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Der grüne Drache - zweite Version

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Paul:
Lieber Max, liebe Merin

Danke für eure Rückmeldung wegen meiner technischen Probleme. Ich glaube nicht, dass es an der Serverumstellung liegt, eher daran, dass ich manchmal die falsche Brille aufhabe und dann evtl. auf den Knopf Zitate komme oder ähnliches. Aber ich habe mir die Seite auf meinem Browser mittlerweile vergrößert und achte in Zukunft auf die richtige Brille, so dass ich hoffe, das Problem in den Griff zu bekommen.

Was deine Geschichte angeht, lieber Max: Lass dir Zeit. Sie hat einige Baustellen. Nimm dir die Zeit an ihnen zu arbeiten und ein Gefühl dafür zu entwickeln, was sich für dich richtig und falsch anfühlt. Dieses Gefühl täuscht zwar manchmal, aber - das ist meine Erfahrung - es entwickelt sich dabei auch. Sybille Berg hat in einem Interview einmal gesagt, sie hätte zehn Jahre gebraucht, um so schreiben zu können, dass sie sich mit ihrer Sprache so ausdrücken konnte, dass es sich für sie richtig angefühlt hätte. In diesen zehn Jahren hätte ihr vor allem eines geholfen: das Schreiben. Schreiben ist letztlich ganz viel Übung. Erst während des Schreibens entwickelt sich ein Gefühl dafür, was eine Szene letztlich lebendig werden lässt, was einen guten Protagonisten ausmacht, was ... - und der andere Teil ist Handwerk. Das kann man lernen. Aber auch das braucht Zeit. Also: Sieh dir deine Geschichte an. Versuche eine Eingangsszene zu entwerfen, die lebt und atmet. Versuche die Info-Blocks aufzulösen und vor allem, sieh dir die Welt durch die Augen deines Protagonisten an: lass ihn für dich sehen, ihn für dich denken und versuche das möglichst direkt in Sprache umzusetzen.

Liebe Grüße

Paul

merin:
Lieber Max,

ich finde deine Geschichte wesentlich verbessert. Der rote Faden ist klarer und auch die beiden Handelnden sind etwas lebendiger geworden. Trotzdem denke ich, dass du an Stil und Perspektive weiter arbeiten solltest. Beispielsweise würde ich gern verstehen, warum Klaus erstmal lügt. Wenn er so überzeugt davon ist, die Echsen zu töten, warum sollte er es dann verschweigen? Und dann finde ich immer noch unklar, wo du perspektivisch bist. Allwissend? Bei Klaus? Erstmal beginnst du eher allwissend, siehst Klaus von außen. Dann wird es aber unklar, ohne dass nachvollziehbar ist, warum die Perspektive wechselst.

Zum Stil nehme ich mal nur ein Beispiel:


--- Zitat ---Die Spanierin mit den smaragdgrünen Augen erwiderte seinen Blick und blieb stehen. Ihr Körper wirkte angespannt, ihre rechte Faust war geballt. Was war mit ihr los? Was für ein merkwürdiges Ding sie auch noch da auf dem Kopf hatte. Fast wie eine große Haarspange, die ihr Haar nach hinten machte. Für ihn sah das nicht aus wie der tragbare Sprachcomputer, der es sein sollte.
„Hey, Prinzessin. Ich schufte mir einen ab! Pack mal mit an!“
--- Ende Zitat ---

Hier schwankst du sehr hin und her zwischen einem literarischen hochsprachlichen Stil und Alltagssprache. Alltagssprachlich ist:


--- Zitat ---Was für ein merkwürdiges Ding sie auch noch da auf dem Kopf hatte. Fast wie eine große Haarspange, die ihr Haar nach hinten machte.
--- Ende Zitat ---

Dass in der wörtlichen Rede Alltagssprache vorkommt, finde ich passend. Aber hier finde ich es unpassend. Ich würde eher sowas draus machen:


--- Zitat ---Die Spanierin mit den smaragdgrünen Augen erwiderte seinen Blick und blieb stehen. Ihr Körper wirkte angespannt, ihre rechte Faust war geballt. Was war mit ihr los? Was für ein merkwürdiges Ding sie auch noch da auf dem Kopf trughatte. Fast wie eine große Haarspange, die ihr Haar nach hinten drücktemachte. Für ihn sah das nicht aus wie ein der tragbarer Sprachcomputer, der es sein sollte.
„Hey, Prinzessin. Ich schufte mir einen ab! Pack mal mit an!“
--- Ende Zitat ---

