21 November 2024, 18:38:23

Autor Thema: Was dürfen Autoren?  (Gelesen 16399 mal)

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Sirius

  • Gast
Was dürfen Autoren?
« am: 15 January 2014, 11:58:54 »
ein sehr kluger Mensch hat einmal geschrieben, dass Worte große Macht haben.
Sie sind wie lebendige Wesen und man soll vorsichtig mit ihnen umgehen - man soll sie kontrollieren und auch zivilisiert benutzen.
Worte können jemanden vernichten, aufrichten, trösten, loben etc.
Jemand, der die Worte beherrscht, hat eine Waffe und kann sie beliebig einsetzen.
Wie sollen oder müssen Autoren mit ihren Wortwaffen umgehen?
Wie weit dürfen sie damit gehen?
Was sollten sie vermeiden?

Fox

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #1 am: 15 January 2014, 12:06:21 »
Wie sie wollen, soweit, wie sie wollen und alles, was sie wollen. Offensichtlicherweise wird niemand einen Text wetzen, wenn er nicht von seiner Richtigkeit, Relevanz und Wahrheit überzeugt wäre.

Vermeiden sollten sie eventuell Gesetzesbrüche, aber das kann man auch gezielt suchen, z.B. mit Regimekritik.

Cheers,
Fox

Uli

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #2 am: 15 January 2014, 12:42:32 »
MSTNDVRFLCHT!
Bei Speichern rausgeschmisse werden ist  :zeter: also, noch mal:

Kunst darf alles!
(was nicht ausdrücklich verboten ist ...)
das ist ein wesentliches Element der bürgerliche Freiheit, an dem nicht zu rütteln ist!

Über die Verbote und Einschränkungen - von 88a bis Jugendschutz) brauchen wir nicht diskutieren - dafür gibt es Gesetze. Aber sonst?

Sonst bleibt das 'sollte':
Und das ist komplex.

Einen Satz mit 'Nigger' schreiben, sollte man nicht, weil das provoziert und herabwürdigt? Nun, Mark Twain hat mit dem Huckleberry Finn provoziert - weil er Nigger Jim als kluge, treue, sogar loyale Persönlichkeit mit differenziertem Gefühlsleben dargestellt hat, ein Schlag für die Sklaverei-Beführworter.
Kunst darf provozieren, muß das sogar manchmal - aber es geht ja nicht, daß nur Provokationen in eine Richtung zugelassen sind.
Und selbst, wenn man nicht provozieren möchte: Irgendwen findet man schon, der eine Provokation sieht. Oder gar Hetze (Dazu braucht mal nicht mal Religiöse, Veganer reichen völlig ...)
Auf was nehme ich Rücksicht? Auf was nicht, und vor allem: Was wird in ein paar Jahren provokant sein? Weiß niemand. Kann niemand wissen.


In der Zusammenfassung sage ich: AutorInnen sollten Nachdenken.
Und dann tun, was sie für richtig halten

Mero

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #3 am: 15 January 2014, 13:14:02 »
Sehe ich auch so, theoretisch würde ich sogar soweit gehen zu sagen, sie 'dürfen' auch das schreiben, was verboten ist - oder sollten manchmal. Natürlich würde ich nicht beliebig alles, was Grenzen überschreitet, gut heißen. Aber es ist mir schon oft passiert, dass gerade das, was mich abgestoßen, erschreckt, geärgert hat, mich am meisten ans Nachdenken gebracht hat und im Nachhinein empfand ich es als Bereicherung. Unabhängig davon, ob ich zu dem Schluss gekommen bin, dass der Autor meinen Gedankengang so und mit dem Ergebnis beabsichtigt hatte oder eventuell das genaue Gegenteil erreichen wollte.

Auf Anhieb würde mir nichts einfallen, was ich als absolut Tabu ansehen würde, im Einzelfall abhängig von Thema, Umsetzung und Kontext gibt es aber natürlich Texte, bei denen ein Verbot in meinen Augen Sinn macht.

Uli

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #4 am: 15 January 2014, 13:26:47 »
stimmt soweit, so ziemlich:

Verboten sind ein paar Dinge (Aufforderung zur Gewalt, Volksverhetzung, Beleidigung und sowas), und das ist OK: Zumeist wird so etwas ja nicht in 'Kunst' umgesetzt. Wenn man nicht grad in einem Roman den Klarnamen einer Person verwendet, oder die anderweitig eindeutig identifiziert ist man bei 'übler Nachrede' aus dem Schneider. Und wenn eine Romanfigur eine flammende Rede hält, in der zum sturm auf den Regierungssitz aufgefordert wird, auch.

