Teufelsrost > Höllenfenster
Szene: Nachricht vom Tod des Sohnes
merin:
Hallo LaHallia,
ich beantworte gezielt deine Fragen.
1. Ja, die Emotionen finde ich gut getroffen. Besonders großartig finde ich diese Stelle:
--- Zitat ---Eine Wimper hatte sich gelöst und rollte gefangen in einer Träne über seine Wange. Artemisia folgte dem Weg der Träne mit ihren Augen, bis sie in seinem Bart versickerte.
--- Ende Zitat ---
An der hier finde ich, dass du etwas viel erklärst und es etwas zu wenig Ambivalenz gibt:
--- Zitat ---Maussollos streckte schweigend seine Arme nach ihr aus. Sie bewegte sich nicht. Die Wärme seines Körpers würde die Kälte in ihrem vertreiben, die sie taub machte. Sie wollte kalt und taub bleiben, um nichts zu fühlen.
--- Ende Zitat ---
Sie fühlt ja etwas. Ihr Hin- und Hergerissensein ist für mich daher nicht ganz nachvollziehbar. Du verschenkst hier mE etwas die Chance, ihre Beziehung zu zeigen.
Pathos und Kitsch. Ja, davon gibt es hier eine ziemliche Ladung. Ich kopier mal nur die Beispielstellen rein, die ich persönlich kitschig oder pathetisch finde, und du kannst schauen, ob du die alle drinbehalten oder was umformulieren magst.
--- Zitat ---Sie ließ zu, dass ihr Herz in so viele Teile brach, dass niemand es jemals wieder zusammensetzen könnte.
Stechende, brennende Hitze wütete durch ihren Körper und raubte ihr den Atem. Sie presste eine Hand gegen ihr rasendes Herz, rang nach Luft.
Maussollos´ Hand auf ihrer Schulter war kalt. Ihr Gewicht drückte sie nieder. Sie gab auf, ließ ihr stechendes Herz schmerzen und stolpern, die Tränen aus ihren Augen rinnen und ihre Beine nachgeben.
Alle ihre Kinder waren tot.
Sie krümmte sich am Boden, drückte ihr Stirn gegen ihre Knie und ihre Hände auf das eisige Mosaik.
Sie konnten nichts für ihre Sünden. Keines von ihnen.
Vielleicht würde die Kälte des Bodens das Feuer in ihrer Brust löschen. Vielleicht würde die Kälte ihr Herz erfrieren und die Schmerzen beenden.
Verloren standen sie sich gegenüber. Maussollos´ Blick huschte unruhig durch den Raum, blieb an dem Schwert hängen, das er poliert hatte. Artemisia folgte seinem Blick. Ihr kaltes Herz sang leise ein Trauerlied.
Die Hitze seines Atems brannte sich durch ihre Haut, fraß sich in ihr Herz und loderte dort. Sie fürchtete das Gefühl, das langsam durch sie kroch, ihre Arme schwer und ihren Geist leicht machte.
--- Ende Zitat ---
Du hast eine Häufung von Bildern rund um das Herz und ich eine Allergie gegen diese Herz-Bilder. Ich würde das an deiner Stelle massiv reduzieren, aber wie schon gesagt: Es ist eine Stilfrage.
Ich finde, dass zum Wert der Kinder fast etwas wenig drin ist. Aber das passt schon. Der Wechsel zur Angst um Maussolus passt gut.
Und wie weitermachen? Ja, sie muss sich halt irgendwie zusammenreißen. Ich fände es gut zu überlegen, wie ihr das gelingt, welche Mechanismen sie dazu nützt, wo sie Halt findet. Also würde ich dir raten, daraus auch einen Spannungsbogen zu machen: Sie hat eine Krise und sie überwindet sie. Wie? Das will ich wissen.
Ansonsten habe ich noch ein Erbselein:
--- Zitat ---„Das wirst du.“ Artemisia wandte ihren Blick zur Türe, als es klopfte. Pisindelis trat in den Raum, die Augen gesenkt. Er knetete seine Hände und wich ihren Blicken aus.
--- Ende Zitat ---
Dreh das um: Erst klopft es, dann wendet sie den Blick.
