21 November 2024, 18:37:23

Autor Thema: Wissensvermittlung im Roman  (Gelesen 16625 mal)

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felis

  • Gast
Wissensvermittlung im Roman
« am: 18 December 2013, 18:17:41 »
Salve,  ;)

Ich weiß, der gute alte Bildungsroman ist tot. Trotzdem ist ein Problem, was mich gerade umtreibt, das im Titel zitierte, eben "Wissensvermittlung im Roman".
(Konkret bei "Dunkelwelt" geht es über Theorien zur Entstehung von Leben, aber das soll hier nur am Rande interessieren.)

Und da ja in Science Fiction auch Science steckt, halte ich das grundsätzlich für zulässig, frage mich nur: wie mach ichs am Besten?

Für den Anfang habe ich versucht, gute Beispiele zu finden.

Gelungen fand ich die Einführung in die Nanotechnologie bei Andreas Eschbachs "Herr aller Dinge", Ziemlich missglückt dagegen Schätzings "Limit", was ich als infodumplastig empfungen habe.
Das Dumme ist nur - ich kann den Finger nicht darauf legen, woran es liegt?

Vielleicht könnt ihr mir weiterhelfen mit guten und schlechten Besipielen (es muss nicht zwangsläufig SciFi sein) oder habt selber Ideen für Regeln zur unlangweiligen Wissensvermittlung?
Ratlose Grüße    :dontknow:
felis

Haramis

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #1 am: 18 December 2013, 18:29:28 »
Ich fand es bisher immer ganz gut, wenn Wissensvermittlung in Dialoge eingebunden war.
Der Protagonist reist zum Beispiel in ein Land mit einer völlig anderen Kultur und lässt sich gewisse Dinge von einem Einheimischen erklären. Oder er erlebt bestimmte Sachen, die er dann beschreibt.
Im besten Falle hat es etwas mit der aktuellen Handlung zu tun.

Uli

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #2 am: 18 December 2013, 18:31:54 »
eigentlich einfach:
Niemals 'belehren wollen' - sondern die für den Plot notwendigen Dinge so behandeln, wie beispielsweise ein Setting. Einstreuen, zeigen, jemanden drüber nachdenken lassen.
Es ist zugegeben schwieriger, als 'das Rückgrad der Welt' einzuführen, aber die Techniken sind die gleichen. Und: Ich weiß schließlich, daß du das kannst. Also, keine Angst vor dem Objekt!

Joleen

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #3 am: 18 December 2013, 19:50:02 »
Ich würde sagen, auch bei der Wissensvermittlung geht es um Show, don't tell. Und wenn man eben eine 'Wissensvermittlung' hat, dann eben, Dialoge oder Handlungen. Ich setze meine -sehr kurzen- Wissensvermittlungen immer in Handlungen rein. Finde ich persönlich einfacher. Ausserdem setze ich dem ganzen eine gewisse Gefühlslage und irgendwelche dumme Gedanken meines Protagonisten hinzu, dann geht es zwar nicht mehr wirklich in eine Wissensvermittlung, aber es bleibt im Lesefluss  :dops:

Fox

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #4 am: 18 December 2013, 19:57:40 »
Ich versuche eigentlich, jede Belehrung oder Informierung des Lesers über Technik oder Ähnliches zu vermeiden, außer eben es lässt sich eben nicht vermeiden oder gehört in den Fluss der Geschichte mit hinein. Ich erzähle dem Leser z.B. nicht, dass sich aus Naniten irgendwelches Zeug zusammensetzen lassen kann oder dass die gesamte Stadt totalüberwacht ist, sondern lass einfach meine Charaktere so agieren, wie es für sie normal ist. Ich weiß nicht, ob es bei mir gut klappt, aber wenn ich z.B. Idoru lese, bekomme ich das gesamte Wissen über die Charaktere und ihre Handlungen und Empfindungen mitgeteilt. Gefällt mir auf diese Weise am besten.

felis

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #5 am: 18 December 2013, 20:54:05 »
Ich fand es bisher immer ganz gut, wenn Wissensvermittlung in Dialoge eingebunden war.
Der Protagonist reist zum Beispiel in ein Land mit einer völlig anderen Kultur und lässt sich gewisse Dinge von einem Einheimischen erklären. Oder er erlebt bestimmte Sachen, die er dann beschreibt.
Im besten Falle hat es etwas mit der aktuellen Handlung zu tun.

Gerade die Dialoge stellen aber eine ziemliche Schwierigkeit dar. Bestes Besipiel ist mein eigner Beruf.
Wenn ich z. B.mit einem anderen Fachmann über Ingenieurmethoden des Brandschutzes fachsimpetl versteht jemnad der nicht vom Fach ist absolut Bahnhof.
Und zwar sowohl sprachlich - weil ihm die Fachbegriffe nichts sagen als auch Inhaltlich, weil er gar nichts drüber weiß.
Würee ic heinen für mich glaubwürdigen Dialog schreiben, würde der Lser nix verstehen.
Schreibe ich einen für den Leser verständlichen Dialog, ist er völlig unauthentisch iund jeder ander fachkundige Leser wird ihn auch unauthentisch finden...

