifahrersitz und er schien zu lächeln.
« Letzte Änderung: 20 April 2021, 23:09:35 von Lionel Eschenbach »

merin

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #1 am: 15 April 2021, 09:37:28 »
Sorry, da muss ich erstmal schließen. Einen Text pro Woche lautet die Regel. Bei Einzelsatzröstungen machen wir gern eine Ausnahme, aber das ist hier nicht der Fall. Am 18.4. mach ich wieder auf.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Viskey

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #2 am: 20 April 2021, 19:47:42 »
Der 18. 4. kam und ging ...

Hier ist somit (mit 2 Tagen Verspätung, bitte um Entschuldigung dafür) wieder offen.
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merin

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #3 am: 20 April 2021, 20:53:11 »
Oh ja, stimmt. Sorry auch nochmal von mir.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Lionel Eschenbach

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #4 am: 20 April 2021, 23:02:05 »
Danke, habe - grummel - einige Formatierungsfehler korrigiert, die beim Reinkopieren entstanden sind.
Das wäre aber eine Geschichte, selbst wenn einiges noch geschärft werden müsste, die ich irgendwann mal bein einer Ausschreibung einreichen würde.

Sorry, dass ich die Regeln missachtete, war keine Absicht.
« Letzte Änderung: 20 April 2021, 23:11:02 von Lionel Eschenbach »

Paul

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #5 am: 21 April 2021, 12:16:45 »
Lieber Lionel

Hier ist ja nur der Schnellimbiss - darum keine Röstung aber dafür eine Rückmeldung zu deiner Frage:

Ja, der Text ist sehr viel näher an deinem Protagonisten. Er lässt den Leser, die Leserin in die Gefühlswelt deines Protagonisten eintauchen. Diese Gefühlswelt ist sehr dicht beschrieben - mit Schuldgefühlen und Kindheitserinnerungen. Auch sprachlich ist der Text sehr viel dichter erzählt - mit vielfältigen Beschreibungen, welche die Welt hinter der Geschichte lebendig werden lässt. Darüber hinaus hast du mit dem Gartenzwerg eine "Kunstfigur" in der Geschichte erschaffen, die ihr eine ganz eigene Note gibt - und die auf der emotionalen Ebene ein Bild für das "Verlorene" schafft.

Paul
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Lionel Eschenbach

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #6 am: 21 April 2021, 17:30:05 »
Danke Paul, aber es sind eben nicht 600 Seiten mit verschiedenen Handlungssträngen, Perspektiven und und und. Und nur an einem kürzen Text zu arbeiten, der in sich geschlossen ist, fällt mir natürlich leichter. Selbst wenn es in dem Text noch viel zu rösten gäbe.

Aber es ist der helle Wahnsinn, wollte ich diese Dichte Seite um Seite in meinem Roman erzielen. Aber hey, ich liebe Herausforderungen :)

L.

Paul

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #7 am: 21 April 2021, 19:54:11 »
Lieber Lionel

Ich kenne das von meinem Romanprojekt. Trotzdem arbeite ich immer wieder daran, "bildhaft" zu schreiben. Z.B. indem ich immer wenn eine Figur zum ersten Mal auftaucht, eine Beschreibung dieser Figur mache, oder indem ich jeden neuen Ort versuche so zu beschreiben, dass man ihn sich vorstellen kann, ohne gleich einen ganzen "Roman" daraus zu machen. Dabei gewinnt im Moment in meinem Roman die innere Stimme immer mehr Raum. So wird der Gedankenstrom des Protagonisten - seine innere Gefühlswelt - der Anker, der die Leserinnen und Leser an der Stange hält, so dass es nicht mehr so auffällt, wenn nicht jeder Baum einzeln erwähnt wird. Aber es ist ein Abwägen. Und eine innere Erzählstimme ist einfacher zu gestalten, wenn es nur einen Protagonisten gibt. Bei mehreren Hauptfiguren brauchst du mehrere klar unterscheidbare Stimmen. Das ist eine deutlich größere Herausforderung. Ich bin im Moment schon hoffnungslos mit meiner einen Stimme überfordert. Trotzdem ist es immer wieder schön, wenn die Welt, durch die die Protagonisten gehen, einen eigenen Glanz hat - und so auf besondere Weise sichtbar wird.

