Teufelszeug > Schreibmethoden

Notwendiges Element oder "faules Schreiben"?

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Morwen:
Ich habe wie Bateman auch sofort an ein Rollenspiel / Computerspiel gedacht. Damit läufst du Gefahr, in die Ecke von Rollenspielbüchern gestellt zu werden. Ich kenne jetzt wenig von deinen Texten, aber ich vermute mal, dass deine Handlung da sehr viel mehr zu bieten hat.  Somit ist ein Risiko der Verwechslung bei potentiellen Lesern wohl nicht gegeben. Trotzdem würde ich das Trio anders wählen. Figuren gegen den Strich zu besetzen, gibt dir doch viel mehr mögliche Nebenplots, Verwirrungen, Herausforderungen. Ich glaube nicht, dass du es dir einfach machst, eher unnötig schwer. Dein Kämpfer kann doch auch ein Philosophiestudent mit 8. Dan in Karate sein. Und Magier, die gerade erst merken, dass sie diese Fähigkeit besitzen, werden von vielen Lesern geliebt. Nicht ohne Grund. Das Unwahrscheinliche der Fähigkeit kann der Leser so mit dem Prota zusammen erfahren und so eher akzeptieren. "Fertige" Magier finde ich da vergleichsweise langweilig.

Gruß
Morwen

Fox:
Ich antworte mal mit einem ganz klaren "Es kommt darauf an".

Eine Situation, wie du sie beschreibst, könnte ich mir gut vorstellen, wenn die Geschichte sich um ein Special Ops-Team oder so etwas dreht. Dort wird dann ja nicht bunt zusammengewürfelt, sondern darauf geachtet, dass die Eventualitäten für den Auftrag abgedeckt sind. Und dann braucht man eben einen Sani und einen Zauberer. Wenn man das Ganze natürlich derart aufzieht, dass sich alle drei zufällig in der nächsten Taverne treffen und sich bei einer Schlägerei dort kennen lernen, dann ist das abgedroschen und klischeehaft. Kann aber funktionieren, wenn die gesamte Geschichte tonal eher pulpig konzipiert ist. ;)

Wo es so oft angesprochen wurde; ich komme aus dem Rollenspielbereich und nehme daher viel meiner Inspirationen. Meine momentane Romanbesetzung könnte man problemlos in Shadowrun-Charaktere umbauen, und daraus ein Runnerteam gestalten. Ein Athlet / physischer Einbrecher, ein Hacker und ein Socialite, die eben gemeinsam Einbrüche begehen. Haben sich so als Team zusammengefunden, ist ja auch irgendwo logisch. Die Geschichte wird auch mit einem Einbruch angestoßen, in dem sie an ihre Grenzen gestoßen werden, und ihre "rollenspezifischen" Tätigkeiten durchführen können. Allerdings bleibt die Angelegenheit nicht so einfach, und die Geschichte hat insgesamt recht wenig mit ihren Fertigkeitenmengen / Rollen zu tun, sondern recht konkret mit den Wünschen und Ängsten der drei Protagonisten, selbst wenn die entsprechenden Fertigkeiten zum Tragen kommen. Doch selbst wenn mal das Können der Charaktere auf die Situation passt, verhauen sie es dennoch aus persönlichen Gründen oder antagonistischer Boshaftigkeit oft genug. (Beispiel; Einbrecher lässt ein verschlepptes Familienerbstück vom Einbruchsort mitgehen und tarnt das Ganze sehr notdürftig mit einer Replikation.)

Ich weiß nicht, ob diese Geschichte mit 'ungeübtem' Personal überhaupt Sinn machen würde, weil unter Anderem der Einbruch eben im oberen Preissegment liegt. Da müsste ich einiges an der Struktur verändern, und letztendlich wäre es dann nicht die Geschichte, die ich erzählen will. Generell schreibe ich lieber über kompetente Charaktere, die mit unerwarteten und harten Situationen fertig werden müssen; über Noobs schreibe ich eigentlich selten. ;)

Wichtig ist meiner Meinung nach, dass die Charaktere gut gezeichnet sind, ihre Leidenschaft sie zum Handeln treibt und nicht ihre "Gruppenrolle" und letztendlich, die Geschichte eine interessante ist wie schon oft hier angesprochen.

Cheers,
Fox

Viskey:

--- Zitat von: Uli am 02 March 2014, 19:03:55 ---Aber grundsätzlich ist das schon OK, wenn eine Story halt nur mit einer bestimmten  Besetzung funktionieren kann.

--- Ende Zitat ---

Genau das ist die Frage: Gibt es Geschichten, die nur mit einer bestimmten Besetzung funktionieren?  Bzw, was ist so schlimm daran zu sagen, dass es eben genau diese Besetzung braucht, um diese Geschichte zu erzählen?


Ich hab hier übringens kein konkretes Projekt geschildert, sondern zur Illustration ein Beispiel zusammengewürfelt. :devgrin: Denn das Problem beschäftigt mich schon länger - in konkreten Projekten.

