Teufelszeug > Theorie
Ts lernt schreiben
Trippelschritt:
Nachdem ich grade wieder gelesen habe, mit welchen Dingen ihr euch rumschlagt und euch allein schon deshalb in Schwierigkeiten bringt, weil ihr alles auf einmal wollt und deshalb unter euren Möglichkeiten bleibt, habe ich mir gedacht, ich versuche mal noch zusammenzubekommen, welchen Weg ich gegangen bin. Ihr werdet wahrscheinlich einen etwas anderen Weg gehen, aber vielleicht könnt ihr euch das eine oder andere abgucken.
Ich muss vorausschicken, dass ich durch meine berufliche Tätigkeit bereits Fach- und Sachbücher geschrieben hatte, es also wenig Probleme mit Syntax, Grammatik und Ähnlichem gab und ich auch gut einen vermurksten Satz von einem guten Satz unterscheiden konnte. Und ich hatte bereits mindestens einen Schreibkurs in wissenschaftlichem Schreiben gegeben. Ich fing also nicht bei Null an. Es geht nur darum, was ich gemacht habe, um Belletristik zu lernen. Meinen ersten Roman habe ich um 2000 begonnen. jetzt haben wir 2017. Es ging also auch bei mir nicht so einfach ruckzuck.
Und jetzt fange ich mit einem Doppelpost an, weil mir die Texte hier so oft abstürzen.
Geht also sofort weiter.
Liebe Grüße
Trippelschritt
Trippelschritt:
Und schon ist es passiert. Text fast fertig und dann eine falsche Taste und alles war weg. Also auf ein neues.
Da ich gerne aus Büchern lerne, habe ich mir eine Reihe Schreibratgeber angeschafft, durch sie durchgeblättert und mich dann für ein Buch entschieden.
Sol Stein: Über das Schreiben.
Der fing ganz praktisch an und ich brauchte mir nicht den Kopf darüber zu zerbrehcen, wie meine Prämisse hieß. Ich erinnere mich noch, dass ich jedes Kapitel gelesen habe und nach jedem Kapitel eine Pause gemacht habe. Und bei mindestens drei Kapiteln hat es Ping gemacht. Ping bedeutet, ich bekam Idee und kam auf eigene Gedanken. Meine drei Kapitel waren:
- Der Anfang (zieht den Leser an)
- der Dialog (Wie schreibt man, wie Leute reden?)
- die Beschreibung (alle Sinne)
An zwei Aha-Erlebnisse erinnere ich mich auch noch.
- Bei der Beschreibung geht es nicht nur darum, was der Autor beschreibt, sondern auch was er nicht beschreibt. Es geht also nicht um Fülle, sondern zunächst einmal um eine Auswahl. Und mit dieser Auswahl führt er den Leser auf den Weg, auf der er ihn fürhren will. Beschreibungen sind mächtiger als man glaubt.
- Dialoge sind Kunstprodukte, die authentisch klingen sollen. Hört sich an wie ein Widerspruch in sich selbst. Erst später habe ich auch gemerkt, dass längere Dialoge eine eigene Regie brauchen. Aber noch nicht zu dieser Zeit.
Dann habe ich angefangen zu schreiben und auch heute schreibe ich noch gern Textbausteine mit Beschreibungen und Dialogen und Storyanfängen, wenn mir danach ist. und wenn mir danach ist, taugen sie auch meist was. Ich habe also mit meinen Stärken begonnen und nicht mit meinen größten Defiziten. Man braucht Erfolgserlebnisse beim Lernen.
Gleichzeitig - hat mit Schreibratgebern nichts zu tun - habe ich nach den wichtigsten Schlüsselpunkten gesucht, die darüber entscheiden, ob mir ein Roman gefällt. Ich habe mich zunächst auf drei beschränkt. Diese drei Punkte haben sich im Verlauf der Zeit immer ein wenig verändert. Jetzt sind es nur noch zwei.
Die Schlüsselpunktfrage habe ich auch in den verschiedensten Foren gestellt. Die Antwort war immer dieselbe. Die Mehrzahl der Diskutanten war der Meinung, das ist eine reine Geschmacksfrage. IST ES NICHT!
Und selbst wenn es das wäre, ändert das nichts an der Tatsache, dass mit diese Frage entscheidend weitergeholfen hat, bessere Texte zu schreiben.
Das ist Stufe 1. Die reicht für ein oder zwei Jahre. Nur so nebenbei: Perspektive und/oder Nähe war für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Das habe ich erst sehr spät verstanden.
Frohes Schaffen
Trippelschritt
Oflinitrium:
--- Zitat ---Gleichzeitig - hat mit Schreibratgebern nichts zu tun - habe ich nach den wichtigsten Schlüsselpunkten gesucht, die darüber entscheiden, ob mir ein Roman gefällt. Ich habe mich zunächst auf drei beschränkt. Diese drei Punkte haben sich im Verlauf der Zeit immer ein wenig verändert. Jetzt sind es nur noch zwei.
