Teufelsrost > Höllenfenster
KG Bewerbung
merin:
Ja, das ist besser. Danke dafür!
windigo:
Grundsätzlich lese ich andere Meinungen erst, wenn ich mit dem Text durch bin. Ich will mich nicht beeinflussen lassen. Erbsen lasse ich meist liegen, solange mir größere Dinge auffallen.
Alles hier spiegelt nur meine Meinung wieder. Kann passen, muss aber nicht. Gerne revidiere ich auch meine Meinung, wenn es einen guten Grund gibt. Fehler macht jeder.
--- Zitat ---June stand auf dem Felsen
--- Ende Zitat ---
Ist das ein besonderer Felsen? Das suggeriert die Verwendung von „dem“ und schürt dementsprechend meine Erwartungen.
--- Zitat ---und sah auf die Piste. Sie war nicht viel mehr als eine Fahrspur, die sich um zerklüftete Felstürme schlängelte. Die formenreichen Felsen waren schön, aber sie waren auf hunderte von Kilometern das Einzige, was es hier zu sehen gab. Irgendwann wurden selbst die malerischsten Felsen langweilig. Felstürme, Sand und Schotter – das bestimmte das, was sie von diesem abgewrackten Planeten kannte.
--- Ende Zitat ---
Hier würde ich ehrlich gesagt aus der Geschichte aussteigen. Das Wort Felsen wird hier meiner Meinung nach einfach überstrapaziert und wirft mich aus der Story.
--- Zitat ---Sie sah zur Farm hinüber, ein grüner Fleck neben einem hellgrauen Wohncontainer.
--- Ende Zitat ---
Wo kommt jetzt plötzlich die Farm her? Ein paar Zeilen vorher war noch alles voller Felsen. Das wird explizit betont und stellt für mich die Glaubwürdigkeit der Geschichte in Frage.
--- Zitat ---Es war eine Schnapsidee, einfach anzuklopfen und nach Arbeit zu fragen. Sie würden sie nicht wollen. Aber alle Ideen, die einigermaßen sinnvoll klangen, waren verraucht. Sie hatte in der Fabrik gearbeitet, im Straßenbau und im Bergwerk. Sie hatte sogar einige Wochen in der Sozialstation verbracht. Das Bergwerk war am schlimmsten gewesen, laut, staubig und gefährlich. Sie hatte es nicht einmal einen Monat dort ausgehalten und ihr Körper hatte die Belastung immer noch nicht ganz verwunden und schmerzte an den merkwürdigsten Stellen. Wenn alles, was sinnvoll war, nicht klappte, war es sinnvoll, etwas Unsinniges zu versuchen.
--- Ende Zitat ---
Diesen Abschnitt finde ich sehr gut und ich denke hier könnte die Geschichte starten. Hier zeigt sich die Motivation und auch ein guter Konflikt wird angedeutet. Statt aus der Geschichte rauskatapultiert zu werden, hast du mich nun am Haken.
--- Zitat ---Das klang nicht einmal für June sinnvoll.
--- Ende Zitat ---
Damit kann ich nichts anfangen. Das wäre mir wieder zu viel Wiederholung.
--- Zitat ---Das Grün der Farm wirkte wie ein Fremdkörper in all dem Grau und Schwarz. Zwei langgliedrige Agrobots staksten durch die Pflanzenreihen.
--- Ende Zitat ---
Agrobots finde ich nicht gut gewählt. Das erinnert mich mehr an Killerroboter. Agrarbots fände ich passender.
--- Zitat ---June konnte nicht sehen, ob sie ernteten oder Pflanzen beschnitten oder was auch immer es war, das Agrobots taten.
--- Ende Zitat ---
Das klingt mir zu holperig.
--- Zitat ---oder was auch immer es war, das Agrobots taten
--- Ende Zitat ---
kann eigentlich weggelassen werden.
--- Zitat ---Sie hatte nicht die geringste Ahnung von Landwirtschaft. Sie war zwar Biologin, Molekularbiologin um genau zu sein, aber die Dinge, mit denen sie sich bislang beschäftigt hatte, brauchte hier niemand.
