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Charakterentwicklung

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Dragonlady:
Hallo liebe Teufel!

Nachdem ich festgestellt hab, dass es dazu wirklich noch kein Thema gibt - was ein Graus! - muss der Neuling da jetzt gleich was neues aufmachen. Charakterentwicklung. Natürlich sind Charaktere und Plot nie zu trennen. Ohne Charaktere kein Plot und ohne Plot... naja, jedenfalls keine interessanten Charaktere. Immerhin definieren wir die Charaktere ja durc das, was sie tun.

So! Wie entwickelt ihr Charaktere? Habt ihr bestimmte Methoden? Wie gebt ihr ihnen Tiefe? Und habt ihr erst den Plot und sucht euch dann "passende" Charaktere oder sind die Charaktere vor dem Plot aus und ihr überlegt euch, was eure Charaktere jetzt tun werden...? Oder ist das eher gemischt?

Ich für meinen Teil habe die Charaktere in aller Regel vor der Handlung oder maximal die ganz grobe Handlung. Allerdings habe ich festgestellt, dass das schwer funktioniert, meine Figuren haben ein so starkes Eigenleben, dass ich ihnen nur weniges wirklich aufzwingen kann. Daher hatte ich vor meinen Figuren bei meinem derzeitigen Projekt auch nur den Handlungsort in groben Zügen. Aber das war es dann auch. Der Rest kam über die Figuren, genauer gesagt hauptsächlich über meinen Haptcharakter. Den habe ich mittels von diesem Charakterbogen entwickelt - wie die meisten meiner wichtigeren Charaktere im Übrigen. Wobei ich bei schwierigen Fällen auch gerne Freunde um Hilfe bitte und ihnen dann das, was ich schon weiß vorstelle und sie dann bitte mir wahllos fragen stellen lasse. Was man alles über seine Charaktere plötzlich weiß, wenn man gefragt wird, ist der Wahnsinn! Außerdem macht so etwas richtig Spaß :D

Ich muss danach dann erst einmal die Stimme eines Charakters finden und probiere in der Regel mehrere Prespektiven aus, bis ich zu der gefunden habe, die optimal zu dem Charakter passt - jedenfalls bei Perspektivfiguren mach ich das so.

tine-schreibt:
Ich hab hier schonmal recht ausführlich meine Methoden erklärt :)

EDIT:
Den Charakterbogen, den du verlinkt hast, hab ich mir mal angeguckt. Mit solchen Dingern kann ich überhaupt nichts anfangen. Die wirken so oberflächlich auf mich. Da krieg ich das Gefühl, ich müsste meinen Chara zusammenfalten und stutzen, damit er da reinpasst. Ich meine, ich weiß, die sind nur als Anregung gedacht, aber ich fühl mich davon eher gehemmt. Ist sone Geschmackssache.

Viskey:
Meine Figurenentwicklung geht Hand in Hand mit der Plotentwicklung. Dabei ist es egal, was zuerst da ist, Plot oder Figur (bei mir wechselt das).


Ich hab also einen Plot, und ich weiß - aus (Lese)-Erfahrung - welche Art von Figur ich brauche, um diesen Plot am besten erzählen zu können. Oder alternativ: Ich hab die Figur inklusive Grundproblem (das wird Gott sei Dank immer gleich mitgeliefert), und baue von diesem Grundproblem ausgehend einen Plot auf. Ist aber die schwierigere Variante für mich.

Und von diesem ersten Schritt weg ist es ein ständiges Geben und Nehmen: Was hat die Figur zu bieten, was kann ich von ihr nehmen, um den Plot voranzubringen? Was braucht der Plot, um voranzukommen, was muss ich meiner Figur geben, damit der Plot sich so entwickeln kann, wie ich das brauche?



Entwicklung in Form von Charakterbögen finde ist für mich komplett nutzlos. Ich hab's früher manchmal versucht - weil ich ja neugierig bin, und dieses "Spielzeug" ausprobieren wollte. Aber herausgekommen ist Murks. Nicht mal zweidimensional, sondern gar eindimensional war das, was dabei herauskam.


Uli:
Hmmm ... mir gefällt der Begriff schon nicht sehr - jedenfalls passt er nicht für meine Methode:

Ich 'finde' meine Figuren und lerne sie kennen.
D funktioniert praktisch so: Ich weiß, was für eine ageschichte ich habe und demnach kenne ich ein paar Anforderungen an das Personal. Ich schreibe also die erste Szene, mit 'irgendjemand' - der halt nur die für diese eine Szene erforderlichen Eigenschaften hat. Und dann schau ich mir die Figur näher an.