So far ...
merin
Paul:
Liebe LaHallia
Ein kleiner Tipp für deine Computerprobleme:
Die meisten Firmen, die Computer verkaufen, haben auch eine Reparaturabteilung. Dort kann man meist für ca. 50 Euro seinen Computer vorbeibringen. Die sehen für das Geld dann nach, ob man die Daten noch auslesen kann. Denn auch wenn der Computer nicht mehr funktioniert, ist in den seltensten Fällen auch die Festplatte Schrott. Wenn die Festplatte noch ok ist, brauchst du noch eine externe Festplatte (ebenfalls für ca. 50 Euro zu haben) und du kannst dir die Daten auf die externe Festplatte überspielen lassen. Das kostet natürlich nochmal etwas. Aber je nach dem, was du auf dem Computer hast, lohnt sich die Ausgabe für dich ja vielleicht.
Dir alles Gute
Paul 8)
Natascha:
Liebe LaHallia,
ich kann diffusSchall nur zustimmen. Bei mir wird jede neue oder veränderte Datei spätestens, wenn ich die Sitzung am Rechner beende, extern archiviert.
Nun zu Deinem Anliegen. Deine Fragen betreffen die Qualität, Plausibilität und Entwicklung der Darstellung von Motiven und Gefühlen.
Bevor ich dazu etwas schreibe, möchte ich Dir nicht verschweigen, dass ich beim Lesen Deines Textes über so einige stilistische Unebenheiten gestolpert bin. Wahrscheinlich sind Dir diese Stolpersteine bewusst und sie sollen hier nicht Thema sein. Falls Du dazu aber auch einen Hinweis erhalten möchtest, lass es mich wissen.
Wenn ich Kritik äußere, erkläre ich meist auch den Hintergrund. Falls Dir das zu viel ist z.B. weil es Dir auch so klar ist und Du nur an meiner Meinung ohne Begründung dieser interessiert bist, schreib es mir gerne.
Ich konzentriere mich im Folgenden auf drei der Fragen, die Du stellst:
* Werden im Text Gefühle der Figuren erkennbar?
* Falls ja: Wie ist die Qualität der Darstellung?
* Und: Sind die erkennbaren Gefühle pathetisch oder kitschig?
Ich beschränke mich auf den Anfang des Textes bis „als könne er Lukian in den Schatten sehen.“
Ich kann aus dem Text Gefühle herauslesen. Die Frage ist, ob es die Gefühle sind, die Du vermitteln wolltest. Die Frage ist auch, ob Du nur wolltest, dass ich erkenne, welche Gefühle die Eltern empfinden, oder ob ich diese auch empfinden sollte oder ganz andere.
Das einzige Gefühl, dass Du bei Deinen Fragen explizit erwähnst, ist Angst. Dieses Gefühl habe ich beim Lesen nicht empfunden. Die anderen Gefühle (siehe unten) auch nicht. Dafür lag für mich zu viel Distanz zwischen dem Text und das, wovon er erzählt. Es gab für mich zu wenig Anknüpfungspunkte für eigene Projektionen, nichts Vertrautes, an das ich hätte andocken können. Vielleicht geht es anderen anders, die die Vorgeschichte gelesen haben und sich mehr unter den Beziehungen, den emotionalen Banden, der Gefühlswelt der Eltern vorstellen können. Es reicht dafür manchmal wenig. Ein Beispiel:
Es war am Montag, dem 15. April 2013 in Boston. Wir standen an der Boyston Street nahe am Finish und winkten Daddy zu, als er mit den anderen Marathonläufern im Sonnenschein die Straße heraufgelaufen kam. Eve saß stolz auf meinem Arm, lachte und schüttelte wild ihr Händchen. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist der Rauch und die vielen Leute, die schreiend durcheinander rannten. Ich hob mein Gesicht vom Asphalt, rief nach Eve, doch alles, was ich fand, war ein kleiner Schuh, in dem noch eines ihrer rosa Söckchen steckte.
Das Gefühl der Angst kann ich zum einen aus dem Kontext ableiten, der mich derlei Gefühle erwarten lässt, denn es geht um das Leben eines leiblichen Kindes, dessen emotionale Bedeutung für die Eltern sich aus der Bindung (Du schreibst, die Eltern lieben ihr Kind) und aus der Rolle (Absicherung der Eltern) ergibt. Dieser Kontext sollte den Lesenden aus den vorherigen Texten bekannt sein.
Zum anderen kann ich es den Hinweisen auf vegetative Reaktionen entnehmen, die man fühlt, und zwar nur bei Artemisia (Herz schlug wild; Druck bis ins Herz), denn der Textabschnitt, den ich hier betrachte, wird personal aus Artemisias Perspektive erzählt. Es ist genau richtig, dass Du nur bei ihr solche von innen gefühlte Reaktionen beschreibst. Qualitativ sind diese Charakterisierungen mit dem Herzen nicht ungewöhnlich. Der Rekurs auf das Herz ist aber schon fast ein Klischee. Im eingestellten Text verwendest Du das Herz insgesamt acht Mal. Je nachdem wie die Präferenzen Deiner Zielgruppe sind, könnte das ein paar Male zu viel sein.
