23 November 2024, 10:38:22

Autor Thema: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)  (Gelesen 3296 mal)

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Viskey

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #15 am: 14 April 2023, 22:07:21 »
Der Rote Faden ...

Du verwechselst den roten FAden mit dem Ziel bzw. der Kernaussage einer Geschichte.

Der rote Faden ist der Faden, an dem die Geschichte sich entlanghangelt. Auf ihm werden die Szenen aufgefädelt wie Perlen. Am Faden entlang entwickelt sich die Geschichte.
Und wie ein Faden muss sich die Geschichte logisch nachvollziehbar, Stück für Stück entwickeln und wachsen.

Der rote Faden deiner Geschichte wäre grob sp (wenn ich das richtig verstanden habe und erinnere):
_____Georg fährt nach Südtirol, um zur Ruhe zu kommen____Er trifft dort auf Leute____Sie kommen ins Gespräch____Eine der Personen entpuppt sich als Drache____Plötzlich herrscht Gefahr____Dinge passieren (keine Ahnung, welche)____Alle haben Angst, aber Georg behält einen kühlen Kopf und kann den Drachen/die Gefahr "irgendwie" ausschalten____Alle sind beeindruckt und dankbar_____

Die Kernaussage deiner Geschichte ist: Auch mit ADHS - trotz, oder vielleicht gerade deswegen? - ist Georg ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft und nicht minderwertig. Es kommt nicht immer nur darauf an, wie jemand denkt. Manchmal ist eine andere Herangehensweise genau das, was nötig ist.

Das Ziel deiner Geschichte: Zeigen, was ADHS ist, dass es oft eine Hürde ist. Aber manchmal ist es eben genau das, was hilft.
Ich hab mal einen Artikel gelesen von einem mit ADHS, der gemeint hat: Alltag? Vergiss mich, verlass dich nicht auf mich. Warte nicht darauf, dass ich dir am richtigen Tag zum Geburtstag gratuliere, oder das Brot mit nach Hause bringe, um das du mich gebeten hast. Aber wenn die Kacke richtig am Dampfen ist, wenn die meisten Menschen nicht wissen, wo mit Problemlösen anfangen, dann kommt zu mir. Ich werde euch all die Dinge, die gleichzeitig passieren, auseinander dividieren, ich kann euch genau sagen, was läuft und was getan werden muss, um die Katastrophe abzuwenden.


Und noch zur Frage, was denn aufregendes passieren könnte: In diesem Textstück, dass du jetzt zuletzt eingestellt hast, bitte nichts. Danach? Keine Ahnung, ist deine Geschichte. Was läuft in deinem Kopf für ein Film ab (wenn du denn einen Film hast). Welche Perlen hängen auf dem Faden, der dich von dieser Ausgangssituation zur Lösung am Ende der Geschichte bringt? Wie stellt Georg fest, dass Ankona gefährlich ist? Woran erkennt er, was sie ist? Wie erkennt er, was ihr Schwachpunkt ist? Was sieht er, was die neurotypischen Menschen um ihn herum nicht sehen? Welche Verbindungen zwischen all diesen Beobachtungen kann Georg knüpfen, die Neurotypische nicht knüpfen?
Wie hilft Georgs ADHS, die Situation aufzulösen? Oder hat seine ADHS am Ende gar nichts damit zu tun, und wir bekommen einfach zu sehen, dass auch neurodiverse Menschen ganz einfach nur Menschen sind.

Das sind alles Fragen, die ich dir ans Herz legen möchte, dass du darauf Antworten findest, und zwar vor allem für dich selbst, nicht für mich oder sonst jemanden.

lg
Viskey
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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #16 am: 16 April 2023, 17:03:20 »
Ich freue mich, dass euch meine überarbeitete Version gefällt, sie sogar als mein bestes Werk gepriesen wird und ich euch als Leser damit einen Einblick in die Welt der ADHS-Betroffenen bieten kann.
Das ist auch das, was ich erreichen will.

Der Kommentar von cwolf mit seiner kurzen Erklärung der Prämisse hatte mir für meine Überarbeitung am ehesten geholfen:
Schon die Kurzfassung zeigt, dass Deine Geschichte keine Richtung hat. Bevor Du eine Geschichte schreibst arbeite eine Prämisse aus indem ein Charakter, der Konflikt und die Auflösung vorkommen;  z..B. „Herberts Prahlerei führt zur Armut“ ...
Ich habe darin auch die Entwicklung des Protagonisten verpackt. Das Ende sollte möglichst das Gegenteil vom Anfang sein, um einen Spannungsbogen zu entwickeln.
Anfang: Georg ist schüchtern
Ende: Georg ist nicht mehr schüchtern.

Es soll auch nur zwei Figuren geben. Die ersten beiden gesprochenen Sätze sollten im Gegenteil zu den letzten zwei gesprochenen Sätzen stehen.

