22 November 2024, 13:37:14

Autor Thema: Pechmarie  (Gelesen 7185 mal)

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Salamander

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Pechmarie
« am: 28 February 2020, 13:05:12 »
Hallo miteinander,

ich möchte gerne wissen, wie dieser Anfang einer Geschichte wirkt. Würde man weiterlesen oder ist das uninteressant?
Gibt es Dinge die unlogisch oder stilistisch unsauber sind?
Rechtschreibfehler habe ich noch nicht kontrolliert.
Schon mal Dank im Voraus! :)
Salamander

Pechmarie

Bei dieser Art von Familientreffen, zu dem mich Mark mitgenommen hatte, gelangt man immer irgendwann an den Punkt, da Fotoalben angesehen werden.
Ich nahm  es als Gunstbeweis von Omabella,  dass sie mir, der Verlobten ihres Lieblingsenkels, die Familienfotos zeigte. Vielleicht wollte sie mich damit an die Familie binden. Vielleicht mochte sie mich einfach oder spürte mein Interesse an Familiengeschichten.
So saßen wir zusammen auf der Couch, die Köpfe zusammengesteckt, einen blonden und einen weißhaarigen, über dem dicken Familienalbum.
   Besonders  interessierte es mich, die  Personen auf den Fotos mit den Anwesenden im Zimmer zu identifizieren. Es faszinierte mich, Verbindungen zwischen den Fotos und den Anwesenden im Raum zu finden, oder es wenigstens zu versuchen.
Ein Schwarz-Weiß-Foto stach mir ins Auge, zwei altmodisch gekleidete, etwa achtjährige Mädchen, möglicherweise Zwillinge,mit den damals üblichen Trägerschürzen, das eine leicht im Vordergrund.  Sein Gesicht beeindruckte mich, ernst und wissend, frühreif und selbstbewusst wirkend, mit einem intensiven Blick.
Das zweite Mädchen stand daneben und doch etwas im Hintergrund, so dass sein Gesicht halb verborgen vom Schatten der anderen war.
 „Wer sind diese?“.
 „Maya und Marie, meine jüngeren Schwestern.“ Omabellas Miene verdüsterte sich bei diesen Worten.
Suchend schaute ich mich im Raum um, ob sie möglicherweise anwesend waren und ob ich sie erkennen würde. Diese große Frau an der Kuchentheke, das konnte die eine der beiden sein, trotz bestimmt 50 Jahren Altersunterschieds zum Foto, die hohen Wangenknochen, die markante Nase, die hohe Stirn und ebenso der selbstbewusste, sehr ernste Gesichtsausdruck wie auf dem Bild. Konnte ein Mensch von der Kindheit bis ins Alter den gleichen Gesichtsausdruck wahren? 
„Stimmt“, bestätigte Omabella meine Vermutung der Identität der Frau und begann zu erzählen:
„Eine schreckliche Geschichte damals. Jahrelang waren sie wie siamesische Zwillinge, die beiden, unzertrennlich; und doch verschieden wie Tag und Nacht. Maya war immer die Führende, Strahlende, Maßgebende, beliebt bei allen. Maya entschied, was gespielt wurde, wer mitspielen durfte und wer nicht. Marie folgte ihr, war das Anhängsel. Dazu kam noch eine körperliche Behinderung Maries  infolge einer Kinderlähmung. Sie hinkte. ‚Pechmarie’ verhöhnten andere Kinder sie oft.“
„Oja das muss furchtbar für die kleine Marie gewesen sein“, antwortete ich voller Mitgefühl.
„Nein, ich meinte ein anderes Schreckensereignis “, entgegnete Omabella.
„Eines Tages passierte eine Tragödie.



merin

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Re: Pechmarie
« Antwort #1 am: 28 February 2020, 17:46:24 »
Liebe Salamander,

ich bin gut in den Text hineingekommen. Die Erzählstimme finde ich angenehm und das Bild der beiden, wie sie da über dem Album sitzen, hat mich berührt. Ich würde auch weiterlesen. Tatsächlich finde ich aber einiges stilistisch unsauber, besonders nach dem Anfang.