Uli

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #6 am: 18 December 2013, 21:05:25 »
richtig, daß ist ein Problem.
Und die Lösung ist einfach: Dialog mit jemandem, der eben nicht vom Fach ist ...

(z.B. in Hogans 'Der Computersatellit', klassischer SiFi mit viel Si: Dem prota wurde eine TV-Journalistin zur Seite gestellt, hochgebildet, aber eben nicht vom Fach. Zusätzlich gab es einige andere Figuren, die einfach aus anderen Fachbereichen stammten (wobei der Plot das sehr unterstützt hat: Da waren Politiker und Militär mit der Sache befasst).

Reine Fachgespräche zwischen Fachleuten innerhalb eines Spezialgebietes sind untauglich. Aber glücklicherweise auch selten ...

Aber wenn in einem vorherigen Dialog mit Laien die Sachlage geklärt wird, gehen die auch.

felis

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #7 am: 18 December 2013, 21:23:21 »
@Uli,
Einfacher Trick, leider in meinem Setting nicht umsetzbar - die 4 Besatzungsmitglieder der Farrider sind alle Experten.... *seufz*

Uli

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #8 am: 18 December 2013, 21:42:35 »
Hmm ...

dann wird es schwierig ...

allerdings: Eine Besatzung von Leuten, die auf allen notwendigen Gebieten gleich firm sind, erscheint unrealistisch - normalerweise werden da die notwendigen Kenntnisse gemischt, und irgendwer ist (zumindest am Anfang) in je einem Thema nicht Vollprofi (wenngleich mit einem gewissen Kenntnisstand ausgerüstet.

Eine Möglichkeit (achtung: Schnellschuß) wäre noch, die Leuten als Sekundärauftrag ein Logbuch für Dummies schreiben zu lassen - sagen wir, weil das Forschungsministerium einen Betrag zur Finanzierung an diese Bedingung geknüpft hat.

Haramis

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #9 am: 18 December 2013, 21:46:53 »
Hm, ich habe natürlich nicht daran gedacht, dass es dir um so spezielle Themen bestimmter Fachgebiete geht. Ich hatte allgemeinere Themen im Fokus.  :dontknow:

Viskey

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Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #10 am: 18 December 2013, 22:43:43 »
Bei Dialogen zwischen lauter Experten geht das auch. Es gibt kaum zwei Experten, die sich völlig einig sind. Da werden dann halt um Peanuts gestritten. - Im Fernsehen finde ich da zB The Big Bang Theory ein gutes Beispiel. Zwischen all dem Geplänkel, das natürlich auch stattfindet, gibt es immer wieder "Fach-Diskussionen", wo sie sich streiten, wer warum mit welcher Theorie recht hat. - Ich versteh nicht wirklich ein Wort von dem, was sie sagen, es könnte also auch Humbug sein. Aber die Methode funktioniert sicher auch mit garantiert richtigen Theorien. - Und gerade, wenn Experten eng aufeinanderhocken und sonst nichts zu tun haben ... Da fachsimpelt man eben. :cheese:
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Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #11 am: 19 December 2013, 02:07:03 »
Ich dachte, ich lass mir etwas Zeit für die Antwort, in der Hoffnung auf Inspiration. Vergebens.
Sehr gute Frage. Keine leichte Antwort. Grundsätzlich denke ich, dass es keine Geheimrezeptur gibt, schlicht weil in dem Punkt auch die Geschmäcker der Leser sehr unterschiedlich sind.

Die einen mögen Dialoge, die anderen Gedankenüberlegungen, wieder andere ganz was anderes. Den einen ist es zu viel, den anderen zu wenig. Die einen haben solch starke Vorurteile, dass alles was über eine kurze Erklärung wenn überhaupt als Infodump ansehen, die anderen mögen etwas mehr Hintergrundwissen.

Hilft dir wenig, was? So viel wie nötig und so wenig wie möglich wohl auch nicht?

Persönlich mag ich die Übermittlung via Interaktion der Charas am Liebsten. Wobei es da dann nicht in eine Belehrung oder künstliche Dumm-/Schlaumachung der Charas abdriften darf. Es muss halt weiterhin charaktertreu bleiben und sollte der Handlung dienen. Wenn es nicht eine Vermittlung an einen Laien/Schüler sein kann, bieten sich Diskussionen und Auseinandersetzungen an. Oder ein Ping-Pong oder Brainstorming.
Beschreibung geht auch, indem Leute aktiv was machen und du erzählst, was sie machen, mit welchem Ergebnis. Wenn das geht.
Irgendwo habe ich mal kurze Artikelausschnitte/Reportabschnitte gesehen, was dort gut funktioniert hat.