Insgesamt ist es leider so, dass der Stil zum Ende des Textes hin schlechter wird. So sehr, dass ich es mühsam fand, sie bis zum Ende zu lesen. Beispielhaft zitiere ich mal nur das Ende:


--- Zitat ---Der Schock war am nächsten Tag verklungen, aber Klaus blieb skeptisch. Hatten seine Sinne ihm wirklich einen Streich gespielt? Wenigstens zeigte das Artemisia rasch Wirkung und er vergegenwärtigte sich, dass er erst die Pflanze zerstörte, die ihm später heilte. Beim Jäten ließ er sich von ihr weitere Kräuter auf dem Salatfeld zeigen, welche sein anfängliches Auge übersehen hatten, bis zu seinem letzten Tag auf Teneriffa, wo er zum Flughafen lief. Er hörte ein Zischen im Gebüsch. Esmeralda verschlang einen ganzen Hasen am Stück und winkte.
Klaus war jetzt klar, jederzeit könnte ein grüner Drache auftauchen.
--- Ende Zitat ---

- Da ist ein Zeitformenfehler und ein Grammatikfehler in einem Satz: "er vergegenwärtigte sich, dass er erst die Pflanze zerstörte, die ihm später heilte". Es müsste heißen: "er vergegenwärtigte sich, dass er erst die Pflanze zerstört hatte, die ihn später heilte" aber das wäre total holprig und unelegant. Besser wäre sowas wie: "Hatte er wirklich die Pflanze zerstört, die er so dringend zur Heilung brauchte?" Oder "Es war dumm gewesen, die Pflanze zu zerstören, die er zur Heilung brauchte."
- Der nächste Satz greift ganz viele Dinge auf, die nicht zusammengehören: "Beim Jäten ließ er sich von ihr weitere Kräuter auf dem Salatfeld zeigen, welche sein anfängliches Auge übersehen hatten, bis zu seinem letzten Tag auf Teneriffa, wo er zum Flughafen lief." Dann ist da ein Bezugsfehler (das Auge hatten statt hatte) und dann frage ich mich: Was ist ein anfängliches Auge?
- Und dann zischt es. Was zischt da? Der Hase? Sie beim Essen? Ihre Zunge?
- Und die Farm ist wirklich fußläufig zum Flughafen?

Ein Vorschlag nur als Illustration:
Der Schock war am nächsten Tag verklungen, aber Klaus blieb skeptisch. Hatten seine Sinne ihm wirklich einen Streich gespielt? Wenigstens zeigte das Artemisia rasch Wirkung. Wie gut, dass er nicht alles ausgerissen hatte! In den nächsten Tagen ließ er sich von ihr weitere Kräuter auf dem Salatfeld zeigen. Wie viel es dort zu entdecken gab, wenn man erst einmal lernte, hinzusehen! Als Klaus an seinem letzten Tag zum Flughafen lief, war er sich sicher: der grüne Drache konnte jederzeit auftauchen.

Sorry, dass ich grad keine Muße für eine längere Röstung habe. Ich hoffe, meine Hinweise helfen dir trotzdem.

Liebe Grüße
merin

Paradieseule:
Hallo Max,

auch ich finde, dass sich die Geschichte enorm verbessert. Jetzt ist es eine Geschichte. In der ersten Fassung erschien es mir eher, als ein Abhandlung von "Weisheiten."

Es ist schön, zu sehen, wie du dich zum Geschichtenerzähler entwickelst.

Verzeih, wenn ich nur punktuell eine Röstung absetze:


--- Zitat ---Ihre Augen jedoch sahen über ihn hinweg. Er fiel vor Schreck von der Couch, als aus dem Maul des Ungeheuers ein langes Etwas, einer Zunge ähnlich, herausschoss. Das Etwas verformte sich über ihm zu einem Kringel, an welchem die lästigen Insekten kleben blieben. Dann schnalzte es in das Maul  zurück und schluckte die Mücken hinunter.

