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VL1: Das Glasperlenspiel - Grundsätzliches

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felis:
@Parzifal,
1. hab ich das Buch inzwischen durch.
2. ist es ja wohl kaum eine Projektion, sondern eine Feststellung, dass Hesses Elite komplett die weibliche Hälfte der Menschheit ausschließt.
Außerdem ist festzustellen, dass (Achtung Spoiler, für die die noch nicht weiter sind) die einzige Frau, die überhaupt im Roman vorkommt, bei der Erziehung ihres Kindes so versagt, dass man es ihr weg nehmen muss.
Klingt nicht gerade nach einwem wohlwollenden Frauenbild...

Und da das Glasperlenspiel ca. 400 Jahr in der Zukunft angesiedelt ist und einen alternativen Kultur-Entwurf einer (vermeintlich) besseren Zukunft präsentiert, ist es ganz klar in die Gattung der Utopien einzuorden.

Parzifal:

--- Zitat ---@Parzifal,
1. hab ich das Buch inzwischen durch.
--- Ende Zitat ---

Oh - fleißig!


--- Zitat ---2. ist es ja wohl kaum eine Projektion, sondern eine Feststellung, dass Hesses Elite komplett die weibliche Hälfte der Menschheit ausschließt.
--- Ende Zitat ---

Vielleicht war es zu der Zeit, in der das Buch geschrieben wurde, nicht so üblich wie heute, über Frauen und Männer gleichermaßen viel zu schreiben - also 50:50. Das wäre dann eher ein Fehler dieser Zeit, den man Hesse nicht unbedingt anlasten kann.


--- Zitat ---Außerdem ist festzustellen, dass (Achtung Spoiler, für die die noch nicht weiter sind) die einzige Frau, die überhaupt im Roman vorkommt, bei der Erziehung ihres Kindes so versagt, dass man es ihr weg nehmen muss.
Klingt nicht gerade nach einwem wohlwollenden Frauenbild...
--- Ende Zitat ---

Ähm. vielleicht gibt es Gründe und man nimmt ihr das Kind berechtigterweise weg. Frauen sind keine Engel, nur weil sie Frauen sind.  ;)


--- Zitat ---Und da das Glasperlenspiel ca. 400 Jahr in der Zukunft angesiedelt ist und einen alternativen Kultur-Entwurf einer (vermeintlich) besseren Zukunft präsentiert, ist es ganz klar in die Gattung der Utopien einzuorden.
--- Ende Zitat ---

Sehe ich nicht so: Das Glasperlenspiel wurde erschaffen (und hat sich entwickelt), um alles Wissen und alle Phänomene (mit denen Menschen sich auseinander setzen) in ein einheitliches Verständnissystem zu bringen. Und das geschieht innerhalb einer geistigen Elite, die auf Ehe, Familie und das Leben in der Welt draußen verzichtet, um ganz für den Geist zur Verfügung zu stehen.

felis:
@Parzifal,


--- Zitat von: Parzifal am 05 February 2014, 22:21:01 ---Ähm. vielleicht gibt es Gründe und man nimmt ihr das Kind berechtigterweise weg. Frauen sind keine Engel, nur weil sie Frauen sind.  ;)

--- Ende Zitat ---
Das hat niemand behauptet.
Aber wenn die einzige überhaupt vorkommende Frau negativ gezeichnet wird, gibt mir das als Frau jedenfalls schon zu denken.


--- Zitat ---Sehe ich nicht so: Das Glasperlenspiel wurde erschaffen (und hat sich entwickelt), um alles Wissen und alle Phänomene (mit denen Menschen sich auseinander setzen) in ein einheitliches Verständnissystem zu bringen. Und das geschieht innerhalb einer geistigen Elite, die auf Ehe, Familie und das Leben in der Welt draußen verzichtet, um ganz für den Geist zur Verfügung zu stehen.