Am Beispiel Horg (aus den 'Gratwanderern'):
Ich brauchte jemand, der 'nicht ganz passt' in seinem Umfeld - und dabei 'unwichtig' ist. Die erste Assoziation ist dann gewesen 'Gilt als dumm', die zweite 'befasst sich mit Dingen, die keinen interessieren' - eine Kombination, die gar nicht selten ist. Noch mein Großvater hat Lesen als 'überflüssiges Zeug' gesehen und Leser für 'dumm' (unpraktisch, Zeitverschwendung) gehalten - Nun, Horg kann rechnen.
Was dann zu der Fragen führt: Warum kann er das? Warum interessiert ihn das? Was bewirkt das für ihn? und so weiter ...

Die Eigenschaft 'kann rechnen' hat sich aus dieser ersten Szene ergeben (wo sie in mehrerlei Hinsicht praktisch ist: Horg wird charakterisiert, Setting vermittelt, die Situation erklärt ...) - und damit hatte die Figur einen Ansatzpunkt.

Notizen mache ich nur zu den 'harten Fakten': Alter, Herkunft, Namen von Bezugspersonen etc. Die interpretierbaren Eigenschaften mag ich nicht niederschreiben, das würde zu sehr 'lenken' (nach der Idee, daß ein  Adjektiv sich mit der Sichtweise verändert: Ich bin 'bestimmt', du bist 'konsequent', er ist 'eigensinnig' - und der da drüben 'starrsinnig')
Außerdem sind die meisten Eigenschaften einer Person nicht fixiert - und nicht immer gleichermaßen aktiv.

Außerdem bin ich beim Kennenlernen grundsätzlich 'parteiisch' - werte also die Eigenschaften der Figur eher positiv (ja, auch bei den 'Bösen'), eher aus deren eigenem Blickwinkel. (Es ist also niemand starrsinnig, sondern hat einen gefestigten Charakter ...)
Wobei ich allerdings 'Ausreden' (hatte eine schwere Kindheit ...) nicht gelten lasse. Nun, das mache ich auch sonst nicht ...

Dragonlady:
Die Charaktereigenschaften ändern sich bei mir ja auch konsequent, und manchmal entwickelt er sich auch anders, als ich das ursprünglich gedacht hatte, wird zum Beispiel offener, als ich ursprünglich dachte, aber es hilft mir für die ersten Ansätze wahnsinnig. Und meistens, wenn mir Dinge einfällen, die da nicht reinpassen, dann füge ich halt Felder hinzu. Und wenn ich zu etwas einfach (noch) nichts weiß, dann bleiben die halt leer. Es ist dann auch im Nachhinein halt eine Gedankenstütze. Zum Beispiel verbanne ich bei weniger wichtigen Charakteren gerne die Haarfarben aus meinem Kopf. Wenn ich die dann plötzlich aus irgendeinem Grund irgendwo brauche, dann hab ich die noch mal. Klar, man darf sich nicht exakt an das Vorgegebene Schema klammern. Und ich finde es wichtig, dann, wenn die Figur etwas anderes will, als man ursprünglic wollte, darauf einzugehen, denn das heißt für mich, dass sie lebendig ist. Aber ich kann mich darüber sehr gut an sie annähern.
Bei meiner momentanen Figur hatte ich zum Beispiel nur sein Aussehen und sein Alter, ansonsten wusste ich am Anfang nichts über ihn. Und mittlerweile ist er einer der verdrehtesten und komplexesten Charatere, die ich je hatte. Ich muss aber sagen, ich setze mich jetzt auch nicht mit dem Charakterbogen hin und sage: So jetzt erschaffst du den mal. Sondern: Ich philosophiere über sie. Überall. Im Bus, in der U-Bahn, auf der Arbeit (ja, böses Mädchen, ich weiß), vor dem Schlafen-Gehen, beim Essen... überall eigentlich. Und wenn mir eine Idee kommt, dann ergänze ich sie. Und Stück für Stück gewinnt dann so eine Figur etwas rundes. Das kommt bei mir ganz häufig auch mit der Vergangenheit, denn ich denke, dass Figuren immer auch (wie Menschen eben auch) die Summe ihrer Erfahrungen sind. Habe ich eine komplette Vergangenheit zusammen, dann ist meistens auch die Figur sehr rund und "ergibt Sinn". :) Vielleicht kam das da noch nicht so genau heraus.

Oh stimmt... Wobei ich das irgendwie nur auf Protagonisten Bezogen hatte, aber du hast natürlich völlig recht -.-' Schande über mich. Verzeiht mir.

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