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VL1: Einleitung. Das Glasperlenspiel

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Morwen:
Da ich das Buch leider noch nicht zu Ende gelesen habe, habe ich eigentlich überhaupt noch keine Meinung, wohin Hesse mit dem Ganzen eigentlich will. Ich wäre aber ziemlich enttäuscht, wenn die "Schöne neue Welt" aus der Einleitung im Verlauf des Romans nicht ein paar dekorative Risse (gerne auch quer durch das Glasperlenspiel) bekäme.

Als Idee,  nicht als fertigen Automaten, finde ich die Grundidee des Glasperlenspiels aber alles andere als antiquiert. Hochrangige Wissenschaftler träumen ja auch heute wieder  einmal von einer "Weltformel", was heutzutage eben die Vereinigung der physikalischen Kräfte in einer gemeinsamen Theorie bedeutet. Wenn man die gar nicht so wenig verbreitete Meinung hinzu nimmt, dass die Geisteswissenschaften für die Erklärung der Welt verzichtbar sind, ist die "Theory of Everything" eine gute Basis für ein System (sicher nicht mit Glaskügelchen, aber heute benutzen wir für derartiges dann eben Computersimulationen) mit dem man (natürlich nur rein theoretisch) sämtliche Zusammenhänge im Universum durchspielen könnte.

Und dass man die Künste in Hesses Zukunftvision abschließend fomelmäßig beschreiben kann, liegt doch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch daran, dass man den Status Quo vor Jahrhunderten eingefroren hat. Für eine endliche Menge von Kunstwerken kann man immer eine Formel finden. Das Problem mit Modellen ist ja, dass sie auch bei Vorhersagen, die die Zukunft betreffen, noch passen sollen. Und Zukunft ist ja, zumindest was die Künste betrifft, nicht länger vorgesehen. Und die Vergangenheit kann sich gegen geeignete Interpretationen nicht wehren.  :biggrin:


felis:

--- Zitat von: Parzifal am 17 January 2014, 13:05:17 ---Wobei man dazu sagen muss, dass Hesse aus einem philosophischen Blickwinkel argumentiert
--- Ende Zitat ---
Ähm - die Philosophie ist abrv schon auch eine Wissenschaft.  ;)


--- Zitat --- er ist kein Wissenschaftler und will es vermutlich auch nicht sein.
--- Ende Zitat ---
Nein, ist er natürlich nicht.
Aber da schon das "Genre" der Utopien, zum dem as Galsperlenspiel ja gehört, eine gewisse philosophische Untermauerung benötigt, um über haupt zu funtionieren, gehe ich mal davon aus, dass Hesse da durchaus äu´ßerst gründlich recherchiert hat. (Wie übrigends auch im Bereich der mussik, wie ich so beim weiter lesen gemerkt habe. Da ersteht er echt ne Menge davon. Auch ohne akademischen Abschluss.  ;)


--- Zitat von: Morwen am 17 January 2014, 20:54:06 ---Als Idee,  nicht als fertigen Automaten, finde ich die Grundidee des Glasperlenspiels aber alles andere als antiquiert. Hochrangige Wissenschaftler träumen ja auch heute wieder  einmal von einer "Weltformel", was heutzutage eben die Vereinigung der physikalischen Kräfte in einer gemeinsamen Theorie bedeutet. Wenn man die gar nicht so wenig verbreitete Meinung hinzu nimmt, dass die Geisteswissenschaften für die Erklärung der Welt verzichtbar sind, i

--- Ende Zitat ---
@ Morven, ich gehe mal nicht davon aus, dass du jetzt ernsthaft diesem humbug von den "verzichtbsren" Geisteswissenschaften das Wort redest und ignoriere diesen Einwand.  ;)


--- Zitat ---st die "Theory of Everything" eine gute Basis für ein System (sicher nicht mit Glaskügelchen, aber heute benutzen wir für derartiges dann eben Computersimulationen) mit dem man (natürlich nur rein theoretisch) sämtliche Zusammenhänge im Universum durchspielen könnte.
--- Ende Zitat ---

Als jemand der sich beruflich intensiv mit (CFD-)Simulationen befasst, muss ich dir leider sagen, dass du hier die Möglichkeiten von Computersimulationen maßlos überschätzt.

Ab einem gewissen Komplexitätsgrad ist ein System grundsätzlich nicht mehr berechenbar. Näheres hierzu findest du unter dem Schlagwort Chaostheorie. ;-)
Die Tatsache, dass komplexe chaotische Systeme zu spontanen Phasenübergängen neigen, in denen das gesamte System in einen komplett anderen Zustand "kippt", ist auch dafür verantwortlich, dass die Zukunft grundsätzlich niemals vorhersagbar ist. Das gilt nebenbei bemerkt auch, wenn solche Systeme "endlich" sind, als nix neues von außen mehr dazu kommt.


--- Zitat --- Und die Vergangenheit kann sich gegen geeignete Interpretationen nicht wehren.  :biggrin:

--- Ende Zitat ---
Damit hast du allerdings recht.  :biggrin:

Morwen:
Hallo felis,


--- Zitat von: felis am 18 January 2014, 19:33:41 ---@ Morven, ich gehe mal nicht davon aus, dass du jetzt ernsthaft diesem humbug von den "verzichtbsren" Geisteswissenschaften das Wort redest und ignoriere diesen Einwand.  ;) 
--- Ende Zitat ---
Nein, das ist - natürlich - nicht meine Meinung, aber als Gedankenspiel finde ich solche Überlegungen ganz interessant. Die Idee dahinter ist ja nicht, dass die Geisteswissenschaften als solche verzichtbar wären, sondern dass es rein theoretisch für alles, was die Geisteswisenschaften erklären, eine tiefer liegende naturwissenschaftliche Erklärung gäbe. Die dann aber natürlich viel zu komplizert wäre, um irgendwie hilfreich oder gar anwendbar zu sein.


--- Zitat --- Ab einem gewissen Komplexitätsgrad ist ein System grundsätzlich nicht mehr berechenbar. Näheres hierzu findest du unter dem Schlagwort Chaostheorie. ;-)
--- Ende Zitat ---
Ich schätze, da liegen wir gar nicht so weit auseinander. Ich setze nur "in Formeln darstellbar" und berechenbar nicht gleich. Spätestens mit der Quantenphysik ist der mechanistische Determinismus ja eh' futsch. Aber dafür gibt es dann ja Wahrscheinlichkeitsverteilungen. (Gott würfelt eben doch oder wie war das mit Schrödingers Katze?)

Wie du siehst, inhaltlich sind wir vermutlich gar nicht so weit voneinander entfernt. Ich halte ein Glasperlenspiel im Computer für ein interessantes Gedankenexperiment und die Sache deshalb nicht für antiquiert. Ich wollte ganz sicher nicht behaupten, dass so etwas heute möglich wäre. Ob es die "Theory of Everything" jemals geben wird, ist ja auch noch völlig unklar.

Liebe Grüße  :lava:
Morwen

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