Paul
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trillian

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #8 am: 22 April 2021, 23:34:54 »
Lieber Lionel,

nur auf die Schnelle: (Ist ja auch der Schnellimbiss  :biggrin:)

Die Geschichte gefällt mir gut. Ist rund und liest sich flüssig. Ich finde sie berührend und die Nähe zum Prota ist da.

LG
trillian

merin

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #9 am: 23 April 2021, 11:31:08 »
Lieber Lionel,

nun habe ich mir auch Zeit für deine Geschichte genommen. Das ist ja der Schnellimbiss, daher gehe ich nicht so sehr in die Tiefe.
Die Geschichte ist näher am Prota als die letzten Texte, die du auf den Rost geworfen hast. Trotzdem fehlt mir da noch ganz viel. Vielleicht liegt das auch an meinen Therapeutinnenblick, Elternbeziehungen sind ja sozusagen Kern meines Metiers.
Ich finde es hakt einerseits sprachlich, da gibt es viele Fehler (bügte statt bückte bspw. aber auch noch viele andere und ganz oft PQP, wo einfache Vergangenheit hingehört), andererseits aber auch inhaltlich. Protanähe heißt ja, dass wir nicht nur eine generische Vorstellung bekommen (aha Trauer nach Tod der Mutter und Konfrontation mit der eigenen Vergänglichkeit) - sondern dass wir eine genaue Idee haben, was diese Trauer im besonderen ausmacht. Mir wird nicht ausreichend klar, welche Beziehung der Prota zu seiner Mutter hat. Warum ist er denn nicht gekommen? Ich nehme an, da gab es eine Ambivalenz, die aber im Text nicht einmal angedeutet ist.
Auch einige Bilder sind für mich nicht rund. Warum gibt es ein Problem, wenn ein Krankenzimmer auf einen Garten rausgeht? Die Mutter wird als fordernd beschrieben - nun fordert er genauso von seinen Kindern. Eine Auseinandersetzung mit der Schwierigkeit solcher Forderungen findet nicht statt. Muss auch nicht, aber ich finde es ungünstig, wenn das Gefühl entsteht, der Autor habe es nicht durchdacht und es handle sich nicht um ein Problem des Protas. Dieser Text gibt mir dieses Gefühl. Auch die Kindheitsbilder sind für meinen Geschmack teilweise nicht rund. Warum war er denn so aggressiv auf den Gartenzwerg? Was hat er an dem abgehandelt? Und was für ein Zwerg ist das eigentlich? Gartenzwerge gibt es in vielen Varianten und obwohl der hier so zentral ist, habe ich keinerlei Bild von ihm. Das fehlt mir.
Und dann der Zwerg an sich. Warum wird er als Mensch dargestellt? Das erschließt sich mir nicht. "So behandelt man keine Menschen" - als Satz einer Frau, die wahrscheinlich den Holocaust miterlebt hat. Den Krieg. Die von ihrem Sohn etwas fordert, ihn vielleicht als Kind geschlagen hat. Eine Frau, die sich nicht traut zu sagen "Ich fühle mich von dir schlecht behandelt" gegenüber einem Sohn, der sich nicht traut, ihr dasselbe zu sagen? Ist das das eigentliche Thema?
Ich habe die Fantasie, dass eigentlich am Zwerg die Beziehung zur Mutter abgehandelt wird, aber das ist für meinen Geschmack nicht durchgängig genug der Fall. Er könnte auch für ein Spiegelbild des Prota stehen, aber auch das ist nicht wirklich angelegt. Er könnte auch für ein Kind stehen, den Jungen, der der Prota einmal war. Das ist gar nicht angelegt.