--- Ende Zitat ---
Wieso ein "Etwas"? Darf es gleich die Zunge sein? Nenn das Kind beim Namen.
etwas, in der Art, usw.... mildern ab. Lass die Zunge herauspeitschen (schnalzen). Den Satz mit der Couch, kannst du auch gerne drehen. Zuerst die Zunge (der Schreck), danach das von der Couchfallen.
Das Wort "Kringel" finde ich nicht passend, denn Kringel sind niedlich. Vielleicht fällt dir was anderes ein, was "Bedrohlicheres", was (aus- und ein)rollt ...
Mach die lästigen Insekten zu Insekten, denn dass sie lästig sind, wissen wir.
Wenn du der Szene noch einen Abschluss verpassen möchtest: Zeig, dass die Insekten geschmeckt haben. Rülpsen, Speichel lecken. Aber dass ist vielleicht Geschmackssache.

LG Paradieseule

The_Reptilian:
Hallo, liebe Leute.

@merin Oh, mir ist aufgeffallen, dass du das mit der personalen Perspektive in anderen Worten schon im ersten Thread zum grünen Drachen erwähnt hattest.
 :rotwerd:
Sorry dafür.
Ich hoffe, ich kriege es in Zukunft besser hin, eure Antworten in Zukunft aufmerksamer zu lesen und zu verstehen.

Ja, die Perspektive. Ich habe anderswo gelesen, dass es vielen anderen Autoren auch nicht leicht fällt. Ich hatte mich hierfür, meiner neuen Mini-Sequenz, am Lexikoletti-Link abgearbeitet.

@Paul Um Sparsamkeit bei Adjektiven hatte ich mich auch bemüht. Mehr Show don´t tell - Einlagen.

@Eule Den Abschnitt werde ich überarbeiten, ich werde in nächster Zeit wieder eine neue Komplettüberarbeitung rein stellen. Danke auch für deine Hinweise.



Im folgender Mini-Sequenz versuchte ich, den Anfang möglichst in personaler Perspektive zu schreiben (die Gedankenstimme). Auf die personale Ich-Perspektive hatte ich hier bewusst verzichtet, damit man von Klaus seiner Arroganz gegenüber Esmeralda am Anfang nicht zu angewidert ist und sich trotzdem noch mit ihm identifizieren kann. Auch die Perspektivwechsel mit Gefühl hin zu bekommen war nicht leicht, weil es sehr subjektiv war. Esmeralda ist wesentlich plastischer geworden. Ich versuchte, mittels vorlesen einfach ein gutes Gefühl zu bekommen und rausgekommen war das:


„Mistvieh!“, schrie Klaus, während er mit der flachen Hand nach einer Mücke schlug. Hatte das Insekt seine Jeans durchstochen? Er fühlte mit der Hand die Schwellungen weiterer Mückenstiche an seinen Beinen. So etwas gab es nicht, wenn er sonst als Informatiker in Büros arbeitete. Seit Beginn der ersten Woche des Teneriffa-Urlaubs waren die Stiche schon zu spüren. Sollte Klaus bleiben, oder gab es noch Hoffnung, während seiner Feldarbeit ein starkes, körpereigenes Abwehrsystem aus zu bilden?

"Gib´s auf!", rief Esmeralda. Ihre Stimme kam aus einem Sprachcomputer, den sie wie eine Haarspange auf ihrem Kopf trug. Obwohl ihre Stimme blechern klang, meinte Klaus einen Unterton von Spott darin zu hören. Was mischte sich seine neue Kollegin auch immer ein? Sonst hatte sie nichts getan, lief auf dem Salatfeld auf und ab und spielte mit ihren Fingern an ihren Locken.
Er schnarrte: „Hey, Prinzessin, ich würde es schön finden, wenn du mir helfen würdest. Auf dieser Finca, die übrigens Harmoniehof heißt, arbeiten wir alle miteinander.“
Ihre smaragdgrünen Augen hatten seinen Blick erwidert. Das Gesicht der Südländerin aber zeigte keine Regung, obwohl sich mehrere Mücken drauf gesetzt hatten. Ihre rechte Hand machte eine Faust. Was war mit ihr los?
Sie fragte: „Du bist Klaus, richtig?“
Er nickte.

Paul:
Lieber Max

Ich empfinde deinen neuen Abschnitt als einen Quantensprung in deinem Erzählen. Sicher, noch immer stimmt das eine oder andere Wort nicht, noch immer könnte man hier oder dort ... aber das ist immer so. Alles wirkt auf einmal viel lebendiger, natürlicher. Die Figuren bekommen ein eigenes Leben. Toll!

Paul

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