Nicht ins Höllenfenster
Dieser Text ist entstanden, als ich mir diesen Namen in einem Forum gab. Irrlicht wäre ja viel naheliegender gewesen, also habe ich mir überlegt, was den nun der Unterschied zwischen einem Irrlicht und einem irrenden Licht ist.
Meine Antwort war, das ein Irrlicht in die Irre leitet, es lässt jene die ihm folgen, verloren gehen. Ein irrendes Licht ist aber selbst verloren. Und so entstand diese Geschichte.
Es interessiert mich sehr, was ihr dazu denkt.
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Unsere Welt ist blau. Nicht nur aber zum größten Teil. Wir leben in ewiger blauer Nacht. In einem ewigen Traum. Nur unterbrochen von winzig kleinen Feuern, die kaum die Eingangstüren unserer winzigen Hütten erhellen.
In diesen Hütten verstecken wir uns vor der ewigen Nacht. Wir gehen nur raus, um etwas wie Beeren und Holz zu sammeln. Um etwas zu suchen das wir mit hineinnehmen können. Hinein, dorthin wo das Licht warm ist und nicht von den Sternen kommt. Doch das ist falsch. Wir fürchten uns vor der dunklen Welt da draußen und das ist falsch. Denn nur dort sehen wir, dass wir kein Feuer brauchen. Weil wir selbst leuchten.
Ich laufe auf weglosen Pfaden durch die Nacht. Ich betrachte die Welt, in dem Licht, das ich auf sie werfe.
Ich sehe euch nicht gut, aber ihr seht mich.
Ihr wollt ein Teil von mir haben, weil ich heller bin als eure Kerzen und ihr mein Licht braucht. Weil ihr vergessen habt, dass ihr selbst leuchten könntet, wenn ihr das falsche Licht nur verbannen würdet.
Ihr lasst mich nicht gehen. Ich wollt ein Stück von mir. Ihr wollt mich in eure Hütte sperren auf das sie nie wieder dunkel wird. Ich fliehe, aber ich bin nicht schnell genug. Zu lange könnt ihr mich binden und aushöhlen. Zu lange bleibe ich ruhig und werde von eurem falschen Licht geblendet.
Ihr könnt mein Licht nicht halten, das Licht, das ihr mir genommen habt. Ihr beginnt bereits es zu verachten, weil es euch zeigt, was ihr verloren habt, was ihr nicht seid, und vor allem, was ihr seid. So leer, dass alles Licht der Welt euch nicht erfüllen kann. Ihr füllt euch mit Gift, weil es das einzige ist, von dem ihr genug habt.
Doch euer Gift tut mir zwar weh, aber es verseucht mich nicht. Ich leuchte noch immer und ihr ertragt es nicht. Ihr werft mich weg. Jetzt da ich keine Haut mehr habe und kaum noch laufen kann, werft ihr mich weg. Und ich gehe.
Doch nun da ich endlich gehen kann, da ihr endlich satt an meinem Licht seid, ist nur noch so wenig davon übrig. Ich gehe, langsam und gebrochen. Doch ich gehe. Und das ist gut.
Es tut weh mit jedem Schritt, aber ich gehe. Meine Haut wird nachwachsen und mein kleines Licht, noch kann es mir leuchten.
Ich wandere, aber ich heile kaum. Ich bade im kalten Fluss und sehe wie mein Licht davongetragen wird. Ich blute und doch blute ich nicht aus. Ich strahle noch immer und das beruhigt mich, den ich weiß, ich bin nicht mehr so hell, aber doch noch da. Ich bin nicht mehr ganz, aber ganz genug.
Ich folge keinem Weg, denn ich habe kein Ziel. Ich genieße die Reise. Ich will nicht das sie endet und deshalb tut sie es nicht. Ich genieße es, verloren zu sein.
Die dunklen Wälder verzaubern mich. Der Nebel, der alles silbern färbt, die Sterne, die die Blätter glitzern lassen, der Schnee, der auf den Tannen liegt.
Du hast mich gesehen. Und deine Hütte verlassen. Zum ersten Mal, war da draußen etwas interessanter als drinnen. Du folgst mir. Du tust mir nichts, du willst mich nur sehen. Ich gehe weiter und du folgst. Ich rede mit dir, aber du wiederholst nur meine Worte, saugst sie aus, wirfst sie zurück.
