Mich stört vor allem, dass sie so überhaupt keine Anhaltspunkte geben, was sie eigentlich wollen.
Ich glaube, die wenden sich – bis vielleicht auf Petra Lux, Sarah Reul, Ilja Regier und Uwe Kalkowski – nicht wirklich an uns.
ich hab mir mal spaßeshalber erlaubt, aus den Selbstvorstellungen der Blogger so ganz subjektiv einen Überblick über Erwartungshaltungen literarischen Texten gegenüber zusammenzukürzen. Interessante Orientierung, interessante Maßstäbe. Die Blogs selber dürften Auskunft geben, was konkret dahinter steckt.
Petra Lux:
Ich will Texte lesen, die mich aufwühlen und Grenzen überschreiten. Ganz gleich ob nun Gegenwartsliteratur, Krimi, Thriller oder Sachbuch.
Sandro Abbate:
Generll ist mir bei Literatur wichtig, dass Form und Inhalt stimmen, also ein Buch nicht einfach gut und unterhaltend geschrieben ist, sondern immer auch etwas mitzuteilen hat. Deshalb finde ich auch, dass viel zu wenig gesellschaftskritische Romane geschrieben werden.
Katharina Herrmann:
Leider habe ich kein Herz und keinen Humor, entsprechend interessieren mich Liebesgeschichten in der Regel nicht, lustige Bücher finde ich oft sehr unlustig. Ich brauche kein Happy End. Aber ich habe ein Gehirn, und im Idealfall schafft es ein Buch, mich ordentlich zu verwirren. Wenn es mich darüber hinaus auch noch emotional trifft, obwohl ich kein Herz und keine Gefühle habe, dann wäre das großartig. Solche Texte würde ich gerne bekommen.
Gérard Otremba:
Je anspruchsvoller die Literatur, desto schöner die Herausforderung für mich als Rezensenten. Wer also literarisch mit z. B. Ian McEwan, Jonathan Franzen, Richard Powers, Dieter Forte, John Updike, J.D. Salinger, Eugen Ruge oder aber auch Sven Regener konkurrieren möchte, darf sich getrost an mich wenden.
Sarah Reul:
ich liebe gut erzählte Geschichten. Pinkfisch ist authentisch und steht für Begeisterung und positive Vernetzung. Gerade das Hervorheben von besonderen Büchern, Autoren und kleineren Verlagen ist über die Jahre zu einem Schwerpunkt geworden, der mir sehr am Herzen liegt.
Constanze Matthes:
Das Leben ist zu kurz, um schlechte Bücher zu lesen.
Birgit Böllinger:
... Ab und an werden literarische Orte vorgestellt und Kunst geschaut, weil Lesen eben doch nicht alles ist…
Der Blog ist ein reines Freizeitvergnügen von Birgit Böllinger.
Gerrit ter Horst und Tabitha van Hauten:
... Wir versuchen, Texte nicht bloß nach subjektivem Geschmack, sondern anhand objektiver Kriterien zu bewerten ... . Was uns an Literatur fasziniert, ist die Sprache und die Form, nicht die Handlung. Fernab von trübem Ich-Realismus, der exhibitionistischen Selbstbekenntnisprosa und den Berlin Mitte-Befindlichkeiten der Gegenwartsliteratur suchen wir nach Literatur, die es wagt, mit konventionellen Formen zu brechen.
Jochen Kienbaum:
... Wenn Romane verwegen dick, ausufernd, megalomanisch, wahnwitzig und herausfordernd sind, greift er zu, zum Beispiel bei Frank Witzels »Die Erfindung …« oder Guntram Vespers »Frohburg« ... . Was Jochen Kienbaum dennoch vermisst, sind Romanschriftsteller deutscher Sprache die auch einem David Foster Wallace, einem Joshua Cohen oder dem Altmeister Thomas Pynchon das Wasser reichen dürfen. Aber auch Trauben, die nicht ganz so hoch hängen sind schmackhaft.