Erste zwei gesprochene Sätze:
Ozana: "So, du bist also ein Freund von Ernesto?"
Georg: (ein leise-schüchterndes) "Ja"

Letzte zwei gesprochene Sätze:
Georg: ...er schreit ganz laut (Da hat Georg nicht direkt gesprochen, aber es hat anscheinend auch seinen Zweck erfüllt, weil ihr mit der Geschichte zufrieden seid).
Ozana: "Du hast die Bären bis ins nächste Tal gejagt - super! Und ich wollte dich nicht beleidigen - das ist einfach mein schwarzer Humor!"

... Und dazwischen hatte ich eben die Geschichte entwickelt. Sie sollte auch nicht zu lang werden, um überschaubar zu bleiben.

Weil die Überarbeitung so gut verstanden wird und sogar gut ankommt, nehme ich an, dass das mit den ersten  gesprochenen Sätzen, die im Gegenteil zu den letzten gesprochenen Sätzen stehen, ein gutes Werkzeug für weitere Geschichten ist.
Die These, die ich aufstelle ist also: "Auch mit ADHS ist Georg ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft und nicht minderwertig", was anhand der Geschichte bewiesen wird. Ja, ich will dem Leser meine Gedanken zeigen und die Gesellschaft verändern. Ich will den "revolutionären Film", der sich in mir abspielt, aufs Papier (oder in den Computer) bringen.

Ich versuche jetzt, noch eine Geschichte mit den Werkzeugen zu verfassen, wie ich sie auch in der Überarbeitung genutzt hatte. Wenn diese neue Geschichte nicht "funktioniert", kaufe ich mir das Buch, das Beatrice mir empfohlen hat.


Der rote Faden:
Der rote Faden ist der Faden, an dem die Geschichte sich entlanghangelt. Auf ihm werden die Szenen aufgefädelt wie Perlen. Am Faden entlang entwickelt sich die Geschichte.
Und wie ein Faden muss sich die Geschichte logisch nachvollziehbar, Stück für Stück entwickeln und wachsen.

Der rote Faden deiner Geschichte wäre grob sp (wenn ich das richtig verstanden habe und erinnere):
_____Georg fährt nach Südtirol, um zur Ruhe zu kommen____Er trifft dort auf Leute____Sie kommen ins Gespräch____Eine der Personen entpuppt sich als Drache____Plötzlich herrscht Gefahr____Dinge passieren (keine Ahnung, welche)____Alle haben Angst, aber Georg behält einen kühlen Kopf und kann den Drachen/die Gefahr "irgendwie" ausschalten____Alle sind beeindruckt und dankbar_____
Viskey bezieht sich hier auf die ganze Geschichte, nicht bloß auf die Überarbeitung. So wie ich das verstehe, funktioniert der rote Faden eher für längere Geschichten.
Ist dem so?
- sup -

Beatrice

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #17 am: 16 April 2023, 17:12:42 »
Kurz zum roten Faden...auch kurze Geschichten brauchen einem roten Faden. Der Leser könnte verloren gehen, egal wie lang deine Geschichte ist. Denk mal an Präsentationen in der Schulzeit zurück. Auch wenn die Präsentation nur 5 Minuten ging und nur ein paar Folien hatte, sollte man am Anfang immer einen Überblick geben, was passieren wird und den auch neben dran stehen lassen, damit der Zuhörer sich orientieren kann. Das geht in einer Geschichte natürlich so nicht, aber Orientierung ist wichtig. Lg Bea

Beatrice

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #18 am: 16 April 2023, 17:15:33 »
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ist der rote Faden nicht quasi der Weg zum Ziel? Also wir haben eine Prämisse, die am Ende der Geschichte bewiesen werden will. Und der rote Faden führt uns sozusagen, damit wir keine Unwege machen, also keine Szenen einbauen, die der Prämisse nichts nutzen?

merin

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #19 am: 16 April 2023, 20:33:24 »
Jap, so würde ich das sagen. Der rote Faden ist das, was die Szenen innerlich verbindet. Unsere Leitlinie sozusagen, die auf die Prämisse hinführt.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

The_Reptilian

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #20 am: 16 April 2023, 20:55:25 »
Würde ich keine Charakterisierung von Georg im roten Faden erwähnen, würde der rote Faden schlicht lauten (um Viskeys Beispiel zusammenzufassen):
Ein Mann in einer Gruppe schaltet die Gefahr von Drachen aus.

Der rote Faden für meine Überarbeitung aber würde lauten:
Einem Mann in einer Gruppe gelingt es, sich durchzusetzen.

Sehe ich das richtig?
- sup -

Beatrice

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #21 am: 16 April 2023, 21:09:21 »
Hm, also für mich wäre das das Ergebnis. Der rote Faden ist eine Samlung von Ereignissen. Du willst doch zeigen, dass Georg, trotz, oder vielleicht auch wegen seiner ADHS ein wertvolles Mitglied der Gruppe ist. Die erste Etappe des roten Fadens in deiner Geschichte, ist das Treffen der Gruppe. Die letzte Etappe ist der Sieg über den Drachen. Und das ganze dazwischen muss stringent auf dieses Ende zu laufen. Uff...gar nicht so leicht, dass zu erklären 🙈

merin

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #22 am: 16 April 2023, 21:18:30 »
Ich sehe es wie Bea: der rote Faden ist immer eine Kette von aufeinander aufbauenden Szenen. Also sowas wie: weil x passiert, muss y passieren und das bewirkt dann z.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Viskey

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #23 am: 17 April 2023, 19:52:51 »
Viskey bezieht sich hier auf die ganze Geschichte, nicht bloß auf die Überarbeitung. So wie ich das verstehe, funktioniert der rote Faden eher für längere Geschichten.
Ist dem so?

