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VL2: Die Verfilmung von "Harry Potter und der Stein der Weisen"

(1/1)

Mooncat:
Hmm, erster Post nach dem Orgathread die Verfilmung ...
Aber das passt zu mir, denn ich habe zuerst den Film gesehen (den ich nur skeptisch schauen gegangen bin. Der Hype um die HP-Bücher ging mir so auf die Nerven, ich hab den 4 Bände lang boykottiert, da es mir immer suspekt ist, wenn 'alle' Welt so Fan von etwas ist). Erst nachdem mich der Film verzaubert hat, habe ich mich auf die Bücher gestürzt. Von da an ging es dann schnell ...

Ich spar mir jetzt die Zusammenfassung. Oder die akribische Auflistung aller Dinge, die anders sind als im Buch. Oder auch die Besetzungsliste. Hauptsächlich weil es das schon zur Genüge gibt, allen voran auf Harry Potter Wiki.

Konzentrieren wir uns doch hier auf den Film an sich und die Eindrücke, die er bei Euch hinterlassen hat.
Sicher sehr interessant könnte es werden, sobald die Kapitelbesprechungen los gehen, die Kapitel mit den entsprechenden Szenen im Film zu vergleichen. Welche Auswirkungen haben die Änderungen auf das Verständnis und das Geschehen? Was wurde vielleicht im Film sogar besser dargestellt oder wo schlägt das Buch den Film um Längen? Wo gewinnt die Charakterisierung, bzw. die Verkörperung des Charakters? Wo gibt es unterschiedliche Fokusse und was bedeudet das für die Geschichte?

Natürlich sind auch die generellen Eindrücke herzlich willkommen. Vor allem weil die meisten kaum den Film immer schnell Szene pro Szene nachsehen werden, um hier Vergleiche aufzustellen.
Und trotz aller Vergleiche zum Buch - vergesst nicht, es ist ein Film und während für die Kunst des Geschichte erzählens viele Kriterien gleich bleiben, es hat nun mal auch andere Kriterien und sollte daher insgesamt auch als eigenständiger Film bewertet werden und nicht nur als Verfilmung eines Buches.

Na dann, frohes diskutieren!

Mooncat:
Dann fang ich doch gleich mal an:
Gestern wurde der Film auf VOX ausgestrahlt und eigentlich stand er nicht bei uns auf dem Programm. Aber wir waren gerade auf dem Sender, als er anfing und wie beim ersten Mal hat er uns wieder sofort mit dem ersten Ton der Musik verzaubert und in seinen Bann gezogen. Tja, und schon habe ich schnell die DVD aus dem Regal rausgeholt und eingelegt, denn wenn man die DVD hat muss man sich die Werbung wirklich nicht antun.

So ist er also grad sehr frisch im Kopf bei mir. Und offensichtlich liebe ich den Film, ansonsten hätte ich kaum die DVD (und die aller weiteren Filme). Doch ich hab ihn gestern etwas kritischer geschaut in Hinblick auf die Lesegruppe.
Handlung, Umsetzung, Charakterisierung.

Nun ja, die Handlung ist gegeben und wir kennen sie alle. Es wird wohl dann noch in der Buchdiskussion aufkommen, aber sie ist ein Paradebeispiel für einige Punkte unserer Pfft-Liste, vom Klischee des Zauberlehrlings, über das Waisenkind mit bösen Verwandten hin zum Boy Wonder, der ach so toll und besonders ist. Da musste ich auch ganz schön schmunzeln. Natürlich könnte man auch argumentieren, dass Harry der Urvater dieses Klischees ist. Stimmt jetzt nicht, jedes dieser Klischees hat Vorgänger. Und viele Konkurrenten hat er sowieso. Und doch ist Harry Potter zum Inbegriff des Zauberschülers geworden, des prophezeiten 'boy, who lived'. In der Bücherwelt, und dank diesem Auftakt auch in der Filmwelt.

Warum? Ist der Film nur so beliebt und erfolgreich wegen dem Hype um die Bücher, ein Hype, wo der Film nun drauf springt?

Ich denke nicht. Die Verfilmung des 2. Bands hat bei weitem nicht die gleiche Beliebtheit. Was sicher auch an der Vorlage liegt, denn machen wir uns nichts vor, wie so oft ist der zweite Band auch hier lang nicht so gut wie der erste und sowieso in meinen Augen der Schwächste der Reihe. Nein, ich bin überzeugt, selbst wenn es sich beim Stein der Weisen nicht um ein adaptiertes Drehbuch sondern um ein originales gehandelt hätte, der Film wäre trotzdem ein grosser Erfolg und Kassenschlager geworden. Vielleicht nicht mit dem gleichen Hype, vielleicht nicht mit 7 Nachfolgefilmen, aber definitiv ein Erfolg.