Allerdings ist es eben denkbar, daß zum beispiel volksverhetzerische Inhalt in einen Roman verpackt werden, und dann greift eben das Gesetz ...
(so etwas passiert eher selten. Man muss sich ganz schön anstrengen ...)

Das mit den jugendgefährdenden Schriften ist ja kein Verbot, da wird nur der Vertrieb eingeschränkt (und es ist eine grandiose Werbung ...)


Aber ganz richti: Tabubrüche gehören zur Aufgabe der Kunst, immer wieder.

Genau wie unberechenbare Reaktionen: Man schreibt einen Text über die bescheuerte Grundhaltung von EMOs, und welche furchtbaren Folgen das haben kann bis hin zum Suizid, macht seine Sache gut - und dann erschießen die Vollpfosten sich reihenweise, anstatt ...
good old Goethe, die Leiden des jungen Werther.



Ginger

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Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #5 am: 15 January 2014, 13:35:49 »
Persönliche Meinung:

(Fast) alles. Auch über Themen sprechen, die sonst Tabu sind. Wieso auch nicht? Die Menschheit will viel zu oft Tatsachen verschweigen und ich bin auch mal froh, wenn ich etwas anderes lesen kann und wenn ich die Tatsächlichkeit und Wahrheit zu lesen bekomme und keine Idealvorstellungen.

Jedoch gibt es für mich auch einige Ausnahmen (Beispielsweise Bücher, die Gewalt verherrlichen, Rassismus vertreten und generell moralisch unvertretbare Themen fördern beziehungsweise verherrlicht darstellen. Da hab ich einfach absolut etwas dagegen)


Aber sonst. Darf ein Autor m.E alles.

Zu den Jugendgefährdeten Schriften (Das ist jetzt meine persönliche Meinung!) :
Ich mag es eigentlich eher weniger, wenn etwas für die "jüngeren" Menschen all zu sehr verherrlicht wird.
Ich hab es gehasst als ich 15 war und in keinen Film ab 16 gehen durfte oder mit 17 keine Spiele ab 18 kaufen durfte. Ich finde, dass das jeder Mensch selbst entscheiden muss, was er verträgt und was nicht.
Man kann Warnhinweise geben, kann drauf schreiben " Hey, das kann happig werden und wenn ihr keine Albträume etc. wollt, dann bitte nicht anschaun" aber es zu "verbieten", finde ich ... naja. Einfach nicht so toll.

Auch wenn es in einem Buch einmal eine Sexszene gibt und dann sofort der imaginäre ab 16/18 Stempel drauf kommt (Gibt es Altersbeschränkungen für Bücher  :dontknow:) Das ist m.E unnötig.
Besonders heutzutage.

Ich finde dass es auch in Jugendbüchern solche Szenen geben darf, spricht ein Autor darf auch in diesem "Genre" darüber schreiben.
Aber das ist alles meine Meinung. Weil ich es persönlich so empfinde.
Es scheint schon ein Sinn hinter solchen Abgrenzungen zu geben. Sie werden mir persönlich nur nicht direkt ersichtlich :cheese:


Uli

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Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #6 am: 15 January 2014, 13:44:53 »
ähm, nein: Was da auf dem Index ist, ist etwas deutlich anderes als 'Sexszenen in einem Jugendroman' ...

Was du im Netz findest oder im Bahnhofskiosk, was in Auslagen liegt und all das fällt nicht darunter - nach diesen werken muß man gezielt fragen, auch als Erwachsener. oder eine entsprechende Buchhandlung finden, mit Hinterzimmer.

Fanny Hill und Venus im Pelz stehen nicht auf dem Index, auch nicht die bekannten Magazine - das ist schon ziemlich weit gefasst. Und nein, wenn du nicht grad Recherche betreibst in der Richtung, gibt es keinen Grund, da etwas zu vermissen ...

(Verboten sind die Sachen auch nicht, nur nicht im offenen Verkauf zugelassen)

Ginger

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Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #7 am: 15 January 2014, 13:54:44 »
Den Index hab ich ja auch gar nicht gemeint.

