Teufelszeug > Theorie
Schreiben über reale Personen
tlt:
hallo,
ich bin da nicht bei Euch. Es gibt zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das sogar als Grundrecht eingestuft ist. Allerdings ist es (zu recht) sehr breit gefasst. Hier ist wohl der Bereich der sog. Sozialsphäre betroffen. Laut Wiki, der Bereich, in dem sich der Mensch als ‚soziales Wesen‘ im Austausch mit anderen Menschen befindet. Hierzu zählt insbesondere die berufliche, politische oder ehrenamtliche Tätigkeit. Diese Sphäre ist – z. B. gegen Veröffentlichungen – relativ schwach geschützt, so dass Eingriffe in aller Regel zulässig sind, wenn nicht ausnahmsweise Umstände hinzutreten, die den Persönlichkeitsschutz überwiegen lassen.
In dem Fall könnte es höchstens einen Eingriff in die Intimsphäre geben. Die ist zwar grundsätzlich geschützt, aber auch hier ist die Meinungsäußerungsfreiheit gegenüberzustellen.
Keine der Fallgruppen, die das BVG bisher bearbeitet hat, befasst sich mit der bloßen Nennung von gemeinsamen Erlebnissen etc. Ich gehe einmal davon aus, dass alles, was da geschrieben wurde, auch auf Tatsachen beruht und keine Schmähkritik etc. enthalten ist.
Im Grunde überlässt es der Gesetzgeber den Menschen selbst, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt werden wollen. Das gilt ausdrücklich auch für Verstorbene. Aber die Erben werden es schwer haben, das festzulegen, wenn es zu Lebzeiten nicht getan wurde. Wenn ich heute also über meine unrühmliche Schulzeit schreiben würde, dann könnten darin Geschichten über einen (mehr oder weniger) bekannten CDU-Politiker vorkommen, mit dem ich zusammen geklaut habe und spezielle Mechanismen ausgetüftelt, um bei Klassenarbeiten ein paar Punkte mehr einzufahren. Dann kann der Gute sich auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln, aber nichts gegen eine Veröffentlichung machen.
Ein Risiko der Klage bleibt immer und vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Aber idr wird hier pro Schreiber entschieden.
Hier gibt's ein paar mehr Infos zu dem Thema:
www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/allg-zivilrecht/persoenlichkeitsrecht-typische-verletzungsfaelle-und-aktuelle-ent_208_76430.html
Bateman:
Ich bin kein Experte, aber das so stimmt so, meiner Kenntnis nach nicht, tlt.
Es gibt eben den großen Unterschied zwischen Tatsache und Tatsachenbehauptung. Eine Tatsachenbehauptung ist nicht beweisbar (so zum Beispiel das gemeinsame Klauen mit dem CDU-Politiker). Wenn der Betroffene nun klagt, ist grundsätzlich der Täter (der Autor) in der Beweispflicht. Kann er glaubhaft beweisen, dass es keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Tatsache ist, ist alles gut. Bleibt es bei der Behauptung bekommt grundsätzlich der Kläger recht. Sofern das Dargestellte geeignet ist, seinem Image zu schaden.
Parzifal:
--- Zitat ---Wenn ich heute also über meine unrühmliche Schulzeit schreiben würde, dann könnten darin Geschichten über einen (mehr oder weniger) bekannten CDU-Politiker vorkommen, mit dem ich zusammen geklaut habe und spezielle Mechanismen ausgetüftelt, um bei Klassenarbeiten ein paar Punkte mehr einzufahren. Dann kann der Gute sich auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln, aber nichts gegen eine Veröffentlichung machen.
--- Ende Zitat ---
Wenn ich der CDU-Politiker wäre (Gott bewahre mich vor so einer ideologischen Entgleisung), würde ich eine Unterlassungsklage anstrengen, dass mich betreffende Inhalte im Buch geschwärzt werden oder der Druck ganz verboten wird; bzw. schon gedruckte Exemplare zurück gezogen werden. Außerdem würde ich den Autor (und den Verlag) wegen übler Nachrede und Verleumdung verklagen und vom Autor eine öffentliche Gegendarstellung verlangen und Schmerzensgeld auch noch (von wegen, er könnte nichts dagegen tun) ;)
vulture:
Hier die Rechtslage:
"Zwischen dem Maß, in dem der Autor eine von der Wirklichkeit abgelöste ästhetische Realität schafft, und der Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts besteht eine Wechselbeziehung. Je stärker Abbild und Urbild übereinstimmen, desto schwerer wiegt die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts. Je mehr die künstlerische Darstellung besonders geschützte Dimensionen des Persönlichkeitsrechts berührt, desto stärker muss die Fiktionalisierung sein, um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung auszuschließen." (Quelle)
Ich würde das so auslegen: Wenn du Privat- oder sogar Intimsphäre verletzt, muss eine deutliche Verfremdung stattfinden.
Der einzige Ausnahmefall für eine zulässige Verletzung der Privatspähre (nicht Intimsphäre!) wäre ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit. Was auch wieder ein sehr schwammiger Begriff ist, den du dann im Zweifelsfall von einem Anwalt ausdiskutieren lassen müsstest.
merin:
Puh ist das kompliziert. Also erstmal: Es ist nur eine KG, kein Roman. Und ob die je in einem Buch landet ist fraglich. Aber sie gehört konzeptuell zu meiner Reihe "Begebenheiten" die immer von realen Begebenheiten ausgeht. Mir ist wichtig, dass das real ist, einfach vom Konzept her, und man könnte auch annehmen, dass es in diesem Fall ein Interesse der Öffentlichkeit gibt. Leider ist mein Bekannter nämlich kein Star gewesen, eher jemand, der immer als abschreckendes Beispiel hingestellt wurde. Und das hat sein Leben zerstört, was die Presse da mit ihm gemacht hat. Darum geht es in der Geschichte aber nur im Hintergrund.
Ich muss mal drüber nachdenken, wie ich das nun löse. Ich werde auf jeden Fall verfremden, aber wenn ich ganz verfremde, ist der reale Kern, um den es mir geht, weg. Und dann werd ich es im internen Teil einstellen und schauen, ob jemand ihn erkennt.
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