Dafür spricht so einiges. Allen voran sicher die wundervolle Umsetzung und bezaubernde Darstellung dieses magischen Englands, angefangen mit der friedlichen Vorstadt, die von verwandelten Hexen in Katzengestalt patroulliert und von Eulenscharen belagert wird, über das bunte Treiben in der Winkelgasse bis zum märchenhaften Zauberschloss als das sich Hogwarts im ersten Film präsentiert. Als Fan von Fantasy und Magie kann man sich gar nicht satt sehen und zumindest mir und meiner Familie geht es so, dass wir da gar nicht anders können als automatisch zu lächeln und mit Harry begeistert diese neue Welt kennen lernen wollen.
Das allein macht keinen guten Film aus, natürlich nicht. Das A und O sind auch hier die Charaktere, bzw. die hervorragende Besetzung der Rollen. Harry und v.a. auch Ron merkt man zwar selten noch ihre Unerfahrenheit an, doch wie Hermione meistern sie ihre Rolle bestens und, so finde ich, verkörpern sie perfekt. Zumindest in diesem Film. Später gibt es Filme, wo ich v.a. Harry und Ron etwas übertrieben finde. Doch für mich sind die wahren Gewinne und Hauptgründe, wieso dieser Film so erfolgreich wurde, der Cast der Erwachsenenrollen.
Alan Rickmann als Snape, Maggie Smith als McGonagall und Richard Harris als Dumbledore. Sicher, alle anderen sind auch verteufelt gut besetzt, v.a. auch Hagrid, aber was die drei da auf die Leinwand legen, ist grosse Klasse - und grosses Kino. Und bei ihnen hält es es, in jedem der Filme, sie sind und bleiben die Höhepunkte der schauspielerischen Leistungen. Na ja, bei Richard Harris leider, leider nur bis zu seinem Tod. Michael Gambon, der ihm als Dumbledore folgte, schaffte es leider nie, an seine perfekte Verkörperung des liebeswürdigen, etwas schrulligen Schulleiters auch nur heranzukommen.

Tja, was die Handlung angeht, so fiebere ich mit bis etwa zur Hälfte des Filmes. Beim ersten Mal bis zum Schluss, aber bei all den vielen weiteren Malen verliert der Film ab da recht viel seines Zaubers, der mich zu Anfang immer wieder in seinen Bann zieht. Vielleicht verständlich, denn langsam kennen wir die Welt und Hogwarts ja auch. Das Quidditch-Spiel hört und hört nicht auf, sie verbeissen sich in ihren Verdächtigungen gegen Snape (die sowieso im ersten Teil noch halbwegs nachvollziehbar sind, aber ab dem 2. nur noch lächerlich sind, einer der grossen Schwachpunkte in meinen Augen) und die Suche nach dem Stein der Weisen zieht sich auch sehr in die Länge. Das Dreierteam agiert da hauptsächlich nur noch und verliert etwas an der Nähe, die wir bis dahin zu jedem einzelnen von ihnen haben aufbauen können.

Gestern ist mir auch aufgefallen, wie fies eigentlich der Schluss ist, wo Dumbledore rasch noch gerade so viele Punkte verteilt, dass Gryffindor Slytherin überholen kann und den Hauspokal kriegt. Überhaupt ist dieser Zwist unter den Häusern, allen voran mit dem strahlenden, mutigen Gryffindor gegen das böse, hinterhältige Slytherin etwas zu stark gefördert für meinen Geschmack. Unparteiisch ist der Schuldirektor jedenfalls kaum.

Trotzdem, der Rausch des Sieges trägt mit zur Euphorie bei und der warme Abschluss mit dem Abschied auf dem Bahnsteig macht unbedingt Lust auf mehr. Und trotz der etwas trägen, langatmigen zweiten Hälfte bleibt der Film ein Hochgenuss für mich, in dem ich immer wieder gerne mal schwelge.

Viskey:
Was mir an der Verfilmung gefällt: Sie hat nicht versucht, sklavisch das Buch umzusetzen, sondern versucht, am Ende im Zuschauer die gleiche Begeisterung erweckt zu haben wie das Buch im Leser.


Das Buch funktioniert für mich deshalb so gut, weil da irrsinnig viel in kleinen Nebensätzen steckt, die ganz harmlos daherkommen und so tun, als wäre nichts. Ehe man sich's versieht steckt man mitten drin in der magischen Welt und weiß nicht so genau, wie das so schnell passieren konnte.
Rein vom Plot her ist Der Stein der Weisen ziemlich einfach gestrickt. Es ist das ganze Drumherum, das die Faszination ausmacht, die Einführung in diese Welt.

Der Film hat jetzt nicht die Möglichkeit, auf jedes kleine Detail genau einzugehen, dazu fehlt einfach die Zeit. Stattdessen schafft der Film gewaltige Bilder (Paradebeispiel: die verzauberte Decke in der großen Halle). Und, wenn man den Film öfter sieht, entdeckt man immer wieder neue Details, die einem bisher noch nicht aufgefallen sind.
Der Film setzt den Zuschauer also gewissermaßen in Harrys Kopf hinein, und so wie er sieht man die magische Welt zum ersten Mal und darf staunen. Immer wieder aufs Neue.

Mooncat:
Genau, gut erklärt.

Ich glaube sowieso, dass eine Buchverfilmung nur funktioniert, wenn sie eben nicht slavisch dem Buch folgt. Es ist ein Film. Der hat andere Ansprüche und andere Übertragungs- und Erzählmöglichkeiten. Dem muss man Rechnung tragen.

Die Filmreihe an sich stellt die jeweilige Stimmung der Geschichte ja sehr deutlich bildlich in Szene. Im ersten ist die Welt der Magie eben erst einmal wunderbar magisch, warm, verspielt - und überwältigend. Bis auf die Szene mit Voldemorts Attacke und dann im dunklen Wald sieht man nichts der dunklen, unheimlichen und gefährlichen Seite der magischen Welt, und auch da nur ansatzweise, mit kurzen Bildern und Eindrücken. Das ändert sich ja später ständig, bis wir kaum noch was von der Schönheit sehen - was ich an den letzteren Filmen schon sehr vermisse.

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