Du bist ein bodenloses Fass, du bist ein Spiegel. Du kannst nur zurückwerfen was du siehst.
Du willst für immer so strahlen wie ich. Aber ich bin nicht du. Ich bin nicht ewig hell. Ich bin nicht für dich. Und du machst mir Angst. Du benimmst dich wie ich und doch nicht. Du bist immer hinter mir, aber wenn ich mich zu dir umdrehe sehe ich was vor mir liegt. Du stiehlst mir den Rückblick. Du stiehlst mir mich. Du willst das ich dich an der Hand nehme und durch die Welt trage. Du willst das ich dir alles Schöne zeige und das Böse von dir fernhalte.
Ich kann deine Hand nicht nehmen. Ich kann dich nicht berühren. Ich kann dich nicht sehen, denn du spiegelst nur. Ich sehe nichts in dir. Ich kann nicht durch den Spiegel sehen. Diesen dunkeln hungrigen Spiegel. Ich verstehe dich nicht. Du bist bereit mir alles zu geben, alles was du hast, nur damit ich bei dir bleibe.
Aber du hast nichts was ich will. Und du machst mir Angst. Du willst mich nicht einsperren, aber an die Leine nehmen und das ist nicht anderes. Nein, du willst das ich dich an die Leine nehme. Du willst ein Teil von mir sein. Aber ich brauche dich nicht. Ich kann dich nicht tragen.
Ich will das du deinen eigenen Weg gehst und mach es dir vor. Du verschwindest, bleibst zurück. Ich sehe dich nicht. Ich atme leichter. Ich laufe schneller oder langsamer, ich sehe mehr oder das gleiche doch irgendwann, da sehe ich ein Leuchten und erst wenn ich es erreiche erkenne ich, dass du es bist, der auf mich wartet.
Manchmal bin ich dich eine Zeit lang los. Dann freue ich mich auf ein Wiedersehen und ganz selten, sehe ich ein wenig von dir durch deine silberne Oberfläche schimmern. Aber fast immer, starren mich nur schwarze Augen an, die immer tiefer werden und immer mehr von mir beanspruchen. Dabei ist nur noch so wenig von mir übrig. Ich kann es nicht hergeben. Es ist in mir. Es ist ich. Ich kann mich nicht teilen.
Ich habe Angst vor dir, aber ich werde dich nicht los. Nie für lang. Nicht für immer.
Dann treffe ich es. Es strahlt sehr sanft. Man kann es ansehen, ohne dass es in den Augen schmerzt. Aber es bewegt sich nur auf festen Wegen.
Ich begleite es immer mal wieder. Es ist nicht still, es spiegelt nicht, es ist nicht laut und nicht hell und nicht böse. Aber es ist auch sonst nicht viel. Es ist stabil. Zu stabil. Zu fest. Ich ertrage es nicht lange und verlasse die Wege. Kämpfe mich ins Unterholz. Manchmal kommt es wenige Schritte mit und betrachtet neugierig die ihm unbekannte Welt. Aber nicht lange und seine Füße tragen es zurück zu seinen Wegen. Die nicht unbedingt alt, aber immer solide und erprobt sind. Wege die zum Ziel führen.
Ich beneide es darum, ein Ziel zu haben und den Weg dahin zu gehen. Aber auch wieder nicht, denn seine Ziele würden mich nicht dazu bringen, auf dem Weg zu bleiben. Aber ein Ziel zu haben, das ist etwas, das ich nicht kenne.
Meine Ziele sind vage eher Formen als Bilder, eher Träume als greifbar. Und doch, wann immer ich einen Pfad kreuze, ist es da, mal hinter mir, mal vor mir, mal fern, mal nah. Immer freut es sich, mich zu sehen, doch immer ist es schneller weiter, als ich mich an es gewöhnen könnte. Immer sind wir ungleich und nie kann ich es ganz ergründen, verstehen, fassen. Immer ist es mir voraus sobald ich wach bin. Immer tickt es asynchron. Und doch findet es das, was ich im Unterholz suche, am Wegesrand liegen. Und ich kann nicht mehr folgen, den manchmal schmerz sein Licht mit seiner Sanftheit. Manchmal ist auch leise zu laut und die Stille quält auf ganz eigene Weise. Und manchmal kann ich Glück nicht ertragen, wenn es mich nicht miteinschließt.
