Teufelszeug > Theorie
Bestseller schreiben: Ja oder nein
Trippelschritt:
Immer schön zu erfahren, dass gute Bücher mehr zählen als Bestseller, aber wenn jemand mit dem Berufswunsch Schriftsteller aufwächst, dann muss er ganz früh an den Verkauf denken. Aber sei es, wie es ist. Das muss jeder für sich entscheiden.
Bleibt noch nachzutragen, was man braucht oder können muss, um entweder Bestseller oder gute Bücher zu schreiben. Ich fange man mit den "guten Büchern" an. Da bin ich mir meiner Meinung sicherer. es sind vor allem drei oder vier Talente/Fähigkeiten, je nachdem wie man zählt. Und jeder Punkt ist mehr oder weniger gleich wichtig. Meine Aufzählung enthält also keine Wichtung.
1. Man braucht ganz viele Idee auf allen Ebenen. Von der Plotebene bis runter zum genialen Wort. Und man muss die Ideen auch bewerten können, denn nicht jede Idee taugt etwas. Und man kann auch unter der schieren Zahl der Ideen ersticken. Es gibt Leute und ich habe ein paar von ihnen kennengelernt - die produzieren brauchbare bis sehr gute Ideen auf Anforderung eimerweise. Aber können sie nicht zu einem Gebilde zusammensetzen. Übrigens, dieser erste Punkt ist mehr Talent als erlernbare Fertigkeit, obwohl sich auch hier etwas schulen lässt.
2. Man braucht das Talent oder Fähigkeit, Geschichten zu erzählen. In den meisten Schreibratgebern findet man nichts dazu. Seit einigen Jahren gibt es aber Schreibratgeber für Drehbücher. Dort wird man fündig, was Erzähltechnik angeht. auch für Romane, weniger für Kurzgeschichten. Mein Favorit ist McKee, aber das muss nichts bedeuten. Zum geschcihten erzählen braucht man ein gewisses Talent. aber vieles lässt sich auch erlernen. Wenn man aber zu dem Typ Mensch gehört, der jeden Witz kaputt erzählt, dann wird es ein harter Weg werden, den man gehen muss.
3. Schreibhandwerk kann man lernen. Das hat mit Erzähltechnnik wenig zu tun. Da geht es um Einzelprobleme wie Dialoge, Beschreibungen, Perspektive etc. Und es gibt viele Schreibratgeber. Hier im forum gibt es irgendwo Empfehlungen dazu und jeder hat seine eigenen Lieblinge.
4. Ein eigener Punkt? Oder zu 3 gehörig? Ich weiß es nicht. Aber ein Schreiber muss ein Empfinden für Sprache habe, für Rhythmus, Klang, Ausdruck und Grammatik. Gute Bücher lesen hilft. Früher auch einmal der Deutschunterricht auf dem Gymnasium. Das ging leider in den Schulreformen verloren, wie ich in zwei Bundesländern feststellen musste. Für die anderen kann ich nichts sagen.
Wie man Bestseller schreibt mache ich später. Der Text wird kürzer. Viiieeel kürzer. ;D
Liebe Grüße
Trippelschritt
merin:
Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass gute Bücher besser sind. Im Zweifelsfall bewegen Bestseller mehr, weil sie einfach mehr gelesen werden. Wahrscheinlich sind die besten Bücher die, die beides sind: gut und Bestseller. Auf Deine Liste, wie man einen bestseller schreibt, bin ich gespannt.
Oflinitrium:
Ich bin auch kein Freund davon, wenn man sein Fähnchen nur nach dem Wind richtet um erfolgreich zu sein, aber für Erfolg ist genau das nötig und auch das erfordert eine Menge Arbeit und ein Talent dafür das richtige zur richtigen Zeit zu liefern. Und noch viel wichtiger: herauszufinden bzw. zu wissen, was für die aktuelle Zeit erfolgsversprechend ist. Das bezieht sich nicht nur aufs Thema und den Plot, das bezieht sich auf das richtige Vokabular, den richtigen Klang, den richtigen Rhytmus. Auch wenn dieser Klang und Rhytmus nicht mit dem eigenen Klang und Rhytmus übereinstimmt.
Ich möchte an der Stelle auch einmal etwas überspitzen: Wenn ich ein großer Fan von Goethe, Schiller und/oder Shakespeere bin, aber beschließe einen Bestseller schreiben zu wollen. Wir leben in einer Zeit des "Sex sells" Nun schnapp dir aber als Goethe Fan mal einen Erotikthriller und ließ dir den vollständig durch. (Allein das wird eine Herausforderung werden...) Und dann, weil du dein Ziel klar vor Augen hast, überleg dir einen eigenen Plot und übernimm die zeitgemäße Sprechweise und den zeitgemäßen Rhytmus ohne dich von deinen eigentlichen Idolen zu stark beeinflussen zu lassen, weil du weist dass dir das im Weg stehen wird. Wer das schafft und dann tatsächlich einen Bestseller zustande bringt, bevor dieser Trend zum erliegen kommt hat im Grunde einen steinigeren Weg hinter sich, als derjenige der sich hauptsächlich in Gebiet aufhält, in dem er sich wohlfühlt. Den Jackpot haben natürlich Bestseller Produzenten die sich im derzeit vorherrschenden Trend wohlfühlen. Aber ich glaube, dass muss man auch um tatsäclich einen Bestseller produzieren zu könne, weil man sonst die Zielgruppe verfehlt.
Andererseits muss ich wiederum zugeben, dass Kiss "I was made for Lovin you" nur geschrieben hat um zu zeigen wie einfach es ist einen Hit zu produzieren... und es wurde ein Hit...weltweit... aber sie haben trotzdem ihren eigenen Stil dafür benutzt.