Mareike Fallwickl:
Ich bin die Frau mit der Axt. Wahrscheinlich hat Kafka das eh nie so gesagt, aber es klingt halt verdammt gut: Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. [Erinnert mich vom Gestus her verdammt stark an vulture, F.] ... Ich langweile mich schnell, und von guter Literatur erwarte ich genau das Gegenteil: dass sie mich rausreißt, mich wach macht, im Idealfall richtiggehend aufschneidet, mir ins Gesicht schlägt. ... Sarkastisch darf es sein, kraftvoll muss es sein. ... Keine Chicklit, kein Vampire, auf keinen Fall Thriller und Crime. Dafür Romane, die nicht untergehen im Meer der Gewöhnlichkeit. Sondern die Eis brechen können.
Sonja Graus:
... Mich fasziniert es, wenn ich neben den „großen“ Büchern das kleine finde, das mich neugierig macht. ... Schick mir dein Manuskript, wenn du mich auch überraschen willst. ... Wenn dir die Tiefen auszuloten wichtig ist und du Melancholie in Worte fassen kannst, ohne in Destruktivität zu versumpfen. Wenn deine Story anders ist, aber nicht zwanghaft originell sein will. Ich mag feinen, ruhig auch schwarzen Humor, aber keine platten Witze. Auf blutige Thriller, Science Fiction, Klischees und Happy-Ends verzichte ich gerne, nicht aber auf geschliffene Sprache.
Sophie Weigand:
... Das Abgründige zieht mich magisch an, mithin greife ich eher zu Lektüre, die aus Chaos und Zerstörung mithilfe der Literatur etwas Wahrhaftiges machen kann. ... Mir liegt Sprachspielerisches, das mich aus einer neuen Perspektive auf Bedeutungen blicken lässt; ... Mein Blog ist denkbar ungeeignet für spezielle Genreliteratur, insbesondere aus den Bereichen Fantasy, Historienroman oder Science Fiction. Darüber hinaus bin ich aber sperrangelweit offen für Kurzes, Ausuferndes, Heiteres, Tragisches und Absurdes.
Ilja Regier:
»Scheiße, warum bin ich schon am Ende angelangt?«, wenn diese Frage auftaucht, kann ein Buch was. ... Schwere Kost und komplex darf es schon sein, aber sie [die Bücher, F.] müssen mich anlächeln und gleichzeitig kein Muss verursachen. Ansonsten muss ich mich mit dem Stoff anfreunden können, sprachlich, stilistisch, ästhetisch, Logik schätze ich dabei. Ein Buch muss mich weiterbringen, sonst hat es den Zweck verfehlt, und dann auch noch unterhalten. Ich muss entdecken können, worauf der Verfasser hinaus will, was er der Welt und mir als Empfänger senden möchte. ... Grundsätzlich bin ich für alles offen ... .
Uwe Kalkowski:
... Entscheidend ... ist die Sprache: Schon die ersten Seiten eines Buches müssen mich sprachlich mitreißen ... . Dabei ist es egal, ob es sich um ein literarisches Werk mit vielen Zeitebenen, einen spannenden Thriller oder ein Sachbuch zu einem geschichtlichen Thema handelt. Mag ich alles. Außerdem bin ich ein Identifikationsleser; ... Mein Lieblingsheld ist tragischer Natur, ein Einzelgänger, einer der schon viel eingesteckt hat, dem das Schicksal übel mitspielt. Einer der sich zwischen Fatalismus und Zorn noch einmal aufbäumt. Am liebsten erzählt in einer melancholischen, klaren und kargen Sprache. Und Happy Ends? Die finde ich langweilig.
Tilman Winterling:
Die Einschränkung meines Blogs auf Klassiker und anspruchsvolle moderne bzw. deutsche Gegenwartsliteratur macht es dem potentiellen Einsender nicht leicht. ... dein Roman [sollte] fern von Genres wie Fantasy, Romance oder Jugendbuch anzusiedeln sein (nicht, dass es nicht auch dort Klassiker gäbe). Ich lege Wert auf einen persönlichen Stil, ein gelungener Ton und Ausdruck kann in meinen Augen einen schwächeren Plot vergessen machen, umgekehrt ist dies kaum möglich. Plakative Sprache und Geschichten, die ohne Nachdenken vom Leser nur konsumiert werden sollen, fallen bei mir durch.