Ich wandere durch die Nacht. Durch erstarrte Wüsten, im Wind wandernde Dünen, an Orte, an denen die Sterne heller strahlen als jedes Feuer es könnte. Orte an denen mein Licht in ihrem aufgeht. Ich tanze im Sternenlicht. Ich wünsche mir etwas. Ich wünsche mir, dass ich endlich verstehe, wohin ich gehen möchte.
Ich treffe dich unter den Polarlichtern. Es ist kalt aber wunderschön. Du frierst deshalb gebe ich dir alles was ich habe. Du dankst mir und die Lichter werden bunter. Ich werde unruhig. So lange schon betrachten wir die Farben. Meine Beine schlafen ein, mein Blick wird unwirsch. Ich möchte weiter. Du nicht. Du willst nur diese Farben sehen.
Ich verstehe, dass du wie diese Farben bist. Du bist die Grenze zwischen weiß und schwarz. Dieser kurze Moment in dem alle Farben sich befinden. Aber du bist auch sehr viel schwarz. Du bist bunter als ich und mein nur leicht gefärbtes Licht. Du strahlst in allen Farben. Aber du bist auch von einer Finsternis erfüllt, die ich nicht habe, nicht kenne.
Ich glaube, du könntest mich zerstören. Ich weiß, du könntest es. Es wäre nicht einmal schwer. Du müsstest mir nur alle deine Farben zeigen und mir sie dann nehmen. Ich würde daran zerbrechen, dass ich niemals so viele Farben sein könnte, und meine Augen wären geblendet und ich würde stürzen und brechen.
Und doch bleibe ich, solange ich kann. Betrachte deinen Farben, fühle mich blass und doch lebendig neben dir. Du sagst, du siehst mich anders. Du sagst, du siehst dich anders. Ich denke, du siehst die ganze Welt anders. Weil du andere Wellen wirfst, werfen diese auch anders zurück. Ich will so viel ich kann von deiner Welt sehen. Aber meine Beine werden taub, und weil ich dir alles gegeben habe, kann ich nicht bleiben. Ich will dir nichts nehmen, weil du alles selbst brauchst, aber ich, ich kann nicht auf noch mehr verzichten. Ich kann bei dir nicht zur Ruhe kommen.
Ich gehe weiter und du schickst mir dein Licht über weite Strecken. Ich sehe das du nicht allein bist und bin eifersüchtig und neidisch und glücklich zugleich. Ich schicke dir mein Licht zurück und manchmal treffen die Wellen so passend aufeinander, dass wir eigene Nordlichter erschaffen, die aber nur wir sehen. Und dann bin ich glücklich. Denn du sendest sie nur für mich.
Ich lasse dich nie ganz zurück, aber wenn wir zu nahe kommen, übernimmst du mich und das mag ich nicht. Ich bin zu schwach, um neben dir zu bestehen. Und doch sind wir uns so nahe wie niemand sonst es mir je war. Und das macht mir Angst.
Ich hielt mich immer von den Bergen fern, aber irgendwann gibt es nur noch Berge also beginne ich den Aufstieg.
Ich bleibe nicht lange allein. Sie hat junge Augen. Augen die noch nichts gesehen hatten, das blinde Flecken verursacht. Augen, die keine Dunkelheit kennen. Meine dagegen sind löchrig, an manchen Tag sehe ich nur noch verschwommen.
Erst bleibt sie fern, beobachtet mich. Sie kann mich nicht einschätzen. Meine Worte und Gesten passen nicht zu meinem Licht. Als sie das versteht, dass ich innerlich anders bin als äußerlich, dass ich gebrochen wurde, da klammert sie sich an mich. Und lässt mich kaum los. Und ich klammere genauso.
Sie sieht alles anders. Ich denke, weil ihr Licht ein anderes ist. Ich frage mich ob es vielleicht sogar andere hier gibt, die sie sehen kann, ich aber nicht. Sie sieht den mich verfolgenden Spiegel, aber sie sieht mehr darin und das ist gut, denn er hängt nicht mehr so an mir, aber es ist auch schlecht, weil ich nun weiß, dass da eine ganz andere Welt ist, die ich aber nicht sehen kann. Weil ihr mir etwas gestohlen habt, das nicht mehr nachwachsen kann. Ihr habt mein Spektrum verkleinert und die Dinge am Rand- ich kann sie nur aus den Augenwinkeln flackern sehen, aber nie erkennen.