Zitat
Besonders  interessierte es mich, die  Personen auf den Fotos mit den Anwesenden im Zimmer zu identifizieren. Es faszinierte mich, Verbindungen zwischen den Fotos und den Anwesenden im Raum zu finden, oder es wenigstens zu versuchen.

Hier schreibst du zwei mal das Gleiche, einmal etwas unbeholfen ausgedrückt ("mit jemandem zu identifizieren" finde ich komisch), einmal etwas besser. Meines Erachtens kannst du das durch Kürzen klarer machen:

 
Zitat
Es faszinierte mich, Verbindungen zwischen den Fotos und den Anwesenden im Raum zu suchen.

Den folgenden Absatz würde ich streichen. Dann kommt also:

Zitat
Ein Schwarz-Weiß-Foto stach mir ins Auge, zwei altmodisch gekleidete, etwa achtjährige Mädchen, möglicherweise Zwillinge,mit den damals üblichen Trägerschürzen, das eine leicht im Vordergrund.  Sein Gesicht beeindruckte mich, ernst und wissend, frühreif und selbstbewusst wirkend, mit einem intensiven Blick.

Ich stolpere über "sein". Grammatikalisch ist das korrekt, aber ich würde doch "ihr" wählen, weil zumindest ich nach einem Mann gesucht habe, der ja nicht da ist. Die Beschreibung des Fotos spricht mich an, ich habe sofort das Gefühl, dass hier nun die Geschichte weitergeht, es ein Geheimnis um diese Mädels gibt. Darauf folgt ein Absatz, den würde ich auch streichen.

Und dann die Frage:

 
Zitat
„Wer sind diese?“.

Zwei Satzzeichen geht nicht. Und die Frage wirkt hölzern. "Wer ist das?" wäre viel natürlicher.

Zitat
„Maya und Marie, meine jüngeren Schwestern.“ Omabellas Miene verdüsterte sich bei diesen Worten.

Ich würde das umdrehen "Meine beiden jüngeren Schwestern, Maya und Marie." Und dann würde ich sie seufzen lassen oder sowas. "Ihre Miene verdüsterte sich" ist mir irgendwie zu ... theatralisch. Das ist letztlich Geschmack. Wenn du es drinlassen willst, streich das "bei diesen Worten". Es ist doch klar.

Zitat
Suchend schaute ich mich im Raum um, ob sie möglicherweise anwesend waren und ob ich sie erkennen würde. Diese große Frau an der Kuchentheke, das konnte die eine der beiden sein, trotz bestimmt 50 Jahren Altersunterschieds zum Foto: die hohen Wangenknochen, die markante Nase, die hohe Stirn und ebenso der selbstbewusste, sehr ernste Gesichtsausdruck. Wie auf dem Bild. Konnte ein Mensch von der Kindheit bis ins Alter den gleichen Gesichtsausdruck wahren?
„Stimmt“, bestätigte Omabella meine Vermutung. der Identität der Frau und begann zu erzählen:

Ich würde das straffen. Für meinen Geschmack enthält der Absatz unnötige Redundanzen. Ich hab mal drin rumgestrichen und zwei Satzzeichen geändert. Und ich würde einfach hinter diesem Eingangssatz weiterschreiben, ohne Erklärung:

Zitat
„Stimmt“, bestätigte Omabella meine Vermutung und tippe auf die vordere Figur auf dem Foto. „Eine schreckliche Geschichte damals. Jahrelang waren sie wie siamesische Zwillinge, die beiden, unzertrennlich; und doch verschieden wie Tag und Nacht. Maya war immer die Führende, Strahlende, Maßgebende, beliebt bei allen. Maya entschied, was gespielt wurde, wer mitspielen durfte und wer nicht. Marie folgte ihr, war das Anhängsel. Dazu kam noch eine körperliche Behinderung Maries  infolge einer Kinderlähmung. Sie hinkte. ‚Pechmarie’ verhöhnten andere Kinder sie oft.“
Oja das muss furchtbar für die kleine Marie gewesen sein“, antwortete ich voller Mitgefühl.
Nein, ich meinte ein anderes Schreckensereignis “, entgegnete Omabella.
Eines Tages passierte eine Tragödie.

