Hallo
Zum Grillen biete ich einen Ausschnitt aus meinem Projekt ‘das falsche System’.
Szene spielt in Genf unter dem Dach eines geheimen Geheimdienstes (Abteilung 00). Die Entführte Person, Jansen, wird seit sieben Monaten vermisst. Weltweit gibt es in der Geschichte ca. 200 'Paragener', vier sind in der Lage mit ihrer besonderen Fähigkeit zu töten. Einer davon, P.385, Rahimow, wird hier indirekt vorgestellt.
EDIT: Ich werde das Gefühl nicht los, dass es an Beschreibung fehlt...
Erwähnte Fähigkeiten von Paragenern sind es unter anderem in einem Radius von 3-5 Kilometern (fast) alles wahrzunehmen, was um sie herum geschieht und selbst Personen zu erkennen, Gedanken zu manipulieren und Computer zu hacken. Gegen die Gedankenmanipulation sind Abteilungs 00 Agenten weites gehend geschult, an sicheren Firewalls arbeitet man noch; weshalb man z.B. nicht einfach eine Kampfdrohne rein schicken kann. Die zum Schluss erwähnten Nanobots basieren auf einer nicht irdischen Technologie, die man noch nicht vollständig versteht und die man möglichst nicht in heiklen Situationen einsetzt, damit sie nicht verloren geht und in fremde Hände fällt. (Für Dr. Argon sind die Nanobots ein Teil seines Körpers und ihm so verständlich wie uns unsere DNA; ebenfalls eine Sicherheitsfunktion, aber halt nicht von ihm selbst.)
Fragen zum Text:
1. Wie liest es sich?
2. Handelnden die Charaktere professionell, obwohl sie ‘erschüttert’ wirken (sollen)?
3. Seht Ihr Ungereimtheiten?
Start„Eine Echtzeit Übertragung!“, rief ihr Farid Ceylan zu, als sie den Operationsraum betrat. Es war fünf Minuten nach Mitternacht.
Die Aufnahme war bereits auf dem Hauptmonitor. Gefilmt wurde eine große, fast leere Halle. Mittig darin saß eine Person auf einem Stuhl. Der Oberkörper war vorgebeugt. Auch ohne sein Gesicht zu sehen wusste Marie, dass es sich um Tialf Jansen handelte.
„Können Sie das Signal orten?“, fragte sie.
„Das haben wir bereits.“
Schritte hallten leise, als der Filmende sich seinem Gefangenen nährte. Langsam hob Tialf Jansen den Kopf und blickte mit leeren Augen in die Kamera. Er war nicht gefesselt. Sein Gesicht war unverwundet, wenn auch unterhalb des Mundes blutverschmiert. Ein großer, brauner Fleck überzog seinen grauen Pullover; als hätte man Blut über ihm ausgekippt.
„Das Blut auf seiner Kleidung; könnte es sein, dass er sich die Zunge abgebissen hat?“
Ceylan nickte ihr zu. „Durchaus möglich. Bei dem Licht lässt sich nicht sagen, ob das Blut bereits trocken ist.“
„Hat der Entführer etwas gesagt?“
Als der Agent verneinend den Kopf schüttelte, fielen unzählige Karten vor Jansens Füße klatschend auf den Boden. Nein, keine Karten. Als das Video weniger wackelte erkannte Marie, dass es Ausweise waren.
Einen erkannte sie auf Anhieb – Ron Tieze.
Unfreiwillig trat sie einen Schritt zurück. „Das ist P.385, Slava Rahimow.“
Jansen bewegte sich; er nahm ein Blatt Papier von P.385 entgegen und hielt es in die Kamera. 'Man wird mich freilassen, wenn Sie Halien Mandes und Gregor Theis schicken, um mich abzuholen.' Ihr Agent ließ das Blatt fallen und senkte erschöpft seinen Kopf. Damit endete die Aufnahme.
„Zeigen Sie mir auf der Karte, woher das Signal kommt.“ Sie zweifelte keinen Moment lang an der Echtheit der Aufzeichnung. Dafür kannte sie P.385 gut genug. Seine Fallen waren immer deutlich als solche gekennzeichnet.
