Folgendes möchte ich vorausschicken:
Ich beginne mit einer Szene (siehe Teufelsrost) und versuche dem Leser erstmals nur ein Bild zu übermitteln. (Bild ist - denke ich - klar) Von dieser Situation aus, schreibe ich die Geschichte weiter und beginne dann ab dem 3. Kapitel in die Vergangenheit zu gehen: Was geschah davor. Abwechselnd verfolge ich Gegenwart (aktuelles Geschehen) und Vergangenheit.
… um den Faden zu finden.
LM macht mit ihren Freunden einen Wochen-Endausflug inkl. Camping zum Steinhuder Meer. Mona und LM waren baden und fahren jetzt zurück.
(...) Als die Sonne ihren Verlauf am Himmel etwas abgesenkt hatte, beschlossen Mona und ich zurück zu unserer, für dieses Wochenende gewordene Heimatstatt zu kehren. Wir waren voll auf unsere Kosten gekommen. Langsam radelten wir zurück. Fahrradklingeln geboten uns Platz zu machen für die, die es eilig hatten oder dem sportlichen Eifer frönten. Einige Meter vor mir tauchte eine Entenfamilie auf. Mutter Ente mit ihren Kindern. Fünf niedliche Entenkinder watschelten Mama hinterher! Ich hörte, wie von hinten schnell rollende Fahrräder herannahten. Ich bremste ab und stellte, wie ein Schutzengel für Enten, mein Fahrrad quer zur Fahrtrichtung. Bevor ich mir über die Konsequenzen meiner spontanen Reaktion überhaupt klar wurde, hörte ich Bremsen quietschen und Ausrufe, die nicht gerade schmeichelhaft waren. Meine Wahrnehmung konzentrierte sich auf ein durch die Luft fliegendes Fahrrad, dem der zuvor darauf sitzende Radfahrer unmittelbar folgte. Ein „Ach, du liebe Scheiße“, durchfuhr mich. Vielleicht beruhigte mich der Anblick des Fahrradhelmes oder des perfekten Outfits. Vielleicht war es auch das sanfte Schulterklopfen des fliegenden Radlers angehörigen Schutzengels, denn als der Mann schließlich in einem weichen, moorigen Tümpel landete, musste ich lauthals lachen. Entgeistert blickten mich alle Beteiligten an, nicht zuletzt auch der Mann im Tümpel, der sich schwarzen Schlamm aus dem Gesicht wischte.
„Oh“, stammelte ich, während ich mich weiter vor Lachen schütteln musste. Außer meinem Lachen herrschte Stille am Radweg. Die beiden anderen Radler hatten rechtzeitig ihr Bremsmanöver unbeschadet eingeleitet und starrten, wie Kinder, die zum ersten Mal den Weihnachtsmann sahen, auf das Geschehen.
Schnurstracks watete ich in den Ententümpel.
„Ich bin Lisa-Maria“, sagte ich und streckte dem im Morast sitzenden Mann meine Hand entgegen. Er sah mich mit großen ungläubigen Augen an. Auch wenn ich mich nicht umdrehte, spürte ich die Spannung seiner Begleiter knistern. Er nahm seinen Helm und seine Fahrradbrille ab und fixierte mich, während ich mich vor Lachen schüttelte. Schließlich stand er auf und ergriff meine Hand.
„Freut mich dich kennenzulernen. Ich bin Karl-Heinz“, sagte er tonlos und mit ausdrucksleerer Mimik.
Er hielt meine Hand fest, während schlammiges Moor zwischen unseren Fingern klebte und nach unten tropfte. Er löste den Händedruck und sah auf seine Hand.
„Oh, ich bitte vielmals um Entschuldigung.“
Mit einem süffisanten Gesichtsausdruck warf er mir ein Lächeln zu. Wie nach einem glücklich verlaufenden Lawinenabgang brach sämtliche Anspannung und ein Chor aus schallendem Gelächter stürzte über uns alle herein.
Auch wenn ich noch die ganze Zeit über lachen musste, tat mir die Sache leid.
„Es …, es tut mir leid“, stammelte ich, während wir beide aus dem Ententümpel wateten. Es tat mir auch leid, was er als Neugeborener verbrochen hatte, um so einen Namen zu bekommen zu haben. Ich zog vom Gepäckträger mein festgeklemmtes gelbes Badehandtuch hervor und reichte es Karl-Heinz.
„Entschuldigung. Ich wollte das nicht. Ist alles in Ordnung?“
Vom größten Schlamm befreit, sah er jetzt wesentlich manierlicher aus.
„Danke. Alles bestens. Es geht nichts über ein erfrischendes Bad“, meinte er trocken und verzog keine Miene. Ein Volltreffer: Sein Name war Programm. Tonlos, nüchtern und wenig aufregend.
„Nein“, wehrte ich ab, während er mir das Handtuch zurückreichen wollte.
„Ich darf es behalten?“
Er und sah mich von oben bis unten musternd an.
„Nein! Doch … aber …“
Ich nahm einen Zipfel des Tuches und wischte damit über sein Ohr, indem noch Moor klebte. Noch immer scannten mich seinen Augen, als ob ich von einem anderen Stern wäre.
„Ich …“, stammelte ich, während mich erneut ein Lachanfall schüttelte, „… es tut mir leid.“
„Keine Ursache!“
Karl-Heinz nahm das Handtuch und legte es über seine Schulter.
„Na, dann. Es hat mich gefreut dich kennenzulernen, Lisa-Marie“, sagte er, setze sich seinen Fahrradhelm wieder auf und schwang sich auf sein Fahrrad.
„Ich werde das Handtuch in Ehren halten. Wenn du es allerdings wiederhaben möchtest, solltest du mir verraten, wo ich dich finde.“
Während ich, nach Worten suchend, sprachlos da stand und diesen eigentümlichen Mann ansah, antwortete Mona: „Am Campingplatz.“
„Na, dann!“
Er tippte zum Gruß an seine Stirn und die drei Männer radelten davon. Zur Erinnerung ließ das Fahrrad von Karl-Heinz eine Schlammspur am Fahrradweg zurück.