Für meinen Geschmack erklärst du zu viel, was schon implizit enthalten ist. Wenn jemand sagt, dass etwas furchtbar für jemanden war, dann ist das mitfühlend. Die Erklärung, dass es das ist, brauche ich nicht. Ansonsten gibt es ja ab dem Punkt, wo du das Foto ins Zentrum rückst, ein Foreshadowing. Das spitzt du dann zu. Für mich ist der letzte Satz zu viel des Guten. Lass mich als Leserin entscheiden ob das, was mir gleich berichtet ist, tragisch ist oder nicht. Und gib Omabella ein bissel emotionale Reaktion oder Handlung. Deshalb habe ich sie auf das Foto tippen lassen. Du könntest als retardierendes Element sogar kurz ihren Finger beschrieben, sie als Person sichtbarer machen. Der Finger wandert an der einen Stelle zu dem einen, dann zu dem anderen Mädchen. Das würde ich mögen.

Ich bin gespannt, was nun mit den beiden passiert ist!

Liebe Grüße
merin
« Letzte Änderung: 28 February 2020, 17:49:22 von merin »
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

LaHallia

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Re: Pechmarie
« Antwort #2 am: 28 February 2020, 19:55:22 »
Hi Salamander,

für mich funktioniert das als Anfang einer Geschichte nicht. Es ist doch jedermanns Albtraum bei fremden Leuten Fotos anschauen zu müssen. Das dauert immer viele Stunden und man muss sich ständig dazu zwingen, dass einem irgendwelche Kommentare dazu einfallen.
Das Interesse der Prota an Fotos kann ich nicht nachvollziehen. Ich kenne sie ja auch nicht. Und auch die Leute auf den Fotos nicht. Wenn du der Sache mehr Zeit gelassen hättest und irgendwie so ein: "Oh mein Gott, jetzt kommen die Fotoalben. Irgendwie bin ich ja geschmeichelt, dass Omabella mich so mag, aber andererseits werden wir nie nach Hause kommen" drinnen und das würde sich langsam auflösen in Interesse, dann würde ich mir schon leichter tun.

Die Anspielung auf Marie und die Tragödie kommt mir zu schnell und ist zu plump. Zwillinge. Lieben sich. Sind total unterschiedlich. Dann stirbt der eine Zwilling und der andere kommt nie drüber hinweg. Das ist ein Klischee für mich. (Ich habe übrigens selbst eine eineiige Zwillingsschwester^^).
Den Namen Maya halte ich, besonders auch durch die Schreibweise, als eher unwahrscheinlich für ca 1960.

Sprachlich ist der erste Absatz sehr schwierig konstruiert. Ich bin über die ersten Sätze ziemlich drüber gestolpert. Später wird es sprachlich aber flüssig zu lesen.

Durch das Klischee und  den gehetzten Einstieg, würde es mich wohl nicht zum Weiterlesen motivieren.

Liebe Grüße,
LaHallia
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Salamander

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Re: Pechmarie
« Antwort #3 am: 29 February 2020, 10:47:56 »
Vielen Dank für die schnelle Rückmeldung, super.

