Teufelszeug > Theorie
Setting plannen
(1/1)
Federhexe:
Hitchcock sagte in einem Interview mal, dass man das Setting – in die Geschichte einbauen soll, damit Spannung entsteht. Heißt das, dass man seine Settings bis ins letzte Detail planen soll (Fragen beantworten; Karte erstellen; etc.). Macht ihr das?! Wenn »Ja!«, wie?
Naleesha:
Das Setting ist wichtig. Aus der Geschichte heraus sollte mitunter ersichtlich werden, wo und wann die Geschichte spielt. (wobei man das "wann" bei manchen Fantasy Geschichten ruhig mal vernachlässigen kann. Bei Kate Forsyth's "Der magische Schlüssel" z.B. spielte die Geschichte eindeutig auf einem nach schottischem Vorbild besiedelten fremden Planeten. nur, wann diese genau spielte (nach unserer Zeitrechnung) ist nicht genau zu bestimmen.)
In vielen Geschichten werden dazu konkrete Angaben gemacht. (z.B. in den Kapiteln. "London, Herbst 1816" ö.ä)
In anderen Geschichten wird durch Gedanken eines Prota deutlich, wo sie sind.
der charakteristische Fernsehturm inmitten des Alexanderplatzes leuchtete noch golden in der untergehenden Sonne, währen hier unten bereits...
In den Meisten Geschichten wird das Setting miteinbezogen, indem die örtlichen Charakteristika für die Handlung und die handelnden Personen, sowie auch im Dialekt oder auch in Eigenheiten was Kleidung und Bevölkerung angeht mit eingebaut werden. beispielsweise in Krimis ist das meist sehr gut umgesetzt.
Bei reinen Fantasy Geschichten, wo man sich sowohl den Ort als auch die Kultur komplett frei und selbst ausdenkt, ist es allein schon wegen der Planung des Plots eine gute Idee, sich zumindest eine Karte anfertigen zu lassen. Sonst geschieht es einem am Ende noch (wie mir einmal), dass ein Fluss so eigentlich gar nicht laufen kann, esseidenn er fließt einen Berg hinauf. Kann man durchaus so etablieren. wenn man denn vorher auch glaubhaft macht, warum das sein kann. (z.B. indem man eine Welt mit völlig anderen Naturgesetzen erfindet, in dem dann auch die Flüsse bergauf fließen können...)
Auch um seine Welt nicht zu sehr vollzustopfen oder zu weite Wanderwege in Kauf nehmen zu müssen, kann eine Verortung auf der Karte durchaus hilfreich sein.
Wenn man jedoch einen bekannten Ort nimmt, (wie z.B. die USA) braucht man sein Setting nicht ausarbeiten, es ist ja schon da. nur muss man sich dann bei der Handlung und den Personen auf dieses Settings "beschränken". Man muss die Verortungen beachten und kann nicht z.B. die Freiheitsstatue plötzlich direkt neben das weiße Haus in Washington stellen.
LG, Nalee
tlt:
Ich halte das schon für wichtig. Ob in jeder Geschichte, sei dahingestellt. Aber man darf nicht vergessen, dass man sich als Schreiber mit der Geschichte so befasst wie kein anderer Mensch … edit, kein normaler Leser. Und dem gebe ich schon gerne einen roten Faden mit an die Hand, damit er es ein wenig leichter hat und sich nicht dauernd an kleinen Details Halt suchen muss.
Oflinitrium:
Mhhh mein Setting kann man bisher mit einem Wort zusammenfassen: Plotkonvenience.
Brauche ich einen Fluss an Plotpunkt a setze ich ihn dahin und notiere mir Name und an welcher Stelle im Text er vorkommt. Brauche ich Armbrüste in meiner Zeitlinie um das Kräftelevel eine Figur auszubalancieren baue ich sie ein und recherchiere welche anderen Entwicklungen in unserer Historie zu dieser Zeit bereits existierten. Brauche ich einen Drachen überlege ich welche Waffen wohl entwickelt wurden um ihn zu töten. Und welche Art Mensch meine Form von Drachen wohl anbeten würden. (Egal ob Drachen friedlich sind oder nicht)
Zuerst kommt bei mir der Faktor wie sehr ich es brauche/haben will.
Danach überlege ich wie es meine bereits entstehende Welt beeinflusst.
Und dann wäge ich beides miteinander ab und entscheide ob die Idee integriert wird oder nicht.
Ist die Methode effektiv? Eher nicht.
Aber ich hab keine Lust/Geduld mich nur mit meinem worldbuilding und timeline auseinanderzusetzen. Deswegen verfahre ich nach dem try & error prinzip um überhaupt was zu machen. Und manchmal passierts auch, dass die Implementierung einer neuen Facette in meiner Welt Folgen nach sich zieht, die den weiterführenden Plot beeinflusst und mit Türen vor Augen führt an die ich bis dato nichtmal dachte.
Ich habe dabei allerdings den Luxus, dass ich Fantasy schreibe und mit dem Ende meiner Geschichte anfing zu schreiben. Sprich ich kann mich austoben, weiß aber zu jeder Zeit wo ich mit meiner Geschichte hin will und laufe deswegen nicht Gefahr mich in meiner eigenen Ideenwelt plottechnisch zu verirren.
Für mein selundäres Projekt ist das Setting noch einfacher: Europa unserer Zeit...
Viskey:
Also Hitchcock in allen Ehren, aber da widersprech ich dem Mann mal. :devgrin:
Ich hatte ca. ein Jahrzehnt lang ein echt tolles Setting. Und sonst nichts. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie unspannend das war. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass Setting nicht wichtig ist, aber es ist in aller Regel nicht das spannungserzeugende Element.
Das Setting steckt einen Rahmen von Möglichkeiten ab. Wenn ich im 17. Jahrhundert schreibe, werde ich mich mit meiner Geschichte auf einen eher kleinen geographischen Rahmen beschränken müssen. Mal eben von Berlin nach Rom? Mal eben einen Abstecher in die Kolonien? Solche Reisen wurden schon gemacht, nur "mal eben" waren sie halt nicht.
Oder wenn ich, wie Oflinitrium, einen Fluss einbaue, dann ist da ab jetzt ein Fluss, basta, und dann steht eine Armee vielleicht plötzlich da und kann nicht weiter, weil die Gegner die einzige Brücke für Meilen gesprengt haben.
Noch viel wichtiger halte ich das Setting allerdings für die Figurenentwicklung. Wir alle sind Kinder unserer Zeit und unserer Gesellschaft. Dazu gehören Dinge wie ... wir träumen davon, zum Mond zurückzukehren und den Mars zu besiedeln - hätte vor 200 Jahren keiner davon geträumt. Heute gehen Frauen in Hotpants (oder überhaupt nur Hosen) herum, verdienen ihr eigenes Geld, haben keinen Mann, oder mehrere hintereinander, und keiner denkt sich recht viel dabei. Uneheliche Kinder ... heute absolut normal. Ein paar hundert Jahre zurück, und das uneheliche Kind hat keine Rechte, die Mutter wird aus der Gesellschaft ausgestoßen, eine Frau, deren nackte Waden jedermann sehen kann ... skandalös!
Das sind jetzt kleine Dinge, aber die machen oft den Flair einer Geschichte aus.
Ansonsten mache ich es wie Ofli, und ich finde diese Methode äußerst effektiv. Weil ich mich mit nichts aufhalten muss, dass am Ende viel Zeit gekostet hat, für die Geschichte aber komplett irrelevant ist und daher nie auftaucht ...
Navigation
[0] Themen-Index
Zur normalen Ansicht wechseln