Hallo Oldlady.
Wusste gar nicht, dass du auch Fantasy schreibst.
Ich steige gleich ein.
1) - Ist es glaubhaft, dass Tupkor sich darauf einlässt, das Mädchen auszubilden? Ich würde es schlucken, wenn ich neugierig genug auf die Geschichte bin. Aber wenn ich den Text nüchtern betrachte, dann finde ich es nicht überzeugend.
Tupkor ist gelangweilt von seinen Schülern, ihnen fehlen Mut und Talent. Der Gedanke ist naheliegend, dass er das Mädchen in Ausbildung zu nehmen bereit ist, weil er selbst nach einer Herausforderung sucht. Ich meine, das was zwischen den Zeilen zu entdecken.
Allerdings wirkt er auf mich zu allererst wie ein Geschäftsmann, für den es gerechtfertigt sein muss, zu investieren.
Der Text transportiert für mich bisher nur, dass ein kämpfendes Mädchen ungewöhnlich genug wäre, um die Publikumsränge zu füllen, aber wenn er Pech hat, dann stirbt sie beim ersten Kampf, und Jahre der Ausbildung waren umsonst. Er stellt selbst fest, dass der potentielle Schüler eine ungünstige Statur hat und dass "die Chance, dass sich seine Ausbildung irgendwann für Tupkors Beutel lohnen würde" minimal sei.
Minimal.Und das schon, als er noch davon ausgeht, für die Ausbildung bezahlt zu werden. Und dann bietet er stattdessen sogar an, sie kostenlos zu trainieren.
Und jemanden für ihre Unterbringung zu bezahlen.
Wiegt der Exotenbonus das wirklich alles auf?
Wird sie nicht zumindest deutliches Talent benötigen und zwar
mehr als ein Junge?
Vielleicht findet Tupkor, dass sie einen richtig starken Auftritt hingelegt hat, dass ihr Mut, ihre Entschlossenheit oderirgendwasanderes die Statur wettmachen, aber das kommt im Text für mich nicht rüber.
2) - Welchen Eindruck macht Jandra auf Euch?Keinen deutlichen, und deshalb fällt es mir schwerer, nachzuvollziehen, warum er sie ausbilden will.
Ein Kind halt, das sich was in den Kopf gesetzt hat. Die überlegen es sich auch mal gerne am nächsten Tag wieder anders.
Mag an der kürze des Textes liegen, aber ich habe auch nicht den Eindruck, als hätte sie ein ausgeprägtes Gefahrenbewusstsein. Und damit meine ich nicht Mut, sondern sich über potentielle Gefahren nicht bewusst zu sein.
Das Gefühl, ihr stünde die ganze Welt offen, und wassollschonschiefgehen. - Wenn du das so haben wolltest: super!
Tupkor finde ich weitaus interessanter. Ich hoffe, du schreibst die Geschichte zumindest zT aus seiner Perspektive?
Im Text:
Tupkor drehte den Anhänger mit dem Symbol des Feuergottes Uschur zwischen seinen Fingern. Der Händler hatte behauptet, die Dämonen würden sich nicht an dieses Zeichen heranwagen.
Da packst du ganz schon viel Inhalt in die ersten beiden Sätze. Ist der relevant?
So relevant, dass du die Geschichte damit einleitest? Oder warst du faul und jubelst dem Leser Hintergrundinfos unter?
Wenn ich nur von diesen beiden Sätzen ausgehe, dann wird das eine Geschichte über Götter und Dämonen.
Wenn ich mir den Rest des Textes ansehe, dann wird es die Geschichte eines Mädchens, das zum Kampf in der Arena ausgebildet wird, im
Rahmen einer Welt, in der es Dämonen und Götter gibt.
Das ist schon ein Unterschied, und wenn der Fokus deiner Geschichte nicht auf Selbigem liegt, dann solltest du den Einstieg ändern.
Das Tappen von Schritten, keuchender Atem, die Hühner gackerten aufgeregt.
Warum keuchend?
Schon wieder ein Junge, der von seinem Ruf gehört hatte.
Eine unglückliche Formulierung, hat Information, aber keinen Inhalt.
Wenn Tupkor mal ein berühmter Kämpfer war, dann haben die Kinder
Geschichten über ihn gehört. Sind aufgewachsen mit Geschichten über die Legende Tupkor. Über seine wilden Kämpfe, seine goldenen Siege, das Brüllen der Menge. Mit Geschichten über seine bevorzugte Waffe und seine bevorzugte Art, zu töten. Seine Triumphgeste. Geschichten über seinen Aufstieg.
