21 September 2024, 09:52:01

Autor Thema: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz  (Gelesen 72 mal)

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LaHallia

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Hallo ihr Lieben,

nachdem ich mich mit meinem historischen Fantasyepos in jeder Hinsicht enttäuscht habe, brauche ich eine Pause davon und bin ein Viertel tief in einem neuen Projekt. Ganz nett bisher. Aber der erste Absatz... ist halt, wie ein klassischer erster Absatz so ist. Schrecklich  :hehe:

Ich habe drei Probleme damit:
Er ist der Wolf und ich der Rabe. Am Tag seiner Geburt jagten schwarze Wölfe vom Rand der Welt durch die ewige Dämmerung, bis an seine Wiege. Am Tag meiner Geburt flogen Raben vom Rand der Welt über den schwarzen Himmel bis an meine. Wir sollten uns ein Herz teilen, ein Verlangen, eine Dunkelheit. Taten wir aber nicht.

Satz zwei und drei sind eigentlich eine komplette Wiederholung voneinander und ich habe ZERO Ideen, wie ich das ohne Wiederholungen hinkriege und gleichzeitig die Stimme/Stimmung beibehalte.

Und weil es mir viel um den Tonfall/die Stimme geht: der letzte Satz ist viel zu flapsig. Das passt nicht. Habe gedacht ich könnte es irgendwie so schreiben: "Doch wir teilten uns nichts als..." aber sie haben halt echt genau gar nichts gemeinsam, außer ihrem Wohnort  :gruebel: und ich will ja keinen kompletten Infodump machen.

Liebe Grüße
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Cimglett

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #1 am: 08 September 2023, 00:03:17 »
Hallo LaHallia,

mal eine ganz andere Sicht dazu: Ich finde den letzten Satz super. Der Absatz zieht mich erst in diese mystische, schwafelnde Stimmung, symbolschwanger und eben voller Stimmung. Ich baue eine Erwartung auf - und die wird dann mit dem letzten Satz kontrastiert. Eben nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich.

Insgesamt habe ich nicht viel Ahnung von deinem Schreibstil. Ich würde wahrscheinlich den kompletten Absatz anders schreiben, aber dann würde es halt zu mir passen und nicht zu dir.
Mein Gefühl ist nur, dass nach dem Absatz kein Infodump kommen sollte. Also keine Erklärung, warum sie so unterschiedlich sind. Das würde mich als Leser langweilen, nachdem "taten wir aber nicht" eine Art von Spannung aufgebaut hat.

LG Cimglett :)

jcl

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #2 am: 08 September 2023, 08:29:51 »
Ich weiß zwar nicht, worauf die Geschichte hinaus läuft. Aber die Wiederholung ist kein Problem, sondern verstärkt im Gegenteil die Stimmung.

Wenn aber der Erzähler, das ist ja der Rabe, in diesem Stil beginnt, wird es schwierig, den Stil dann zu wechseln. Vielleicht kommen die Sätze besser als Zitat, etwa: Es hieß, dass schwarze Wölfe... etc.
« Letzte Änderung: 08 September 2023, 08:38:04 von jcl »

LaHallia

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #3 am: 08 September 2023, 23:14:47 »
Hallo ihr beiden,

ok. Interessant. Wenn der Anfang nicht so schrecklich ist, wie gedacht, dann lasse ich ihn mal so.

Zitat
Mein Gefühl ist nur, dass nach dem Absatz kein Infodump kommen sollte.
Tut es nicht. Danach ist es sehr aktiv. Sie kämpfen gegeneinander.  :biggrin:

Zitat
Wenn aber der Erzähler, das ist ja der Rabe, in diesem Stil beginnt, wird es schwierig, den Stil dann zu wechseln.
Ds ist jetzt für mich natürlich eher schwierig zu beurteilen, aber ich denke, den Stil ziehe ich ganz gut durch. Habe aber davor noch nie in der ersten Person geschrieben. Recht spannend, man schreibt doch auf einer anderen Ebene, als in der dritten Person.

Danke euch beiden  :daaanke:
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eska

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #4 am: 10 September 2023, 21:48:32 »
Hallo, LaHallia.

Mich stören zwei Punkte an deinen ersten Sätzen, aber andere als dich offenbar:
1.
Zitat
Er ist der Wolf und ich der Rabe.
Das Verb stimmt nur für eine Person. Entweder braucht der Satz ein zusätzliches 'bin', dann würde ich das 'und' streichen, was den Gegensatz von Anfang an etabliert, oder du änderst ihn im Ganzen. Zum Beispiel: Er und ich. Wolf und Rabe. Am Tage seiner Geburt...

2. Was heißt 'sollten'? Wer hat das bestimmt? Wem gehorchen sie nicht bzw. was kam zwischen die zwei und ihr eigentliches Schicksal?
Davon hängt für mich ab, ob der letzte Satz flapsig ist - bei Ungehorsam eher nicht, bei Schicksalswendung eher doch. Dann könnte es vielleicht heißen: Doch der Plan misslang. oder: Doch die Würfel der Götter fielen anders.


