Lieber Tlt
Ich habe bisher noch keinen Text von dir geröstet, von daher eine kurze Vorrede: nimm dir von meiner Röstung, was du von ihr brauchen kannst, den Rest lass liegen. Und: ich habe die Röstungen der anderen noch nicht gelesen, du bekommst von mir also einen Erstleseeindruck.
Mein ErstleseeindruckDer Dialog läuft direkt los, mit kleinen Holperern hier und da. Er nimmt mich schnell in Szene hinein. Ich weiß fast immer wer spricht und wer auf was reagiert. Trotzdem bleibt mir der Text in seiner Schnoddrigkeit, die mir gefällt, letztlich eine Spur zu vage. Es ist nicht ganz klar, welcher Konflikt hier eigentlich beharkt wird und warum Umuku wegehen muss (und von wem). Auch die Namen geben Rätsel auf: Franzi auf der einen Seite - klingt normal, jugendlich - Umuku auf der anderen Seite, klingt geheimnisvoll, fremd. Unklar ist auch, ob Franzi am Ende nur eine Phantasie von Umuku ist, so dass er sich letztlich mit sich selbst unterhält. Insgesamt gefällt mir die Unterhaltung, der Ton erinnert mich ein wenig an die Bücher von Sven Regener.
Probleme beim ersten Lesen:Rausgeflogen bin ich an zwei Stellen, an denen ich den Eindruck hatte, dass die Protagonisten ihre Sprache verlassen und plötzlich jemand anderer für sie spricht (Immer unter der Vorraussetzung, dass es sich um einen, bzw. zwei Jugendliche handeln)
So würde ich diesen Abschnitt komplett streichen:
„Hör auf, jetzt reden wir schon wie sie“, sagte Umuku ärgerlich und putzte sich die Nase.
„Was ist so schlimm daran, wie sie zu reden?“
„Die Gerechtigkeit ist so schlimm. Gerechtigkeit, die sie sich nehmen, und die nichts ist, als die Macht des Moments.“
„Schon wieder so ein Spruch. Du kannst Dich doch nicht schwarzärgern, oder wie man da sagt.“
„Bei mir eher weiß.“
„Ärger Dich von mir aus bunt.“
„Selbst das würde nichts helfen. Sie verlangen Farben, die es nicht gibt.“
„Kapier ich nicht.“
„Macht nichts. Es ist auch nicht wichtig.“
Franzi wurde zornig. „Lüg nicht! Natürlich ist es wichtig. Ich weiß, dass es Dir wichtig ist.“
„Sie sind wichtig. Ich nicht.“
„Aber da findet sich doch sicher eine Lösung.“
„Nein. Und ich glaub, das will ich gar nicht.“
„Man kann einander entgegengehen. Du weißt genau, was ich meine.“
„Entgegengehen, ich bin ihnen so weit entgegengegangen, dass wir aneinander vorbeigelaufen sind. Natürlich war da eine Tür offen. Aber der Eintritt, der war einfach zu teuer.“
„Und wo willst Du jetzt hin? Du hast doch selbst gesagt, dass es nichts anderes für Dich gibt. Oder doch?“
„Keine Ahnung. Ich glaub nicht.“
Ich würde den Abschnitt streichen, weil er den Grundkonflikt nur doppelt, ohne neue Infos zu bringen, weil er sich in seinen Wortspielen verliert (die so dicht hintereinander kommen, dass sie sich gegenseitig aufheben (zu viel von einem Gewürz verdirbt das Essen) ) und weil die Sprache zum Teil nicht passt:
„Die Gerechtigkeit ist so schlimm. Gerechtigkeit, die sie sich nehmen, und die nichts ist, als die Macht des Moments.“
Das ist Erwachsenensprache.
Die zweite Stelle war das Zitat von Konstantin Wecker mit dem Wortspiel "Wortverdreher" und "Wortgewaltiger", auch das passt für mich so nicht zum Rest des Dialogs.
Zu deinen Fragen:Ist die Sprache zu schnoddrig? Zu Stakkato?
Nö, ich fand sie sehr lebendig und nah an den Personen, mit kleinen Haken und Ösen an der einen oder anderen Stelle.
Entsteht für euch ein Bild, was für eine Person da spricht?
Deine Frage bestärkt die Vermutung, dass nur Umbuku spricht. Wer er ist, bleibt mir aber ein Rätsel. Er ist ein Fan von Konstantin Wecker, spricht bestens Deutsch, zum Teil mit philosophischen und literarischen Höhenflügen, ist zugleich aber zutiefst schnoddrig, fast prolo (auch wenn er nicht so sein will, wie die) und trägt einen Namen, die mich an einen Flüchtling aus Afrika denken lässt. Von daher: ich habe mehr Fragen, als Antworten.
Wird klar, wie viele Personen da reden?
Ein oder zwei, je nachdem, wie ich den Schluss deuten soll.
Sonstiges und Erbsen willkommen.
Sonstiges vgl. weiter oben. Insgesamt war mir der Text für den "Konflikt" (gehen oder nicht gehen) eine Spur zu lang, auch deshalb, weil nicht klar ist, wie sich Umbuku letztlich entscheidet.
Liebe Grüße
Paul