Hallo Paul,
danke, dass du meiner Geschichte so viel Aufmerksamkeit widmetest. Seit ich die Geschichte hier das erste Mal veröffentlichte, ist viel Zeit über den Jordan gegangen und ich habe auf Basis der Verbesserungen hier und Suchmaschinen meinen Schreibstil verbessert.
Danke noch mal allen dafür.
Bevor man meine Geschichte weiter unten liest, hier einige Anmerkungen:
Ich hoffe, dass man jetzt alles besser aus Klaus seiner Perspektive sieht und mit ihm leiden kann, wie er von Esmeralda geröstet wird
und ihm nach und nach langsam bewusst wird, dass sie ein
ist.
Ich habe das mit dem Artemisia am Anfang der Geschichte drin gelassen, weil Esmeralda es explizit erwähnen muss, um zu zeigen, dass sie Biologin ist, damit sie im Disput mit Klaus gewinnt.
Zu PPS: Ich kenne es aus einem anderen Forum so, dass man eigene Beiträge, auf die schon jemand geantwortet hatte, nicht nachträglich ändern kann. Sorry, war eine Marotte von mir. Jetzt steht dick ein Warnhinweis am Anfang. Der grüne Drache „Mistvieh!“
Während der hoch gewachsene Klaus das Salatfeld des „Harmoniehofs“ jätete, war er unzähligen Mücken ausgesetzt, die sogar seine Jeans durchstachen. Ein landwirtschaftliches Sabbatical auf Teneriffa als willkommene Abwechslung zur Informatik! Was für eine blöde Idee! In der schwül-warmen Hitze wedelte er hilflos mit seinem Strohhut.
Er sah zum Gebirge im Zentrum der Insel, wo im Abendrot der schneebedeckte Gipfel des Teide die Tannenwälder überragte. Dort war es sicher schön kühl! Sein Blick streifte dabei seine neue Kollegin, die stumme Esmeralda.
Die Südländerin in ihrem weißen Kaftan spazierte mit verschränkten Armen auf dem Salatfeld herum und drehte hin und wieder mit ihren schlanken Fingern an ihren Locken. Verstand sie nicht, dass sie ihm beim Jäten helfen sollte und wünschte sie sich nicht auch, wie alle auf dieser Finca, in einem friedlichen Miteinander zu leben? Begeistert war Klaus nicht. Zudem hatte sie ein merkwürdiges Gesicht, völlig glatt und emotionslos.
Die Spanierin mit den smaragdgrünen Augen erwiderte seinen Blick und blieb stehen. Ihr Körper wirkte angespannt, ihre rechte Faust war geballt. Was war mit ihr los? Was für ein merkwürdiges Ding sie auch noch da auf dem Kopf hatte. Fast wie eine große Haarspange, die ihr Haar nach hinten machte. Für ihn sah das nicht aus wie der tragbare Sprachcomputer, der es sein sollte.
„Hey, Prinzessin. Ich schufte mir einen ab! Pack mal mit an!“
Sie antwortete, ohne den Mund zu öffnen. Aus einem Lautsprecher ertönte blechern: „Du bist Klaus, richtig?“
Klaus nickte.
„Du bist fleißig, aber ohne Hirn!“
„Ohne Hirn?“
„Du hast das ganze Artemisia ausgerissen.“ Ihre Hand zeigte auf das frische Kraut am Boden.
„Für mich ist das Unkraut.“
„Klaus. Wir machen Permakultur. Wenn wir etwas jäten, nehmen wir nur weg, was zu viel ist.“
„Prinzesschen, ich bin seit zwei Wochen hier. Ich weiß mittlerweile, was ich ausreißen darf!“
„Ich als Biologin sage dir, dass Artemisia ein Heilkraut ist.“
„Und das sagst du mir erst jetzt, wo ich schon das halbe Feld ausgerissen habe?“
„Ich war mit Anderem beschäftigt!“ Esmeraldas blecherne Stimme klang wehmütig.
Sie beugte sich kurz, um den Kadaver einer Kanarienechse hoch zu heben. „Ich habe recherchiert, wer für die vielen Leichen auf den Feldern verantwortlich ist.“
„Also, ich war das nicht!“
Esmeralda schlug mit ihrer Faust Klaus ins Gesicht, welcher taumelnd umfiel. Er war auf einen solch kräftigen Schlag von dieser kleinen Frau nicht vorbereitet.
