Soll ich – oder soll ich nicht? Diese Frage beschäftigt mich seit eigenen Tagen und hoffte stillschweigend auf neue Beiträge (von den Neuen hier im Forum). Was soll’s – worauf warte ich, frage ich mich und schmeiße jetzt meinen überarbeitenden Text auf den Rost ….
Ich möchte vorrausschicken, dass ich selbst keine Liebesromanleserin bin. Zumindest nicht, wenn die Protagonisten Julie, Matt, Silvie, Phil oder so ähnlich heißen.
Meine Geschichte hat sich ergeben, bekam selbst Beine. Das Schreiben wurde zum Suchcharakter, obwohl ich mit dem Genre haderte. Mir ging es um die Töne dazwischen, um das was uns ausmacht, uns antreibt oder uns resignieren lässt. Was ist falsch, richtig?
In einem anderen Thread tauchte die Analogie zu Pretty Woman auf. Was ich zuerst kopfschüttelnd zur Kenntnis nahm, entpuppte sich bei weiterer Betrachtung als passend. Nur müsste es in meinem Fall „difficult man“ heißen , nach dem Motto: Sie „rettet“ ihn.
Zielgruppe? Vermutlich weiblich, dreißig ++
Ich habe mir notiert, was ich mit dem nachfolgenden Text ausdrücke (möchte) und bin gespannt, welches Bild sich jetzt(!) beim Lesenden einstellt.
Die Frage, ob Ihr weiterlesen würdet, stelle ich nicht an Leser artfremder Genre und Kitsch-Allergiker, sondern an Eure Vorstellungskraft, versehen mit obiger Hintergrundinformation.
Vielleicht gelingt es euch die vorherige Röstung gedanklich zu „reseten“ und mir eure jetzigen Eindrücke, Anmerkungen und Kommentare zu schildern.
Vielen Dank
Paradieseule
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Ich hielt mich an der Brüstung fest, stellte mich auf meine Zehenspitzen und sah hinab in das Häusermeer. Noch war die Stadt still. Leise und verschlafen lag sie direkt vor meinen Füßen. So mussten sich früher die Herrscher und Könige gefühlt haben, wenn sie von ihren Burgen und Schlössern auf ihre Untertanen hinabblickten. Ich atmete tief durch und füllte meine Lunge mit der frischen kühlen Luft. Nichts war jetzt wichtig. Das waren die Momente, in denen es für mich keine Zeit gab und ein tiefer Friede innewohnte. Wo alles neu beginnen konnte, wo es still war, wie am frühen Morgen. Deshalb mochte ich den Tagesanbruch, so wie Karl-Heinz. Vielleicht stand er zuhause am Fenster und sah im gleichen Augenblick der aufgehenden Sonne zu. Vielleicht dachte er gerade an mich, sowie ich jetzt an ihn, auch wenn Sonntag war. Einer der unzähligen Sonntage, an denen wir uns nicht sahen. Ihn nur die Sonnenstrahlen an mich denken ließen, denn er nannte mich Sonnenschein. Er sagte, wie diese erhelle ich den Tag und aus dem Grau würden Farben. Ich brachte ihn zum Lachen. Mit mir erlaubte er sich Dinge, die sonst nicht auf seiner Agenda standen, die ihn aus seinem selbstgebastelten goldenen Käfig fliehen ließen.
Ich mochte sein untrügliches Gespür, die richtigen Worte zu finden. Überzeugend, mitunter auch scharf wie ein Schwert. Lieben, aber tat ich ihn, weil er war, wie er war und weil er so schön wurde, wenn er lachte.
Ich schloss die Augen und genoss den Augenblick. Vielleicht war Glück so etwas, wie diese Sonnenstrahlen, die auf mein Gesicht fielen. Auch diese konnte man nicht festhalten oder einfangen. Aber sie waren da, jeden Tag aufs Neue.