--- Ende Zitat ---
Reicht hier nicht die Info, dass June Molekularbiologin ist? Der Verweis auf Biologin raubt Wörter, die an anderer Stelle besser eingesetzt werden könnten.
--- Zitat ---Hier ging es um Praxis, nicht um Grundlagenforschung. Auf einer Farm würde sie eine völlige Anfängerin sein – so wie sie es in der Fabrik gewesen war. Und im Straßenbau. Und im Bergwerk.
--- Ende Zitat ---
Und am Satzanfang gefällt mir persönlich gar nicht. Die Infos an sich sind sehr gut positioniert.
--- Zitat ---Trotzdem zog dieser grüne Fleck sie an wie eine Oase Wüstenreisende. Nicht einmal ihr Name passte zu dieser Wüste, in der es keine Jahreszeiten gab. Oder sie war zu unerfahren, um sie zu sehen. Hier war es immer Sommer, das ganze Jahr über, ein endloser heißer Juni, in dem nichts wuchs. Wenn man einmal von den vereinzelten Farmen absah. Woher die wohl ihr Wasser bekamen? Und die Erde? June atmete aus. Wer auch immer dort arbeitete, würde sie nicht einstellen wollen. Sie hatte keine Qualifikation. Keine Ahnung.
--- Ende Zitat ---
Den Abschnitt finde ich gut gelungen. Doch werden die aufgeworfenen Fragen auch beantwortet? Persönlich finde ich solche kleinen Fragen gefährlich. Es kann sein, dass der Leser so den Fokus verliert und unbedingt eine Antwort will.
--- Zitat ---Aber das war jetzt egal. Zurück konnte sie nicht. Selbst wenn das Institut noch existiert hätte, konnte sie sich keinen Flug dorthin leisten. Also musste sie sich hier durchschlagen. June ließ sich vom Felsen gleiten, nahm ihren Rucksack auf und marschierte die Sandpiste entlang.
--- Ende Zitat ---
Hier bekomme ich noch mehr Fragen vorgesetzt, als in der Kürze des Textes beantwortet werden können, finde ich. Wohin zurück? Institut? Was ist passiert? Der Abschnitt könnte komplett weggelassen werden und der Geschichte würde nichts fehlen, außer mehr unbeantwortbare Fragen.
--- Zitat ---Es war heiß. June zog sich den Hut tiefer ins Gesicht. Guten Tag, ich bin June Delana und ich würde gern bei Ihnen arbeiten. Nein. Das klang, als habe sie einen Stock im Arsch. Hi, ich bin’s June, können Sie Hilfe gebrauchen? Auch nicht, zu flapsig. Sie bog um die Kurve und wurde unwillkürlich langsamer. Die Fahrspur endete vor der Farm in einem Wendekreis. Es sah nicht so aus, als würde sie oft genutzt. Wahrscheinlich kam hier ein Mal in der Woche ein Versorgungswagen vorbei und das war’s.
--- Ende Zitat ---
Der Teil ist wieder gut gelungen.
--- Zitat ---Das Haus hinter dem Wendekreis bestand aus zwei Standardmodulen, denen die raue Witterung arg zugesetzt hatte. Der Kunststoff war verblichen, das Firmenlogo darauf kaum noch erkennbar. June bewegte sich im Schneckentempo weiter. Auf der Karte hatte alles so leicht ausgesehen: die Sandpisten, die verstreuten Punkte der Farmen. Aber die erste Farm, die sie angesteuert hatte, war nicht einmal bewohnt gewesen. Ein vollautomatisiertes Gebilde, zum Glück mit einem Geräteschuppen, in dem sie die Nacht hatte verbringen können. Sie war zurückgelaufen und hatte Glück gehabt, dass an der Hauptroute ein Transportwagen sie eingesammelt hatte
--- Ende Zitat ---
.
Auch gut, aber irgendwie fehlt mir die Spannung. Bis jetzt läuft alles zu glatt und es zieht sich.