Zwei ganz unterschiedliche Meinungen, aber ... überrascht mich nicht. Ist es nicht häufig so?
@merin: Danke für diese hilfreiche Detailarbeit.
An einigen Stellen hatte ich auch schon gearbeitet, deshalb z.B. auch diese Doppelung mit "fasziniert, Verbindungen zu suchen".
Auch bei "sein" und "ihr" Gesicht hatte ich schon geschwankt.
Ganz wichtig die Redundanzen, Du hast völlig Recht: mehr Raum dem Leser lassen. (Man weiß es und trotzdem muss es einem immer wieder gesagt werden!) ;)
Werde alle Anregungen überdenken und nach Bedarf einarbeiten.
Erleichterung, dass Dich der Fortgang interessiert.

@LaHallia:
Tja, schade, bei Dir weckt der Anfang kein Interesse.
Da ist was dran, an "jedermanns Albtraum, Fotos angucken" :biggrin:
Auch das "zu schnell = plump" lässt mich nachdenken.
Geschmackssache oder nicht?

Wie auch immer, sehr nützlich, die Rückmeldungen!
Schönes Wochenende wünscht Salamander!

Viskey

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Re: Pechmarie
« Antwort #4 am: 29 February 2020, 11:10:47 »
Morgen, Salamander!

Ich drück mich dann mal noch ein bisschen vor meiner Überarbeitung und röste hier ein bisschen. :biggrin:

ich möchte gerne wissen, wie dieser Anfang einer Geschichte wirkt. Würde man weiterlesen oder ist das uninteressant?
Gibt es Dinge die unlogisch oder stilistisch unsauber sind?

Die ersten Absätze finde ich sehr schön. Es kommt ziemlich gut durch, dass die Ich-Erzählerin Anschluss an die Familie ihres Freundes finden will. Sie will, dass das funktioniert. Sie ist ehrlich an diesen Menschen interessiert. Es ist eine schöne, ruhige Stimmung. Das gefällt mir.

Stilistisch ist der Schwenk von hier zur Tragödie einfach viel zu schnell. "Eines Tages passierte eine Tragödie" ist jetzt auch kein Satz, den ich irgendjemanden sagen höre. Den finde ich stilistisch schon ziemlich daneben.
Ich würde jetzt mal sagen, ich würde noch so weit lesen, um herauszufinden, was diese Tragödie denn war. Bei dem Tempo, dass ich hier sehe, kommt das ja im nächsten oder übernächsten Absatz. :watchout:

Eine Familientragödie bindet man ja nicht jedem sofort auf die Nase, auch wenn man denjenigen sympathisch findet.

Ich fände es sehr viel stimmiger, auch in Hinblick auf den Einstieg, wenn die Oma da blinzeln würde, versuchen, schnell zu überblättern ... und höchstens ein "Das sind meine jüngsten Schwestern, Maya und Maria" fallen lässt. So, wie ich die Erzählerin nach diesen paar Zeilen einschätze, versteht sie den Wink mit dem Zaunpfahl und fragt nicht weiter nach, jedenfalls nicht bei der Oma. Ich kann mir vorstellen, dass sie dann später Mark fragt. Der kann dann entweder selber nichgts wissen, oder nur sehr grob, oder ... da sind deine MÖglichkeiten dann offen, je nachdem, wie nah Mark sich der Erzählerin fühlt, wie sehr ehr daran glaubt, dass sie demnächst Teil dieser Familie sein wird oder nicht ...

Abgesehen von dem viel zu schnellen Abrutschen gegen Ende dieses Ausschnitts fand ich es sehr schön zu lesen. Ich mag's, wenn's nicht immer mit Mord und Todschlag und voller Action anfängt.

LG Viskey


"There is no such thing as bad work, just unfinished work." - Eric Idle

merin

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Re: Pechmarie
« Antwort #5 am: 29 February 2020, 13:27:27 »
Die Idee, dass die Erzählerin erstmal nur spürt, dass da was nicht stimmt, mag ich auch lieber als den direkten Einstieg mit der Tragödie. Eine Variante wäre auch, dass die Oma so erzählt, dass Auslassungen deutlich werden und die der Hook sind. Ich bin mir tatsächlich nicht ganz sicher, welche Geschichte nun folgt. Einfach wegen des Tempos, da nehme ich an, die "Tragödie" ist eher hintergrund als Hauptgeschichte. Wo der Konflikt sein könnte, um den der Text kreist, kann ich noch nicht erahnen. Das müsste denn jetzt bald kommen.
Wie lang soll der Text denn werden?
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Salamander

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Re: Pechmarie
« Antwort #6 am: 29 February 2020, 13:29:51 »
Stimmt, der Fokus liegt nicht auf der Tragödie, gute Intuition.

