Teufelszeug > Theorie

Wie weit geht ihr für eine gute Story?

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Uli:
genau: Es gibt da sowas wie eine 'Fluchtdistanz' - wobei mir ein Donauring in Wien nicht aufgefallen wäre - und wenn die unterschritten wird, flieht das Lesevergnügen. Es gibt da schon recht krasse Beispiele ...

Ich denke mal, bei Umständen, die individuel erlebt werden (z.B. die Wirkung von Substanzen auf das Bewustsein) ist die Spanne deutlich weiter, wie auch bei Tatsachen, die sich ändern können (ein Hotel umbenennen ist schnell gemacht), als bei Geografie. Oder Physik.

Und es gibt die andere Seite:
Manchmal gibt es Kritik, die nur sagt: Das kann ich mir nicht vorstellen (gelesen: Das will ich nicht wahrhaben) und deshalb ist es falsch. Gerne mit 'keine Frau/ kein Araber/ kein Schriftsteller würde so handeln/ denken / reden'. Oder 'ein Italiener wird immer' oder 'alle Schwulen sind'.
Mal abgesehen davon, daß es sich dabei zum Teil um dumme Vorurteile handelt: Bei oberflächlicher Recherche, womöglich aus 'passenden' Quellen, findet man sogar Belege dafür. Und hier wird es gelegentlich eng:
Wenn in einem Buch etwas korrekt recherchiertes auftaucht, das halt nicht dem gängigen Vorurteil entspricht, kann der Effekt derselbe sein, wie schlecht recherchierte Ahnungslosigkeit. Zum Beispiel schwule Fußballer: Noch vor ein paar Monaten 'wussten alle', daß es sowas nicht gibt, nicht geben kann (und darf), weil, Schwule machen keinen Sport ...
Und wenn, dann rhythmische Tanzgymnastik.

Es ist halt so: Alles ist erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist.
Wenn etwas nach den Naturgesetzen möglich ist, wird es stattfinden - früher oder später. Die Frage ist dann immer, wie weit man den Unwahrscheinlichkeitsfktor akzeptiert - oder gar sucht. Und wie man das dann verwendet.

Mystik (auch Magie und artverwandtes) hat natürlich auch seine Regeln und Grenzen - die halt jeder selbst bestimmen kann, glücklicherweise. Und das ist dabei auch notwendig, nur eben nicht 'Recherche' sondern 'Konstruktion'.
Und ab und zu vermischt sich das eben: Bei persönlichem Erleben gibt es eine Mischung aus Recherchierbarem und (Figuren)konstruktion.

Chibou:
Oft recherchiere ich viel mehr, als ich schreibe ^^
Lese dazu, schaue mir stundenlange Docus an ... und wenn ich dann schreiben will - hups, hab ich die Hälfte wieder vergessen! und überfliege die Sachen noch mal (mache mir teils auch Notizen) ^^ und dann ist die Zeit fürs Schreiben aber schon wieder weg  :grumpy:

Für meine jetzige Geschichte, die in Irkutsk (Russland) spielt, habe ich unzählige Reiseberichte gelesen und sogar einige Einwohner, die ich bei Youtube ausfindig machte, angeschrieben XD und ganz viele Eindrücke gesammelt, auf die ich so nie gekommen wäre. Ist kalt kein 'Russland' wie ich es aus Moskau kenne ^^
Nur das Geld um hinzufliegen hab ich noch nicht zusammen  :flenn:

Und nach einer intensiver Recherche für einen meiner Charaktere hab nun sogar noch ein Wirtschaftrechtstudium begonnen  ::) wer hätte gedacht, das Wirtschaft so interessant sein kann ^^

So gesehen: Ich werde mit meinem Buch noch in zehn Jahren nicht fertig werden, wenn das so weiter geht  :stirn:

tine-schreibt:
Ich recherchier alles, was nicht niet- und nagelfest ist.
Gesetze und Traditionen zur Vor- und Nachnamensgebung in Portugal und Kenia, speziell unter den Kikuyu, indische Musik (hindustani und karnatische, und ich weiß jetzt, was ein Raga ist) und Zirkuskultur, die globale Verbreitung von gewissen Kaugummimarken in den 70ern, die durchschnittliche Körperschweißproduktion von verschiedenen Bevölkerungsgruppen (in Südkorea kostet Deo quasi sein Gewicht in Gold, weil niemand welches braucht)... und der Großteil davon war für Sachen, die nur am Rande erwähnt oder sogar nur impliziert sind.
Ich bin ziemlich perfektionistisch, was Recherche angeht.


EDIT:

--- Zitat von: Viskey am 10 March 2014, 11:10:32 ---Andere Dinge müssen allerdings schon stimmen. Wenn ich einen Violinisten gefühlvoll über die fünfte Saite streichen lasse, hab ich mir die Prügel mehr als verdient, die ich dafür zweifellos einstecke.
--- Ende Zitat ---
Da fällt mir noch was ein!
Meine peinlichste Recherchepleite bisher war, dass ich mir selbst zusammengereimt habe, wie das mit dem Reiten so geht. Weißt du, so mit Schnalzen und mit den Fersen, wie mans im Fernsehen immer sieht...
Meine kleine Schwester hat mich dann korrigiert :))))))

Viskey:
 :gruebel:

Wie zum Geier findet man heraus, welche Kaugummis in den 70ern wo gekaut wurde? :wiejetzt:

Echt ... Ich krieg schon panische Schweißausbrüche, wenn ich Grundlegendes zu Atlantis rausfinden muss. Und dazu gibt's tonnenweise Material ... :versteck:

Bateman:
 :biggrin: Wo wir dabei sind, peinlichste Recherchepleite: Das gesamte erste Kapitel (immerhin 6000 Wörter) einer meiner Geschichten spielt in einem spanischen Gericht im 16. Jahrhundert. Ich habe zwar schön den Advokat und den Prokurator eingeführt, aber leider aus Unkenntnis deren Rollen gegenüber dem Mandanten, und damit auch die Rollen meiner Protagonisten, vertauscht. Fazit: Ich darf alles umbauen. Seitdem liegt das Ding erstmal auf Eis.   :'(

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