Die Markierung lag inmitten von Stuttgart. Direkt vor ihrer Haustür. Zitternd stand Marie da. Dies war keine Ohrfeige, dies war ein Hieb in ihr Gesicht. Beiden Analytiker drehten sich mehrfach fragend zu ihr um, darauf wartend, dass sie etwas sagte.
„P.385 hat uns kein Limit gesetzt“, fing sie an, um überhaupt etwas zu sagen. Dabei zitterte ihre Stimme. Sie versuchte vergeblich, sich zu räuspern. „Kein Limit. Und … keine Vorschriften an uns, was wir nicht tun sollten. Aber das erschließt sich aus der Lage; die Halle liegt unmittelbar in einem Wohnviertel. Kein Limit bedeutet, dass er uns einen Tag Zeit lässt. Das würde reichen, um eine Stürmung vorzubereiten … die erneut in einem Massaker enden könnte. Selbst wenn P.385 dem ausweichen sollte, würde er Jansen ermorden und ihn samt einem Foto von seiner Trophäensammlung, den Ausweisen, zurücklassen. Und noch während wir eine Evakuierung einleiten, könnte er Zivilisten töten.“ Was sie im Zusammenhang mit P.385 bereits erlebt hatte. „Ein Überraschungsangriff ist ebenso unmöglich. Blanke; geben Sie mir bitte ein Glas Wasser. Danke.
Fordern Sie Verstärkung an, wir brauchen hier zehn weitere Leute.“
„Wir haben Dr. Argon bereits kontaktiert. Sollen wir auch Mandes hinzuziehen?“, fragte Stephanie Blanke.
„Nein. Weder Mandes noch Theis werden hierüber in Kenntnis gesetzt. P.385 hat bereits acht von unseren Agenten ermordet, lassen wir es nicht zehn werden.“ Es würde sie nicht wundern, sollte Mandes versuchen die Heldin zu spielen. Da es hier um Jansen ging, traute sie selbst Gregor Theis zu in diese Falle zu rennen.
Marie trank ihr Wasser aus, doch ihre Kehle fühlte sich immer noch trocken an. „Es ist davon auszugehen, dass P.385 im Unklaren über Mandes ist und sie für einen Menschen aus Fleisch und Blut hält; aber Mandes kann erst seit kurzem drei Tage in Folge arbeiten, ohne am vierten zusammen zu brechen. Vor allem ist sie keine ausgebildete Agentin. Sie ist eine Soldatin und neigt zu impulsiven Handlungen.
Ich werde keinen unserer Leute in den sicheren Tod schicken. Genau so wenig lassen wir einen von uns zurück; wir müssen P.385 anders aushebeln. Wir wissen, dass er für oder mit P.428, Fabio Mecidini arbeitet. Im Gegensatz zu Rahimow wird Mecidini mit uns sprechen; wenn wir den richtigen Nerv treffen. Wo hält er sich derzeitig auf?“
„Laut den Einträgen haben wir sein Signal vor drei Stunden verloren“, berichtete Ceylan. „Zuletzt hielt er sich in seiner Hauptresidenz auf. Laut Protokoll hat er im letzten Monat mindestens drei Mal Kontakt zu Rahimow aufgenommen; in der Regel ist dies die Jahresbilanz.“
Blanke drehte sich zu Marie um. „Wenn er zu diesem Zeitpunkt abtaucht, lässt sich daraus schließen, dass er nicht vorhat, zu verhandeln.“
Auch war nicht sicher, ob Mecidini jemanden wie Rahimow zurückpfeifen konnte. Wie Marie wusste standen ihnen derzeitig keine verfügbaren Satelliten frei; wenn sie einen abzog, gefährde sie andere Missionen. Sie entschied sich dennoch dafür. „Ziehen Sie den Satelliten über Petersburg ab und informieren Sie unverzüglich unser Team dort darüber. Finden Sie Mecidini.“
Welchen Hebel suchte sie? Mandes hatte Bariello getötet, Theis hatte P.48 eliminiert. Selbst wenn sie ein Druckmittel finden sollte, könnte es dies aufwiegen?
