Teufelsrost > Höllenfenster
Frierend im Sonnenschein
Oldlady:
Hi Ofli, ich röste beim Lesen.
--- Zitat ---Draußen thronte die Sonne einsam am wolkenlosen Himmel. Sonnenlicht durchflutete den großen Raum, dessen Fenster geschlossen waren.
--- Ende Zitat ---
Dieses „einsam“ stört mich, finde ich unnötig. Dopplung Sonne-Sonennlicht, deshalb würde ich den nächsten Satz so formulieren: Ihr Licht durchflutete …
--- Zitat ---Munteres Knacken und Fauchen im Kamin. Das einzige Geräusch in drückender Stille.
--- Ende Zitat ---
„Munteres“ passt nicht zur Stimmung, außerdem passt es nicht zu Kaminfeuer. Und wieso kein Verb? Das wirkt auf mich eckig. Also eher so: Das Knacken und Fauchen im Kamin war das einzige Geräusch in drückender Stille.
--- Zitat ---Den Rücken, den wärmenden Flammen zugewandt saß Robin im Schneidersitz am Boden und hoffte darauf, dass die Hitze bis ins Innere vordringen würde. Hoffte, dass die Wärme des Feuers und der Sonne, die unsägliche Kälte vertreiben möge.
--- Ende Zitat ---
Die Satzkonstruktion ist unnötig kompliziert und deshalb mühsam zu lesen. Und die Sonne bringt nichts als extra Wärmespender, wenn das Feuer so nah ist.
Mein Geschmack wäre: Die Hitze des Feuers strahlte gegen Robins Rücken. Er hockte im Schneidersitz auf dem Boden und hoffte, sie würde bis ins Innere vordringen und die unsägliche Kälte vertreiben.
--- Zitat ---Eine frostige Träne spendete der Haut nur kurze Linderung, ehe sie klirrend am Boden zersprang.
--- Ende Zitat ---
Ich nehme mal an, das „klirrend“ ist als Darstellung des psychischen Zustands gemeint. Wenn das stimmt, müsste das aber für den Leser deutlicher werden, sonst klingt es nur seltsam.
--- Zitat ---Den Rücken, der wärmenden Glut zugewandt hatte die innere Kälte obsiegt.
--- Ende Zitat ---
Der Satz ist total verquer. Es müsste "der Rücken" heißen. Und der Rücken kann die Kälte nicht besiegen, das kann höchstens die Glut. Du meinst wohl: Die Kälte hatte gegen die Wärme obsiegt. Warum es nicht gleich so oder so ähnlich und ganz einfach schreiben?
Du scheinst überhaupt zu komplizierten Wendungen zu neigen, das ist für den Lesefluss nicht gut. Und das Problem wird durch viele falsch gesetzte Kommata noch verschärft.
Dass der Rücken der Glut zugewandt ist, muss nach meiner Ansicht hier nicht noch mal erwähnt werden, es spielt für die psychische Situation keine Rolle.
--- Zitat ---Ich bin neugierig wie der Text auf euch wirkt und was er in euch auslöst.
--- Ende Zitat ---
Ein Gefühl von Depression auf jeden Fall. Aber für mehr Tiefe bräuchte er mehr Details. Fühlt sich Robin von allen verlassen, von der Welt abgeschlossen, was genau meint er mit „Kälte“ – die der anderen? Oder ist es Kälte, die aus ihm selbst kommt, weil ihm alles egal ist?
Zur Namensgebung:
Robin ist für mich einfach ein verzweifelter Mensch, weder männlich noch weiblich. Im Deutschen gibt es kaum geschlechtsneutrale Namen wie etwa im Italienischen (Andrea). Vorschlag: Ein erfundener Name wie etwa Karo, Marne, Heig.
Oflinitrium:
Schon einmal zwischenzeitlich vielen Dank, ich habe eure Röstungen alle mitverfolgt und ihr habt viele Gedankengänge angestoßen, die sich im Moment noch nicht recht fassen lassen, aber ich werde definitv noch darauf zurück kommen =)
Pia Sophie:
Lieber Oflinitrium,
spannende Challenge, einen Text mit geschlechtslosem Protagonisten zu schreiben. Interessant auch, wie schnell jeder Leser diesem automatisch ein Geschlecht zuordnet, bestimmt geprägt von den eigenen Erfahrungen und den Leuten, die jeder einzelne mit diesem Namen kennt.
Natürlich erzeugst du ohne die Personal- und Possessivpronomen Distanz zu deinem Prota. In diesem Text ist das sicherlich vorwiegend hinderlich, da du ja gern eine bestimmte Stimmung rüberbringen möchtest, aber es lassen sich sicher auch Fälle denken, in denen es hilft.
Wenn ein Text sich flüssig lesen lassen soll - Poesie oder nicht - solltest du darauf achten, dass du parallele Satzkonstruktionen vermeidest. Und du musst (zwangsläufig! nicht inhaltlich, aber strukturell) die Erwartungen des Lesers erfüllen.
Und last not least: Soll ein Text bedrückend wirken, lass solche Adverbien wie "munter" und "spielerisch" weg.
