Oh ja, zwei gute Fragen, wo man sich missverstehen kann.
Eine Figur, die in einem Roman so vor sich hineiert, ist für mich eine Figur, die zwar eine ganze Menge macht, bei der ich als Leser aber nicht verstehe, warum sie es macht oder in welche Richtung es gehen soll.
"Wenn beipsielsweise ein Autor schreibt, dass Hans-Peter die Kuchengabel mit der linken Hand hebt, argwöhnisch die spitzen Zinken betrachtet, sie dann wieder ablegt und lieber mit der rechten den kleinen Löffel nimmt, dann ist das zwar eine Allerweltshandlung, entscheidend ist aber, ob sie eine Bedeutung oder eine Funktion hat. Und die muss zu erkennen oder oder zu erahnen sein.
Der Wechsel von links auf rechts oder von der Gabel zum Löffel muss eine Bedeutung tragen. Wenn nicht, ja warum hat der Autor uns denn dann davon erzählt.
es überrascht mich immer wieder, wie oft Anfänger bedeutungslose Dinge beschreiben. Das ist nicht nur langweilig, bestenfalls irreführend, es vernebelt auch den Blick auf die wirklich wichtigen Dinge.
Alles, was im Text steht sollte eine Bedeutung haben und sei es nur Atmosphäre erzeugend.
Frage 2
Figuren entwickeln bedeutet aus der Perspektive des Autors, eine Figur zu erfinden, die aus einer diffusen Idee zu einem reichhaltigen mehrdimensionalen Charakter wird.
Bitte das nicht mit der Entwicklung einer Figur (sich verändern) im Verlauf der Geschichte verwechseln.
Die Figurenentwicklung ist ein schwieriger Weg für jeden Autor. Selbst der von mir so geschätzte Neil Gaiman, erschafft meistens nur grandiose Antagonisten. Seine Protagonisten bleiben oft vergleichsweise schwach.
Beispiel: Ich will einen Industriemagnaten in einem Wirtschaftskrimi. Mittelalt (damit er noch Weiber aufreißen kann, aber nicht mehr ganz jung, denn er muss sich seinen Erfolg ja bereits erarbeitet haben), Yacht, Rennpferde, Luxusautos mit und ohne Chauffeur, damit jeder sieht, wieviel Geld er hat).
Wenn ich so weiter mache, bleibe ich schnell im Klischee eines mittelmäßigen Filmdrehbuchs stecken.
Was ist an dieser Figur denn interessant? Das ist ein Kotzbrocken, reich und mächtig. Punkt.
Anders sieht es aus, wenn er sein geld nur macht, weil er auf der Suche nach der großen Liebe keinen schritt vorwärts kommt. Auch keine grandiose Idee, aber immerhin knapp am Klischee vorbei. Wenn er jetzt aber mit dem Blumenmädchen was anfängt (noch in der Erwartung), mit ihr aber scheitert, weil seine Geschäfstführerin besser zu ihm passt, dreht sich wieder alles. Und wenn die für ihren gelähmten Bruder sorgen muss und daher keine kalte Hundeschnautze ist, sondern eine Frau mir Herz, dann sind wir aus allen Klischees raus.
Und das geht in Fantasy, Alltag, Wirtschaftswelt, Krimi, Halbwelt etc. pp.
Alles klar?
Trippelschritt