Hallo zusammen,
es ist ziemlich ruhig hier ... Röstgut!
Ich stelle mal den Beginn meines neuen Fantasy-Projekts rein (zur Zeit habe ich keine Lust mehr auf Krimis).
Abgesehen vom Lesegefühl und Gesamteindruck interessiert mich folgendes:
1). Für wie alt haltet Ihr die Protagonistin?
2). Konntet Ihr das Geschehen im Action-Teil nachvollziehen? Ist es gut vorstellbar, so in Richtung Film?
3). Welche Fragen drängen sich dem Leser nach diesem Einstieg auf?
Der Sand war warm unter Jandras nackten Füßen, es roch nach Salz und Tang. Im Licht der sinkenden Sonne schimmerte das Meer wie gehämmerte Bronze.
Weit draußen, mitten im Wasser, standen Berge schwarz gegen den flammenden Himmel.
Eine Insel.
Jandra starrte sie an. Kniff die Augen zusammen. Sie war immer noch da.
„Jaandra! Jaandra!“
Die Stimme ihrer Schwester klang schrill.
Jandra wandte sich um. Elma rannte mit schlenkernden Zöpfen auf sie zu.
"Guck mal, Elma! Eine Insel!" Jandra zeigte mit dem Finger in die Richtung. "Eine große Insel mit Bergen! Die war vorher nicht da!"
Ihre Schwester schaute kurz aufs Meer. "Blödsinn." Sie keuchte vom Laufen. "Das ist nur eine Wolke. Und jetzt komm, es wird bald dunkel."
„Ich will aber nicht! Diese Insel ... “
Elma holte aus, Jandra duckte sich, die Ohrfeige ging ins Leere, sie hüpfte weg, außer Reichweite. Natürlich wusste Elma, dass sie keine Chance hatte, Jandra zu erwischen, wenn sie davonlief. Sie weinte fast. "Bitte ... wenn du nicht rechtzeitig daheim bist, dann – bitte!"
Jandra stieß einen Seufzer aus. "Ist ja gut."
Sie trabten nebeneinander über den Sand. „Was passiert denn, wenn man im Dunkeln draußen ist? Warum ist das so gefährlich?"
"Halt den Mund, Jandra! Du weißt genau, dass man nicht darüber reden darf."
"Warum nicht?"
"Das verstehst du nicht. Du bist zu klein.“
„Immer bin ich zu klein!“
„Nur so lange, bis du groß bist.“
Vom Ufer führte ein Pfad landeinwärts zu einer Hütte, die sich unter Pinien duckte und von einem kleinen Gemüsegarten umgeben war. Aus einem offenen Schuppen wehte der Geruch von geräuchertem Fisch.
Elma hastete durch die offene Tür, knallte mit der Stirn gegen den Rahmen und stöhnte auf.
Jandra kicherte. „Wenigstens bin ich zu klein, mir den Kopf anzustoßen.“
Natürlich erzählte sie ihren Eltern von der Insel.
"Das hast du dir eingebildet", sagte Vater.
Mutter zog sie in ihre Arme. "Ich habe mir Sorgen gemacht. Bitte komm nie, nie wieder so spät nach Hause."
Am nächsten Morgen sollte Jandra im Garten helfen, aber sie lief, so schnell sie konnte, zu der etwas abgelegenen Bucht, an der sie gestern Nachmittag gespielt hatte.
Die Insel war verschwunden.
Einige Monate später saß Jandra mit ihren Eltern und ihrer Schwester beim Abendessen. Sie löffelten ihre Fischsuppe und redeten über die Arbeiten, die jeder am nächsten Tag erledigen sollte. Alles war wie immer, immer gleich, immer langweilig.
Und doch … Irgendetwas stimmte heute nicht.
Jandras Augen wanderten über die vertrauten Gegenstände des Raumes: die Schlafmatten mit den Wolldecken, die Kleidertruhe, den blanken Tisch mit dem Suppentopf aus glasiertem Ton. Ihr Blick blieb am Regal neben dem Herd hängen. Das Holzbrettchen, auf dem ihre Mutter immer Knoblauch hackte, wackelte. Vielleicht versteckte sich dort eine Maus … Und die an einer Schnur über der Kochstelle aufgereihten Trockenfische – sie tanzten! Jandra ließ ihren Löffel in die Suppe fallen, sie spritzte heiß in ihr Gesicht. Sie zeigte auf den Herd. „Schaut mal, die Fische!“
Alle wendeten den Kopf in die Richtung.
Lautes Rumpeln, Jandra fuhr zusammen. Ein Zittern stieg über ihre Füße und Knie empor und wurde immer stärker.
Elma stieß einen spitzen Schrei aus, Mutter schlug die Hände vors Gesicht. Krümel rieselten von der Decke herab auf Jandras Schultern, der Boden unter ihr zuckte, ihr Stuhl kippte, sie sprang auf und hielt sich an der Tischkante fest.
Die Wände bebten, im Putz sprangen Risse auf und verzweigten sich. Der Suppentopf hüpfte vom Tisch, Brühe schwappte heraus, er zerschellte am Boden.
Alle schrien durcheinander und duckten sich vor Tellern und Körben, die aus dem Regal flogen. Mutter sprang über rollende Kohlköpfe, rutschte in der Suppenlache aus, fing sich, packte Jandra und zog sie nach hinten zu den Schlaflagern, wo schon Vater und Elma kauerten.
