Teufelszeug > Theorie
Was macht eine richtig gute Geschichte aus?
Oflinitrium:
Das ganze Thema und jede Untergruppe davon ist komplett individuell.
-Spannung:
Dem Einen reicht ein Beziehungsdrama, dem anderen muss mindestens die Existens der Welt auf dem Spiel stehen der dritte braucht zwingend Thrillerähnliche Spannung um sich gehooked zu fühlen. Aber jeder davon braucht Spannung in einer richtig richtig guten Geschichte.
- Schöner Schreibstil:
Der Eine empfindet lyrische texte als schön der nächste findet sie einfach nur schwülstig. Ein anderer mag kurze klare Sätze ohne viele Adjektive den nächsten macht es das schwerer sich die Dinge vorzustellen.
-Setting
Das wäre z.B. ein Punkt für mich. Es gibt kaum einen Text den ich zu meinen Lieblingstexten zähle wo nicht irgendwas übernatürliches passiert oder historisch in der Vergangenheit passiert. Ich brauche Phantasie im Schreiben weil ich nichts davon habe in die gegenwärtige Welt abzutauchen.
Und ich könnte jetzt ewig weiterschreiben zu Plot, Charakteren, Klischees etc. etc.
Für mich ist wichtig, dass ich eine Welt habe die mir anfangs fremd ist und in die ich mich einleben muss. Umso schöner ist es dann auch eine Fortsetzung zu lesen und die Welt empfängt mich dann schon wie einen alten Freund. (Ein sachlich korreckter Text aus den 1920ern oder über die Kriegszeiten zählt da für mich auch, weil die Uhren damals so extrem anders getickt haben als heute)
Dann brauche ich einen Charakter an dem mir irgendwas sympathisch ist und der in sich schlüssig ist. Identifikation spielt dabei nur eine schwache Rolle. Ich genieße auch Texte über einen Serienkiller aus Sicht des Mörders der von außen betrachtet vollkommen irrational und unlogisch handelt solange er dabei für sich selbst schlüssig bleibt und konstant seiner wirren Logik folgt. Würze das mit einem kleinen Twist in seiner backstory der nichtmal großartig versteckt sein muss und meist reicht das schon.
Dann Spannung... das schwierigste Thema weil manchmal lese ich Texte wo ich schon absehen kann worauf es hinausläuft und trotzdem finde ich es spannend und unterhaltend und ein anderes Mal ist die Vorhersehbarkeit ein komplettes NoGo und wirft mich raus. Das schwierige an Spannung ist, dass in dieser Schublade alles zusammenkommt. Schreibstil kann spannung erzeugen, Setting, Charaktere, Plot, das Worldbuilding... alles spielt zusammen beim Thema Spannung. Deswegen ist es auch so schwer den Finger hier auf die Wunde zu legen. Mal reicht eine Liebesgeschichte von "kommen sie zusammen oder nicht" völlig aus. Ein anderes Mal ist es vollkommen langweilig. Selbst die objektiv 'spannendste' Verfolgungsjagd in der es um Leben und tod geht kann langweilig sein, wenn eines der Überthemen nicht gut genug geschrieben ist... Man muss sich um den Chatakter sorgen, man muss klar wissen was die konsequenzen sind (und die gehn meist weit darüber hinaus ob Charakter A stirbt oder eben nicht) es muss nachvollziehbar in die Welt passen, die Atmosphäre muss stimmen UND die Sätze müssen "gut" beziehungsweise unterhaltend geschrieben sein. Es geht soviel Vorarbeit in eine Verfolgungsjagd um die ganzen Dominosteine in die richte Formation zu setzen damit dann in der spannenden Szene alles flutscht. Deswegen finde ich auch Actionszenen am Anfang einer Story nie spannend sondern maximal unterhaltend und oft eher verwirrend/hinderlich oder die Action selbst lässt mich kalt weil ich eben erstmal mich zurecht finden muss.
Dann für mich is es wichtig, das der Author am Ende all In geht. Damit meine ich All-In in entweder in Richtung alles wird aufgelöst oder alles bleibt ein mysterium.
Ich hasse es wenn alles aufgelöst wird aber ein teil (meist die angehende Lovestory) bleibt in der Schwebe. Dieses halb halb regt mich immer auf. Gib mir ein aufgelöstes Ende für all deine Storystränge oder gib mir mehr Fragen als am Anfang auf denen ich noch in 10 Jahren rumkaue.
merin:
Spannend. Ich finde es ja gerade erhellend, dass hier so viele unterschiedliche Vorlieben nebeneinander stehen. Bei mir ist es auch so, dass ich es nicht mag, wenn man Ende eines längeren Textes alle Fäden in der Luft hängen. Bei einer Kurzgeschichte macht mir das viel weniger aus.
tlt:
Super Thema - und ich muss sagen, ich steh dem ein wenig ratlos gegenüber. Weil ich mir noch nie Gedanken gemacht habe. Oder, weil ich noch nie analytisch an einen Text herangegangen bin, um ihn in der Form und gut oder schlecht zu beurteilen.
Für mich muss eigentlich das Gesamtbild passen.
Das fängt an mit einer gut lesbaren Sprache. Wenn ich dauernd Sätze zweimal lesen muss, weil sie umständlich formuliert sind, dann macht es keinen Spaß. Und dann frage ich mich: Warum macht der Autor das? Will er mit solch komplizierten Dingen beeindrucken (arrogantes A...)? Oder kann er es einfach nicht besser?
Der Plot und die Logik spielen eine ebenso wichtige Rolle. Ich ärgere mich (kein Witz) noch heute über Geschichten, die ich in der Schulzeit lesen musste und die auf einer völlig falschen Logik aufgebaut haben. Sprich: Die Geschichte hätte es gar nicht geben dürfen.
Die Charaktere spielen auch eine Rolle, wenn auch eine wesentlich kleinere. Vielleicht, weil ich selbst mir den Rest schnell dazudenke.
Spannung? Das kommt auf die Geschichte an. Nicht jede braucht oder verträgt Spannung. Bei manchen ist es eher hinderlich, wenn zu viel verschwiegen wird, weil der Autor denkt, er müsse es künstlich spannend machen.
Und schließlich Kurzgeschichte. Da bin ich dann doch wieder bei Spannung, oder besser bei Überraschung. Wenn da im letzten Absatz nicht etwas passiert, mit dem man (also ich) nicht gerechnet hat, dann fehlt was.
merin:
Echt? Eine Kurzgeschichte muss für dich am Ende immer eine überraschende Wendung haben? Dann fallen wahrscheinlich doch recht viele von meinen raus. Mir ist die Wendung aber auch nicht so wichtig. Aber es kommt da sehr auf die Art der Geschichte an.
Ansonsten finde ich es auch ganz schwer zu fassen, warum mir etwas gefällt.
tlt:
Nein, keine Wendung. Aber eine Pointe. Einen Grund, warum die Geschichte erzählt wird.
Nachtrag. Das wäre für mich auch eine Unterscheidung zu einem Roman. Hier ist das nicht nötig.
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