Für mich ist es einfach wichtig, dass es dann nicht endlose Szenen sind, wie z.B bei Larsen oder auch einer Cornwell oder Reichs.

Gute Beispiele? Agathe Christie. Hat unheimlich viele Hintergrundinfos in ihre Geschichten verpackt, du merkst es kaum. Aber Jahre später musst du eine Frage beantworten und wenn du dir überlegst, woher du das eigentlich weisst, merkst du, dass es aus einem Christie war.  :devgrin:
Dana Stabenow lehrt uns auch unheimlich viel, meist indem ihre Prota die Dinge selbst macht, ab und zu durch Erinnerungen oder Erklärungen.
Ilona Andrews verpackt auch gut Wissen, ist allerdings Fantasy, da kann ich schwer beurteilen, wie akkurat es ist. Aber Hintergrundwissen ist Hintergrundwissen. Meist aus einer Mischung zwischen Aktion und kurzem Gedanken dazu, einfach gesagt, so wie es sein sollte oder eben nicht. Oder dann auch Dialogen oder kurzen Auszügen irgendwo.

Hmm, ich glaube, Abwechslung ist auch wichtig. Dass es nicht immer auf die gleiche Art daher kommt. Und immer, immer, als Teil der Geschichte.

Tja, aber ob dir das alles nun weiterhilft ...

« Letzte Änderung: 19 December 2013, 02:12:56 von Mooncat »
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Ayira

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #12 am: 19 December 2013, 08:54:37 »
Meine Prota stolpert ja von einem Tag auf den anderen in eine komplett andere Welt - für sie ist alles neu, was sie dort sieht und erfährt. Ich hab mich dafür entschieden, das ganze stresslastig aufzubauen - sie hat nicht viel Zeit, die Welt und alles darinliegende zu ergründen = wodurch der Leser nicht gezwungen wird, sich seitenlang die Geschichte meiner Welt anzuhören. Meine Informationen kommen im Dialog, durch Überlegungen der Prota - und das alles ziemlich zackig. Ihr liegen ziemlich viele Frage auf der Zunge, aber weder passt der Augenblick noch die Motivation ihrer Gesprächspartner  :)

Der Leser wird eingeführt, aber er soll sich am Anfang bewusst etwas verloren vorkommen. Im Endeffekt entdeckt er die Welt wie meine Prota.

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Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #13 am: 19 December 2013, 16:22:57 »
@Uli,
Einfacher Trick, leider in meinem Setting nicht umsetzbar - die 4 Besatzungsmitglieder der Farrider sind alle Experten.... *seufz*

Das muss kein Nachteil sein. Da es sich um Experten handelt, werden sie sich nicht über die Basics austauschen, sondern über das, was sie bewirken. Nehme ich zumindest an. Und wenn du dich dann nicht in Fachjargon ergehst, sondern sachlich richtig beschreibst / zeigst, was passiert, dann dürfte das sowohl interessant als auch wissensvermittelnd sein. Eben nicht belehrend. Wer sich für das Thema interessiert, sollte über die Beschreibung auch den fachlichen Hintergrund finden können, als Sahnehäubchen sozusagen.
DSvU-4(5) "Wurzeln und Flügel (AT)": Plotten, Schreiben (demnächst;))

Uli

  • Gast
Re: Wissensvermittlung im Roman
« Antwort #14 am: 19 December 2013, 16:54:48 »
Ok, ich noch mal:
Das Problem ist, daß du offenbar sehr personal und 'zeigend' schreiben willst - mit einem Off-Erzähler wäre es einfach(er). Ich denke, in der Situation musst du an mehreren Stellschrauben drehen: Sowohl beim Thema 'Authentisch', als auch bei der Perspektive.

Ich meine, ein realistischer Dialog in einem Flugzeugcockpit, der sagt einem Nicht-Piloten genau gar nichts - Zahlen, Abkürzungen und Codeworte, die zwar eine echt spannende Situation beschreiben, aber eben nur für 'KennerInnen'.
Ein Erzähler aber 'darf' sagen, daß hier grad haarscharf am Absturz gehandelt wird.

Aus dem Gedächtnis eine Mini-Szene von Pratchet:
eine Hexe berichtet einer anderen:
'Und sie tanzen. Am Kreis. Bei Vollmond'
Oma zog ein Gesicht wie ein Kernphysiker, der erfährt, daß jemand zwei subkritische Uranmassen aneinanderschlägt um sich ein wenig zu wärmen.

Die Technik ist klar: Im Dialog genau das, was die Fachleute eben aussprechen, in der vom Erzähler gezeigten und gewerteten Reaktion die Bedeutung ...
Natürlich wird kein Dialogpartner die sorgenvolle Reaktion groß wahrnehmen, weil klar ist, daß man sich große Sorgen machen muß, wenn ... das Gorm berumfschackt ... - also muß eine andere Instanz die Reaktion registrieren, und das ist eben die Erzählstimme - jemand anders ist ja nicht an Bord.