Paradieseule

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Re: Pechmarie
« Antwort #7 am: 08 March 2020, 11:40:09 »
Hallo Salamander,

Kennst du das?
Zitat
„Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen. Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef ….“
Ob es für diese Erzählform einen Namen gibt, weiß ich nicht (Wenn ja, kann es mir jemand verraten? :stupid: ) Einiges in deinem Text erinnert mich an diese Erzählform …

Was lese ich?
Ein Einstieg in eine Geschichte, in der es wohl um Vergangenes geht. In welcher Form, weiß ich noch nicht. Vielleicht wechselt die Erzählung in die Zeit der Oma oder sonst was.
Weiterlesen ja, wenn aus der Geschichte etwas wächst. Etwas Spannendes, eine Familiengeschichte, eine Zeitreise, oder … Der Abschnitt hierzu ist zu kurz, um zu erkennen, was du daraus machen willst.

Die Idee mit den Fotoalben finde ich passend.   8) Aber vielleicht magst du auch ein wenig mehr auf das Außen rum eingehen?  Ich lese von Familienzusammentreffen, der Verlobten des Lieblingsenkel, Anwesenden im Raum, …
Wie wäre es, wenn du ein wenig Farbe hineinbringen würdest? Ist es ein Geburtstagsfest? Wo? In welchem Raum? (Einerseits haben wir eine Couch, andererseits ein Kuchenbuffet (Theke). Und offensichtlich ist die ganze Verwandtschaft da. Also was ist das für ein „Zusammentreffen“?)

Mark, der Verlobte deiner Erzählerin wird nur kurz erwähnt. Er wirkt auf mich nur wie ein Statist. Gibt es vielleicht noch mehr zu erwähnen? Außer, dass er der Lieblingsenkel ist. Wie geht es deiner Protagonistin? Langweilt sie sich und schaut deshalb die Alben an? Oder macht sie es aus Höflichkeit? Vielleicht findet sie es auch toll, von der Oma akzeptiert zu werden. Bring ein wenig Atmosphäre, Gefühle und Bewegung (keine Erklärungen oder Vermutungen) rein.

Beispiel: … Omabella nahm mich in Beschlag … Ich mochte die weißhaarige alte Dame …. Ich hörte ihr gerne zu, wie sie von früher erzählte. „Warte“, sagte sie. Omabella lächelte mich an und stand auf. Kurze Zeit später kam sie mit einem dicken Fotoalbum zurück. Wir nahmen auf der Couch Platz und steckten die Köpfe zusammen …

Es gibt gewisse Aussagen, die ich deiner Protagonistin nicht einfach so abkaufe: Ein besonderes Interesse die Personen zu identifizieren und es noch faszinierend zu finden.
Zitat
Besonders  interessierte es mich, die  Personen auf den Fotos mit den Anwesenden im Zimmer zu identifizieren. Es faszinierte mich, Verbindungen zwischen den Fotos und den Anwesenden im Raum zu finden, oder es wenigstens zu versuchen.
Was für Bilder sind in dem Album? Erkennt sie zum Beispiel ihren Freund (Mark) mit der Schultüte? Schmunzelt sie dabei?  Findet sie eventuell andere Personen? …und dass musste sein Bruder sein! …  Lass die Bilder etwas rückwärts reisen … bis sie z.B. Schwarz-weiß werden. Dann brauchst du solche – wie oben – Erklärungen nicht.