Es war frisch hier auf der Dachterrasse. Ich zog den Morgenmantel enger und ging zurück ins Wohnzimmer. Vielleicht war Mona schon wach und ich schrieb ihr eine Textnachricht. Bestimmt hatte sie Lust mit mir einen Ausflug zu machen. Es war schönes Wetter und wir konnten mit offenem Verdeck fahren. Vielleicht auch zu Weingärten, zu einer Burg oder einem netten Lokal mit Ausblick über den Rhein. Mona würde bestimmt Spaß haben mich zu begleiten. Meine Freundin war in solchen Dingen pragmatisch. Auch wenn sie Karl-Heinz nicht mochte, die Vorteile, die ihr, durch meine Beziehung zu ihm, zuteilwurden, lehnte sie nicht ab. Noch immer teilten wir uns die gemeinsame Wohnung, obwohl ich kaum noch dort war. Drei Zimmer auf achtundvierzig Quadratmeter in den Häuserschluchten von Köln. Karl-Heinz sagte, Mona wisse durchaus eine Win-Win-Situation zu schätzen. Ich aber fand, dass ich die Gewinnerin war.
Während sie sicherlich noch döste, ging ich ins Bad. Ich wählte aus den Unmengen an Lippenstiften knallig Pink aus. Wühlte mich durch den Kleiderschrank, bis ich schließlich das gefunden hatte, nachdem ich gesucht hatte: das weiße Petticoatkleid mit den kleinen rosa Punkten. Aus dem Schrank fischte ich den rosa Cabrioschal und wählte die gleichfarbigen Sandalen. Ich betrachte meine roten Zehennägel. Hätte ich etwas Rotes zum Anziehen auswählen sollen oder sollte ich die Nägel lieber pink lackieren, während ich auf Monas Antwort wartete? Ich griff nach dem Handy und sah, dass sie bereits meine Textnachricht gelesen hatte. Kurzerhand wählte ich ihre Nummer.
„Überraschung!“
Außer einem verschlafenen Brummen hörte ich nichts.
„Ich hole dich ab“, sagte ich.
„Hmm. Was willst du?“
Fein. Mona war ansprechbar.
„Dich zum Frühstücken abholen.“
„Es ist halb sieben.“
„Schon?“
„Willst du etwa an die Tanke? Alles andere hat doch noch geschlossen.“
„Wir können ins Art-de-doré. Dort im Hotel können wir ab sieben Uhr frühstücken und haben dabei herrlichen Ausblick zum Rhein. Dann können wir uns überlegen, wo wir heute hinfahren möchten.“
„Bist du dir im Klaren darüber, was das Frühstücken dort kostet?“
„Ich lade dich ein.“
„Du meinst, Karl-Heinz tut es.“
„In zwanzig Minuten bin ich bei dir“, sagte ich und legte auf.
Ja, ich war die Gewinnerin. Mein Leben war perfekt. Ich lebte hier in der Wohnung, wie eine betuchte Frau von Rang und Namen. Obwohl genaugenommen nichts darin mein Eigentum war. Nichts gehörte wirklich mir, aber diese Tatsache störte mich nicht weiter. Ich hatte all das uneingeschränkt zur Verfügung und konnte es nicht verlieren, weil es nicht mir gehörte.
Ich summte ein Lied und lief dabei die Treppen zur Tiefgarage hinunter. Zwischendurch hopste ich mit beiden Beinen die Stufen hinab und fand, dass rote Zehennägel in rosa Sandalen gar nicht so schlecht aussahen.
Die Welt war schön. Zu schön, um sich Sorgen zu machen. Viel zu schön, um nicht erlebt zu werden. Das Leben zu wertvoll, als dass ich den Tag mit tristen Gedanken bestritt. Egal, was es noch parat hatte. Auch wenn Karl-Heinz und ich nie darüber sprachen, wir wussten, dass unsere gemeinsame Zeit begrenzt, dass sie geliehen war, dass sie irgendwann zu Ende gehen würde.