Hab ja auch nicht von "Verbot" gesprochen. Jedenfalls nicht explizit.

Es wird auch nicht direkt gesagt " das darf man nicht", aber wenn es dann doch jemand macht, dann wird das Buch verissen und das vom feinsten (Meist auch von Leuten, die es gar nicht gelesen haben :P)
Ich sag nur Shades of Grey. Dass es "Erfolg" hatte, hatte wohl recht wenig mit den Kritikerstimmen zu tun.


Parzifal

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Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #8 am: 15 January 2014, 14:11:06 »
Zitat
Wie weit dürfen sie damit gehen?
Was sollten sie vermeiden?

Autoren dürfen alles schreiben - wir leben ja nicht in China oder in der Ukraine. Wenn sie unmoralische, verbotene oder abscheuliche Dinge schreiben, müssen sie die Konsequenzen tragen. Vorsichtig zu schreiben, um evtl. niemanden den Bart zu versengen, halte ich für einen Todesstoß. Was soll daraus werden, wenn man sich von vorne herein selbst beschränkt? - dann lieber was anderes machen.
(einen Verkaufsladen für Plüschtiere eröffnen, vielleicht)  :biggrin:
« Letzte Änderung: 15 January 2014, 14:35:16 von Parzifal »

Trippelschritt

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Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #9 am: 15 January 2014, 14:13:45 »
Die Sprache muss mit dem in Einklang sein, was man damit erreichen will.

Und Satire darf alles (frei nach Tucholsky)

Trippelschritt
Wer bin ich, wer war ich, wer werde ich sein?

felis

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Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #10 am: 15 January 2014, 14:27:13 »
Zunächstmal dürfen Autoren (so gut wie) alles. Wir haben ein sehr weit gefasstes Recht auf Meinungsfreiheit. Wenn dus genau wissen willst guck in die entsprechenden Gesetze.

Die Wirkung des Geschriebenen wird allerdings m. E. doch erheblich überschätzt.

Um mal ein konkretes Beispiel zu nennen: Hitler durfte während der Weimerar Republik "Mein Kampf" veröffentlichen. Wirkung (jedenfalls die Richtige) hat das Machwerk jedoch nicht gezeigt.  Hätten ein paar mehr Leute das Ding gelesen, die die Macht gehabt hätten Hitler auszubremsen, wäre gar nix passiert und der Typ als harmloser Irrer in die Geschichte eher nicht einegegangen.
Das Problem war nicht, was er geschrieben hat, sondern, dass er die Macht bekam, seine irren Hirngespinste in Taten umzusetzen.

Sirius

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #11 am: 15 January 2014, 14:29:30 »
Zitat
Natürlich würde ich nicht beliebig alles, was Grenzen überschreitet, gut heißen.

wo sind diese Grenzen?
Werden sie auch außer durch gesetzliche Verbote durch irgendwelche allgemeinen Regeln festgesetzt?
Oder werden sie durch jeden einzelnen Autor individuell festgelegt - er bewegt sich dann innerhalb dieser Grenzen oder auch nicht?

Skirnir

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #12 am: 15 January 2014, 14:36:48 »
Zitat von: Sirius
wo sind diese Grenzen?
Werden sie auch außer durch gesetzliche Verbote durch irgendwelche allgemeinen Regeln festgesetzt?
Oder werden sie durch jeden einzelnen Autor individuell festgelegt - er bewegt sich dann innerhalb dieser Grenzen oder auch nicht?
Woher sollten denn außerhalb gesetzlicher Regeln allgemeine Regeln kommen?
Mir scheint das nur über einen ethischen Konsens möglich. Und selbst der würde wieder nur Grenzen aufzeigen, innerhalb derer sich der Einzelne bewegt. Übersehe ich da was?
Wenn nicht, lautet die Antwort, dass jeder Autor die Grenzen selbst festlegt. Inklusive der Entscheidung, gesetzliche Grenzen zu überschreiten, wo es ihm angebracht erscheint.

felis

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #13 am: 15 January 2014, 14:40:06 »
wo sind diese Grenzen?
Werden sie auch außer durch gesetzliche Verbote durch irgendwelche allgemeinen Regeln festgesetzt?
Oder werden sie durch jeden einzelnen Autor individuell festgelegt - er bewegt sich dann innerhalb dieser Grenzen oder auch nicht?
Hier werden Sie geholfen: Tante Google zu Meinungsfreiheit

Parzifal

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #14 am: 15 January 2014, 14:42:23 »
Zitat
Wenn nicht, lautet die Antwort, dass jeder Autor die Grenzen selbst festlegt. Inklusive der Entscheidung, gesetzliche Grenzen zu überschreiten, wo es ihm angebracht erscheint.