Die Stärke der Geschichte finde ich den emotionalen Gehalt. Es kommt Wehmut bei mir an, auch Schuldgefühle. Allerdings scheinen mir die eher auf die eigene Vergänglichkeit bezogen als auf die Mutter. Ein interessanter Kern der Geschichte (er trauert um sein eigenes Sterben, nicht um den Verlust einer Mutter, die er schon lange verlassen hat) - aber es bräuchte noch etwas Arbeit, um den herauszuschälen. Wahrscheinlich nicht nur Schreibarbeit ...
Es gibt auch einige schöne Bilder, der Gartenzwerg im Laub - das mag ich. Auch das steht ja für Vergänglichkeit. Aber wie gesagt, insgesamt bleibt mir der Text zu vage, zu unklar, zu wenig in die Tiefe durchdacht.

So weit ...
merin
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Lionel Eschenbach

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #10 am: 23 April 2021, 13:50:48 »
Nur kurz zum Krankenzimmer :)

In der Tat ist es so, dass viele Krankenhäuser auch eine Palliativabteilung haben. Sie liegt meist gesondert, etwas abseits. Und wie ich es kennengelernt habe, führte das Einzelzimmer meines Vaters in einen Garten. Die Hasen waren erfunden.

Von daher, wenn wir in ein Krankenzimmer geführt werden mit Zugang zu einem Garten,  dann wissen wir, unsere Zeit auf Erden läuft ab. Palliativ, wenn ich mich richtig erinnere, heißt noch 6 Monate zu leben, Hospitz noch drei Monate.

Der Satz war verdichtet und verlangt sicherlich vom Leser um die Ecke zu denken, was damit gemeint sein könnte. Ich hatte mich bewusst entschieden, es dabei zu belassen.


Nun, ich kenne deine Situation nicht, hier kenne ich dich nur als merin. Schaue ich aber auf mein Leben, was in die Geschichte sicherlich einfließt, dann leben wir oft nicht mehr in der Stadt unserer Eltern. Und soweit ich es für meine Mutter sagen kann, sie hätte mich gerne öfter gesehen. Am Ende waren es vielleicht noch 10 mal im Jahr. Sicherlich haben wir häufiger telefoniert.

Auch ich musste mein Elternhaus verkaufen. Ich weiß noch, dass ich, kurz bevor die Verträge unterzeichnet wurden, lange durch das Haus, um das Haus, durch den Garten und in der Gegend herumgegangen bin. Ich bin auf dem Lande groß geworden, jeden Grashalm hätte ich mit Namen benennen können. Und dabei habe ich viel an meine Kindheit gedacht. Ich hatte aus meinem Elternhaus 17 Tonnen entsorgen müssen. Zigtausend Bilder, hundert Handtücher, ein Motorradtank. Sogar der  Chemiebaukasten und meine Ehrenurkunden habe ich weggeworfen. Ok, es gab keinen Gartenzwerg. Ich glaube, jeder von uns kennt irgendetwas, was in seinem Elternhaus - solange wir darin nicht mehr wohnen -  immer dort stand. Und solche Gegenstände triggern unsere Gedanken. So hatte ich mir die Funktion des Zwerges gedacht.

Ich schätze mal, du bist nicht auf dem Lande groß geworden. Also im Rückblick möchte ich sagen, ich habe als Kind durchaus nicht immer Tiere respektvoll behandelt, dass musste ich erst lernen. Ach, so ein Luftgewehr ist fein. Wie sagte meine Mutter mit bösem Blick. "So behandelt man keine Tiere." Das habe ich auch gelernt.

@merin, hast du dich nie geprügelt als du jung warst? So behandelt man keine Menschen. :)

Ok, war doch nicht kurz, mist.

Und hätte meine Mutter einen Gartenzwerg gehabt, dann wäre ich da sicherlich - aber nur aus Versehen - mal rübergefahren :)

So long. Danke für deine Rückmeldung.
 











 
« Letzte Änderung: 23 April 2021, 14:08:18 von Lionel Eschenbach »

merin

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #11 am: 23 April 2021, 14:06:19 »
Ich hatte nichtmal begriffen, dass sie nicht mehr in ihrem Haus ist. Und da ging das Zimmer dann eben immer zum Garten. Eben hab ich nochmal nachgelesen: Es steht da wirklich nicht. Nur wenn ich es weiß, kann ich es erahnen. Warum hast du dich denn dafür entschieden, es dabei zu belassen?

