Die Karteikarten-Methode eignet sich besonders dafür, große Lücken im Plot zu stopfen.
Wie bekommst du deine Figuren von Szene A nach Szene B, ohne dass sich die Leser über die nächsten 30 Seiten langweilen?
Das löst du anhand der Karteikarten-Methode.
Was brauche ich für diese Methode?
Es gibt natürlich verschiedene Autoren-Softwares, in denen du Pinnwände mit Karten anlegen kannst. Für Autoren, die eher digital ausgerichtet sind, lohnt sich die Anschaffung vermutlich, wenn sie auch ansonsten mit dieser Software arbeiten.
Ich persönlich nutze lieber die manuelle Methode mit physischen Karteikarten. Das liegt ganz einfach daran, dass bei mir die Kreativität besser fließt, wenn ich einen Stift in der Hand halte und handschriftlich etwas aufschreibe. Solltest du beim digitalen Plotten Probleme haben, bzw. nicht weiterkommen, steig am besten mal auf Stift und Papier um – vielleicht hilft dir das, die Kreativität wieder zu finden!
Für die manuelle Karteikarten-Methode brauchst du vor allem:
- Karteikarten (ggf. bunt, es reichen aber auch weiße)
- einen Stift
- etwas Platz, z.B. einen großen Tisch oder den Fußboden
Schritt 1: Die VorbereitungWenn du dich daran machst, ein Buch zu plotten, dann weil du in der Regel schon irgendetwas hast. Das können Figuren sein, Teile des Weltenbaus, ein Thema oder vielleicht auch schon erste Szenen.
Im ersten Schritt schreibst du alles, was du schon hast, stichpunktartig auf die Karteikarten. Wenn es dir leichter fällt, mit Farbcodes zu arbeiten, nutze verschiedenfarbige Karten für Figuren, Weltenbau, einzelne Szenen, Traditionen etc. und lose Ideen, die noch nicht richtig verortet sind.
Schritt 2: Neu plotten vs. PlotlückenIm zweiten Schritt kannst du unterschiedlich vorgehen, je nachdem, ob du ein Buch ganz von vorn plottest oder ob du schon Teile und Szenen des Buches hast und jetzt nur noch die Lücken auffüllen möchtest.
Ein Buch neu plotten
Wenn du ein Buch neu plottest, überlege dir, was du alles an Informationen brauchst, um einen guten Plot festzulegen. In der Regel sind das die Figuren, die handeln und ggf. die Welt, in der sie handeln. Stehen diese beiden Punkte fest, kannst du dich an die Geschichte selbst machen.
Deine Figuren
Für deine Figuren kannst du kurze Charakterbögen auf je einer Karte anlegen. Halte dich dabei nicht mit 100 Notizen oder mehr auf, sondern fokussiere dich auf das Wesentliche:
Vollständiger Name
ggf. Beruf oder Berufung und Hobbys
Größe und Alter
Haar- und Augenfarbe
besondere Merkmale
Vorlieben und
Abneigungen
Kleidungsstil
Familie / Freunde / Verwandte
Wohnort / Stadt / Wohnart (Haus, Wohnung, Karton?)
wichtige Punkte aus der Vergangenheit / Vorgeschichte
Diese Charakter-Karten sind dazu da, Fragen a lá “Welche Augenfarbe hatte er noch gleich?” und “Wie trägt sie die Haare nochmal?” zu klären, wenn du später im Schreibprozess bist. Außerdem führst du dir die Figur beim Erstellen der Karte genauer vor Augen und bekommst schon mal ein erstes Gefühl dafür, wie er oder sie in einer bestimmten Situation reagieren könnte.
Deine Welt
Spielt dein Buch nicht in der realen Welt, kann es sich auch lohnen, dein Worldbuilding über die Karteikarten umzusetzen. Nutze für jedes wichtige Feld ein bis drei Karten, um Stichpunkte festzuhalten, die dir eine ungefähre Idee geben. Das Gute an den Karteikarten ist, dass du aus Platzgründen gezwungen bist, dich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Gerade beim Worldbuilding neigen wir Autoren nämlich dazu, gern immer ausufernder zu werden und alles zu tun – außer die Geschichte zu schreiben.
Wichtige Punkte im Worldbuilding sind z.B.:
Geographie (Länder, Städte, Straßen, Seen, Berge, Vulkane, Wüsten…)
Fortbewegung (Reittiere, mechanische / elektronische Lösungen etc.)
Handel
Religion / Glaubenssysteme
Sozialsystem / Kasten / Bevölkerungsschichten
Regierungsbildung / Politik
Währungen
ggf. Magiesysteme
Rituale (zu Hochzeit, Tod, Geburt eines Kindes, Erwachsen werden, …)
Ehen / Scheidungen (erlaubt?)
Nachbarstaaten / Kriege / Bündnisse
Geschichte deiner Welt
ggf. die unterschiedlichen Rassen (Menschen, Supernaturals)
Flora und Fauna
Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Punkte zu beachten, die thematisch über diesen Artikel aber hinaus gehen. Wenn du möchtest, kann ich zum Thema Worldbuilding einen gesonderten Artikel schreiben – bei Interesse hinterlasse einfach einen Kommentar unter diesem Artikel!