Schöner Satz!  :applaus:

Zitat
Hitler durfte während der Weimerar Republik "Mein Kampf" veröffentlichen. Wirkung (jedenfalls die Richtige) hat das Machwerk jedoch nicht gezeigt.  Hätten ein paar mehr Leute das Ding gelesen, die die Macht gehabt hätten Hitler auszubremsen, wäre gar nix passiert und der Typ als harmloser Irrer in die Geschichte eher nicht einegegangen. Das Problem war nicht, was er geschrieben hat, sondern, dass er die Macht bekam, seine irren Hirngespinste in Taten umzusetzen.

Judenhass, Sozialistenhass, Hass gegen Frankreich und England (Versailler Vertrag nach dem 1. Weltkrieg) waren zu Hitlers Zeiten im deutschen Volk weit verbreitet. Hitler hat sich das zu Nutze gemacht, um an die Macht zu kommen (wie hätte er sonst eine Mehrheit hinter sich bekommen können?) Ich glaube nicht, dass das in erster Linie mit seinem Buch zu tun hatte - und dass man ihn damit, dass es mehr Politiker und Einflussreiche gelesen hätten, hätte stoppen können.  ;)

Edit: Oh - gar nicht dran gedacht! Jetzt müssen die Mods vielleicht einen neuen Diskussions-Thread eröffnen - sorry!
« Letzte Änderung: 15 January 2014, 14:52:57 von Parzifal »

Sirius

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #15 am: 15 January 2014, 14:55:45 »
Es macht heutzutage oft den Eindruck, als ob Autoren sich dazu berufen fühlen, nicht nur Misstände aufzuzeigen, sondern sie auch noch bis in die letzte dunkle Tiefe aufzudecken - beinahe so wie Endzeit-Visionen. Doch da liegt meiner Meinung nach die Gefahr, alles Helle im Leben auszulöschen.
Es ist doch bekannt, dass über irgendeine Thema nichts mehr gelesen wird - nicht mehr darüber nachgedacht wird - wenn zu oft darüber geschrieben oder geredet wird.
Warum werden nicht - oder nur sehr selten - Bücher geschrieben, in denen Brisantes zwar nicht schön geredet wird, aber dennoch den Lesern ein positive Ausweg aus dem Bösen und Hässlichen gezeigt wird?
Oder sind die Menschen schon so abgestumpft, dass sie diese sanften Hinweise nicht mehr bemerken und die Autoren mit der "Keule" arbeiten müssen, um Aufmerksamkeit zu bekommen?

Skirnir

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #16 am: 15 January 2014, 15:16:51 »
Es macht heutzutage oft den Eindruck, als ob Autoren sich dazu berufen fühlen, nicht nur Misstände aufzuzeigen, sondern sie auch noch bis in die letzte dunkle Tiefe aufzudecken - beinahe so wie Endzeit-Visionen. Doch da liegt meiner Meinung nach die Gefahr, alles Helle im Leben auszulöschen.
Dass dir Endzeitszenarien nicht liegen, ist dein gutes Recht. Aber was hat das damit zu tun, was ein Autor darf?

Mero

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #17 am: 15 January 2014, 15:20:39 »
Zitat
Natürlich würde ich nicht beliebig alles, was Grenzen überschreitet, gut heißen.

wo sind diese Grenzen?
Werden sie auch außer durch gesetzliche Verbote durch irgendwelche allgemeinen Regeln festgesetzt?
Oder werden sie durch jeden einzelnen Autor individuell festgelegt - er bewegt sich dann innerhalb dieser Grenzen oder auch nicht?

Natürlich muss das erst einmal jeder Autor für sich selbst entscheiden. Ich glaube schon, dass es auch allgemeine Regeln gibt, was man nicht schreiben sollte, diese werden aber immer wieder überschritten und genau da fängt es an interessant zu werden. Ich denke, das, was heute gesetzlich verboten ist, hat einen guten Grund, aber sicherlich kann man auch in dem Bereich Beispiele finden, wo die Grenze zur Kunst verschwimmen.