Sie und ich werden eine Einheit, wenn auch eine langsame. Sie braucht für alles länger und macht alles anders, dann ist sie schneller und hängt mich ab. Und nie verstehe ich wie und warum.
Wir erreichen den Gipfel und ich rieche Salz. Sie zeigt auf die Sterne und die anderen Berge. Ich schlug vor sie zu besteigen, aber sie schüttelt sich. Ich will weiter, aber sie nicht. Wenn sie ginge, hinabstiege, müsste sie den Weg wieder nach oben steigen, um so hoch zu sein wie jetzt. Sie würde hierbleiben.
Ich bleibe ein wenig bei ihr. Es ist schön. Sie versteht mich. Sie sieht was mir fehlt und hilft mir, mit den kleinen Resten ein Netz zu weben. So kann ich wenigstens spüren, dass da etwas ist, wenn ich es auch nur vermute. Ich kann noch immer nicht erkennen was es ist, aber das kann ich lernen. Neben ihr, kann ich ruhen.
Nach einiger Zeit erkenne ich, dass auch sie nicht viele Farben hat. Sie hat sogar überraschend wenige, keine Zwischentöne, aber sie kann fast alles sehen. Sie entscheidet sich nur, sie nicht anzunehmen, sie verschießt ihre Augen und ihr Licht. Das ist mir neu.
Wir spazieren um den Gipfel, bleiben dem Himmel immer nahe. Sie schaut in eine Höhle und erstarrt. Sie sieht etwas, das ich nur erahnen kann. Etwas das mir Angst macht, aber sie fasziniert. Tag für Tag geht sie dort hin. Wartet, redet, leuchtet und irgendwann sehe auch ich etwas. Es reizt mich, aber nicht genug. Was auch immer dort lebt, leuchtet nicht und was nicht leuchtet, ist hungrig. Sie will bleiben, es füttern, es zum Leuchten bringen. Ich wünsche ihr viel Glück. Was auch immer dort lebt, wollte das ich gehe. Und sie hält mich nicht auf. Sie schickt mich auch nicht weg. Ich löse mich aus ihrer lauklammen Umklammerung, verabschiede mich und gehe weiter.
Ich habe etwas von ihr gelernt. Nur weil ich leuchte, muss ich nicht jedem mein Licht schenken. Als du wiedererscheinst und mich spiegelst, fällt mir auf, dass dein Bild verzerrt ist. Du siehst und spiegelst nicht alles was ich bin. Ich sage dir, dass ich nicht mehr dein Licht sein kann. Denn wenn du mich spiegelst, kann ich den Rest der Welt nicht mehr sehen.
Wie immer sagst du nichts, willst dich nur an mich binden, würdest mir alles geben, aber mir dabei alles nehmen. Ich verschließe mein Licht vor dir. Auch wenn du noch da bist, kann ich dich nicht mehr sehen, denn nun kannst du mich nicht mehr spiegeln.
Jetzt musst du die Welt durch deine eigenen Augen sehen, jetzt musst du deine eigenen Erfahrungen machen, deine eigenen Bindungen aufbauen, dein eigenes Leben leben.
Plötzlich kommt mir die Welt zu nah vor, zu groß, zu viel, aber bald wird mir klar, dass immer, wenn du etwas zurückgeworfen hast, alles hinter dir verschwand. Jetzt da du nicht mehr da bist, ist die Welt um dieses fehlende Stück gewachsen.
Die Welt ist groß. Und es steht mir frei, sie zu erkunden.
Ich gehe wirr und manchmal treffe ich jemanden erneut unter den Sternen. Jedes Mal ist es schön und jedes Mal bin ich froh, wenn ich weiterkann. Noch immer ertrage ich es nicht, mich jemandem anzuschießen. Ich kann weder folgen noch führen. Sie alle können das, jeder hat jemanden gefunden, der den Weg mit ihnen erhellt. Ihre Farben herauskitzelt, oder mit seinen beruhigt.
Ich gehe ein Stück mit, auch wenn ihr zu langsam oder zu schnell seid und nie genau meine Geschwindigkeit. Ich lerne von euch. Doch zu bleiben, dass ertrage ich nicht.
Bald bin ich wieder alleine und verloren. Und noch immer nagt es an mir, kein Ziel zu haben und mich nie jemandem verbunden zu fühlen.