Grundsätzlich könntest Du diversifizieren, indem Du andere Körperempfindungen und/oder mehr Kanäle nutzt. Beispielsweise hast du den olfaktorischen Kanal (Gerüche) gar nicht genutzt. Auch die Kulisse taucht in dem eingestellten Abschnitt kaum auf. Die Lesenden erfahren so gut wie nichts über den Raum, in dem die Szene stattfindet. Die Kulissen können aber Emotionen durchaus vorbereiten und modulieren, wobei man sich auch hier teuflisch gut vor Klischees in acht nehmen muss. Gefühle der Perspektivfigur können durch ihre Wahrnehmung der Umgebung deutlich werden, aber auch die der Lesenden können dadurch beeinflusst werden.
Dann gibt es noch Verhalten, aus dem ich Gefühl entnehmen kann. Für Artemisia ist es nur ein Laut und für Maussollos sind es mehrere Verhaltensweisen (stieß die Hand seines Freundes von seiner Schulter; schleuderte das Schwert zu Boden; fuhr sich durchs Haar mit einer großen, verzweifelten Bewegung; sah in die dunklen Ecken des Zimmers). Es ist gut, dass Du dem Fallstrick ausgewichen bist, bei Artemisia von außen sichtbares Verhalten zu schildern, das sie selbst nicht gut wahrnehmen könnte z.B. erblassen. Es ist besser in der Perspektive zu bleiben. Die von Dir geschilderten Verhaltensweisen sind zum Teil belegt mit Wertungen/Behauptungen der erzählenden Instanz. Dazu später mehr.
Dann geht es um den Vergleich mit dem Grollen eines Stiers, der auf der Tempelterrasse ausblutet. Grollen ist hier wahrscheinlich von Dir nicht im Sinne von Dröhnen gemeint, deshalb muss es für zürnen und dergleichen stehen. Ärger und Wut sind jedoch etwas ganz anderes als Angst. Soll hier Ärger vermittelt werden? Ist die Angst in Ärger umgeschlagen? Das wäre gut, denn ein Wechsel der Emotionen ist glaubhafter als eine konstante Emotion. Oder ging es von Anfang an um Ärger? Ich frage mich hier auch, ob die Zielgruppe sich auch wirklich etwas unter dem Grollen eines ausblutenden Stiers vorstellen kann.
Das Verhalten von Maussollos ist hingegen zum einen klar abwehrend (stieß die Hand seines Freundes von seiner Schulter; schleuderte das Schwert zu Boden), was auch eher auf Ärger deutet. Dann kommt aber ein mehrdeutiges Verhalten (fuhr sich durchs Haar mit einer großen, verzweifelten Bewegung), das von der erzählenden Instanz als Ausdruck von Verzweiflung bewertet wird. Wie das von der Zielgruppe bewertet wird (plausibel, realistisch oder rührselig-sentimental, übertrieben und unecht), weiß ich nicht. Der Anlass ist sicherlich dramatisch genug, doch ob der Kode, über den Gefühle in einem bestimmten literarischen Kontext transportiert werden, angenommen wird, hängt von den Erwartungen und Vorlieben der Zielgruppe ab. Das verzweifelte Durchs-Haar-Fahren ist jedenfalls ein Element, das mir schon ein paar Mal begegnet ist.
Und schließlich zeigt Maussollos ein Verhalten, dass noch mehrdeutiger ist als das gerade genannte (sah in die dunklen Ecken des Zimmers, als könne er Lukian in den Schatten sehen). Auch wenn es von der erzählenden Instanz mit einem Vergleich versehen wird, bleibt es mehrdeutig. Ist dieses Verhalten der Ausdruck von Trauer, Sehnsucht oder Verzweiflung im Sinne von Verweigerung von Akzeptanz oder Realitätsflucht? Wenn diese Mehrdeutigkeit nicht beabsichtigt sein sollte, müsste hier eindeutiger erzählt werden.