Und dann stimmt es mich traurig, dass dein Karier-Roman dich enttäuscht. Ich habe den ersten Band gerne gelesen.  :schnief:

Lieben Gruß,
eska

LaHallia

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #5 am: 10 September 2023, 22:06:33 »
Hi Eska,

stimmt, ich könnte den ersten Satz knackig machen. Das wäre ein Kontrast zu den zwei langen danach.

Zitat
2. Was heißt 'sollten'? Wer hat das bestimmt? Wem gehorchen sie nicht bzw. was kam zwischen die zwei und ihr eigentliches Schicksal?
Ich tu mir grad schwer, das kurz zu erklären. Es ist eine gottlose Welt, in der die Geschichte spielt. Das System Gott gibt es nicht, weder in Worten, noch in der Vorstellung. Aber das Böse gibt es natürlich schon. In Legenden, die keiner mehr glaubt und der Wolf und der Rabe kommen aus genau solchen Legenden. Das Paar Wolf/Rabe herrscht, egal wer es ist, der Wolf ist immer König und der Rabe immer Königin. Und beide zusammen, sollen ein Kind haben, das "das Böse" vernichtet. Das Böse ist aber auch nur eine Legende, niemand hat es je gesehen und keiner glaubt mehr so recht dran. Die Tradition ist aber geblieben und laut Legenden teilen sich Wolf und Rabe nur ein Herz. Und ich mein das nicht romantsich, keiner ist wirklich menschlich. Bei den beiden, ist was schiefgegangen. Sie hat das ganze Herz "bekommen" und er gar keines. Da ist jetzt ein Ungleichgewicht, das zum Konflikt gehört.
Bevor ich zu schwafeln anfange: das "flapsig" hat sich eher auf die tatsächliche Wortwahl dieses Satzes bezogen; also dass er nicht zur restlichen Stimmung passt.

Zitat
Und dann stimmt es mich traurig, dass dein Karier-Roman dich enttäuscht. Ich habe den ersten Band gerne gelesen
Danke, eska. Als ich an das Projekt drangegangen bin wollte ich ein politisches Meisterwerk mit haufenweise Intrigen schreiben. Wie du gelesen hast, wurde es eher eine Charakterstudie. Das finde ich schade, weil mir das Potential, das ich damit verschenke, schon bewusst ist.

Liebe Grüße


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Viskey

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #6 am: 11 September 2023, 10:35:19 »
Satz zwei und drei sind eigentlich eine komplette Wiederholung voneinander und ich habe ZERO Ideen, wie ich das ohne Wiederholungen hinkriege und gleichzeitig die Stimme/Stimmung beibehalte.

Und weil es mir viel um den Tonfall/die Stimme geht: der letzte Satz ist viel zu flapsig. Das passt nicht.

Ich habe die drei Probleme nicht, dafür ein viertes ... Mir klingt es zu High Fantasy (womit ich nichts anfangen kann). Wahrscheinlich reißt für mich gerade der letzte, lapidare Satz die Sache raus. Ich finde den sehr schön. Der ist der Satz, der mich neugierig macht. "Er Wolf, ich Rabe" ... das ist für mich uninteressant. "Wir sollten alles teilen", das wird schon interessanter. Und "taten wir aber nicht" ist dann der Haken.

lg viskey
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LaHallia

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #7 am: 11 September 2023, 10:57:43 »
Hi Viskey,

danke für die Rückmeldung. Bis auf das unerklärte Phänomen, dass die Wölfe und dir Raben manchmal an die Wiege eines Kindes kommen, ist es keine Fantasy. Würde es eher als Coming-of-Age/Selbstfindungs/Niedergangsgeschichte in einem fiktiven frühmittelalterlichem Setting bezeichnen.  :biggrin:

Gut, dass der letzte Satz der "Hook" ist, das ist nämlich auch der Konflikt, oder, warum alles passiert was passiert.
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merin

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #8 am: 11 September 2023, 19:45:53 »
Ich stimme in den Reigen ein. Ich finde das, wenn man so blumig schreiben mag, nicht schlecht. Mein Vorschlag beinhaltet nur ein Mehrwort:

Er ist der Wolf und ich bin der Rabe. Am Tag seiner Geburt jagten schwarze Wölfe vom Rand der Welt durch die ewige Dämmerung, bis an seine Wiege. Am Tag meiner Geburt flogen Raben vom Rand der Welt über den schwarzen Himmel bis an meine. Wir sollten uns ein Herz teilen, ein Verlangen, eine Dunkelheit. Taten wir aber nicht.

Ich finde gerade die Wiederholung und deren Bruch sehr stimmungsvoll.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

LaHallia

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Re: Ein-Satz-Röstungen: ein Haufen Wiederholungen und ein zu legerer Satz
« Antwort #9 am: 11 September 2023, 20:04:06 »
Hi merin,

jetzt hätte ich das Mehrwort fast nicht gefunden  :biggrin:

Das war jetzt alles sehr überraschend, aber ihr habt mich überzeugt, ich finde den Anfang jetzt gut und werde ihn (mit den minimalen Änderungen wie gesagt) so lassen  :hehe:

 :daaanke:
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