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Buchtipp: Nachschlagewerk / Thesaurus
(1/1)
diffusSchall:
Hallo Federteufel,
ich habe ein Nachschlagewerk für mich entdeckt, dass ich in dieser Form noch nie gesehen habe:
The Emotion Thesaurus: A Writer´s Guide to Character Expression
von
Angela Ackerman & Becca Puglisi
Es gibt das Buch meines Wissens leider nicht in einer deutschen Übersetzung. Jedenfalls habe ich dazu nichts gefunden.
Wer der englischen Sprache aber einigermaßen mächtig ist, für den kann das Buch enorm wertvoll sein.
Es listet in alphabetischer Reihenfolge Emotionen auf und gibt unter den entsprechenden Begriffen Beispiele und Beschreibungen an die Hand, wie diese beschrieben werden können. Typische Emotionen sind Wut, Bitterkeit, Verwirrung, Neugier, Kraftlosigkeit, Schock, Liebe, Nervosität usw.
Zu jedem Begriff finden sich eine klare Definition und Beispiele zur passenden Körpersprache, zur inneren (Körper-)Reaktion, zur mentalen Reaktion, akute länger anhaltenden Reaktionen auf die Emotion, Beschreibung von Unterdrückungsanzeichen, Beschreibung zu welchem nächsten Gefühl der Zustand eskalieren oder deeskalieren kann und schließlich eine Auflistung assoziierter Verben.
Ein Beispiel - Wut
Definition:
starkes Missfallen oder Zorn, üblicherweise ausgelöst durch ein wahrgenommenes Unrecht
Körpersprache:
aufgeblähte Nasenflügel
geräuschvolles Atmen
hohes Kinn
Objekte / Menschen werden grob behandelt
Schwitzen
aufpoppende Augen
Finger und Muskeln angespannt
schmale Lippen
...
innere Reaktion:
Zähneknirschen
Muskelzittern
erhöhter Puls
Herzrasen
Körperspannung
Hitzewallung
Mentale Antwort:
Reizbarkeit
Unvermögen zuzuhören
sprunghafte Schlussfolgerungen
irritierende, inkonsequente Reaktionen
direkte Aktion einfordernd
unverhältnismäßige Reaktion/Aktion/Risikobereitschaft
Gewaltphantasie
Akut- und Langzeit-Reaktionen auf diese Emotion:
Explodiert wegen Kleinigkeiten
Wut im Straßenverkehr
Hypertonie
Magengeschwür
Hautprobleme, Ekzeme, Akne
Selbstverletzung als Ventil
Längere Erholungszeit bei Krankheit, Verletzung, Trauma
lässt Wut an anderen Unbeteiligten aus
Anzeichen der Unterdrückung:
betont kontrollierte(r) Sprache/Tonfall
betont ruhiges, kontrolliertes Atmen
passiv-aggressive Kommentare
vermeidet Augenkontakt
Rückzug vom Dialog
kurzfristiger Rückzug aus Szenerie
Kopfschmerzen
Kieferschmerzen
Eskaliert zu:
Zorn, Hass, Besessenheit, Rachegefühl
Deeskaliert zu:
Bitterkeit, Frustration, Irritation, Abscheu, Hilflosigkeit
Assoziierte Verben:
explodieren, entflammen, schreien, erzürnen, lodern, verzehren, provozieren, zittern, kochen usw.
In dem Buch sind über 130 Emotionen auf diese Weise beschrieben. Das ist ne ganze Menge direktes Handwerkszeug, was einem da als Autor zur Verfügung gestellt wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich das Buch in Zukunft beim Erstellen meiner Charakteren nicht mehr aus der Hand nehmen werde.
Wem die englische Sprache einigermaßen zugänglich ist, der kommt gut mit dem Buch klar. Wenn man sich mit einem Gefühl und seiner Darstellung wirklich auseinander setzen will, dann hat man sich auch mit rudimentären Sprachkenntnissen und dem Google Translator rasch eine gute Arbeitsgrundlage geschaffen.
Ich kann es jedem nur wärmstens empfehlen!
Liebe Grüße - Frank
merin:
Lieber Frank,
interessant. Ich überlege noch, ob ich den Ansatz mag oder nicht. Es wirkt erstmal praktisch, enthebt mich aber der Mühe, mir zu überlegen, wie Prota xy gestrickt ist, wie die Person Emotionen ausdrückt usw. Und ob das sich für meine Arbeit langfristig lohnt, scheint mir fraglich. Wütende Leute sind ja sehr verschieden.
LG
merin
diffusSchall:
Hi merin,
das ist kein Gefühlsbaukasten für Charaktere. Es enthebt mich nicht von der Verantwortung der Ausgestaltung meiner Protas/Antas. Das ist im Grunde wie eine Farbpalette der Gefühle und ihrer Ausdrucksmöglichkeiten.
Wenn ich entschieden habe, welche Gefühle meine Protas/Antas bewegen, dann kann ich aus dieser Palette schöpfen. Aber für die Eigenständigkeit und die Kanten der Charakteren muss ich als Autor nach wie vor Sorge tragen. Es ist ein Werkzeug. Ich muss das Rad nicht neu erfinden.
Wut, ist sehr plakativ und bewusst als Beispiel von mir gewählt, um zu zeigen, wie das Buch vorgeht.
Bei über 130 Emotionen sind eine Menge dabei, wo ich spontan auf dem Schlauch stehe, wenn ich die konkret in Worte fassen müsste. Allein eine klare konkrete Definition dazu zu lesen, ist schon ein echte Hilfe, wenn ich fest stecke.
Cheers - Frank
merin:
Ja, das leuchtet mir ein. Mich erinnert der Ansatz spontan an manche verhaltenstherapeutische Arbeitsmaterialien zur Affektdifferenzierung. Das kann ja durchaus hilfreich sein, um sich - auch beim Schreiben - zu sortieren.
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