Fabian:
--- Zitat von: Trippelschritt am 23 November 2017, 09:49:04 ---Bestseller schreiben oder gute Schriftsteller werden. ... Wichtig[er] ist, dass zwischen diesen beiden Zielen ein fundamentaler Unterschied besteht und das Erstreben des einen das andere behindert.
--- Ende Zitat ---
Das in deinen Augen Wichtige hast du zu Recht als These an den Anfang deines Beitrages gestellt.
Nachdem jetzt das Publikum seine Eingangsspekulationen beigesteuert hat würde mich natürlich sehr interessieren, wie du selbst diesen Gedankengang im Detail ausgearbeitet hast.
Worin besteht deiner Meinung nach das jeweilige Störungspotential dieser Strebungen in Bezug auf die Entwicklung als Autor?
Trippelschritt:
@Merin: Ich weiß schon, warum ich gute Bücher in Anführungsstriche gesetzt habe. (Einmal leider auch nicht). Die Bewertung gut gibt es streng genommen nicht. Es muss immer "gut für" heißen, Aber da jeder für sich wissen wissen muss, was für ihn gut ist, werde ich nichts dazu sagen. Allerdings dachte ich, dass klar sei, was ich unter guten Büchern verstehe, nachdem unsere Diskussion den obigen Verlauf genommen hat.
Jetzt zu den Bestsellern. Und dazu hat Oflinitrium ja bereits einiges gesagt. Und ich habe dazu ja auch keine Analyse oder Untersuchung gemacht. Ich habe einfach viel gelesen und dabei ist mir Einiges aufgefallen, das weder vollständig noch 100% richtig sein kann.
Es gibt Bestseller, die nur durch Marketing zum Bestseller wurden und welche, wo der Name des Autors ausreichte. So etwas liegt nicht in den Händen eines angehenden Hobbyautors. Dann gibt es welche, wo selbst im Nachhinein niemand versteht, wie sie an die Spitze gekommen sind und hin und wieder ein Buch, weil es die Stimmung der Zeit getroffen hat. Auch wenn es in bestmmten Sparten Menschen gibt, denen es gelingt, eine solche Stimmung hin und wieder zu treffen (in der Oh Kotür der Mode, z.B.), geschieht es bei Büchern zufällig.
Ich habe vor einigen Tagen den ersten Band einer Serie für jüngere Leser reingezogen, bei dem ich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen konnte, den ich aber trotzdem am Stück einfach runtergelesen habe. War durchaus interessant. Später habe ich dann erfahren, dass die Autorin eine Bestseller Autorin war,
In früheren Jahren habe ich wie viele andere auch gern Mario Simmel gelesen. Selbst, wenn der Spruch stimmt, wer einen Simmel kennt, kennt alle, hat mich das nicht gestört. In einen der Bände habe ich vor kurzem noch einmal hineingeschaut. War nix. Meine elterngeneration hat gerne Konsalik gelesen, der für das "Establishment" unter aller Würde war. Aber die Verkaufszahlen waren riesig.
Das gab mir zu denken.
In der amerikanischen Film(?)/Fernsehindustrie galt mal das KISS-Prinzip. Keep it simple and stupid. Und da ist tatsächlich etwas dran. Und jetzt muss ich vorsichtig sein, dass ich nicht herablassend klinge, aber ich habe auch an mir selbst etwas beobachtet, das u.a. im McKee Lehrbuch für Drehbuchschreiben) erwähnt wird.
Die Fähigkeit Qualität zu genießen steigt mit dem Lebensalter und der Bildung, was u.a. bedeutet, subtile Andeutungen und sprachliche Finessen etwas für die Älteren sind, wohingegen für die Jüngeren alles recht deutlich geschrieben werden muss. Ich erlebe es gerade wieder. Ich lese The Dispossed von LeGuin, das ich mit 30 gelesen habe. Was für ein Buch! Auch wenn man berücksichtig, dass es heute ein wenig aus der Zeit gefallen ist. Ich fand es auch damals bereits gut, aber seine Tiefe erschließt sich mir erst jetzt. Aber in der Musik beginnt man ja auch nicht gleich mit Symphonien.
Bestseller sind meistens einfach im Plot und sie holen die Leser dort ab, wo sie stehen. Damit hat man bereits zwei gute Kriterien. Wenn das aber alles wäre, hätte der Schreibanfänger das große Los gezogen. Es muss also noch etwas dazu kommen. Auch Bestseller brauchen ein paar gute Dinge, die man sich erst erarbeiten muss.
Die Leser dort abholen, wo sie stehen, bedeutet, dass sowohl Genre als auch die zentrale Idee des Romans passen müssen. Liebesromane gehen immer, Krimis meistens und Fantasy hat immer das Potential für kleine Bestseller.
Dazu müssen mindestens noch zwei andere starke Punkte kommen. Die Sprache muss gefällig und vor allem nach Profi klingen. Wenn der Anfängeramateur bereits am Satzbau zu erkennen ist, muss er weiter an der Sprachbeherrschung arbeiten, bis er es kann.
Und der zweite Punkt sind Ideen. Der Bestsellerautor muss seine Leser immer wieder überraschen können, auch wenn Rosamunde Pilchers Bücher davon leben, dass es kaum Überraschungen gibt. Früher war es Courts Mahler. Dort werden feste Erwartungen getroffen, aber ich kenne keine Genre außer Liebesromanen, wo das so leicht möglich ist. Aber auch diese Damen Konnten/können schreiben und beherrschen ihre Sprache. Und auch den Bestsellerautoren wird der Erfolg nicht geschenkt.
In diesem Sinne
Frohes Schreiben
Trippelschritt
EDIT: Fabian, vergleiche mal die beiden Anforderungsprofile an den Autor
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