Jandra schmiegte sich an ihre Mutter. Die Eltern murmelten Gebete.
Die Wellenbewegungen des Bodens verebbten, es wurde still bis auf das Rauschen der Pinien und ein fernes Grummeln wie von einem abziehenden Gewitter.
Jandra stand auf, auch Vater rapppelte sich hoch und betrachtete das Chaos. „Ich glaube, es ist vorbei. Unser Haus steht noch. Die große Göttin hat uns geholfen. Ich werde ihr ein Opfer bringen, fünfzig Räucherfische – “
„Ich halte das nicht mehr aus!“, kreischte Mutter plötzlich los. „Immer diese Angst – die da draußen – sie hätten uns -“ Sie wischte sich den Staub aus den Augen und fuhr ruhiger fort: „Wir sollten nach Narakasta gehen, dort gibt es keine Erdbeben.“
Vater kickte einen Kohlkopf mit dem Fuß fort. „Wir hätten keine Arbeit und keinen Platz zum Wohnen. Wir müssten betteln oder stehlen.“
Mutter schluchzte auf. „Ich will nicht so weiterleben!“
Vaters schmales, von der Sonne gedörrtes Gesicht sah müde aus. „Wir können es nicht ändern. Das letzte Beben ist lange her, da hat Jandra gerade laufen gelernt. Vielleicht haben wir nun wieder viele Jahre lang Ruhe vor ihnen.“
Jandra konnte sich nicht mehr zurückhalten. „Was machen sie? Was passiert, wenn man nachts rausgeht oder das Haus einstürzt?“
Auf Vaters Stirn erschien eine steile Falte. „Kein Wort mehr!“
„Wie sehen sie aus?“
Die Hand ihres Vaters schoss vor, er schlug sie so hart auf die Wange, dass ihr Kopf zur Seite flog. Jandra heulte los.
„Frag nie wieder, sonst – “
Donnergrollen verschluckte seine Stimme, wurde immer lauter, es dröhnte in den Ohren. Der Boden rollte unter Jandras Füßen weg. Vater stand mit gespreizten Beinen da wie ein Seemann auf einem schwankenden Boot. Von der Wand hinter der Schlafstelle platzte der Putz und fiel in großen Scherben herab, darunter wurde mit Lehm gefülltes Weidengeflecht sichtbar.
Das Getöse ließ nach, aber die Hütte vibrierte, knackte und quietschte. In der Mauer hinter den Schlafmatten erschien ein Riss, er verzweigte sich blitzschnell, wurde breiter, ein Spalt klaffte.
Mutter sprang auf, packte Elmas Bluse und versuchte, sie von der Wand wegzuziehen, Vater stürzte herbei, umschlang ihre Taille mit beiden Händen und zerrte wie verrückt – vergeblich. Elma schrie gellend und wand sich wie ein Aal in einer Fischreuse.
Aus dem Riss ragte ein schwarzer Arm, um den ein rötliches Licht flackerte, eine Krallenhand hatte Elmas Handgelenk gepackt.
Jandra hüpfte über einen umgefallenen Hocker, rannte zum Regal, schnappte sich das große Fischmesser, lief um das tobende Menschenknäuel herum und stach wild auf den Arm des Ungeheuers ein. Ein zischender Laut, Elma fiel nach vorne und schlug mit dem Bauch auf den Boden.
Der Arm war verschwunden.
Jandra starrte auf den Riss und umklammterte das Messer.
War die Kreatur jetzt fort? War sie verletzt? Oder hatte sie aufgegeben, weil sie zu groß war, um sich durch den Riss zu schieben?
Die Eltern schleiften Elma von der Wand weg und drehten sie auf den Rücken. Sie lag da als wäre sie tot.
„Elma – Elma, wie geht es dir – Elma!“
Keine Antwort.
Jandra hielt noch immer das Messer in der Hand – vielleicht kam das Krallending ja wieder – und sah zu, wie ihre Eltern den Körper ihrer Schwester abtasteten.
„Sie atmet!“, flüsterte Mutter.
„Sieht nicht so aus, als wäre sie schwer verletzt“, sagte Vater. "Nur ein paar Schnitte, wo … es sie festgehalten hat."
Er schüttelte Elma, schrie sie an. Keine Reaktion. Mutter begann zu weinen, zog eine Decke vom Lager und bettete Elma darauf.
Dann hockten alle in der Mitte des Raumes und warteten. Niemand wagte sich in die Nähe des Spalts.
Es wurde immer dunkler. Im Herd glimmte nur noch ein halb verkohlter Klotz, die Gegenstände wurden zu schwarzen Schatten, die Gesichter zu bleichen Flecken.
Das Holz lagerte draußen vor dem Haus.
Bald saßen sie in völliger Finsternis da und lauschten.
Manchmal hörte Jandra ein seltsames Geräusch, ein hech-hech-hech, und ein Schleifen und Kratzen draußen an der Hausmauer. Dann wurde ihr gleichzeitig heiß und kalt, und sie drückte sich an ihre Mutter.
Die Nacht schien ewig zu dauern.
Als durch die schmale Lücke zwischen den geschlossenen Fensterläden ein Sonnenstrahl fiel, lachte Jandra. „Ich habe es verjagt!“
„Dumme Gans!“, sagte ihre Mutter. „Das bildest du dir ein. Die gute Göttin schützte unser Haus.“