--- Ende Zitat ---
Jepp. ein typisches utopische Konstrukt also. Du solltest an dieser Stelle vielleicht mal den Schritt auf die Meta-Ebene mitvollziehen.  ;)

Morwen:
ACHTUNG SPOILER

--- Zitat von: felis am 05 February 2014, 22:05:55 ---Und da das Glasperlenspiel ca. 400 Jahr in der Zukunft angesiedelt ist und einen alternativen Kultur-Entwurf einer (vermeintlich) besseren Zukunft präsentiert, ist es ganz klar in die Gattung der Utopien einzuorden.

--- Ende Zitat ---
Im Klappentext steht merkwürigerweiser bereits, dass es keine sei: ".. Kastalien im Jahr 2400 ... Er schreibt jedoch keine Science Fiction, keine Utopie" Als ich das las, dachte ich erst: "Ne, klar ist Literatur - kann also keine SF sein" (vermutete also Genre-Dünkel beim Verfasser des Klappentextes) Aber nachdem ich jetzt auch durch bin, sehe ich das anders.
Die Geschichte könnte genauso gut auf dem Mond spielen, oder auf Alterra 5 oder im Hades oder in einer Irrenanstalt. Das "2400" steht da anscheinend nur für "das ist nicht hier und heute". Als Science Fiction oder Utopie betrachtet, fällt das Werk für mich auch klar durch. Nach dem Vorwort hatte ich auf merkliche dystopische Züge gehofft.  Knechts Ausbruch hätte ja auf der Erkenntnis beruhen können, dass da was oberfaul ist im Staate Kastalien. Aber, ne.  Er übergießt den Sohn seines Freundes mit kastalischer Weisheit um sich dann ähnlich dämlich selbst umzubringen wie der Prota von "Unterm Rad".


--- Zitat von: Parzifal am 05 February 2014, 22:21:01 ---Vielleicht war es zu der Zeit, in der das Buch geschrieben wurde, nicht so üblich wie heute, über Frauen und Männer gleichermaßen viel zu schreiben - also 50:50. Das wäre dann eher ein Fehler dieser Zeit, den man Hesse nicht unbedingt anlasten kann.
--- Ende Zitat ---
Als Plato seine Politeia schrieb, war Gleichberechtigung auch nicht an der Tagesordnung. Aber seine Phantasie reichte aus, sich Frauen auch in anderen Berufen vorzustellen. Marie Curie hat 1903 den ersten und 1911 den zweiten Nobelpreis bekommen. Ein futuristische Elite-Bildung ohne Frauen wirkt vor dem Hintergrund auch auf mich wie eine sehr rückwärts gerichtete Idee. Einer der vielen Gründe, warum ich das Buch über weite Strecken als Dystopie empfunden habe.

Und Knecht und sein Musiker-Meister sind so heilig, dass sie im Dunkeln leuchten. Bis auf die "Lebensläufe" bin ich mit dem Buch jetzt durch, aber schlau bin ich noch nicht draus geworden. Vielleicht hilft ja die Diskussion hier...

merin:
Ich bin erst auf Seite 89, aber mir geht es wie felis. Mich hat es geärgert, dass Frauen nicht nur nicht existieren (zumindest nicht als handelnde Personen), sondern dass dies nicht mal benannt wird. Es ist normal. Ich finde den Text daher über weite Strecken bedrückend. Dieses ungute Gefühl wird noch verstärkt dadurch, dass die Meister so unkritisch gelobt werden und der Orden so vergöttert wird. Mich erinnert das an Hitler und die Nazizeit mit dem damaligen Personenkult. In mir löst dies leichten Würgereiz hervor.
Ich finde den Text außerdem anstrengend zu lesen und nach der Einleitung ist es für mich auch so, dass ich die Sprache nicht schön finde, jedenfalls nicht so schön, dass sie mich für die Lesemühe ausreichend belohnt. Hätte ich nicht mit Euch diese Lesegruppe gestartet - ich würde das Buch beiseite tun.

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