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Die Bedrohung

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Cimglett:
Wenn ich meinen Senf zu dem neuen Text abgeben darf:
Für mich bist du sehr weit weg vom lyrischen Ich. Es wirkt recht gefühllos auf mich, die Informationen sind klar, aber ihre Bedeutung kommt nicht bei mir an. Okay, da fehlt die Erinnerung, man ist unversehrt, die Luft ist geruchlos. Aber für mich bleiben das Informationen, die nicht an Emotionen gekoppelt sind.

Grundsätzlich ist es gut, nicht so viele Dopplungen und überflüssigen Adjektive drin zu haben. Trotzdem: Für mich fehlt da was. Und wenn ich mir den vorigen Text anschaue, hat es mir auch da schon gefehlt. Vielleicht ist es das, was merin meinte: Es packt mich nicht.

Erbse (oder so): Ich störe mich an "die Farbe war eine Lüge". Warum sollte die Farbe lügen? Was behauptet das Wesen denn mit der Farbe? Klar, Weiß wird oft mit Reinheit assoziiert, aber das bedeutet doch nicht, dass jemand lügt, der die Farbe trägt, und schon gar nicht die Farbe selbst. Vielleicht täuscht oder irritiert die Farbe oder steht im Kontrast zu dem Wesen selbst.

Das letzte Bild finde ich auch schön. Aber ich fühle mich nicht bedroht.

Dein Fazit kann ich trotzdem unterschreiben. Man kann dem Leser Einiges zutrauen - das merke ich auch bei Romanen, die ich lese und manchmal über Dopplungen die Augen verdrehe. Beispiel:
"Kann ich reinkommen?", fragte er.
"Weißt du ..." Sie sah nach drinnen und dann wieder ihn an. Es schien ihr nicht recht zu sein, dass er vor der Tür stand.

Du siehst, bei dem Punkt gibt's eine Menge zu lernen, auch für Autoren, die schon ne Menge veröffentlicht haben, und sogar für Profis wie mich (just kidding  :devgrin:).

Liebe Grüße
Cimglett

merin:
Ich stimme Cimglett zu: Der zweite Text ist besser, aber er lebt nicht von Protanähe. Dadurch wirkt er eher interessant.

Ich würde lyrisch auf keinen Fall mit kitschig gleichsetzen. Gegen Kitsch bin ich allergisch (und mir sehr bewusst, dass das Geschmack ist), gegen Lyrik nicht. Und ich bin ja auch ein Fan von unkitschigen Adjektiven. Das Schwierige ist halt, wie so oft, die richtigen Adjektive zu finden, eigene Bilder zu malen.

Mich stört jetzt eine andere Sache:


--- Zitat ---Da trat es aus dem Nichts, aus dem Dunklen.
Riesig groß und gehüllt in weiße wallende Gewänder. Das Haupt tief unter der Kapuze verborgen.
Die Farbe war eine Lüge: Es war nichts Reines, nichts Klares an diesem Ding.
--- Ende Zitat ---

Da fehlt das Subjekt. Ich will ich will ich will ein Subjekt.
Aber vielleicht geht es ja gerade darum, dieses wegzulassen?

LG
merin

diffusSchall:
Hallo Cimglett,

ja, du hast völlig recht: Ich bin nicht am Ich-Erzähler. Hab ich im Moment des Schreibens auch nicht im Fokus gehabt, deshalb verwundert das auch nicht. Wie eingangs erwähnt, war ein Aspekt der Übung spontan zu schreiben und intuitiv habe ich den Schwerpunkt auf die Bilder gesetzt. Auch das ist lehrreich.

Ich finde auch, dass die erste Version die stärkeren Bilder hat. Aber der Text ist fett und behäbig.
Das Kürzen macht was ganz anderes daraus. Ohne merins Ansatz wäre ich niemals auf die Idee gekommen, so mit der Sense durch zu gehen. Ich bin überrascht, dass das so gut geht. Immerhin habe ich ein ganzes Drittel gestrichen und es funktioniert. Das habe ich unterschätzt. Da erschließt sich mir gerade ein Werkzeug.    :)

Liebe Grüße - Frank

diffusSchall:
Achja , die Lüge.
Cimglett du sagst ja selbst, dass die Farbe weiß positiv besetzt ist, deshalb finde ich die Formulierung stimmig.
Wenn ich Darth Vader, dem Abziehbild des Bösen schlechthin, eine weiße Kluft geben würde, dann fände ich die Formulierung „die Farbe lügt“ absolut passend.

merin:
Spannend fände ich nun, das Experiment zu wagen und mal zu schauen, wo du wieder füttern magst. Mir fehlt da beispielsweise das Ich: Es liegt, also hat es einen Körper. Aber wir finden keinerlei Hinweis auf diesen Körper, er friert nicht, er fühlt nicht, er atmet nicht. Gezielt anzureichen ist eine ganz gute Übung, denke ich. An der Stelle, wo ich im Licht liege, da hätte ich gern was zum Ich. Ist es geblendet? Nackt? Bloß? Bar? (Da kannst du auch gern lyrische Adjektive suchen  :diablo:)

zu weiß: In Ghana ist Weiß die Farbe, die bei einigen Ethnien auf Beerdigungen getragen wird. Geister sind auch in unserer Kultur weiß.

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