hallo,
so, habe versucht eure Verbesserungsvorschläge konstruktiv umzusetzen und hoffe, dass sich die Szene nun langsam mausert.
Die Fragen sind weitgehend die Gleichen geblieben, daher werf ich das jetzt einfach so mal rauf
viel Spaß beim Lesen.
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Eigentlich war es eine Nacht wie jede andere. Wie so oft saß ich in klaren Nächten in unserem Garten, lieber allein und nur in Gesellschaft meiner eigenen Gedanken als mich den Anstrengungen der höfischen Gesellschaft auszusetzen. Da gab es diesen großen Stein. Direkt hinter den mannshohen Hecken, die unseren Garten eingrenzten. Nur wenige Meter vom Waldrand entfernt. Dort saß ich auch in dieser Nacht, den Rücken angelehnt an dem harten Felsen, schaute hinauf zu dem beeindruckenden Meer der Sterne und bewunderte die funkelnde Unendlichkeit der tiefschwarzen Nacht. Mein dicker Mantel schützte mich vor dem feuchtkalten Boden. Es lag schon lange kein Schnee mehr, doch die Nächte waren noch immer sehr kalt. Ein Geräusch drang durch das Dickicht der Bäume und erregte meine Aufmerksamkeit.
Hm? Bilde ich mir das ein? Da ist doch was im Wald. Es Knurrte leise, begleitet von einem Rascheln, das unmöglich vom durch die Blätter wehenden Wind kommen konnte. Von der Neugier getrieben, stand ich auf und bewegte mich auf die hohen, dicht beieinander stehenden Bäume zu, die das Mondlicht kalt umflutete. Der Wind wiegte die Kiefern, Ebereschen und Erlen sanft hin und her. Das Flüstern der Blätter begleitete mich und unterstrich die Geräusche des Waldes um mich herum. Der Boden war dicht bedeckt mit kleinen Zweigen, den Hülsen alter Eicheln und verfaulten, nassen Blättern. Sie knisterten und knackten Unter meinen Füßen.
Ich mache zu viel Krach... Ich wählte meine Schritte vorsichtiger, auch ein wenig langsamer, sodass meine Bewegungen beinahe lautlos wurden. Nach wenigen Metern sah ich Dornenbüsche und Brombeersträuche, die sich bewegten. Das Knurren kam von dort. Ich umrundete das dunkle Gestrüpp und blieb wie angefroren stehen. Vor mir stand ein silberner Wolf mit dunklen Augen, die mich fixierten, und knurrte mich an.
Oh nein! Der ist ja… Warum ist er allein? Hektisch sah ich mich nach seinem Rudel um. Dann fiel mir ein, dass schnelle Bewegungen ihn reizen könnten. Ich erstarrte, fürchtete einen Angriff, doch der blieb aus.
Warum? Ich maß den Wolf mit meinem Blick. Er stand geduckt da, das Fell gesträubt. Im Mondlicht wirkte es wie flüssiges Silber. Seine Größe überwältigte mich. Er kam mir mindestens bis an die Hüfte. Die Ohren waren aufgestellt. Er bleckte die Zähne. Mein Blick blieb an den riesigen, scharfen Fangzähnen haften. Ich schluckte. Dann wanderte mein Blick hinab zum Boden. Ich bemerkte, dass sich der hintere Lauf des Wolfes in einem verschlungenen Geflecht aus dornigen Ranken und Wurzeln verfangen hatte. Es schmerzte mich, als ich die blutigen Wunden sah. Der Wolf hatte bereits versucht, sich zu befreien. Er tat mir Leid. Ich merkte, wie sich in mir das Verlangen ausbreitete, ihm zu helfen. Vorsichtig schob ich meinen Fuß ein paar Zentimeter nach vorne. Der Wolf duckte sich noch tiefer und bedrohlicher. Ich weiß nicht, weshalb ich nicht weg lief. Stattdessen drehte ich die Handflächen nach vorne. Ich wollte nicht direkt von vorne auf den Wolf zugehen - womöglich würde dieser das als Bedrohung wahrnehmen - und bewegte mich ein wenig zur Seite, während ich auf den Wolf einredete.
