ich muss hier noch mal einen Nachtrag einbringen, weil diese Unterscheidung es deutlicher macht und Verwirrung auflöst: (link:https://www.xn--prfung-ratgeber-0vb.de/2013/05/der-ich-erzahler-nicht-verwechseln/)
Der Ich Erzähler ist keine Erzählform, wie es beispielsweise der auktoriale – oder auch personale Erzähler sind. Viele Schüler verwechseln dabei den letztgenannten oft mit dem Ich-Erzähler, was eindeutig falsch ist.Die Ich-Erzählung ist nur eine Möglichkeit, wie die auktoriale- oder auch personale Erzählperspektive angewendet werden kann.
Der auktoriale Ich – Erzähler:
Hier ist der Erzähler nach wie vor allwissend und kann die Gefühle und Gedanken aller Personen erkennen sowie auch in die Zukunft blicken und zum Leser sprechen – erzählt jedoch alle Ereignisse aus der Sicht einer Person.
Ein Beispiel für eine solche Erzählform wäre wenn der Erzähler rückwirkend seine Erlebnisse ( beispielsweise seine Autobiographie oder die Abenteuer die er erlebt hat) dem Leser erzählt und/ oder kommentiert. Hierbei erzählt dann jemand, der alle Gefühle bzw. Personen kennt und weiß was in der „Zukunft“ passiert aber es wird trotzdem aus der Sicht einer Person – des „Ichs“ erzählt.
Der personale Ich-Erzähler:
Hierbei wird aus der Perspektive einer beteilligten Person erzählt, welche allerdings die Geschehnisse aus ihrer Sicht, also mit „Ich“ im Text schildert. Die Unterschiede zur „regulären“ personalen Erzählform sind hier nicht wirklich gegeben.
Da ein Ich- Erzähler jedoch auch auktorial sein kann ( siehe oben) ist es falsch, den personalen Erzähler mit dem Ich-Erzähler gleichzusetzen.
Wir haben hier die Ich-Perspektive als Erzählperspektive benannt und damit stets den personalen Ich-Erzähler gemeint. Das wird halt in vielen Schreibratgebern so aufgelistet. Diese Definition macht es deutlicher.
Noch mal zurück hierzu:
Nun habe ich noch etwas zu dem Thema gefunden. Danach gibt es ein Vergangenheits-Ich und ein Gegenwarts-Ich, ein erzählendes Ich und ein handelndes Ich. Schlüpft nun das erzählende Ich selten in das handelnde Ich hinein, hält es den Leser auf Distanz. Es berichtet, beschreibt, kommentiert und bewertet und selten wird etwas szenisch dargestellt.
Und da wir genau das in einer spannenden Szene nicht wollen, ist eine möglichst geringe Distanz zwischen dem Handelnden-Ich und dem Gegenwarts-Ich nötig. Das heißt, der Zeitpunkt der Handlung sollte möglichst nah an dem Zeitpunkt des Erzählens liegen.
das beschreibt ausschließlich den auktorialen Ich-Erzähler. diese Ausführungen gelten nicht für den personalen Ich-Erzähler.
ähnlich verhält es sich hiermit:
Doch durch deine Übersetzung ins Präsens und deine Erläuterungen ist mir eine andere Frage gekommen:
Ist es nicht so, dass die Gedanken im Präsens anders sind als die im Präteritum? Wenn ich die Gedanken im Präsens schreibe, dann ist es genau das, was die Person gerade in diesem Moment denkt. So, als würde sie ihre Gedanken aufschreiben, während sie sie denkt. Schreibe ich hingegen im Präteritum, dann erzählt die Person ja, was sie damals gedacht oder gefühlt hat. Damit sind die Gedanken wesentlich reflektierter, können ausgeschmückt und viel eher in Bildern ausgedrückt werden, die der Person spontan gar nicht durch den Kopf gegangen sind.
Das hat mich schon die ganze Zeit, seit ich es gelesen hatte, irgendwie irritiert, aber mir war nicht klar, wie ich es ausdrücken sollte. Zum Glück bin ich bei Ursula LeGuin fündig geworden. Das hat sie gut formuliert. Ich geb es jetzt nicht wortwörtlich wieder, aber sinngemäß.
Ob Gegenwart oder Vergangenheit - die Zeitform einer Erzählung ist keine reale Zeit, sondern eine fiktive. Die einzig wahre Zeit ist die des Lesers. (das mit der fiktiven Zeit fand ich richtig gut und einleuchtend)
Wir empfinden eine Erzählung, die im Präteritum geschrieben wurde, nicht als eine Vergangenheit, sondern als das Jetzt, in dem wir die Erzählung miterleben. Beim Präsens ist es halt genauso. Da (jedenfalls früher) die meisten Geschichten in der Vergangenheitsform geschrieben wurden, empfinden wir diese Zeitform als normal, und der ein oder andere Leser mag deshalb stutzen, wenn eine Geschichte im Präsens geschrieben ist.
Der auktoriale Ich-Erzähler ist eine eher selten gebrauchte Perspektive für fiktive Geschichten. Ich persönlich empfinde sie auch als eher ungelenk (auch wenn sie in Autobiographien durchaus zum Tragen kommen kann). Diese Ebene, den Erzähler mit einzubauen, ob als Ich oder Er/Sie, ist wohl fast durchweg als ungünstig zu bezeichnen, da es zwangsläufig aus dem Erzählstrang rausreißt. Ich kenne auch nur ein einziges Buch (Autobiographien außen vor), in dem das gut gemacht wurde: "Die Braut des Prinzen" von William Goldman. Da lebt diese Ebene vom Humor.
vielleicht wird in vielen Schreibratgebern die Ich-Erzählung eben als Synonym für den personalen Ich-Erzähler benutzt und der auktoriale Ich-Erzähler meist weggelassen, weil diese Erzählform tatsächlich eher ungeeignet für Fiktion ist. Mir fällt jedenfalls im Moment (kann dieser Unzeit und der Schlaflosigkeit geschuldet sein) kein Grund ein, warum man diese Form für einen Roman verwenden sollte. Und ich glaub, genau deshalb hab ich hier auch immer so vor diesem handelnden und Gegenwarts-ich und dieser ganzen Unterteilerei gesessen und die Stirn gerunzelt und nicht so recht gewusst, wozu das eigentlich gut sein soll.
Nun kann ich aufhören mit dem Gegrüble.