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Wie entsteht Spannung?

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Fabian:
Neulich habe ich ein Buch gelesen, einen echten Schinken, 1100 Seiten schwer.

In dem Roman geht es um ein paar Jahre in einer großen Zeit, die Dinge entwickeln sich, am Anfang sind sie so, am Ende anders, aber all das ist den meisten Lesern schon bekannt, bevor sie die erste Seite überhaupt gelesen haben.

Viele Figuren treten auf (das Personenverzeichnis umfasst gut 4 Seiten mit ca. 160 Namen, auch die sind dem Leser zu einem großen Teil bereits bekannt, bevor er mit dem Lesen beginnt),

Es gibt keinen Helden und keinen Schurken, aber es geschehen kleine Heldentaten  und große Verbrechen.

Die Geschichte geht ihren bekannten Gang, die Charaktere entwickeln sich, sie verwandeln sich, sie beschäftigen sich mit kleinen und mit großen Dingen, sie gehen von einem Zustand in einen anderen über, aber die Geschichte führt uns vom Pfad des Bekannten nicht weg, es gibt für uns keine überraschenden Wendungen.

Das Ende ist das Ende, von dem wir schon wussten, von Anfang an - und ich habe diesem - bekannten - Ende entgegen gefiebert und konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

Jetzt soll ich mich fragen: "wie entsteht Spannung?", und ich muss zu meiner Schande gestehen, ich weiß es nicht, ich weiß nicht einmal, ob es in der Absicht der Autorin gelegen hat, Spannung zu erzeugen.

Ich fürchte, ich hätte das Buch ganz anders lesen müssen, um die Frage beantworten zu können - und das wäre dann wahrscheinlich kein spannendes Leseerlebnis geworden. Wenn ich es recht bedenke, hätte ich mich wahrscheinlich sogar aufspalten müssen, in einen Teil, der sich fesseln läßt, und in einen anderen Teil, der sich dabei introspektiv beobachtet und mitschreibt. Diesen Gedanken verfolge ich heute abend lieber nicht weiter.

Trippelschritt:
Spannung entsteht durch Erwartung und Hinauszögern eines Ereignisses.
Während bei einer Überraschung alls normal ist, und dann etwas Unerwartetes passiert, basiert Spannung auf Dingen, die nicht der Normalität entsprechen. Also auf Vorboten.

Grundvoraussetzung für jede Spannung ist, dass der Leser bereits in die Geschichte eingetaucht ist. Gelingt das dem Schreiber nicht, braucht er über Spannung nicht nachzudenken. Ebenso haben viele Spannungselementen etwas mit den Figuren zu tun. Je wichtiger die Figur für den Leser, desto größer die Spannung, die sich entwickeln lässt. Es muss also ein Band entstehen zwischen Figur und Leser.

Die Möglichkeiten, Spannung aufzubauen sind vielfältig und umfassen fast alle Bereiche des Schreibens.
Wer sich für einzelne Möglichkeiten interessiert, kann einiges nachlesen in:

Francois Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? Heyne München, 2009

Das ganze Buch ein einziges Interview. Ich kann es nur empfehlen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Windstoß:
Die klassische Spannung entsteht bei mir, wenn ich mit dem Prota mitfiebere, wenn ich eine Beziehung zu ihm habe und unbedingt wissen will, wie es weitergeht/ausgeht.
oder
Wenn die Welt, das Setting, der Plot interessante Fragen aufwerfen und das eigene Denken, die eigene Fantasie anregen.

Seit ich selber schreibe, achte ich allerdings viel mehr auf den Autor, auf die Schreibweise, die Vorgehensweise, die Ausgestaltung der Geschichte. Spannung entsteht so bei Brüchen und Wendungen, unvorhergesehenen Perspektivwechseln oder Ortsveränderungen - wo ich sage: Wow, was machte der Autor denn jetzt, wie geht das weiter oder wie kommt er da wieder raus?


--- Zitat von: Trippelschritt am 12 January 2014, 09:04:19 ---Grundvoraussetzung für jede Spannung ist, dass der Leser bereits in die Geschichte eingetaucht ist. Gelingt das dem Schreiber nicht, braucht er über Spannung nicht nachzudenken.
--- Ende Zitat ---
Das ist genau der Punkt, Trippelschritt.   :)
Die Frage, die sich anschließt lautet also: Wie ziehe ich den Leser in die Geschichte?

Parzifal:

--- Zitat ---Die Frage, die sich anschließt lautet also: Wie ziehe ich den Leser in die Geschichte?
--- Ende Zitat ---

Antwort: Mit Spannung! :klug:
Wobei wir wieder bei der Frage wären: Wie wird sie erzeugt?  :watchout:

Edit: Ich würde gerne etwas Konkretes dazu sagen. Aber diese Begriffsverwirrung, die hier betrieben wird, und dieses Zusammenwerfen von Schubladen (die nicht zusammen gehören) schreckt mich ab. Charakterentwicklung hat nichts (oder nur indirekt) mit Spannung zu tun. Um Spannung zu erzeugen, gibt es ganz klare handwerkliche Techniken, die greifbar und anwendbar sind (muss ich auch noch dran arbeiten) Ich habe so das Gefühl, dass dieser Punkt wenig Anerkennung findet - oder bin ich da auf dem Holzweg? ;)

Uli:
ja:

damit du deine Techniken ausspielen kannst, musst du mich erstmal dazu bewegen, so weit zu lesen, daß die funktionieren. Und wenn du mit einer nervenzerfetzenden Szene anfängst (Variante 34567) gähne ich höchstens ...

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