Teufelsrost > Höllenfenster

Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)

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cwolf:
Hallo Reptilian,

Ich stimme mit Cimglett und Viskey über ein.

Schon die Kurzfassung zeigt, dass Deine Geschichte keine Richtung hat. Bevor Du eine Geschichte schreibst arbeite eine Prämisse aus indem ein Charakter, der Konflikt und die Auflösung vorkommen;  z..B. „Herberts Prahlerei führt zur Armut“ oder „Annas Schüchternheit führt zur großen Liebe“. Das ist ähnlich wie Leitblanken auf der Autobahn eine Prämisse zwingt Dich in die richtige Richtung.     
Konfuzius sagte einst „bewältige eine Schwierigkeit und du hältst hunderte andere fern“.
Liebe Grüße

merin:
Ich glaube, es gibt viele Wege dazu, schreiben zu lernen. Aber ganz sicher führt keiner daran vorbei, sich grundlegend mit Grammatik und Rechtschreibung zu beschäftigen. Leider hast du bei beidem arge Probleme. Ich habe mich schon gefragt, ob dir vielleicht einer der Bots hilft, die Natascha mal in einem Thread gesammelt hat und die sowas korrigieren. Du könntest damit mal rumprobieren.
Ansonsten half es mir, nicht längere Texte zu schreiben, sondern kürzere: kleine konkrete Szenen: eine Szene, in der jemand erschöpft die Treppe hochgeht und Sonne durchs Fenster scheint. Eine Szene, in der jemand frisch verliebt auf eine Straße schaut usw usf. Zu lernen, wie ich Beschreibungen gestalten kann, wie Dialoge usw. Also roter Faden auf ganz kleiner Strecke. Wahrscheinlich musst du deinen Weg nach Rom noch finden.

Ansonsten: Herzlich willkommen Cwolf! Wenn du magst, verrate uns in der Teufelsliste mehr über dich!

Cimglett:
Ah merin, das finde ich total interessant. Da sieht man mal wieder, wie jeder seine ganz eigenen Methoden hat.
Genau wie beim Plotten muss man herausfinden, was für einen selbst funktioniert. Und dabei kann einem auch keiner helfen.
Immer wenn ich versucht habe, Kurzgeschichten zu schreiben, wurden die furchtbar. Ich kann mein Herz einfach nicht an kurze Texte hängen und gebe mir da deshalb auch viel weniger Mühe. Deshalb habe ich schon immer Bücher geschrieben.
Aber natürlich trifft das nicht auf jeden zu. Also: ausprobieren! :)

The_Reptilian:

--- Zitat von: Viskey am 29 March 2023, 13:50:49 ---
--- Zitat von: The_Reptilian am 27 March 2023, 09:23:26 ---Ich will trotzdem was "ganz besonderes" schreiben, weil nur das löst in mir den Schreibtrieb aus.

--- Ende Zitat ---
Ich befürchte, genau das merkt man auch. Es soll "besonders" sein, ist aber doch nur banal - ein junger Mann steht irgendwo in den südtiroler Alpen in der Sonne und andere Leute sind auch da. Da ist mal noch nicht viel Besonderes dabei.

--- Ende Zitat ---
Ich hatte bei dem Text eingangs erst diesen "Scheuklappenblick" und geglaubt, dass andere meinen Text auch so verstehen, wie ich ihn verstehe. Aber ohne Probeleser ist er halt ein banaler "Scheuklappentext". In der "neuen" Version vom 27. März ist mehr Beschreibung über das innere Erleben meiner Hauptperson/Protagonist hinzugekommen. Heute habe ich versucht, den Text in eine dramatische Struktur zu bahnen und ich merke, dass es an einigen Stellen überfrachtet ist, oder ich das Werkzeug nicht richtig beherrsche.
Ich lasse euch deshalb erst mal nur einen kleinen Text da (am Beitragsende), der für sich eine Geschichte sein könnte.


--- Zitat von: Viskey am 29 March 2023, 13:50:49 ---Wo es mMn bei dir immer wieder hapert, ist das Handwerkszeug. Dass Georg ADHS hat, ist zB kein roter Faden, das ist Teil seiner Charakterisierung.

--- Ende Zitat ---
Wahrzunehmen, ob das Handwerkzeug richtig ist, ist mein großes Problem. Ich hatte in einem Schreibkurse was mitnehmen können. Aber, es konnten nicht meine vielen Fragen beantwortet werden und an einen neuen Kurs  komme ich momentan nicht ran. Ich könnte für den roten Faden einen neuen Text nehmen, klar. Aber das dauert wieder so lange, weshalb ich für den neuen Text einen Teil meines alten Textes wiederverwendet habe.

Ab Morgen bin ich wieder in meiner stressigen Arbeit eingespannt und habe bis Juli wieder gar keine Zeit zum Schreiben.


