Hallo Fabian,
oh, wieder mal Lyrik! Na dann mal ran:
Die Taube auf dem Dach haben wir ins Abseits gestellt.
Beliebt ist der Spatz.
Wir tragen die Hände offen.
Der Text spricht mich an. Inhaltlich scheint es für mich darum zu gehen, dass man sich (um bestimmte Dinge?) nicht mehr bemüht, sich mit einem Status Quo zufrieden gibt. Das könnte ich sowohl auf solche Dinge wie den Klimawandel oder Sozialpolitik, als auch auf dieses Forum beziehen.
Trotz meiner Faszination für den Text habe ich im Konkreten dann doch Schwierigkeiten. Besonders mit dem ersten und dem letzten Satz. Mir gefällt, dass die Taube nicht im Abseits ist, sondern dorthin gestellt wurde. Aber der Spatz ist ja nicht in der Hand, denn die Hände sind offen. Es bleibt somit auch offen, wo der Spatz eigentlich ist. Ich persönlich mag die Fußballassoziation nicht, weil ich die Regel nicht kenne, aber auch, weil sie für mich unlyrisch ist. Daher weiß ich nicht genau, was es bedeutet, dass die Taube im Abseits ist. Das mag aber bei anderen anders sein. Dann kommt die Aussage, der Spatz sei beliebt. Diese Aussage wirkt etwas beliebig (was ich wegen beliebt und beliebig gewollt finde und daher passend): Es bleibt unklar, wer den Spatz warum liebt, dadurch nehme ich an, es handele sich um eine generalisierte Aussage zur aktuellen Gesellschaft.
Und dann: Wir tragen die Hände offen. Nicht wir halten sie offen, sondern wir tragen sie offen. Wie eine Mode. Ich dachte erst, dass das für mich nicht passt, aber je öfter ich es lese, desto besser finde ich es. Da geht es um Attitüde, um Schein, nicht um Einstellung oder Sein. Das hat was. Somit merke ich, dass sich meine kritischen Punkte entweder bei näherer Betrachtung des Textes auflösen oder ich sie auf meine Unwissenheit zurückführen kann. Somit finde ich sie dann nicht mehr haltbar.
Verbesserungsvorschläge habe ich somit nicht, lese nun aber mal, was die Anderen meinen. Mhm. Für mich ist das "ins Abseits stellen" schon aggressiv. Das hätte "ignorieren" auch (klingt aber für mich zu technisch und ist auch in abgeschwächter Form aggressiv), aber "hinter uns lassen" fehlt diese Bedeutungsebene fast ganz. Ich nehme an, dass sie wichtig ist. Vielleicht wäre "haben wir ins Abseits gedrängt" noch eine Variante.
Viele Grüße
merin