Ich frage mich einfach: Irgendwie muss ich als Autor doch sowieso (zumindst ein Stück weit) die Bereitschaft der Leser voraussetzen, zu akzeptieren, was ich erzähle. Irgendwo muss ich doch eine Grenze ziehen dürfen, wo ich sage: Bis hierhin und nicht weiter darfst du hinterfragen. Oder nicht?

Ich meine, natürlich ist es praktisch, wenn das Trio im Laufe der Geschichte in einen Kampf verwickelt wird, und einer von ihnen Soldat ist, und sich im Kämpfen auskennt. Natürlich ist es praktisch, wenn sofort ein Arzt zur Stelle ist, sobald sich einer verletzt. - Aber ist das wirklich so ein großes Problem, wenn von Anfang an klar ist, was die Leute von Beruf sind? Solang nicht mittendrin plötzlich aus dem harmlosen Bäcker der hartgesottene Elitesoldat hervorbricht, der aus tiefenpsychologisch hochinteressanten Gründen dieses Leben hinter sich lassen wollte ... Ist das dann ein Problem oder nicht, bzw. wie groß ist das Problem?

Mir geht es hier auch um das verpönte ISSO. Ich meine, jede Ausgangslage einer jeden Geschichte ist ein ISSO. Es gibt Zauberei und eine Schule für Zauberei. ISSO. Es gibt Vampire, und sie glitzern im Sonnenlicht. ISSO. Hercule Poirot ist Meisterdetektiv und stammt aus Belgien. ISSO.

Wieso werden manche Ausgangslagen hingenommen und akzeptiert, andere aber nicht? Ich hadere da in letzter Zeit echt, wo die Grenze liegt. Manchmal kommt es mir nämlich so vor, als müsste ich künstlich alles schwieriger und komplizierter machen, als es eigentlich sein müsste. Und das nur, um irgendwelche Erwartungen zu erfüllen, von denen ich nicht einmal weiß, ob es sie tatsächlich gibt, oder ob ich sie mir nur einbilde. :dontknow:


Viskey:

--- Zitat von: Morwen am 02 March 2014, 20:23:41 ---Ich glaube nicht, dass du es dir einfach machst, eher unnötig schwer. Dein Kämpfer kann doch auch ein Philosophiestudent mit 8. Dan in Karate sein.

--- Ende Zitat ---

Aber dann wäre GI Joe nicht mehr GI Joe, sondern ... keine Ahnung ... eben jemand anders. Und was, wenn ich das Gefühl habe, dass die Wesensfindung des Philosophiestunden von der eigentlichen Geschichte ablenkt? Was, wenn ich den Soldaten brauche, weil ich weiß, sie werden auf kriegerische Auseinandersetzungen stoßen, und das nun mal seine Hauptfunktion ist: für die Sicherheit der Truppe zu sorgen? Warum genau ist das so schlimm? Warum muss ich, auf Teufel komm raus, auch GI Joe eine psychologisch aufregende Biographie verpassen, obwohl die die eigentliche Geschichte nicht vorantreibt, ihr eventuell sogar im Weg steht?

Fox:
Ich gehe mal nur von mir aus, aber solange es gut erzählt ist, kaufe ich dem Autoren alles ab, was er so für seine Geschichte festlegt. Wenn ich glaube, dass er das durchziehen kann, was er schreibt, seine Fertigkeiten erkennbar sind, dann geh ich mit. Anderenfalls nicht.


--- Zitat von: Viskey am 02 March 2014, 20:58:09 ---Genau das ist die Frage: Gibt es Geschichten, die nur mit einer bestimmten Besetzung funktionieren?  Bzw, was ist so schlimm daran zu sagen, dass es eben genau diese Besetzung braucht, um diese Geschichte zu erzählen?
--- Ende Zitat ---

Bezüglich deiner Frage ... das kommt eben ganz klar darauf an, wie deine Geschichte gestaltet ist. Ich sehe es als extrem schwierig an, darauf eine zufriedenstellende, generelle Antwort, eventuell sogar als Regel zu formulieren. Wenn so, dann so. Du musst mit und durch die Charaktere, die du in die Geschichte wirfst, eine interessante Geschichte erzählen können. Und jede Veränderung an eben jenem Personal verändert die Geschichte. Und sei es nur eine Eigenschaft, die eventuell ins Gegenteil verkehrt wird, aber dann einen komplett anderen Nebenhandlungsstrang eröffnet, oder gar einen deiner Hauptpunkte der Geschichte umwirft, weil der Charakter sich glaubhaft nie so entscheiden würde?

Geschichte und Protagonist(en) lassen sich so nicht voneinander trennen, denn der Protagonist treibt ja mit seinem Handeln die Geschichte voran. Jede Veränderung am Protagonisten(set) verändert also auch die Geschichte und setzt andere Schwerpunkte. *Du* musst da als Autor entscheiden, wie du sie setzen willst. Das kann dir kein Schwein abnehmen.

Cheers,
Fox

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