--- Zitat von: Viskey am 29 March 2023, 13:50:49 ---Ich würde an deiner Stelle mal den Fokus von Geschichten weg auf die Sprache lenken. Das ist nicht aufregend oder lustig, jedenfalls nicht so sehr wie neue Ideen, aber es hilft dir am Ende, deine Geschichten auch zu erzählen. Aber ohne das geht's nicht.

LG Viskey

--- Ende Zitat ---
Für meine heutige Version (weiter unten in meinem Beitrag) habe ich die Sprache überarbeitet und alles außer wörtlicher Rede ist in Vergangenheitsformen.


--- Zitat von: cwolf am 29 March 2023, 22:00:44 ---Schon die Kurzfassung zeigt, dass Deine Geschichte keine Richtung hat. Bevor Du eine Geschichte schreibst arbeite eine Prämisse aus indem ein Charakter, der Konflikt und die Auflösung vorkommen;  z..B. „Herberts Prahlerei führt zur Armut“ ...

--- Ende Zitat ---
Ich versuche sie mal für meine kleine Szene zu erfassen:
Prämisse: Der schüchterne Georg schreit und bekommt dadurch Anerkennung.
Thema: Überwindung von Angst.


--- Zitat von: merin am 29 March 2023, 22:15:42 ---Wahrscheinlich musst du deinen Weg nach Rom noch finden.

--- Ende Zitat ---
Vielleicht ist folgender Text ein erster Schritt auf meinen Weg nach Rom:


Der Schrei
"So, du bist also ein Freund von Ernesto?" fragte die junge Ozana, während sie Georg betrachtete. Er rieb die rechte Hand an seinem Kinn, weil er überlegte, wie er seine Antwort formulieren sollte. Sich zu konzentrieren, besonders vor drei weiteren Leuten, fiel ihm schwer.
Georg spürte eine Berührung auf seiner linken Schulter und sah nach links. Dort stand Ozana, ausgebildete Fitnesstrainerin. Gelangweilt nestelte sie an ihrem blonden Pferdeschwanz herum, der über ihrer Schulter hing. Dann sah sie zu Boden. Georg war nervös. Hatte sie ihn berührt? Nein? Egal. Erst auf Ozanas Frage antworten. Er suchte eine Antwort, brachte aber nur ein knappes "Ja" heraus. Dann sah sie mit ihren blauen Augen zu Georg auf.
"Ja?"
"Ja."
"  … und wo kommst du her?"
"Aus Passau ...."
"...und bist mit Ernesto zu unserer Sportgruppe einen halben Tag lang nach Südtirol gefahren, um dann nur eine Stunde hier zu sein?"
Südtirol! Georg sah sich um. Es war so schön! Er stand in einem Talkessel von mächtigen Bergen. Felsigen Bergen, wo zum Tal hin mehr und mehr Tannen zu sehen waren bis zu dieser großen Wiese. Ein Gebirgsbach plätscherte irgendwo zwischen dem hohen Gras. Georg atmete tief ein - ein leichter Blumenduft war in der sauberen Luft zu vernehmen - Großartig. Er sah Ozana an, sie nickte. "Ja, hier ist es schön! Darum bin ich auch aus Graz hierher gekommen. Aber dass es Leute bis aus Passau hierher verschlägt, hatte ich nicht gedacht."
Georg fasste sich an das Kinn. Sollte er es sagen? Ja. Dann wussten die Anderen, worum es ging. "Ich habe ADHS."
"ADHS?"
"Es wird Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktitätssyndrom (ADHS) genannt. Konzentrationsprobleme und Vergesslichkeit machen mir allein schon den Alltag schwer."
"OK, dann bist du hier, um ... dem Alltag zu entfliehen?
"Ja. Ich will Energie mal so richtig auftanken, um mich nachher besser konzentrieren zu können."
"Nimmst du Medikamente?"
Georg wurde auf seiner rechten Schulter berührt. Was war nun schon wieder? Der Mann zu seiner rechten, sein Freund Ernesto, machte solche Spiele ganz sicher nicht. Georg drehte sich um und sah in die ihn blendende Sonne, dann in das Gesicht im Schatten.  Es war eine junge Frau, die eine Faust breit vor ihm stand. Ihr braunes Haar kräuselte sich vor ihren geschlossenen Augen. Hatte sie ihn an den Schultern berührt? Ihre spitze Zunge schnellte mehrmals kurz hintereinander zwischen den Lippen hervor. Dann lächelte sie. Was sollte das bedeuten?
"Fühlst du dich durch Agostina gestört?", fragte Ozana.
Obwohl Agostinas Verhalten ihn noch weiter verwirrte, erregte sie ihn auch. Sie wirkte, als ob sie einen Kuss empfangen wollte. Sollte er sie küssen? Ihm lief Schweiß von der Stirn. War es denn so schwierig für ihn, sich zu überwinden, oder war das Wetter schuld? Wurde es zu schnell warm? Die genaue Wetterprognose wusste er nicht, weil sein Smartphone im Gebirge keine Verbindung hatte.
"Stört sie dich jetzt, oder nicht?"
"Nein …."
 Agostina, ihre Augen immer noch geschlossen, war weitergezogen. Sie lief orientierungssicher zu Georgs rechten Nachbarn, Ernesto. Der dunkle Lockenkopf lächelte Agostina an und sagte: "Ich bin schon vergeben."
Georg wünschte sich eine Freundin. Mit Frauen aber war es nicht leicht. Er wurde bereits in seiner Jugend wegen seinen ADHS-bedingten Problemen gemieden und war sich daher immer unsicher im Umgang mit anderen Menschen. Agostina aber war auch nicht normal, weshalb Georg sie interessant fand. Er hoffte, sie im Laufe des Tages besser kennenzulernen.
Sie kam neben Ozana zum stehen und zupfte ihr Top und enge Hose aus schwarzem Lackleder zurecht. Freundlich blickte sie die anderen Teilnehmer mit einem schelmischen Grinsen an. Ihre grünen Augen funkelten - solche Augen hatte er noch nie gesehen.
"Georg?"
Er sah zu Ozana.
"Wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren, sonst verbrennt uns die Sonne. Geht in Kreis, haltet Abstand ein, sodass wir problemlos unsere Arme seitlich von uns wegstrecken können!"
Georg lief nach hinten durch das dichte Gras und stieß mit seiner Hacke gegen einen harten Gegenstand. Er nahm das Gras beiseite und sprang schreckhaft zurück: ein Knochen … mindestens einen halben Meter lang!
"Das ist der Oberschenkel eines Bärenbabys." Ozana klang gelangweilt.
"O nein! Bären!"
Sie hielt ihre Hand in Brusthöhe über den Boden  "Ach, die werden nur eins fünfzig groß."
"Nur so klein?"
Sie sah in Richtung des bewaldeten Bachoberlaufs. "An der Quelle verschlingen sie verwirrte ADHSler!"
"Oh …."
Ernesto und Ozana lachten. Georg ärgerte sich, sprach aber nicht darüber, weil er vielleicht wieder nur humorlos war. Über seine Krankheit zu reden hatte vielleicht alles schlimmer gemacht. Aber so waren die Menschen nun mal und er lachte gekränkt ein wenig mit.
Ozana stampfe auf den Boden. "Jetzt Mal ernsthaft: Macht mir das nach! Das hält die Bären fern… und schreit!"
Eine Stampede wurde losgetreten. Georg konnte plötzlich seine innere Wut nicht mehr für sich behalten und er machte seinen Ärger Luft. Mindestens 10 Minuten lang sprang er ununterbrochen hoch und schrie so laut, dass sich die anderen die Ohren zuhalten mussten. Dann lief ihm der Schweiß in Strömen.
"Pause!", schnaufte Ozana und stützte die Arme auf ihre Knie. Auch Ernesto war erschöpft. Agostina hingegen stemmte normal atmend ihre Hände in die Hüfte. Sie war fit.
"Georg..."
Er sah zu Ozana.
"Du hast die Bären bis ins nächste Tal gejagt - super! Und ich wollte dich nicht beleidigen - das ist einfach mein schwarzer Humor!"
Auch Ernesto machte einen Daumen nach oben.
Georg fühlte sich besonders geschmeichelt. Es war gut, sich die Wut von der Seele zu brüllen. Und Agostina? Hatte sie keinen inneren Frust? Mit einem verschmitzten Grinsen schielte sie weiterhin irgendwas in der Umgebung an. Vielleicht hatte er nur zu viel in sie hineingedeutet. Solange sie ihm nichts tat, blieb er von seinen Spannungen gelöst und freute sich auf das, was kam.






Viskey:
Hey, Reptilian!

Sprachlich finde ich das jetzt richtig gut. Ein paar Stellen gibt es noch, an denen man etwas hobeln und feilen könnte, aber das ist ja immer so.

Es passiert erst einmal immer noch nichts Aufregendes, aber das muss ja auch nicht immer sein. Gerade beim Einstieg in eine Geschichte mag ich's auch mal ruhiger. Da bin ich noch damit beschäftigt, die Figuren kennenzulernen und das Setting. Da schon irgendwas Aufregendes reinzuwerfen, halte ich in aller Regel für zu viel.
Und ich finde auch, dass du einen schönen Einblick gegeben hast, wie es ist, ADHS zu haben. Wie die Kommunikation zwischen Person und Umwelt funktioniert - oder eben oft: nicht funktioniert.
Ich denke, das ist das beste, das ich von dir bis jetzt gelesen habe.

LG
Viskey

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