--- Zitat ---Draußen thronte die Sonne einsam am wolkenlosen Himmel. Sonnenlicht Ihr Licht durchflutete den großen Raum, dessen Fenster geschlossen waren.
--- Ende Zitat ---
Das hier finde ich großartig. Du lenkst meinen Blick erst nach draußen und dann wieder (über das Sonnenlicht) rein. Ich habe sofort was, woran ich mich "festhalten" kann.
--- Zitat ---Munteres Knacken und Fauchen im Kamin. Das einzige Geräusch in drückender Stille.
--- Ende Zitat ---
Wäre mir zu elliptisch. Warum nicht: "Im Kamin knackte und fauchte es; das war das einzige Geräusch in der drückenden Stille"? Wobei es ja eigentlich nicht still ist, wenn es im Kamin knackt und faucht.
--- Zitat ---Schweiß versuchte den Körper zu kühlen, Haut glühte, Muskeln brannten. Ein ganzer Körper suchte der Hitze zu entfliehen. Doch Robin regte sich nicht.
--- Ende Zitat ---
Im Zusammenhang mit dem Wort "Körper" fallen mir die fehlenden Pronomen am stärksten auf. So hat man doch eher die Assoziation zu einem physikalischen Körper, nicht unbedingt einem menschlichen.
Strukturell sind mir das zu viele SP(O)-Aufzählungen, zu viele Parallelkonstruktionen. Du willst ja flüssig zu lesen sein.
Muskeln "brennen", wenn sie überstrapaziert sind, aber das meinst du hier sicherlich nicht.
Den letzten Satz ("Doch Robin ...") würde ich weglassen.
--- Zitat ---Hoffte, dass die Wärme des Feuers und der Sonne, die unsägliche Kälte vertreiben möge. Diese unsägliche Kälte, die den Körper seit geraumer Zeit Schritt für Schritt für sich beanspruchte. Die lähmte und zur Untätigkeit verdammte.
--- Ende Zitat ---
Wenn ich den zweiten Satz im Original lese ("Diese Kälte, die ..."), erwarte ich, das "diese Kälte" das Subjekt des Satzes ist. Ist sie aber nicht, sie ist weiterhin das Objekt des Satzes davor. Um das deutlich zu machen, muss du dem Leser zeigen, dass du im zweiten Satz nähere Informationen zu "dieser Kälte" liefern möchtest.
--- Zitat ---Das Feuer war herunter gebrannt. Die Glut glomm spielerisch in der Dunkelheit der Nacht. Robin wartete nicht mehr.
--- Ende Zitat ---
Wieder die SPOs, wieder die parallelen Konstruktionen. Das hemmt den Lesefluss. Vorschlag: "Nachdem das Feuer herunter gebrannt war, glomm (nur noch) die Glut in der Dunkelheit der Nacht. Robin wartete nicht mehr."
--- Zitat ---Den Rücken, der wärmenden Glut zugewandt hatte die innere Kälte obsiegt. Die frostige Faust der Einsamkeit drückte ein letztes Mal das geschundene Herz und Robin hauchte den letzten Hauch.
--- Ende Zitat ---
Sechsmal hintereinander eine Adjektiv-Nomen-Konstruktion. So was klingt schnell leierig.
Ich frage mich auch, ob die innere Kälte es ist, die der wärmenden Glut den Rücken zugewandt hat ;-).
LG
Pia
Trallala:
Ich finde, Du must der Person unbedingt ein klares Geschlecht geben und ansonsten empfinde ich einen Hauch zu viel Pathos, um wirklich berührt zu sein. Mir fehlt auch die zeitliche Zuordnung. Heute, vor fünfhundert Jahren, vor zweitausend Jahren, wann spielt es?
Nur meine Meinung
T!
Oflinitrium:
Und wieder was gelernt. Vielen Dank für deine ausführliche Röstung Pia! Ich denke das hilft mir auch bei zukünftigen Texten noch weiter.
--- Zitat ---Und last not least: Soll ein Text bedrückend wirken, lass solche Adverbien wie "munter" und "spielerisch" weg.
--- Ende Zitat ---
Ich wollte einen Kontrast darin einbauen, wie die Welt drumherum wahrgenommen wird und wie es in der Figur aussieht. Und dass dieser Kontrast sich zusätzlich auf die gebeugten Schultern legt. Aber ich bemerke, dass mir dafür der Bezug von Figur zur Umgebung fehlt. Da habe ich zu viel gedacht und zu wenig geschrieben. -_-
--- Zitat ---Ich frage mich auch, ob die innere Kälte es ist, die der wärmenden Glut den Rücken zugewandt hat
--- Ende Zitat ---
Auch wenn es sinnlos klingt, wäre das nicht einmal falsch.
@ Trallala rein theoretisch stimme ich zu. Rein praktisch, hab ich einen Dickkopf und mir die Aufgabe gestellt mich mal an so einem kleinen Textchen zu versuchen, bei dem eine Figur im Mittelpunkt steht ohne das man wirklich weiß wer sie ist.^^
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