„Hab keine Angst. Ich werde dir helfen. Ganz ruhig.“
Das Knurren wurde leiser. Es klang jetzt eher misstrauisch als gefährlich. Ich duckte mich ein wenig, zeigte mich unterwürfig. Der Wolf sollte mich nicht als Bedrohung wahrnehmen.
„Ich will dir helfen. Ganz ruhig… Ich bin dein Freund.“
Jetzt hörte das Knurren auf und ich schöpfte ein wenig Zuversicht. Der Wolf wandte den Blick nicht von mir ab. In seinen Augen lag etwas, was ich in dem Moment nicht beschreiben konnte. Sie wirkten traurig, beinahe menschlich. Je länger ich in diese sonderbaren Augen schaute, umso vertrauter wurde dieses Gefühl für mich. Ich schüttelte die Reste meiner Angst ab und legte ihm eine Hand sanft auf den Kopf. Der Wolf zitterte unter meiner Berührung. Ich wandte mich seinem Lauf zu. vorsichtig entfernte ich das Gewirr von Ranken, die sich fest um den Lauf des Wolfes gewickelt hatten. Dann war er frei. Er humpelte einige Schritte und ließ sich auf den feuchten, kalten Boden nieder.
Die Wunde macht ihm sicher zu Schaffen. Im Geiste bedankte ich mich bei unserem Lehrer, der uns erst letzte Woche von den heilenden Pflanzen in diesem Wald erzählt hatte.
Wie war das? Valerian zur Beruhigung und Comfrey hilft bei der Heilung... Ich sah mich um. Zum Glück konnte man diese Kräuter überall im Wald finden. Ich pflückte eine Hand voll und zerkaute sie zu einem groben Brei. Damit behandelte ich den Lauf des Wolfes. Er jaulte kurz auf, als die Pflanzen das rohe Fleisch berührten, wehrte sich aber nicht.
Ich brauche einen Verband… ah, moment! Ich zog ein Taschentuch aus meinem Mantel und wickelte es um die Wunde.
So, das müsste halten. Danach ließ ich mich auf einen am Boden liegenden Baumstamm nieder. Der Wolf humpelte zu mir, seine leuchtenden Augen schauten mich dankbar an. Er winselte leise und legte mir den Kopf in den Schoß. Ich streichelte eine Weile sein dichtes, weiches Fell, bis ich laute Rufe hörte. Ich erkannte die Stimme meiner Mutter.
Mist, ich hätte längst zu hause sein müssen. Der Wolf schaute mir noch einmal in die Augen und verschwand dann zwischen den Bäumen, den verletzten Lauf eng angezogen. Noch bevor ich zu einer Antwort ansetzten konnte, kam Mutter hinter den Büschen hervor.
„Nick! Hier steckst du! Kannst du mir nicht antworten wenn ich nach dir rufe? Was machst du überhaupt hier? Du sollst dich so spät nicht in diesem unheimlichen Wald herumtreiben. Komm ins Haus!“
Ich muss immer noch lächeln wenn ich daran zurückdenke. Meine arme Mutter... schon mit zwei Jahren war ich schwerer im Auge zu behalten als ein Rudel Katzen. Dass mein Vater dann plötzlich aus der Stadt verschwand, machte es auch nicht einfacher. Aus diesem Grund war sie, was mich betraf, wohl auch so übervorsichtig, obwohl ich inzwischen 15 Jahre alt und damit beinahe ein Mann war.
***
Der Morgen lugte über die Gipfel der niedrigen Berge, die das Tal von Moondale einfassten. Ich unterdrückte ein Gähnen während ich die gepflasterte Straße entlang lief, die von sorgfältig gepflegten Vorgärten reich verzierter Villen gesäumt wurde. Ich hatte meinen Bogen und den Köcher - mit Pfeilen gefüllt - auf den Rücken geschnallt und ein Sax hing an meinem Gürtel. Ich war unterwegs zu dem Jagdgebiet meiner Familie, dem Waldstreifen, der am Ausgang des Tales die Ausläufer der niedrigen Berge verschluckte. Ich dachte über die Begegnung des gestrigen Abends nach. Der verletzte Wolf tat mir Leid. Ich konnte es mir nicht erklären, aber ich wollte ihn wiedersehen. Mich um die Wunde an seinem Lauf kümmern.