Spontan fallen mir die Bereiche Sex, Gewaltverherrlichung und unangebrachter Humor ein. Darf man sich über sterbende Kinder lustig machen? Darf man Töten als Akt der Kunst beschreiben (ohne weitere moralische Reflektion). Darf man zur Gewalt als mögliche Option in einer Gesellschaft darstellen? Hm, ich glaube, beim Sex sind schon so manche Tabus inzwischen gebrochen wurden, aber zB wäre sicher ein Roman sehr heiß diskutiert, in dem der Prota nur als ein beiläufiger Nebenstrang pädophile Neigungen zeigen oder ausleben würde. Wo also weder thematisiert noch reflektiert wird über die weiteren Implikationen.

Gehört sowas vebroten, auf den Index oder zeigt es bloß eine menschliche Facette, die gerade durch diese ungewohnte Präsentation zum Nachdenken anregt? Wie gesagt, ist für mich dabei nebensächlich, was der Autor bezwecken wollte, sondern zunächst mal nur interessant, was der Text bei mir persönlich auslöst. Das heißt allerdings nicht, dass ich Lust hätte, die oben genannten Beispiele wirklich zu lesen. Vielleicht aber auch doch, das käme auf sehr viele Faktoren an.

Ich persönlich würde in sehr viel engeren Grenzen schreiben als ich lese. Als Leser möchte ich herausgefordert werden. Das liegt aber auch daran, dass ich mir nicht zutraue angemessen mit einem provokanten Thema umzugehen.

tintenfalke

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #18 am: 15 January 2014, 15:25:38 »
Zitat
Jemand, der die Worte beherrscht, hat eine Waffe und kann sie beliebig einsetzen.
Wie sollen oder müssen Autoren mit ihren Wortwaffen umgehen?

So wie ich mir in Geschichten Gedanken darüber mache, wie Figuren innerhalb der Geschichte auf Worte, also Szenen oder Dialoge, reagieren, überlege ich auch, wie Leser darauf reagieren. Im Extremfall muss ich die Gesetze beachten, manchmal aber "nur" die Grenzen des guten Geschmacks - oder ich breche sie, weil Kunst Narrenfreiheit genießt, aber nie aus Selbstzweck, sondern, weil dieser Bruch eine Funktion hat wie Leser zum Nachdenken anzuregen.

Zitat
Wie weit dürfen sie damit gehen?

Wenn man eine gute Berufshaftpflicht hat, bis vor den Kadi :)

Zitat
Was sollten sie vermeiden?

Erst einmal nichts. Selbstauferlegte Grenzen sind der Tod jeder Kreativität.

Parzifal

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #19 am: 15 January 2014, 15:27:34 »
Zitat
Es macht heutzutage oft den Eindruck, als ob Autoren sich dazu berufen fühlen, nicht nur Misstände aufzuzeigen, sondern sie auch noch bis in die letzte dunkle Tiefe aufzudecken - beinahe so wie Endzeit-Visionen. Doch da liegt meiner Meinung nach die Gefahr, alles Helle im Leben auszulöschen.

Bemerkenswerter letzter Satz.  ;)
Dem könnte man entgegen halten: Ohne die Dunkelheit zu kennen wüsste man gar nicht, was hell ist.

Was hast du vor? Alle Autoren auf Einhaltung bestimmter Grenzen einschwören? Und wer soll die stecken? Die Moralapostel, die Politiker, der Papst? Vielleicht verstehst du auf die Art, wie absurd mir das vorkommt. Es wäre wie: Wir schaffen die Nacht ab und haben dann 24 Stunden Tag.  ;)
« Letzte Änderung: 15 January 2014, 15:29:45 von Parzifal »

Mero

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #20 am: 15 January 2014, 15:59:43 »
Warum werden nicht - oder nur sehr selten - Bücher geschrieben, in denen Brisantes zwar nicht schön geredet wird, aber dennoch den Lesern ein positive Ausweg aus dem Bösen und Hässlichen gezeigt wird?
Oder sind die Menschen schon so abgestumpft, dass sie diese sanften Hinweise nicht mehr bemerken und die Autoren mit der "Keule" arbeiten müssen, um Aufmerksamkeit zu bekommen?

