HIM-MEL!
Ich hab hier - als Hörbuch - Atlantis von Gerhart Hauptmann. Der Mann hat einen Nobelpreis für Literatur bekommen, aber ausgehend von diesem Buch frag ich mich schon, wofür.
Der Protagonist, Frederik, ist ein ewig jammernder, sich selbst bemitleidender Waschlappen, der seine geisteskranke Frau und seine Kinder verlässt, weil er diesem Tänzermädel (wenn ich das richtig mitgekriegt hab, ganze 14) verfällt. Ich nehme an, diese Jammerei soll Gefühlstiefe darstellen. Aber echt, er nervt mich nur. Wie Goethes Werther, der hat mich auch genervt von Anfang bis Ende.
Tänzermädel Ingegerd (dieser Name, ich komm nicht darüber hinweg) ist also noch eher Mädchen als Frau, aber trotzdem schon mit väterlichem Segen eine Eventtänzerin im Stile von Josephine Baker. Jedenfalls kommen die diversen Beschreibungen bei mir so an. Also aus heutiger Sicht nix dabei, aber für 1913 (Erscheinungsjahr) schon eher anrüchig.
Und Ingegerd ist für mich der Sargnagel dieses Buches. Das Buch spielt auf einem Dampfer auf dem Weg nach Amerika. Die gesamte Besatzung und alle männlichen Passagiere (die weiblichen kommen kaum mal vor und auch dann nur blass) liegen ihr zu Füßen, und ich versteh ich nicht, wieso. Was an Persönlichkeit durchkommt, ist Ingegerd ein verzogener, frühreifer Fratz ohne rettende nette Eigenschaft, die sie irgendwie sympathisch machen würde. Sie wird fast ausschließlich darüber definiert, wie alle Männer ihr eifersüchtig (und mehr oder weniger geifernd) zu Füßen liegen. Böse ausgedrückt: Die muss Melonen aus Gold haben, sonst kann ich mir diese Hingabe einfach nicht erklären.
Aber als Hintergrundgeräusch während der Arbeit geht's noch. Ehrlich, wenn ich zwischendurch 10 Minuten abgelenkt bin, eben von meiner Arbeit, hab ich hinterher nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben.
Irgendwie ist das ganze wie der sprichwörtiche Unfall ... es ist so schrecklich in so vielen Spielarten, ich kann irgendwie einfach nicht abdrehen.
EDIT: Es wird immer schlimmer. Es gibt ein ausgewachsenes "Ich liebe dich, also bist du blöd, wenn du dich nicht zu meiner lebenslangen Gefährtin erklärst." - Der 30jährige Mann zur Teenagerin. Und dann ist er natürlich empört, wenn sie ihn erst mal auflaufen lässt. (Nebenbei ist der Mann eh immer noch verheiratet, er kann Ingegerdchen also bestenfalls eine Mätressenschaft anbieten ...)
Ich meine, aus seiner Zeit heraus (sowohl Entstehungs- als auch Spielzeit) ist das schon legitim. Eigentlich, so rein inhaltlich, ist das zu jeder Zeit legitim, weil diese Charaktere gibt es ja leider. Ich find's nur etwas uninspiriert, auf diese Schiene zu gehen. Vielleicht hätt ich den Mann nicht googeln sollen, aber von einem Nobelpreisträger hätt ich schon etwas mehr erwartet als das.