Heute Abend gehe ich noch einmal in den Wald. Ich riss mich aus meinen Gedanken. Ich sollte mich konzentrieren. Es war mitten im März. Auch wenn die Nächte noch frostig und kalt waren, Die Bäume knospten und die Sonne hatte an Kraft gewonnen. Sie wurde von den weißen Wänden der Villen reflektiert, an denen ich vorbei lief. Ich schnaubte bei ihrem Anblick. Säulen aus weißem Marmor, Stuckverzierungen, Ornamente, Kristallglasfenster… meiner Meinung nach war das ziemlich übertrieben. Die Gärten - oft nicht weniger üppig, mit kräftig riechendem Flieder und Hyazinthen und farbenfrohen Blumen - wurden häufig von Mauern eingezäunt, die mit Efeu bewachsen waren und meist ein eisernes Tor aufwiesen. Eines dieser Tore fiel gerade hinter einem rot-blonden Jungen mit dunkelblauen Augen ins Schloss. Er winkte mir fröhlich und lief zu mir herüber. Sein pummeliges Aussehen täuschte über seine Sportlichkeit hinweg.
„Guten Morgen!“
Ich lächelte und winkte zurück. „Guten morgen, Jamie.“
Jamie O‘Neill war seit ich denken kann mein bester Freund. Nunja, beinahe auch mein einziger Freund. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg durch die Stadt.
„Du siehst müde aus.“
„Ich habe letzte Nacht schlecht geschlafen. Und du? Du bist auch früh auf, mein Freund.“
„Ich weiß, ich habe dich lange nicht mehr zur Jagd begleitet. Ich war beschäftigt. Es gab Streitigkeiten mit dem Clan der McCanns.“
„Schon wieder? Ich dachte, durch die Verteilung der Landgutsrechte des Tales wären wir sie endlich losgeworden.“
„Sie glauben, weil sie mit der Erblinie Gealaich verwandt sind, hätten sie Anrecht auf die gesamten Ländereien des Guts.“
Ich horchte auf. Das könnte Ärger bedeuten. „Wie steht es um ihre Bemühungen?“
„Noch versuchen sie es mit Diplomatie. Sie wissen, dass ihnen die Unterstützung der anderen Clans fehlt. Onkel Duncan und ich haben die letzten Tage am Verhandlungstisch verbracht. Warum warst du eigentlich nicht dort?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Wenn es um Diplomatie geht, lasse ich Mutter den Vortritt.“
„Aber bist nicht
du Lord Argyll und Camhlaid, das Oberhaupt deines Clans?“
Ich rollte mit den Augen und verzog einen Mundwinkel. Es stimmte schon. Eigentlich hätte ich mit dem Erreichen meines vierzehnten Lebensjahres die Verpflichtungen der Familie übernehmen müssen. Doch was diese Dinge betraf, war es mir lieber, meine Mutter führte den Clan. Mir lag nichts daran ein Lord zu sein. Es war mir sogar unangenehm. Ich konnte mit dieser Welt einfach nichts anfangen.
„Ich vertraue das Adelsgetue gern meiner Mutter an. Ihre Weisheit hat sie immer gute Entscheidungen treffen lassen.“
Er nickte und wechselte dann das Thema. Wir erreichten die Häuser der Handwerker. Zwischen einfachen Bauten hatten sie ihre Werkstätten und Geschäfte errichtet. Aus dem Laden des Bäckers schwebte der herrliche Geruch frisch gebackenen Brots, was mich ein wenig hungrig machte. Als wir an der Werkstatt des Tischlers vorbei kamen, wurde die Tür aufgestoßen. Der Lehrling kam heraus, begleitet von den Geräuschen des Hobels, den sein Meister über ein Möbelstück zog. Er ging auf den Schuppen zu, vermutlich um Bretter und Balken herauszuholen. Als er uns sah, verbeugte er sich tief und murmelte ein undeutliches „M‘Lord“. Mit einigem Unbehagen nickte ich ihm zu und schritt weiter meines Weges. Der Schneider öffnete fröhlich pfeifend die Fensterläden und ließ das Sonnenlicht in seinen Laden fluten, durch dessen Fenster ich ein Chaos aus verschiedenen Stoffen, Bändern und Zierde erkennen konnte. Wir nickten ihm höflich zu.
