Ich weiß nicht. Für mich bewegen sich die meisten Dialoge zwischen Konflikt und Exposition. Entweder, Person A versucht Person B zu etwas zu bewegen, oder aber Informationen werden dem Leser enthüllt. Das Spektrum bleibt noch immer breit, und idealerweise bewegen sich Dialoge zu Beginn der Geschichte irgendwo in der Mitte und gen Ende hin immer weiter Richtung Konflikt. Irgendwann sollte der Leser den Großteil der Informationen einfach an der Hand haben und die Charaktere mit ihren unterschiedlichen Wissensständen mit- und gegeneinander agieren. Klar fallen nicht alle in dieses recht einfache Schema, aber das Meiste kann man irgendwo darauf runterbrechen. (Konflikt möge man hier nicht als Streit verstehen, sondern auch z.B. als Versuch jemanden aufzumuntern, jemanden in ein Gespräch zu verwickeln, mit jemandem zu flirten, was weiß ich.)
Wichtigste Regel ist wohl, dass Dialoge implizit sind. Am besten zu lesen ist das finde ich in den klassischen Dramen, wo jeder große Vergleich, jede Metapher, jeder Dialog'block' auf einen einfachen, expliziten Satz runtergebrochen werden könnte. Figuren sagen nicht einfach explizit; "Ich bin traurig, weil Grund." oder "Ich bin glücklich, weil Grund." Sie tanzen meistens mit ihren Aussagen darum herum, vielleicht mit einem "Es sieht nach Regen aus." Ebenfalls von Bedeutung ist, dass man bei diesen impliziten Aussagen nicht auf schon hundertmal geschriebene Klischees zurückgreift, sondern die Aussage der Person a) ohne die üblichen Floskeln zu streifen (außer es ist wegen der Figur und Situation genauso beabsichtigt) und b) die Stimme der Figur treffen.
Wie eine Figur spricht, ist Frage des Charakters. Ausschweifend? Knapp? Militärisch-präzise? Politisch korrekt? Polemisch? Dann natürlich auch eine Frage der Situation, dem bisher Erlebten, den Eindrücken um die Figur herum, kurzum einer unheimlichen Menge Faktoren. Hier müssen dann Wortwahl, Stellung, Satzlängen etc. einfach stimmen. Vielleicht hat der Charakter auch gewisse Sprachmarotten. Et cetera. Wie ist sein Vorgehen im gesamten Dialog? Für mich ist nichts mehr Charakterisierung als ein stinknormaler Dialog. Sprachwahl und Vorgehen in Konfliktsituationen sagen unheimlich viel aus. (Deshalb sind auch 'schlechte', sprich leblose Dialoge für mich eine der größten Sünden, die man begehen kann. Es ist eines der wenigen Dinge, die mich bewegt, Bücher tatsächlich wegzulegen.)
Und, letztendlich, herrschen für Dialoge dieselben Regeln wie für andere Konflikte, denn immerhin sind sie ein Konflikt. Die ganzen lustigen Spannungskurven, die man sich auch für einen Roman oder Plot vorstellen kann, können hier angewendet werden. Die einzelnen Erwiderungen sind im Prinzip die Szenen, verfolgen ihren Zweck; den Dialog voran, zu seinem Ende zu bringen.
Das kann von explosiven Konflikten reichen, bei denen eine Person mit einem "J'accuse!" in den Raum stürmt, bis hin zu flach anlaufenden, vielleicht in einer Katastrophe oder Tragödie endenden. Deshalb sieht man auch so wenige perfekt glückliche Ehen in Geschichten (für mich bisher am besten umgesetzt in Friday Night Lights). Dialoge ohne die geringste Reibung können einfach nur langweilen. Manchmal sind bestimmt auch sie notwendig; aber dann sollte die Geschichte ihre Spannung und ihr Moment aus etwas anderem beziehen. Vielleicht der näherziehenden Orkarmee.
Das wären so meine Ansichten zu Dialogen. Keinesfalls vollständig, allumfassend oder etwas, nach dem ich andere Leute bitten würde, Dialoge zu schreiben. Mir allerdings genügt das vollauf.
Cheers,
Fox