Nein. Für längere Geschichten wird er unerlässlich, aber im Grunde hat schon ein einfacher Dialog einen roten Faden. Ich sage etwas, du antwortest, was wiederum ich beantworte, und dann wieder du ...

Ich finde es auch von Beatrice schön auf den Punkt gebracht: Der rote Faden ist der Weg zum Ziel.
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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #24 am: 17 April 2023, 21:54:18 »
Ja, das hört sich gut an. Der rote Faden führt zielstrebig zur Prämisse (zur bewiesenen These). 
Ich weiß aber nicht, wie die Prämisse lautet. merin schlägt vor "Mit genug Anerkennung lässt sich Angst überwinden". Es würde mich interessieren, wie das ohne Nennung des Charakters funktioniert, weil ich orientiere mich am Kommentar von cwolf, wo cwolf schreibt, dass ich eine Prämisse ausarbeiten soll, indem ein Charakter, der Konflikt und die Auflösung vorkommen; z..B. „Herberts Prahlerei führt zur Armut“.

Müsste die Prämisse meiner Geschichte dann lauten: "Georgs ADHS macht ihn zum Held." ??
Wegen seiner ADHS wird er zum Held. Einerseits befasst er sich mit neurologischen/psychologischen Krankheitsbildern, um sich selbst besser zu verstehen und sich anderen zu erklären. Es kommt aber zu Konflikten in einer Sportgruppe, wo Andere seine Krankheit nicht verstehen wollen. Er sucht sich Verbündete und verteidigt Teilnehmerin Agostina, die auch diskriminiert wird. Agostina mag ihn daraufhin, weil er Zivilcourage zeigt. Was sie ihm aber nicht sagt ist, dass sie eigentlich eine Reptilienfrau ist, die Menschen hasst und sie mit Hilfe ihres Freunds Herbert, der ein Reptilienmann ist, getötet und gegessen hätte. Georg ist überrascht, als plötzlich Herbert auftaucht, der sich als Reptilienmensch offenbart und die Gruppe angreift. Agostina aber hilft der Gruppe, seinen Angriff zurückzuschlagen. Georg wird ein Held, weil er statt Hass Liebe seinen Mitmenschen entgegenbringt.
Diese Erklärung klingt schon wie ein roter Faden, oder?

Für Georg eignet sich vielleicht auch das Prinzip der Heldenreise. Georg hat ja einen inneren Konflikt, so wie ich das verstanden habe. Er kann sich schlecht konzentrieren, wird dadurch ausgegrenzt und versucht das zu überwinden. Am Ende ist er der Held, weil er das geschafft hat. Ob ihn andere dann als Held sehen, ist erstmal unwichtig. Googel Heldenreise mal, ich glaube das könnte dir helfen.
Das Konzept der Heldenreise ist für meine Kurzgeschichte  momentan zu viel, aber interessant. Dafür müsste es vielleicht noch die Figur des Mentors geben, was die Geschichte länger macht.
Ich will sie aber möglichst kurz halten, roter Faden aus kurzer Strecke, um nicht den Überblick zu verlieren.
« Letzte Änderung: 18 April 2023, 04:09:20 von The_Reptilian »
- sup -

Beatrice

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #25 am: 18 April 2023, 16:24:37 »
Also soweit ich weiß, ist eine Prämisse lediglich eine These, die du mit deiner Geschichte beweisen willst. Charaktere, Konflikte und die Auflösung führen dann zum Beweis, dass deine These richtig ist. In der Wissenschaft ist eine These ja zunächst auch nur eine Behauptung. ADHS ist eine Krankheit, zum Bespeil. Mehr nicht. Sie muss im Übrigen auch nicht wahr sein. Du musst sie nur mit deiner Geschichte beweisen. Dafür hast du dann Georg und Co, deine Konflikte und die Auflösung. Lg

Beatrice

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #26 am: 18 April 2023, 16:40:54 »
Deine Prämisse könnte auch lauten: Menschen mit ADHS können Großes bewirken. Von uns glaubt man ja im Allgemeinen wir wären Träumer oder Zappelphilips, eie nix auf die Reihe kriegen, aber in Notsituationen können wir hervorragend handeln

Beatrice

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #27 am: 18 April 2023, 16:41:47 »
Und die Prämisse beweist du ja, in dem du Georg den Drachen besiegen lässt. Er handelt während andere das nicht konnten

The_Reptilian

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #28 am: 19 April 2023, 13:17:10 »
Vielleicht klingt das gut:

"Georg kann trotz ADHS ein Held sein."
- sup -

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Re: Das Herz am rechten Fleck (Arbeitstitel)
« Antwort #29 am: 19 April 2023, 18:50:28 »
👍🏻