--- Zitat ---Das hier sah besser aus: Zwei Standardmodule stellte niemand hin, wenn sie nicht als Unterkunft gebraucht wurden. Aber diese Farm war auch viel abgelegener als die letzte. June hatte sich mitten in der Pampa rauswerfen lassen und war zwei Tage lang gelaufen, um hier anzukommen. Wenn die Person, die hier wohnte, June wegschickte, hatte sie schlechte Karten. Eine weitere Nacht in der Wüste würde sie nicht überstehen. So heiß es tagsüber war, so kalt wurde es nachts. Und ihre Vorräte waren alle.
--- Ende Zitat ---
Irgendwie sind hier wichtige Infos drin und Sachen, die spannend werden könnten. Aber ich leide nicht mit. Ich finde die Protagonistin zu gleichgültig und zu passiv.
--- Zitat ---Nein, sie würden sie nicht wegschicken. Das konnten sie nicht. Vielleicht würden sie ihr sagen, dass sie nicht erwünscht sei, aber in den sicheren Tod schickte sie niemand. Sie würde auf den Versorgungswagen warten und einfach wieder zurückfahren. Was dann, daran wagte sie nicht zu denken. Ihre ohnehin geringen Ersparnisse waren so gut wie aufgebraucht.
--- Ende Zitat ---
Warum diese Hintertürchen? Warum June nicht das Leben riskieren lassen, um ihr Ziel zu erreichen? So finde ich es nur halb so spannend.
--- Zitat ---Als sie vor der Tür stand, schlug Junes Herz hart und ihr Mund war trocken. Zögernd klopfte sie an. Niemand reagierte. June starrte die Tür an. „Forschungsstation Sigma 15“ hatte jemand ungelenk darauf gepinselt. Wenn das hier eine Forschungsstation war, war June eine Profiboxerin. Sie ballte die Fäuste, löste sie wieder und klopfte lauter.
--- Ende Zitat ---
Das finde ich sehr gut beschrieben. Spannung pur.
--- Zitat ---Die Tür wurde aufgerissen. „Ja?“
June starrte in das zerfurchte Gesicht einer hageren Frau mit grauer Kurzhaarfrisur. „Ähm“, machte sie.
--- Ende Zitat ---
Wie macht man Ähm? Machen finde ich hier ein schwaches Verb.
--- Zitat ---All ihre zurechtgelegten Sätze waren wie weggeblasen.
„Komm rein.“ Die Frau öffnete die Tür.
Drinnen herrschte ein unbeschreibliches Chaos. Zwischen metallisch schimmernden Apparaten und Schalen mit Pflanzen oder Pflanzenteilen türmten sich stapelweise Bücher. Reste irgendwelcher Substanzen klebten in Reagenzgläsern in glänzenden Gestängen – und in alten Kaffeetassen. Die Frau zapfte Wasser aus einem silbernen Hahn und reichte es June. Die trank gierig. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie durstig sie war.
„Bist spät dran!“, sagte die Frau.
June hielt ihr das Glas hin und sie füllte es erneut.
„Spät?“
Die Frau musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. „Siehst nicht aus wie eine Versorgungsfahrerin.“
June erwiderte den Blick. Als Fahrerin hatte sie sich vergeblich beworben. Kein Wunder, sie hatte keinen Führerschein. „Ich suche Arbeit“, sagte sie.
„Wer hat dich geschickt?“
„Niemand. Ich … suche einfach nur Arbeit.“
Die Hagere lachte trocken. „Arbeit gibt es hier mehr als genug. Satt bekomme ich dich auch. Aber wenn du Geld haben willst, muss ich dich enttäuschen.“
„Das reicht erstmal“, versicherte June.
Die Hagere bedachte sie mit einem prüfenden Blick.
„Fein“, sagte sie dann. „Ich bin Dorna.“
„June.“ Sie ergriff die hingestreckte Hand und schüttelte sie.