Dein Plot
Wenn es um deinen Plot geht, ist der Vorgang ähnlich dem, wie du auch vorgehst, wenn du Lücken im Plot füllst. Daher habe ich diesen Vorgang im nächsten Abschnitt mit untergebracht.
Plotlücken füllen
Deine Geschichte neu oder auch fertig zu plotten, ist die eigentliche Stärke der Karteikarten-Methode. Ob digital oder manuell, wichtig ist, dass du deine Karteikarten immer wieder verschieben kannst.
Deshalb ist es wichtig, die Karten richtig zu nutzen. Als Faustregel kannst du dir merken: Eine Szene pro Karte, mehr nicht. Halte die Szene nur in Stichpunkten fest. Du schreibst hier noch nicht dein Buch, du notierst lediglich Ideen und Stichworte, damit du grob weißt, worum es in der Szene geht.
Szenen notieren
Notiere alle Szenen, die du bereits hast, auf einzelnen Karteikarten. Dabei brauchst du keine bestimmte Reihenfolge einhalten, notiere einfach alles, was dir in den Sinn kommt. Das kannst du in einer Sitzung machen, aber auch über mehrere Tage verteilt einfach immer wieder kleine Szenen, die dir spontan einfallen, auf eine Karte schreiben und sie mit auf den Stapel legen.
Szenen sortieren
Wenn du genug Szenen hast (es müssen noch nicht alle sein), breite sie vor dir aus und fang an, die Kärtchen zu verschieben. Achte dabei darauf, dass die Reihenfolge der Karten auch inhaltlich Sinn ergibt.
Wenn deine Figuren in Land A also zwei oder drei Szenen haben, sollten diese hintereinander liegen und erst danach die Szenen aus Land B eingeordnet werden. Oder eine Figur, die in einer Szene stirbt, kann danach nicht noch plötzlich eine Szene haben, in der sie auftaucht (Zombie-Romane und Co. einmal ausgeschlossen).
Lücken auffüllen
Wenn du deine Karten sortiert hast, wirst du feststellen, dass zwischen den einzelnen Szenen oft noch Lücken existieren. Du kannst nicht immer von einer Szene direkt in die andere gehen. Dazu muss manchmal noch eine, manchmal auch noch drei oder fünf weitere Szenen eingeschoben werden. Und hier setzt die Methode an.
Sieh dir beide Szenen genau an und schätze ab: Wie viele Szenen werde ich brauchen, um meine Figuren von A nach B zu bringen? Liegen z.B. die Orte weit auseinander oder muss eine Figur eine große Entwicklung durchmachen? Dann plane lieber mehr Szenen ein.
Fehlt eigentlich nur noch ein gewisses Etwas und die Szenen liegen recht dicht beieinander, plane weniger Szenen ein. Für jede eingeplante Szene legst du eine Karte zwischen die beiden Szenen, die du schon hast. Das Gute daran ist, dass die Karten noch leer bleiben können. Du musst nicht sofort wissen, welche Szenen dazwischen gehören, sondern nur abschätzen, wie viele es sein werden. Das kann eine grobe Schätzung sein, die du später auch nochmal nach oben oder unten korrigieren kannst, je nachdem.
Das kann z.B. so aussehen:
Schritt 3: Die leeren Karten beschreibenDieser Punkt muss nicht sofort komplett umgesetzt werden. Die Karteikarten-Methode setzt du ja an, eben weil du nicht weißt, wie du die Lücken füllen sollst. Und auch, wenn sie ein gutes Hilfsmittel ist, kann sie auch nicht zaubern. Der Vorteil, den du mit den leeren Karten hast, ist dass du dich nicht mehr auf die Frage versteifst, wie du die Figuren bloß von A nach B bringen könntest, sondern ein Umdenken stattfindet. Deine neue Aufgabe ist es, eine, zwei oder auch fünf Szenen zu finden, mit denen du diesen Weg gehen kannst.
Vielleicht findest du die Szene in der Mitte zuerst. Dann notiere sie auf der entsprechenden Karte und schon sind die Abstände, die du füllen musst, kleiner geworden. Dein Kopf konzentriert sich auf kleinere Aspekte der Geschichte und du denkst darüber nach, wohin deine Figuren gehen oder was sie erleben müssen, um x und y zu lernen, damit sie nachher bei B sind.
Im Grunde geht es bei dieser Methode also darum, deinen Kopf auszutricksen, damit du dir die richtigen Fragen stellst, um Schritt für Schritt voran zu kommen. Das klingt einfach, ist aber sehr effektiv. Wer schon mal prokrastiniert hat (und das haben wir alle), weiß ganz genau, wie gut wir im Selbstbetrug sind. Wieso diese Fähigkeit also nicht mal dafür einsetzen, im Buch weiterzukommen?
Quelle und weitere Veranschaulichung:
https://authorwing.de/plotten-mit-der-karteikarten-methode/