Zitat
„Oja das muss furchtbar für die kleine Marie gewesen sein“, antwortete ich voller Mitgefühl.
Das Mitgefühl ist mir zu viel des Guten. An eine Person, die sie persönlich gar nicht kennt?
Auch hier würde ich streichen. Es ist klar.
Zitat
„Stimmt“, bestätigte Omabella meine Vermutung der Identität der Frau und begann zu erzählen:

Ein Tipp zum Sonntag:  :hehe: Ich für meinen Teil, setze mich beim Schreiben gedanklich in die Person. Probiere zu fühlen, zu sehen, zu beobachten.

LG Paradieseule
« Letzte Änderung: 08 March 2020, 12:12:16 von Paradieseule »
"In jedem Buch begegne ich meiner Seele" Isabel Allende

eska

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Re: Pechmarie
« Antwort #8 am: 08 March 2020, 18:13:56 »
Liebe Salamander;

um gut auf deine Frage nach der Wirkung antworten zu können, fehlt mir eigentlich die Info, was für ein Text daraus werden soll. Handelt es sich um den Anfang eines Romans (denke ich eher nicht, weil schneller Einstieg) oder einer Kurzgeschichte, geht es um die Pechmarie, um das Erobern (oder sich Absetzen von) der Schwiegerfamilie, um Omabellas Geschichte...?

Für sich genommen, ist die Passage ein Wechsel vom netten Zusammensitzen zu einer schlimmen Begebenheit aus der Kindheit der Oma, und das knapp genug, so dass es den Leser schön führt. Dass die eine der Schwestern als ältere Frau im Raum ist, lenkt mich zu der Vermutung, dass die Protagonistin noch mehr mit dieser Schwesterngeschichte zu tun haben wird. Idealerweise wird es einen tiefgreifenden Konflikt zwischen ihr und ihrem Verlobten aufmachen. Das ist also gut zum Leserködern und interessant gemacht. :applaus:
Inhaltlich wundere ich mich ein bisschen über die Bereitwilligkeit von Omabella, einer fast noch Fremden dunkle Familiengeheimnisse zu erzählen, zumal ihre eine Schwester im Raum ist. Aber entweder gibt es gar kein Geheimnis, sondern eben nur eine Tragödie, oder die alte Frau erzählt das sozusagen jeder neuen Bekanntschaft (es wäre interessant, warum, was für einen Vorteil sie davon hat, welche Rolle sie spielte bzw. gespielt haben möchte), oder es signalisiert eine besondere Sympathie zwischen der jungen und der alten Frau (das könnte dann noch stärker herauskommen im Verlauf).

Gibt es einen Grund für den zusammengezogenen Namen Omabella? Heißt sie z.B. Mabel? Oder ginge auch Oma Bella? Deine Version irritiert mich jedesmal beim Lesen, weil mir die Pause fehlt.

Wenn es gar nicht um den Verlobten geht, würde ich den Namen Mark weglassen, weil der, besonders im ersten Satz, gleich eine Hauptfigur ankündigt.

Mich stört es nicht, dass du viel die Narrative nutzt, aber wenn es um das Verhältnis von Omabella und Protagonistin geht, könntest du noch mehr Dialog einbauen (szenisch). Wenn es aber eine Kurzgeschichte wird, ist die Zusammenfassung wohl besser, weil du dich auf das tragische Geschehen konzentrierst. (Deswegen mein Wunsch nach mehr Info.  ;))

Einige Sätze sind einander (auch inhaltlich) sehr ähnlich:

Zitat
Besonders  interessierte es mich, die  Personen auf den Fotos mit den Anwesenden im Zimmer zu identifizieren. Es faszinierte mich, Verbindungen zwischen den Fotos und den Anwesenden im Raum zu finden,
Da kannst du gut kürzen, z.B. zu
Besonders interessierten mich die Personen. Ich versuchte gleich, Verbindungen zwischen den Fotos und den Anwesenden zu finden, von denen ich die meisten noch nicht kannte. (Je nachdem, wie groß der Raum, wieviele Personen da sind...)