Ich fühlte mich verstanden, aber nie angenommen. Weder von denen, die mein Licht für sich haben wollten, auch wenn sie mich dafür versorgten. Noch von dem, der mein Licht zurückwarf, doch von sich nichts preisgab. Auch nicht von ihm, das festen Schritts durch die Welt ging und weder das Ziel aus den Augen verlor noch das Glück am Wegesrand aufzuheben, vergaß. Genauso von dir, die du mit mir zusammen Polarlichter erschaffen konntest. So wenig wie von dir, die mit mir den Berg erklomm nur um ihn nie wieder zu verlassen, sich mit aller Kraft an diesen einen Erfolg klammerte.
Keiner von euch, spricht meine Sprache, keiner von euch, sieht was ich sehe, keiner von euch, will was ich will, keiner von euch, kann bleiben und doch bestehen, während ich bleibe und bestehe.
Alleine erklimme ich Berge, alleine durchschwimme ich Flüsse, allein lausche ich den Wäldern, allein tanze ich nicht mehr im Licht der Sterne. Allein bin ich, als ich durch diese Welt irre. Allein fürchte ich mich vor der unermesslichen Weite. Und doch finde ich ein Ende: das Meer.
Schon immer zieht es uns alle zum Meer. Viele wollen nicht hinein gehen, oder ihm nicht zu nahekommen. Andere wollen es übernehmen und behalten. Ich weiß nicht was ich will. Zuerst will ich es sehen, den einzigen Ort dieser Welt, der vom Mond beschienen wird. Dann will ich es spüren. Es ist kalt und warm zugleich. Es zieht mich hinab aber nimmt mir mein eigenes Gewicht. Ich treibe und treibe ab, treibe zurück. Lange lieg ich in den sanften Wellen, versinke im Sand. Ist es das was ich will? Versinken? Ich weiß es nicht. Es fühle sich nicht schlecht an, aber zufrieden bin ich auch nicht.
Das Meer muss ich nicht erhellen, es strahlt von selbst, es spiegelt das Mondlicht und bricht es in seinen Schaumkämmen. Es ist wunderschön. Aber das reicht mir nicht.
Ich frage es, was ich tun soll. Wohin ich gehen soll, was ich erreichen kann. Es antwortet nicht. Es bricht sich nur schäumend an meinen Beinen. Dann zieht es mich hinab und bricht mein Licht so, dass ich es selbst sehen kann. Zum ersten Mal mein Licht nicht nur von anderen erklärt zu bekommen, oder mich in ihren verzerrenden Augen zu spiegeln-
Ich sehe mich selbst mit meinen eigenen Augen.
Ich sehe meine Wunden, meine Narben, die von gierigen Händen gestohlenen Stücke, aber auch die neu gewobenen und die reparierten Teile.
Ich sehe meine neue Haut, noch immer etwas dünn und an den falschen Stellen zu hart, zu spröde, wo sie weich und geschmeidig sein sollte. Ich sehe durch sie hindurch, unter meine Knochen, dahin von wo das Licht kommt.
Es gefällt mir. Ich gefalle mir. Trotz meiner Schäden und Reparaturen. Ich bewundere mein Licht, das so oft versucht wurde zu löschen oder anders zu entfachen, wie es noch immer brennt. Trotz aller Veränderungen im Innersten gleich. Und ich bin glücklich. Allein, aber nicht mehr so einsam.
Das Meer lässt mich gehen.
Ich weiß noch immer nicht, wohin meine Beine mich tragen werden, aber ich weiß, dass diese Welt riesig ist und wunderschön. Und dass auch wenn ich mich vor ihr fürchte, ich mein Ziel nie finden werde, wenn ich nicht danach suche. Und dass mir die Suche nicht gefallen würde, wenn ich nicht auch abseits aller Wege ginge.
Es ist sehr einfach, sich auf Wege zu flüchten und schwer auf ihnen zu bleiben. Doch ich bin wie das Meer. Man kann sich einbilden, eine grade Linie zu laufen, aber man wird unweigerlich abgetrieben. Man musste gegensteuern, übersteuern, zurückrudern, es erneut versuchen, oder umgehen.
Mein Weg durch diese Welt ist nicht effektiv.
Aber wenn es schon nicht effektiv ist, so ist es doch spannend.
Und welchen Wert hat ein Weg, wenn er nicht spannend ist?