Und zuletzt gibt es noch mal eine Behauptung der erzählenden Instanz (in seiner Stimme klang Sorge). Bewertungen der erzählenden Instanz sind ja so eine Sache. In dem von mir betrachteten Abschnitt wird personal erzählt aus Artemisias Perspektive. In vielen Fällen ist es für die Lesenden einfacher, wenn die erzählende Instanz in dieser Perspektive bleibt und nicht mit eigenen Wertungen in Erscheinung tritt, weil man sonst leicht durcheinander kommen kann (was ist von Artemisia und was von der erzählenden Instanz?), weil man nicht bei der Figur bleibt, den emotionalen Kontakt zu ihr verliert und möglicherweise stetig daran erinnert wird, dass erzählt wird, was nicht immer erwünscht ist. Falls diese Wertungen von Artemisia stammen sollen, würde es eindeutiger durch eine Umformulierung z.B. „Er fuhr fort, sein Schwert zu putzen, doch in seiner Stimme vernahm Artemisia Sorge“. Das gilt auch für die anderen Wertungen der erzählenden Instanz.
Ich finde, Du hast Dir einen schwierigen Stoff ausgesucht. Das ist mutig und spannend. Ich bin neugierig, was daraus wird.
Natascha
Natascha:
Liebe LaHallia,
Ich konzentriere mich hier auf Deine Fragen betreffend die Entwicklung der Figur:
* Passt der Wechsel vom Verlust des Kindes zur Angst Maussollos zu verlieren?
* Habe ich etwas vergessen, dass einem in so einer Situation durch den Kopf gehen könnte?
* Wie könnte eine plausible und dramaturgisch befriedigende Weiterentwicklung von Artemisias Gefühlen aussehen?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich Deine erste Frage richtig verstehe. Deine Erläuterung verstehe ich so, dass Artemisia es so sieht, dass wenn Maussollos stirbt, sie ihr Kind umsonst geopfert hätte. Deshalb fürchtet sie sich davor, Maussollos zu verlieren, weil es sie in eine existentielle Krise stürzen würde. Aus dem Text geht das für mich nicht hervor. Dort lese ich nur heraus, dass Artemisia zu Beginn weniger bekümmert erscheint um die Gefahr, in die sich ihr Gatte begeben will, als zum Schluss.
Zu Beginn:
--- Zitat ---„Ich hoffe, das Ungeheuer kommt dir nicht so nahe, dass du es einsetzen musst“, meinte Artemisia.
--- Ende Zitat ---
Hier klingt Sorge an, was bedeuten würde, dass eine auf Maussollos gerichtete Verlustangst bereits besteht.
--- Zitat ---„Und wenn es dazu kommt, bete zu den Göttern, dass ich es überlebe.“
„Das wirst du.“ Artemisia wandte ihren Blick zur Türe, als es klopfte.
--- Ende Zitat ---
An dieser Stelle scheint Artemisia zuversichtlich, Maussollos nicht zu verlieren und/oder es wäre für sie nicht so bedrohlich, wenn es denn geschähe.
Und zum Schluss:
--- Zitat ---„Was ich am meisten fürchte“, flüsterte sie. „Ist, dass ich eines Tages Nachricht von deinem Tod erhalte.“
--- Ende Zitat ---
Hier wird von Artemisia die hauptsächliche Richtung ihrer Verlustangst angegeben.
--- Zitat ---Maussollos richtete sich auf. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und strich sich das Haar mit beiden Händen zurück. „Artemisia-“
„Geh nicht, ich bitte dich. Dein Tod ist was ich am meisten fürchte.“
--- Ende Zitat ---
Und hier erscheint sie nicht mehr so zuversichtlich wie zu Beginn, Maussollos wohlbehalten wiederzusehen und/oder der mögliche Verlust erscheint ihr wesentlich bedrohlicher.
Diese Veränderung steht in diesem Text im Zusammenhang mit der Nachricht, Lukian sei gestorben. Es ist naheliegend diesen Zusammenhang als ursächlich anzusehen: Artemisia hat Lukian verloren. Es bleibt ihr nur noch ihr Gatte. Umso größer wird seine Bedeutung für sie. Ein direkter Zusammenhang mit der Opferung des ersten Kindes liegt hier nicht auf der Hand.
Die Antwort auf Deine zweite Frage hängt davon ab, was Artemisia und Maussollos für Menschen sind, woran sie glauben, und das weiß ich nicht so recht, weil ich nur den hier vorliegenden Text kenne und ein paar Hintergrundinformationen. Die meisten Menschen erleben Kinder als sinngebend für ihr Leben. Wenn so ein Mensch alle seine Kinder verliert, entsteht ein Gefühl der Sinnlosigkeit. Nicht selten stellt sich dann die Frage nach dem Warum oder Wozu des Verlustes und des Lebens. Ob ein solcher Mensch darauf eine Antwort findet und wenn ja, wie sie lautet, bestimmt letztlich auch, wie er mit dem Verlust umgeht, wobei wir bei Deiner dritten Frage wären.