„Hast du einen Beruf?“
„Molekularbiologin.“
Dorna lachte so heftig, dass sie sich verschluckte.
„Willkommen Kollegin“, sagte sie dann. „Räum dir das zweite Bett frei. Es ist irgendwo da drunter.“ Sie deutete vage in eine Ecke, in der sich Bücher und Gerätschaften stapelten.
June nickte. Sie hatte sich ihren Einstieg anders vorgestellt, aber es war ja nicht so, dass sie sich angekündigt hatte. Sie würde nehmen, was sie bekommen konnte.
--- Ende Zitat ---
Diese Passage ist gut geschrieben. Man kann sich die Szene sehr schön vorstellen. Aber als Ende ein wenig schwach. Warum wird June nicht noch einmal vor die Tür gesetzt? Warum klappt das so einfach? Auch wenn sich die beiden auf Anhieb verstehen, zu viel Vertrauen auf einmal bewirkt ein sehr seichtes Ende. June hat so viel Mut aufgebracht und wird einfach belohnt. Das ist zwar sehr nett, aber nicht spannend. Soll sie doch noch ein paar Stunden in einem Sturm verbringen, bevor sie reingelassen wird. Soll sie noch einmal verzweifeln und alles in Frage stellen, bevor sie das erreicht, was sie will. Das geht in wenigen guten Sätzen.
Ich denke nicht, dass Kürzungen hier schwierig sind. Meiner Meinung nach kann man den Text noch viel weiter ausbauen und fokussieren. Was mit fehlt, ist echte Spannung. Die Geschichte klingt eher nach Sonntagsspaziergang mit anschließendem Kaffeekränzchen. Soll das so sein? Es wird an vielen Stellen Spannung angedeutet, aber die Protagonistin sofort wieder in Watte gepackt. Wenn die Geschichte eher seicht und emotional sein soll, sollte mehr Gefühl rein und die Spannung mehr raus. So werden bei mir Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden. Wie gesagt, das ist alles nur meine Meinung.
merin:
Hallo Windigo,
vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich musste erstmal ganz schön schlucken, als ich sie las, denn ich finde sie an vielen Stellen recht hart formuliert, teilweise fast entwertend. Aber vielleicht bin ich auch nur gerade besonders dünnhäutig. Eben habe ich sie ein zweites Mal gelesen und gesehen, dass ich doch eine Menge mitnehmen kann. Beispielsweise die Frage des späteren Einstiegs, die Wortdoppelungen. Und ja, Ähm machen ist nicht sehr schön. Aber ähm sagen? Sagt mensch das? :gruebel:
Die Idee der Zuspitzung am Ende gefällt mir, glaube ich, nicht. Es ist keine dramatische Geschichte und soll auch keine werden. Die Dramatik ist vor allem in June und June ist ja auch nicht der Typ Mensch, der laute Gefühle hat. Aber vielleicht könnte ihr Aufruhr doch im Außen gezeigt werden und ein Sturm könnte das widerspiegeln? Mhm - darüber denke ich mal nach.
Vielen Dank auf jeden Fall für die Rückmeldung.
merin
windigo:
Danke. Entwertend will ich nicht sein, aber hart auf jeden Fall. Ich habe auch lange überlegt, ob ich meine Meinung so einstellen kann. Aber alles andere wäre nicht ehrlich gewesen und ich will ja auch hier ehrliche Meinungen bekommen, ohne das jemand Angst hat sich zurückhalten zu müssen.
--- Zitat ---Sagt mensch das?
--- Ende Zitat ---
Ja, das ist viel besser. Eine einfache Änderung mit großer Wirkung.
Wenn es keine dramatische Geschichte sein soll, dann ist die Idee, dass der Aufruhr mehr im Außen gezeigt wird, richtig gut. So musst du June nicht verbiegen und trotzdem wird die Geschichte interessanter.
Danke noch einmal für deine ehrliche Antwort.
merin:
Danke, dass du dich nochmal gemeldet hast. Ich beginne nun mit der Überarbeitung der Geschichte und mache daher hier zu.
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