Ich halte mal dagegen, dass es dem Leser dadurch sehr einfach gemacht hat, sich 'dem Guten' zu identifizieren. Vieles, was heute als normal angesehen wurde, war früher tabu oder verboten. Erst wenn man mal gezwungfen ist, die Perspektive wirklich zu wechseln oder echte oder vermeintliche dunkle Seiten an sich, am Menschen allgemein wirklich wahrzunehmen, erreicht man eine neue Stufe. Das bedeutet ja nicht, dass alles 'Dunkle' sichschließlich als in Ordnung entpuppen muss. Aber solange man als Leser Distanz aus der Sicht dessen, der gut ist, oder der schließlich geheilt, rehabilitiert wird, einzunehmen - ich finde einfach, da fehlt eine Dimension, die das Schreiben bietet.

Und in meiner Wahrnehmung werden viel zu viele Bücher geschrieben, die an der Oberfläche bleiben, illusorisch einfache Auswege anbieten ect. Nicht böse gemeint.  :kaffee2:

Fabian

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #21 am: 15 January 2014, 16:08:51 »
wo sind diese Grenzen?
Werden sie auch außer durch gesetzliche Verbote durch irgendwelche allgemeinen Regeln festgesetzt?
Oder werden sie durch jeden einzelnen Autor individuell festgelegt - er bewegt sich dann innerhalb dieser Grenzen oder auch nicht?
Hier werden Sie geholfen: Tante Google WIKIPEDIA zu Meinungsfreiheit

felis, du verzeihst, aber wenn schon Schleichwerbung, dann für die Richtigen...

Ansonsten haben wir ja glücklicherweise auch noch die Garantie der Kunstfreiheit im Geltungsbereich des Grundgesetzes.

In dem Artikel werden drei wichtige Entscheidungen erwähnt: die "Mephisto-Entscheidung" (Kunstfreiheit vs Persönlichkeitsrecht),  die Entscheidung zum "Anachronistischen Zug der Freiheit" (allein schon wegen des Brecht-Zitats lohnt sich ein kurzer Blick auf diesen Text, finde ich...) und das "Mutzenbacher-Urteil" (auch Pornografie kann Kunst sein).

Viskey

  • Modteufel
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Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #22 am: 15 January 2014, 19:21:53 »
Ich komme dann mal ganz an den Anfang zurück. - Weil ich die entstandene Diskussion zum größten Teil verwirrend finde, und nicht sicher bin, wo und wie die eigentlich mit dem Thema zu tun hat. :dontknow:


Zitat
Wie sollen oder müssen Autoren mit ihren Wortwaffen umgehen?

Umsichtig. Überlegt. Reflektiert.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Autoren, von denen wir hier sprechen, ihre Worte tatsächlich beherrschen, dann ist das für sie kein Problem, dann können sie das.

Worte haben Wirkungen. Welche, ist aber oft unabsehbar.

Autoren müssen sich bewusst sein, dass ihre Worte etwas bewirken können. Sie müssen sich auch bewusst sein, dass das nicht unbedingt die Wirkungen sein werden, die sie gerne hätten. Und dass nicht unbedingt die Worte etwas im Leser auslösen, die die Autoren selbst für besonders wirkungsvoll halten. Oft bringen nebensächlich, als "Füllmaterial" geschriebene Dinge bei einem Leser eine Saite zum schwingen.



Zitat
Wie weit dürfen sie damit gehen?

So weit sie es für richtig halten und verantworten können. Niemand kann es allen Recht machen. Irgendwer wird immer meckern, irgendwer wird immer etwas verstehen, das so nie gemeint war. Davon darf man sich nicht abhalten lassen. Ich bin mir nicht sicher, ob das die "Grenzen" sind, von denen hier so viel gesprochen wurde. (?)



Zitat
Was sollten sie vermeiden?

Das Gegenteil von allem, was ich oben geschrieben habe. :devgrin:


Viskey
"There is no such thing as bad work, just unfinished work." - Eric Idle

Sirius

  • Gast
Re: Was dürfen Autoren?
« Antwort #23 am: 16 January 2014, 09:38:13 »
@ Viskey,

prima, dass du wieder an den Anfang zu den Fragestellungen zurück gekehrt bist.
Irgendwie ist das Thema während der Diskussion aus dem Ruder gelaufen.
Mit deinen Kommentaren hast du es auf den Punkt gebracht.
Genauso sollte ein Autor mit seinen beherrschten Wortwaffen umgehen - umsichtig und behutsam.

Tschüss
Sirius