Im Augenwinkel bemerkte sie eine Bewegung. Dr. Argon trat leise hinter sie. Ausdruckslos sah er sie an. „Ich habe Ihr Gespräch soweit mitverfolgt“, sagte er leise.
„Und wenn wir noch mal um die Ecke denken?“, fragte Blanke hinein. „Die nächste Person, die sich in Reichweite befindet ist Gromow – mir ist durchaus bewusst, wie sensibel das Feld um ihn nach wie vor ist und wir uns keinen weiteren Fehltritt erlauben dürfen; dennoch haben wir einen Trumpf gegen ihn im Ärmel.“
Marie verschränkte die Arme vor dem Bauch. „Der bringt uns hier nicht weiter. Wir bleiben an Mecidini dran. Ich will eine Liste von jedem Kontakt, den er aktuell pflegt, sowie eine von seinen laufenden Projekten. Wir müssen einen sehr, sehr wunden Punkt ausfindig machen, der nicht Rosalie heißt.“
„Bei allem Respekt“, sagte Ceylan vorsichtig. „Es ist extrem unwahrscheinlich, dass wir jetzt in der kurzen Zeit etwas finden werden, was wir in den letzten sechs Monaten übersehen haben. Kein Konto, kein Kontakt zu welcher Instanz auch immer, keine Produktionsanlage und kein Handelsweg werden ihnen mehr wert sein als das hier.“
Bestätigend nickte Marie ihm zu, doch ehe sie weitersprechen konnte, fuhr er fort: „Und stellen wir uns mal vor, er lässt die Ausweise zurück; selbst wenn es nur Duplikate seiner Trophäen sind – dort stehen die Namen von über dreißig Menschen verschiedenster, nationaler Behörden und Geheimdienste. Sollte die NSA davon Wind bekommen, so kurz nach dem Skandal in Sibirien...“
„Das werden Rahimow nicht tun“, wand Dr. Argon entschieden ein. „Eben aus jener Folge nicht, die Sie erwähnten. Denken Sie noch einen Schritt weiter.“
„Sie würden damit riskieren, dass falls unsere Abteilung dicht gemacht wird, sie im schlimmsten Fall bald alle Geheimdienste jagen könnten.“ Ceylan nickte und atmete tief durch.
„Wir stehen alle unter Strom“, sagte Marie. „Kommen Sie und Miss Blanke mit der Verstärkung in den Nebenraum, sobald sie eintrifft. Ändern Sie zuvor Mandes Terminplan für morgen. Mandes soll mit P.112 trainieren. Sie soll ihn so weit treiben, dass er sich gegen sie wehren muss – und sich gegen ihn behaupten. Sollte es ihr gelingen, ist sie unser Plan A.“
Ceylan und Blanke klangen weit aus zuversichtlicher als zuvor, als sie „Jawohl“, und „verstanden“, sagten und bekamen nicht mit, wie Dr. Argon mit traurigem Blick verneinend den Kopf schüttelte.
„Dr. Argon, sagen Sie jetzt nichts. Kommen Sie mit.“ Marie löste ihren Laptop von den Kabeln und begab sich in den Thinktank Raum nebenan. „Ich habe nicht vergessen, dass Sie mir einst sagten, es würde nur Sinn machen eine Naturgewalt auf P.385 zu hetzen um ihn aufzuhalten. Oder fünf Zypras. Ist Ihnen seitdem noch etwas Brauchbares eingefallen?“
„Nein. Außer es scheint Ihnen mittlerweile Sinnvoll, ein Gespräch zu Jemandem zu suchen. Weil, falls es so sein sollte, sind dafür bei Rahimow bereits alle Stricke gerissen.“ Er fuhr mit der Hand über den Tisch und erschuf durch seine Nanobots darauf einen Monitor. „Ich sehe noch keine Alternative, als, wie von Ihnen vorgeschlagen, ihn über Mecidini auszubremsen.“
Danke!
Juni