„Verrückt geworden?“, schrie er, und er wischte sich das Blut von der Nase.
Ihre Haarspange blecherte: „Wie lange ermordest du schon diese Echsen, du Affe?“
„Wieso denkst du, dass ich es war?“
„Es gibt nur deine und meine Fußabdrücke in der Erde, auch, wo du noch nicht gejätet hast. Das Verfallsstadium der Leichen sagt mir, dass du diese Wesen seit Wochen ermordest!“
„Esmeralda. Diese Viecher fressen die Jungpflanzen.“
„Mit deinen Morden bringst du das Gleichgewicht der Natur durcheinander, was auch dir schaden wird. Hüte dich vor dem grünen Drachen.“
„Was meinst du damit?“
Sie hatte sich bereits auf den Weg gemacht und Klaus verwarf sein Vorhaben, diese aggressive Frau weiter auszufragen. Er blickte aufs Gemeinschaftshaus. Es gab ja noch andere Leute hier. Esmeraldas´ Wutausbruch verschwieg Klaus besser. Es wäre ihm peinlich, wenn rauskäme, dass eine Frau ihn nieder gestreckt hatte. Über den grünen Drachen aber wollte er mehr wissen.
Jenny Wu aus Hong Kong mit ihrem kulturellen Hintergrund wusste Bescheid. „In der chinesischen Mythologie beschützt der grüne Drache die Natur vor Verwüstung.“
„Hat das was mit Permakultur zu tun?“
„Naturschutz ist ganzheitlich, so wie Permakultur.“
Der Übergang vom mythologischen Drachen zur Permakultur machte Klaus nachdenklich, weil Permakultur funktionierte, der Hof war profitabel.
Doch wie beschützte der Drache die Natur? Gähnend fragte er sich, ob der Drache etwas mit den Echsen zu tun hatte. Er legte sich schlafen.
Am nächsten Tag regnete es in Strömen. Die Mücken waren überall. Auch im Gemeinschaftshaus, wo das Frühstück serviert wurde. Klaus hielt sich seinen Bauch. Ihm war übel. Ein zischender Atem bließ ihm in den Nacken. Sein Arm zuckte schützend auf, weil Esmeralda direkt neben ihm saß. Noch nie hatte er einen Menschen so atmen hören.
„Morgen, Klaus. Du siehst blass aus. Soll ich dir sagen, woher das kommt?“
Die Spanierin las seine ratlose Mimik und deutete aus dem Fenster auf ein Wasserreservoir: „Deine Übelkeit kommt von den Moskitos dort.“
„Von einem Mückenstich?“
„Ein paar Wochen nach dem Stich bricht eine Krankheit aus.“
„Hab … Habe ich jetzt Malaria, oder so?“, stotterte Klaus schockiert.
„Gut möglich“
Jenny zog die Augenbrauen hoch. „Ist das ansteckend?“
„Nein. Aber die Echsen, welche diese Mücken fressen, hat Klaus innerhalb von zwei Wochen getötet!“
Klaus meinte fast so etwas wie Genugtuung in Esmeraldas zischelnder Stimme zu hören.
„Ach, deswegen leben die ganzen Jungpflanzen noch“, ließ Denis, der Hofälteste, vernehmen. „Gut, zäunen wir das Beet endlich ...“
Ohne Denis ausreden zu lassen, sprang Klaus auf und fing an, Jagd nach Mücken zu machen. Er wollte nicht dafür verantwortlich sein, wenn alle an Malaria erkranken, weshalb er so schnell wie möglich handelte, während er gegen Schmerzen in seinem Magen ankämpfte. Überall sah man ihn in den folgenden Stunden mit einer Fliegenklatsche auf Gegenstände eindreschen.
Als alle Anderen ins Gemeinschaftshaus zum Mittagsessen gingen, kapitulierte Klaus im Gewächshaus vor der Mücken-Übermacht. Er sackte auf der Couch zusammen. Er wollte nur ein Bisschen Ruhe.
Daraus wurde nichts. Esmeralda blickte auf ihn herab und setzte sich. Ihr Schritt, war derart lautlos, ein Killer hätte sich nicht besser nähern können. War sie wirklich nur Biologin?