„Hast du gehört?“, sprach mich Jamie wieder an, „William Borthwick hat seine Tochter mit dem Earl of Cassilis vermählt.“
„Agnes?“
„Du kennst sie?“
„sicher. Das ist doch die Schwester von Alexander. Du weißt schon, dem Jungen, der letzten Sommer an unserer Schule war.“
„Ach ja, ich erinnere mich.“ er kicherte. „Wenn sie ihrem Bruder nur ein bisschen ähnelt, dann ist sie in Cassilis besser aufgehoben als in Midlothian.“
Wir lachten. Doch schon bald bedeutete ich meinem freund zu schweigen. Wir hatten die ersten Bäume erreicht und ich kniete mich hin um eine Spur auf dem Boden zu überprüfen.
„Ein Hase. Aber die Spur ist schon alt.“, flüsterte ich.
Langsam kroch ich über den Boden. Wir näherten uns einer Anhöhe, hinter der sich ein kleines Rinnsal den Hang hinunter bahnte. Ich hatte Glück. Ein Moorschneehuhn hatte sich dem Rinnsal genähert. Sein dunkles Gefieder stach aus dem blassen Grün der Wiese hervor. Langsam griff ich nach hinten und holte einen Pfeil aus meinem Köcher. Die drei Gänsefedern kitzelten an meinen Fingern. Ich legte den Pfeil in die Sehne und spannte den Bogen. Ein flacher, ruhiger Atem. Meine Gedanken, meine Konzentration, war nur auf das vor mir hockende Huhn gerichtet. Ich hielt den Atem an. Nur den Bruchteil einer Sekunde. Kein Zittern befiel meine Finger. Die Pfeilspitze zeigte genau auf den Hals des Tieres. Dann ließ ich los. Die Bogen-sehne surrte und der Pfeil flog mit tödlicher Präzision davon. Ich grinste Jamie an und ging, um das Moorschneehuhn an meinen Gürtel zu binden.
„Ein guter Schuss, Nick.“
„Den nächsten bekommst du, mein Freund.“
Es war eine gute Jagd. Wir erwischten noch ein paar Kaninchen, zwei Fasane und einige Wachteln. Jamie war mit dem Bogen eben so gut wie ich und die Hälfte unserer Beute hing an seinem Gürtel. Kurz nachdem die Sonne ihren Zenit überschritten hatte, verließen wir mit einem zufriedenen Gefühl den Wald.
“Da haben wir genug Fleisch für eine Woche.“, sagte er mit einem glücklichen Ausdruck auf seinem Gesicht.
„Wir sollten zusehen, dass es nicht schlecht wird. Ich bringe die Tiere zu Tiana. Sie brät sie mit Butter und macht eine herrliche Wildbeerensoße dazu. Ich kann es kaum erwarten.“
lachend liefen wir zurück zu der gepflasterten Straße und blieben vor dem eisernen Tor stehen, aus dem Jamie heute früh herausgetreten war.
„Sehe ich dich heute bei der Clansversammlung? - wir entscheiden, was wir wegen den McCanns machen.“
„Was soll ich denn da? Mutter weiß, dass ich Ailig McCann nicht unterstütze. Wir schätzen den Frieden den wir durch die Zusammenarbeit der Clans erreicht haben und ich bezweifele, dass die anderen Clans die McCann unterstützen werden. Dazu ist ihre Abstammung zu weit von den McGealaich entfernt.“
„Meinst du?“
„Es sähe sicher anders aus, wenn Ailig McCann der Großneffe des alten Lord Gealaich gewesen wäre. Doch das ist er nicht.“
„Na gut. Dann sehe ich deine Mutter, wenn sie in deinem Namen spricht.“
„Auf wiedersehen, mein Freund.“
Wir winkten einander noch einmal und dann verschwand er hinter dem eisernen Tor, während ich mich auf den Heimweg machte. Dort angekommen, brachte ich die Jagdbeute in die Küche, wo Tiana, unsere Köchin, mir die Wachteln und Fasane abnahm. Sie lächelte glücklich und bereitete die Vögel zum Rupfen vor. Der Wasserkessel hing schon über der Feuerstelle noch bevor ich die Küche verlassen hatte.
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so, jetzt bin ich mal auf eure Meinungen gespannt
LG, Nalee