Und wenn sein Ruf sich darauf bezieht, dass er ausbildet, dann sollten sie Geschichten gehört haben, über Jungs, die er groß gemacht hat. Wenn du auf dem Feld schuftest und auf dem Markt stinkenden Fisch verkaufst, und weißt, dass es für den Rest deines Lebens so weitergeht, dann inspiriert dich das, dass du auch groß werden kannst.
"Tut mir leid. Wann kann ich bei dir anfangen?"
Schön.
Kaum hatte er ausgeredet, flog ein Messer. Und blieb im prallen Rucksack eines Mannes stecken, der in den Hof hineinrannte.
Der Neuankömmling schien nicht einmal zu bemerken, welcher Gefahr er entgangen war.
Die Stelle ist schräg. Rennt der zwischen das Kind und die Hühner oder wieso trifft das Messer den Rucksack?
Prinzipiell gefällt es mir gut, dass das Kind jetzt nicht ein Messer wirft und das so meisterlich, dass kein Zweifel am Talent besteht. Aber eine Erklärung dafür, wie es passiert, dass die Waffe quasi eine Person trifft, die hätte ich schon gerne.
Anmerkung am Rande: Du solltest in Tupkors Perspektive "Vater" statt "Papa" verwenden, sonst verwischt das mit der Perspektive des Kindes zu sehr.
Der Mann starrte ihn blöde an.
Auch schön.
Natürlich unterrichtete er nur Jungen. Wenn er gleich gemerkt hätte, dass sie ein Mädchen war, hätte er sie nicht einmal angehört. Es war eine gute Idee gewesen, sich die Haare abzuschneiden.
Den Erklärbär brauchst du nicht. Wird auch so klar und wirkt stärker.
Papa fand plötzlich seine Sprache wieder.
Plötzlich?
„Leider stimmt es. Sie ist ein bisschen seltsam. Hat verrückte Ideen. So, und jetzt gehen wir, Jandra.“
Das ist klasse.
Tupkor befreite sie mit einer schnellen Bewegung aus Papas Griff.
Mit einer schnellen Bewegung? Einer? Die keine erwähnenswerten ... äh Standortwechsel des Vater oder Schmerzen nach sich zieht?
(Wäre übrigens eine gute Stelle, um dem Leser einen weiteren Einblick in das Mädchen zu geben - immerhin sieht sie den Mann, von dem sie ausgebildet werden will, in Aktion.)
Jandra wollte schon protestieren, aber dann hielt sie den Mund. Hauptsache, Tupkor war bereit, ihr etwas beizubringen.
Sie scheint eher vorlaut zu sein und sich über Konsequenzen keine Gedanken zu machen. Wieso schafft sie es plötzlich, den Mund zu halten?
Abschließend will ich noch was zu Anmerkungen der anderen loswerden.
Die Einschätzung bzgl. des Waffenöls teile ich nicht. Auch Klingenwaffen wurden und werden geölt.
Das Tempo, mit dem der Vater seine Tochter weggibt - weil viel wird er von der nicht mehr sehen, wenn sie erst mal im Training steckt.
Er scheint zu seiner Tochter eine emotionale Bindung zu haben wie andere Leute zu ihren Schuhen. Dass Jandra Tupkor in irgendeiner Weise gestört u/o belästigt haben könnte, ruft bei ihm eine stärkere Reaktion hervor als die Aussicht, sein Kind in den nächsten Jahren nur noch sporadisch zu sehen.
Das war auch in Deutschland früher üblich. Kinder wurden irgendwann weggeschickt, um anderswo zu arbeiten und das war halt so. Oft arbeiteten sie in den Familienbetrieben / auf dem Hof der Familie, aber wenn nicht genug Arbeit da war oder nicht genug Geld, dann wurde die Arbeitskraft gegen geld Getauscht.
Bis in die Zwanzigerjahre wurden sogar auf Kindermärkten Kinder aus armen Verhältnissen als Arbeitskräfte offiziell verpachtet. (In der Schweiz gabs das auch: Verdingkinder)
Das ist kein schlechter Deal für seine Tochter und ich würde es sogar noch glaubhaft finden, wenn er herumjammert, dass ihm dann die Arbeitskraft zuhause fehlt.
und dann Lona. wer war sie? was hat sie Tupkor bedeutet. war sie seine Schwester? Geliebte? Mutter? Tochter? Putzfrau?
Die Putzfrau. Ist verschwunden, bevor sie alle Böden geschrubbt hatte und das lässt ihn einfach nicht los.
So. Bin gespannt, was du mit Tupkor noch anstellst.
Liebe Grüße
Aure