Zitat
mit den damals üblichen Trägerschürzen
Bisher wissen wir noch nicht, um welches Damals es sich handelt.;) Und wenn du die Schürzen erwähnst, vielleicht noch im Verein mit Zöpfen oder einer Flechtfrisur, brauchst du das altmodisch nicht.

Was ist denn an dem Foto so herausstechend? Hat es ein Blatt für sich alleine, schlägt die Seite sich quasi von alleine auf, weil so oft angesehen, ist es besonders groß oder war es beschädigt und sorgsam geklebt? Oder sehen die Mädchen sich so erstaunlich ähnlich?
Zitat
„Wer sind diese?“
Ich würde eher sagen: die beiden, klingt lockerer.
Zitat
Suchend schaute ich mich im Raum um, ob sie möglicherweise anwesend waren und ob ich sie erkennen würde. Diese große Frau an der Kuchentheke, das konnte die eine der beiden sein,

Würde ich kürzen:
Suchend schaute ich mich im Raum um: Diese große Frau an der Kuchentheke, das konnte die eine der beiden sein,

Zitat
„Stimmt“, bestätigte Omabella meine Vermutung der Identität der Frau und begann zu erzählen:

Das kommt etwas unvermittelt, siehe oben.

Zitat
Jahrelang waren sie wie siamesische Zwillinge unzertrennlich, die beiden, unzertrennlich; und doch verschieden wie Tag und Nacht. Maya war immer die Führende, Strahlende, Maßgebende, beliebt bei allen. Maya entschied, was gespielt wurde, wer mitspielen durfte und wer nicht. Marie folgte ihr, war das Anhängsel. Dazu kam noch eine körperliche Behinderung Maries  infolge einer Kinderlähmung. Sie Im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie hinkte nach einer Kinderlähmung. ‚Pechmarie’ verhöhnten andere Kinder sie oft.

Kann man auch noch kürzen, siehe Vorschlag.

Zitat
Oja das muss furchtbar für die kleine Marie gewesen sein
oja oder oje? Und danach ein Komma.

Zitat
„Nein, ich meinte ein anderes Schreckensereignis “, entgegnete Omabella.
Das klingt etwas irritierend: Noch war ja von keinem schrecklichen Ereignis die Rede. Vielleicht: ein besonderes Ereignis?

Zitat
„Eines Tages passierte eine Tragödie.
In meinem Empfinden passen 'passieren' und 'Tragödie' stilistisch nicht zusammen. 'passierte etwas Schreckliches/Furchtbares' oder 'geschah ein Unglück' oder 'spielte sich eine Tragödie ab'...


Jetzt ist es doch ein ganzer Durchlauf geworden, ich hoffe, das stört dich nicht.
Viel Spaß beim Weiterschreiben,

eska

merin

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Re: Pechmarie
« Antwort #9 am: 08 March 2020, 21:16:41 »
Stimmt, über die Schreibweise von Omabella bin ich auch gestolpert.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

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Re: Pechmarie
« Antwort #10 am: 08 March 2020, 21:52:33 »
Und für mich war wie Schreibweise "Omabella" das einzig spitzfindige und erfrischende an dem Text.
Also von mir aud unbedingt so lassen.  :hehe:
Sie müssen erzählerische Risiken eingehen. Vor allem aber: niemals versuchen, den anderen zu gefallen. Sie müssen so hoch zielen, dass Sie ganz tief fallen können. Dann vielleicht haben Sie Erfolg. (Frank Schätzing)

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Re: Pechmarie
« Antwort #11 am: 09 March 2020, 13:10:41 »
Danke allen für die vielen Meinungen!

@Viskey: ich bin erleichert, dass sich nicht jeder von der Erzählweise abgeschreckt fühlt.

