Sehr interessante Diskussion; auch in anderen Foren hatte ich dazu schon viel gelesen. Letztlich muss man ja stets schauen, wie glaubwürdig ein Abschnitt geschildert ist.
Wenn in einer Szene ein Prota von einem Monster gejagt wird und der Autor -- durchaus personal -- kommt mir Überlegungen, woher das Monster wohl stammen könnte? Aus einem Genlabor? -- dann kaufe ich das nicht. Tatsächlich machen das auch renommierte Autoren, sie verlassen innerlich die Szene. Das ergibt neben dem Tempoverlust auch den Glaubwürdigkeitsverlust.
Und dann ist da ja noch die Frage, wo ist der Erzähler denn gerade? Woher hat er seine Information?
Ich glaube nicht, dass das geht mit dem mehr oder weniger personal oder auktorial. Entweder personal, dann konsequent, oder halt auktorial, mit der Möglichkeit, auch in den Kopf der Prota zu tauchen.
Der personale Erzähler kann nur schildern, was die Prota wahrnimmt.
Und ich sehe, dass das in echt genau so gemacht wird, also beide Erzählperspektiven nicht als Absolutum, sondern als Annäherungsmarke verwendet werden. Dass das also wirklich nicht strikt getrennt ist, viellelicht auch gar nicht getrennt werden kann, obwohl natürlich die Personalität der Magnet ist, der alles an sich ziehen soll.
Bsp: Vier Leute, die auf einem Floß sterben, personal erzählt aus der Sicht von A, doch gelegentlich gibt's auch n Sprung in den Kopf von B; seltener in den von C; nur: der arme D wird ausschließlich von außen erzählt, nie bekommt er seinen Anteil Personalität (wiewohl er nicht unwichtiger ist als die übrigen). So was von inkonsequent!
Nachdem sie alle im Präteritum gestorben sind, bleibt die Frage, wer denn jemandem berichtet hat, was da im Einzelnen passierte; der Erzähler war nicht dabei und niemand kann es ihm erzählt haben, weil keiner übrig blieb außer dem leeren Floß und dem sprachlosen Untier; denn das ist ja eine gute Erklärungs-Möglichkeit: Ich erzähle, was ich von einem Beteiligten gehört habe. Hier unmöglich, der auktoriale Erzähler ist also vorausgesetzt, weil die Geschichte sonst gar nicht erzählt worden wäre, auch wenn er weitgehend unsichtbar bleibt, ist er der eigentliche Erzähler. Der Leser weiß das, und deshalb werden auktoriale Sequenzen verziehen.
War ich hingegen selbst im Präteritum dabei, ist es schwer, Spannung aufzubauen, denn da die Sache schon vorüber ist und ich sie überlebt haben muss, muss ich auch wissen, was das Ding, das auf das Floß zukommt, gewesen ist und kann nicht mittendrin mit dummen Fragen brillieren. Bin ich hingegen als 'Ich' im Präsens mit dabei, werd ich -- aktuell von einem Monster verfolgt -- keine Lust haben, Interpretationen im Kopf zusammenzubauen, weil ich vermutlich mit was anderem beschäftigt bin als Sätze zu formulieren.
Ein bekannter Erfolgsautor baut in seine Verfolgungssequenzen langwierige Überlegungen ein, wer hinter den Verfolgern stecken könnte, während er um sein Leben rennt. Plausibel! So würd ich es auch machen, an dessen Stelle.
Und ich kenne Bücher, zuletzt gelesen, wo die Perspektive lustig wechselt, mal der A personal, dann der A in der Ich-Perspektive, dann ein Gegenüber von A, der B personal, wie er den A erlebt. Kraut und Rüben.
Sich unsichtbare Kameras vorzustellen, die geisterhaft jede Filmszene dokumentieren, das finde ich eine gute Analogie.
Natürlich stimme ich zu, dass man auf Perspektivbrüche innerhalb eines Absatzes aufpassen muss, ich muss also bei jedem einzelnen Satz wissen/ein Gefühl dafür haben, wo ich mich soeben befinde, wer ich soeben bin.
Tatsächlich aber BIN ICH der Erzähler, vollkommen auktorial, ich kann mich nur dafür entscheiden, meine Informationen zu dosieren, um es spannend zu machen oder mit einer Figur zu verschmelzen; und ich bin derjenige, der selektiert, was gezeigt wird, nicht die Figur, die im Zimmer steht, denn ich entscheide, ob die grauenvolle Tapete vom Protagonisten bemerkt wird, aber der Teppich nicht.