Ansonsten wird meine Mutter seit 15 Jahren palliativ behandelt. Nicht durchgängig stationär, aber durchgängig palliativ.

Und dann würde mich schon interessieren, wie es dir mit meiner Rückmeldung geht.
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Lionel Eschenbach

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #12 am: 23 April 2021, 14:28:52 »
Es geht mir gut mit deiner Rückmeldung, da ich gerade am Rechner sitze, schreibe ich doch gerne.

Sicherlich war es Zufall, dass ich die Geschichte hier reingestellt habe, wegen der Nähe zum Prota. Die Geschichte ist ca. ein Jahr alt. Der Schreibezeitraum war zwei Wochen, dann war das Treffen der Gruppe.

"Irgendwann kamen die Pfleger, sie saß im Rollstuhl am Fenster, wenn ich sie besuchte."


"Erst fing es mit leichten Rückenschmerzen an. Ipoprophen reichte irgendwann nicht mehr. Sie ging zum Arzt. Es war nicht der Zahn der Zeit, der an ihr genagt hatte. Der Krebs war schon fortgeschritten. Ich nahm Urlaub, stieg ins Auto und begleitete sie zu den Ärzten. Verdammt. Ich musste doch  arbeiten. Die Hypothek ist erst nächstes Jahr abbezahlt."

Hier hast du recht, habe mir die Geschichte jetzt wieder mehrfach durchgelesen. Der Bezug, bzw. die Logik ist nicht deutlich. Das passt nicht. Der Krankheitsverlauf ist nicht stimmig.

Sicherlich irritiert den Leser auch.

" Ich war es, der den Rollstuhl in das Zimmer geschoben hatte. Eine große Fensterfront, draußen hoppelten Hasen über den Rasen. Wenn ein Krankenzimmer in einen Garten führt, ist es ernst."

Dieser Satz muss eigentlich als ein Satz gelesen werden. Erst mit dem Satz, "wenn...." muss klar sein, dass es nicht das Zimmer im Haus, sondern das Zimmer im Krankenhaus gemeint ist. Wieder erliege ich hier meiner Schwäche zu glauben, dass dieser Satz ausreicht, den Bezug zum Krankenhaus sicher für den Leser herzustellen. 


Generell vermische ich dazu zwei Ebenen auf sehr kurzen Raum und das war auch so gewollt. (Wir durften maximal zwei Seiten schreiben)

 - Reflexion des Prota an seine Kindheit, (Vergangenheit)
 - leichte Schuldgefühle des Prota, er hätte seine Mutter häufiger besuchen können. (Gegenwart)

Ein zentrales Motiv: So behandelt man keine Menschen.

Also:
Kind behandelt Zwerg schlecht. Mutter ermahnt Kind, weil sie den Zwerg mit einem Menschen gleichsetzt.
Mann behandelt Mutter insoweit schlecht, als das er glaubt, er hätte sie häufiger besuchen müssen. (Schuldgefühle)

"So behandelt man keine Menschen." (eigenen Schuldgefühle des Prota)

Und ja, ich habe es verdichtet, und eben nicht explizit erklärt. Ich ließ also den Leser alleine mit einer Stimmung.





 
« Letzte Änderung: 23 April 2021, 14:43:19 von Lionel Eschenbach »

merin

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Re: Der Wächter des Hauses
« Antwort #13 am: 23 April 2021, 14:36:46 »
Ibuprofen heißt das Medikament übrigens.

Die Vermengung finde ich nicht das Problem. Das Problem ist die Unklarheit. Und auch die Behauptungen, die ich nicht nachvollziehen kann. Muss ein Sohn seine kranke Mutter häufig besuchen? Warum? Wie häufig?
Und was soll das eigentlich mit dem Zwerg? Worum geht es eigentlich? Wofür steht er?

Ich denke, du hast diese Geschichte damals geschrieben und für einen ersten Wurf ist sie gut. Aber nun braucht es das Durchdenken und Feilen, damit sie wirklich rund wird. Ich bin mir aber gar nicht sicher, ob das dein Anspruch ist.
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