Artemisia meint offenbar, sie habe Sünden begangen, für die sie von den Göttern bestraft werde, auch durch den Tod ihrer Kinder. Um welche Sünden es hier geht, das steht wahrscheinlich im ersten Band, den ich nicht kenne. Ob die Opferung ihres ersten Kindes dazu gehört, wird hier nicht klar. Du schreibst als Hintergrundinformation, Artemisia habe im ersten Band das Leben ihres ungeborenen Kindes den Göttern im Tausch für das ihres Mannes gegeben. Das klingt, als habe sie dies aus eigenem Antrieb getan und nicht nach Aufforderung der Götter. Wie dem auch sei: Die Götter sind offenbar auf das Angebot eingegangen. Dies würde auch zur Behauptung passen, die von der erzählenden Instanz und/oder von Artemisia stammt: „Die Götter hatten sie geschickt, um sein Leben zu retten.“ Ähnlich klingt auch Maussollos Ansicht: „Die Götter haben dich mir geschenkt, damit du mein Leben rettest.“
Andererseits sollen die Götter die Riesenechse geschickt haben als Strafe für Artemisias Menschenopfer. Artemisia scheint auch den Tod einiger ihrer Kinder als Strafe der Götter anzusehen. Geht es hier um andere Opfer, andere Taten und/oder um das erste Kind? Wenn es um Opfer gehen sollte, die von den Göttern angenommen wurden, ergäbe sich ein Konflikt, denn es könnte als unfair angesehen werden von den Göttern Opfer zu missbilligen, die sie dennoch angenommen haben. Bestünde tatsächlich dieser Konflikt, wäre dies eine mögliche Linie, entlang der sich Artemisias Trauerbewältigung entwickeln könnte. Die Rebellion gegen die Götter (das Schicksal usw.) ist ja ein klassisches Thema.
Entlang dieser Linie sind viele Subthemen denkbar z.B. könnten in einem solchen Fall die Götter argumentieren, sie hätten die missbilligten Opfer angenommen um Artemisia zu strafen, was Artemisia auf das Motiv ihrer Taten zurückwerfen würde. Gleich ob Artemisia aus eigenem Antrieb geopfert hat oder dem Verlangen der Götter gefolgt ist, stellt sich eine moralische und existentielle Frage: War es richtig so zu handeln? Diese Frage steht in dem vorliegenden Text irgendwie im Raum. Wie sich Artemisias Trauerbewältigung entwickeln wird, hängt auch von der zu erarbeitenden Antwort auf diese Frage ab, was auch die zweite große Bestimmungsgröße beeinflussen wird, nämlich die Bedeutung des Verlustes aller Kinder für das Paar. Je nachdem, was er bedeutet, ergeben sich unterschiedliche Bewältigungsmöglichkeiten, z.B. weitere Kinder haben, wie Maussollos meint.
Hier sind viele interessante Themen möglich wie Gehorsam versus Selbstbestimmung oder Loyalitätskonflikte.
Wie schon geschrieben: Ein schwieriger, aber spannender Stoff.
Natascha
merin:
Hey, es gibt jetzt eine Person hier bei den Teufeln, die noch analytischer als ich an Texte herangeht. Das mir das nochmal passieren würde!
Ich weiß noch nicht so ganz, womit ich etwas anfangen kann. Beispielsweise finde ich, dass die Szene sich null für olfaktorische Referenzen eignet. Andererseits machst du interessante Fragen auf.
--- Zitat ---Andererseits sollen die Götter die Riesenechse geschickt haben als Strafe für Artemisias Menschenopfer. Artemisia scheint auch den Tod einiger ihrer Kinder als Strafe der Götter anzusehen. Geht es hier um andere Opfer, andere Taten und/oder um das erste Kind? Wenn es um Opfer gehen sollte, die von den Göttern angenommen wurden, ergäbe sich ein Konflikt, denn es könnte als unfair angesehen werden von den Göttern Opfer zu missbilligen, die sie dennoch angenommen haben. Bestünde tatsächlich dieser Konflikt, wäre dies eine mögliche Linie, entlang der sich Artemisias Trauerbewältigung entwickeln könnte. Die Rebellion gegen die Götter (das Schicksal usw.) ist ja ein klassisches Thema.
--- Ende Zitat ---
Das finde ich einen interessanten Gesichtspunkt und mich würde interessieren, was LaHallia dazu meint.
LG
merin
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