Die Anregung, Personen, insbesondere Omabella mehr einzubringen, zu schildern, werde ich auf jeden Fall aufnehmen, danke fürs das Mitdenken.
Auch der Hinweis auf die "Tragödie", sie komme zu leicht und schnell, wurde mehrmals als unrealistisch kritisiert. Stimmt.
Werde darüber brüten.
Die Geschichte war als sehr kurze auf die Pointe hin konzipiert worden.

@ Paradieseule: Danke auch Dir für die vielen Hinweise. Die Erzählweise, auf die Du anspielst, kenne ich begrifflich nicht. Aber an die Bibel sollte die Geschichte eigentlich nicht erinnern. :devgrin:
Dass vieles und viele Figuren farbiger und anschaulicher dargestellt werden sollte(n), wurde eigentlich von allen vorgeschlagen,überzeugt mich, oder - wie @eska meinte, dann nicht namentlich als Hauptperson einführen, wie Mark.
Dir @eska auch vielen Dank für die intensive Detailarbeit. Stört mich nicht, ich werde es einbauen. Hinweise auf Straffungen und Redundanzen sich immer wichtig, man muss den eigenen Blick dafür schärfen.
Den Namen "Omabella" möchte ich so lassen, quasi ein familieninterner Nickname, der im besten Fall beim Leser Konnotationen weckt, die Fantasie anregt.

Ich habe beschlossen, die Geschichte insgesamt umzugestalten, um die Situation und die beteiligten Personen anschaulicher zu machen.
Handlungsorientierter wird sie wohl nicht werden, das ginge an die Substanz, das Wesen des Textes.

Noch zu @merin: "sein" oder "ihr" Gesicht zum Mädchen ist ein wohl unlösbares Problem, an dem schon oft diskutiert wurde, und vermutlich wird man hier immer auf Kritik stoßen.
LG Salamander

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Re: Pechmarie
« Antwort #12 am: 09 March 2020, 14:03:38 »
Hallo Salamander,

Zitat
Aber an die Bibel sollte die Geschichte eigentlich nicht erinnern.
Ich hoffe, du hast es richtig verstanden und es kommt nicht (wieder) zu blöden Mißverständnissen.

Ich meine die Sprache ... Sätze, die mit "So" beginnen. Oder einen Hauch von "Es war einmal ..." in sich tragen.
Ich glaube - wie Eska es erwähnte - nennt man das Narritiv.

LG Paradieseule
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merin

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Re: Pechmarie
« Antwort #13 am: 09 March 2020, 16:56:07 »
Verrätst du uns noch, was für eine Art Text das werden soll? Das wurde ja mehrfach gefragt.

Und "Narrativ" ist was anderes. Ich kenne es aus der Biografieforschung, da ist es die Art, wie die eigene Biografie erzählt wird, welche Narrative (Erzählweisen) man entwickelt, um sich die eigene Biografie anzueignen. Das Wort gibt es aber bestimmt auch in anderen Bereichen, ich bin mir aber recht sicher, dass es nie eine bestimmte Art, zu erzählen, bezeichnet.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

The_Reptilian

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Re: Pechmarie
« Antwort #14 am: 17 June 2020, 14:16:57 »
Hi Salamander,

mit gefällt dein Text, Krimi, oder Drama, wie man es nennen mag und würde ihn weiter lesen wollen. Es sollten aber mehr Zusatzinformationen über die Protagonistin und das Geschehen in der Einleitung (z.B. Geburtstagsfest) vorkommen. Das ist wichtig, wenn es der Start einer Geschichte ist.
Vielleicht hat die Protagonistin von Natur aus ein Interesse für Fotos, weswegen sie sich auf die Albenstunde einlässt, z.b. als Grafikerin.
Weil im Titel "Pechmarie" steht, würde ich vielleicht sogar die Dramatik verstärken, z.B. es draußen regnen lassen.
Interessant ist ja auch, wie eska bereits ansprach, was aus dem Text werden soll.

Grüße, das Reptil
- sup -