Klaus hielt es daher für eine gute Idee, sich mit dieser unheimlichen Person gut zu stellen. Er meinte zerknirscht: „Ich glaube, es war keine gute Idee, die Echsen zu töten.“
Esmeralda hob ihren Daumen. „Du scheinst es verstanden zu haben und bist auf dem richtigen Weg“, begann sie mit sanfter Stimme: „Deshalb wird der grüne Drache die Mücken restlos beseitigen.“
„Was hat es damit auf sich?“
Sie senkte den Kopf, nahm einen tiefen Luftzug und blickte anschließend Richtung Tür, die mit einem lauten Knall ins Schloss fiel, so dass Klaus zusammenschrak.
„Kommt jetzt der grüne Drache?“
„Er ist bereits hier!“
Klaus sah sie ungläubig an.
„Du hast die Ehre, eine stolze Bewohnerin des unterirdischen Reiches `Lacanda` sehen zu dürfen.“
Während sie sprach, zog sich ihre Gesichtshaut mitsamt den Haaren in die „Haarspange“ zurück. Als sich ihr weites, mit scharfen Backenzähnen besetztes Maul öffnete, flackerten in Klaus Fragmente von Gemälden seiner Oma auf, wo Menschen vom Satan in Krokodilform zerfleischt wurden.
„Ich will nicht in die Hölle!“ schrie er in Todesangst.
Ihre Augen jedoch sahen über ihn hinweg. Er fiel vor Schreck von der Couch, als aus dem Maul des Ungeheuers ein langes Etwas, einer Zunge ähnlich, herausschoss. Das Etwas verformte sich über ihm zu einem Kringel, an welchem die lästigen Insekten kleben blieben. Dann schnalzte es in das Maul zurück und schluckte die Mücken hinunter.
Panisch robbte Klaus zum Ausgang. Er schaute auf Esmeralda zurück, welche ihre Menschenform wieder annahm und ihre rechte Hand nach ihm aussteckte. Mit einem Ruck stand er auf und kollidierte mit der reinkommenden Jenny. „Klaus, was ist los?“
„E … Esmeralda ist der Satan, der sich unter einer Menschenhaut versteckt!“
„Unsere temperamentvolle Esmeralda fährt öfters mal aus der Haut“, kicherte Jenny.
„Sie ist wirklich ...“
Weil Esmeralda an die beiden herantrat, packte Klaus Jenny und rannte mit ihr in die nahe Höhle. Nachdem er das schwere Eisentor zuschlug, sprach Esmeralda mit ruhiger Stimme. „Klaus, du hast Malaria, was bekannt ist für fiebrige, halluzinative Delirium-Momente.“
Jenny hielt ihrem Retter eine Thermokanne hin. „Nach dem Frühstück hatten wir uns beraten, was wir am besten machen können. Wir fanden im Artemisia-Tee ein Vorsorgemittel gegen Malaria. Ich denke, du hast es gerade am Nötigsten.“
„Jenny, merkst du, was hier gerade los ist?“, fragte Klaus entsetzt. „Da draußen ist der Satan!“
„Esmeralda, hier ist Jenny“, sprach sie durch die Tür: „Nimms mir nicht übel, aber damit er runter kommt, solltest du gehen!“
„In Ordnung“, ließ die Spanierin verlauten und ihr zischender Atem verklang in der Ferne.
Der Schock war am nächsten Tag verklungen, aber Klaus blieb skeptisch. Hatten seine Sinne ihm wirklich einen Streich gespielt? Wenigstens zeigte das Artemisia rasch Wirkung und er vergegenwärtigte sich, dass er erst die Pflanze zerstörte, die ihm später heilte. Beim Jäten ließ er sich von ihr weitere Kräuter auf dem Salatfeld zeigen, welche sein anfängliches Auge übersehen hatten, bis zu seinem letzten Tag auf Teneriffa, wo er zum Flughafen lief. Er hörte ein Zischen im Gebüsch. Esmeralda verschlang einen ganzen Hasen am Stück und winkte.
Klaus war jetzt klar, jederzeit könnte ein grüner Drache auftauchen.
Liebe Grüße, Max