--- Ende Zitat ---
Mmmhh das ist ein interessaner Aspekt. Ich kann dir zu jedem Buch, das ich mag Schlüsselpunkte nennen, bei denen der Autor mit seinem Ansehen bei mir ordentlich ins Minus gerutscht ist. Aber Schlüsselpunkte die mir gefallen sind meist ziemlich allgemein wie beispielsweise gute Charakterinteraktion, Erzählweise einer Geschichte etc. Oder denke ich gerade zu konkret und es ist damit genau das gemeint wie ich z.B. hier beschreibe?
--- Zitat ---Lies die Texte deiner Vorbilder und mach dir klar was du an diesen Texten magst und wo sie deiner Meinung nach Schwächen haben. Ich beispielsweise mag die Erzählweise von Christopher Paolini, aber was Charaktere angeht hat er noch viel Luft nach oben. Christoph Hardebusch hingegen ist sehr gut darin Charaktere zu beschreiben und miteinander in-character interagieren zu lassen, während Terry Goodkind sehr gut darin ist seine Geschichte wie ein Puzzle auszubreiten und dem Leser nach und nach ein Teil in die Hand zu geben, das dieser dann an die richtige Stelle rücken kann.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---Und schon ist es passiert. Text fast fertig und dann eine falsche Taste und alles war weg. Also auf ein neues.
--- Ende Zitat ---
Einer der Gründe weswegen ich mir in Foren angewöhnt habe alle paar Zeilen Strg+a gefolgt von Strg +c zu drücken... Vor allem vorm finalen absenden.^^
Trippelschritt:
Nach Fehlern schaue ich weniger. Zwar fallen sie mir auf und sie bringen mich auch dazu ein Buch beiseite zu legen, aber wenn ich schreiben lernen will, geht es nicht so sehr darum, Fehler zu vermeiden, als vielmehr starke Passagen zu schreiben. Nicht verlieren wollen, macht dich nicht automatisch zu enem Gewinner.
Wenn Du meinst, dass gute Charakterinteraktionen für eine gute Geschichte unverzichtbar sind und mit ihnen alles steht und fällt, dann hast Du Deinen ersten Punkt. Aber um diesen Punkt jetzt für das Schreiben umzusetzen, musst Du Dir klar machen, was gute Charakterinteraktionen sind, was sie ausmacht und wie man zu ihnen kommt.
Liebe Grüße
Trippelschritt
Ctrl+a ist markieren, aber was bewirkt Ctrl+c?
Lionel Eschenbach:
@Trippelschritt.
Jeden Punkt unterschreibe ich. Jeden. Mag daran liegen, dass wir möglicherweise einen ähnlichen Background haben.
Ich teile deine Auffassung, dass wir ein Gespür dafür entwickeln können, was gut oder weniger gut ist. Gerade bei Dialogen in Filmen fällt es mir auf. Sie wirken natürlich und doch sind sie eine Verdichtung, fast schon eine Sentenz. Anscheinend mögen Drehbuchautoren es.
Gibt dort etliche Dialoge, die so beiläufig wirken und doch erzielen sie einen Effekt in ihrer Kürze. Hier einige Klassiker für mich, die sich leider eingebrannt haben, seufz.
Highlander. "Hey, ich bin Candy." "Natürlich bist du das!"
John Wick "Versuch nicht dem Leben einen Sinn zu geben, es ist eine Aneinanderreihung von Tagen und schlechten Tagen."
Wir mögen es oder nicht. Aber Dialoge sind Kunstprodukte, die weit mehr erreichen sollen, als nur zu sagen, hole mir eine Tasse Kaffee. Nur verdammt schwierig.
Weiterhin teile ich deine Auffassung, dass ich persönlich für mich gute von weniger gute Fantasyliteratur unterscheiden kann. Ich weiß sogar, was mir daran gefällt, der Stil, die Worte, das Tempo etc. pp. Und ich versuche so zu schreiben.
Jeder Schreibratgeber hat irgendwie recht und unrecht. Alles macht Sinn, doch aus all den Ratschlägen die Hilfe zu finden, die uns befähigt, so zu schreiben, wie wir es wollen, ist schwer. Ich schreibe, ja, aber noch nicht so, wie ich es möchte. Das ist doch das Problem.
Nein! Es ist keine Geschmackssache!! Das ist oft die höfliche Umschreibung für, wirklich grottig geschrieben. Ich kann in ein Museum gehen und mir viele Kunstwerke anschauen. Manche Stile gefallen wir einfach nicht, wie z.B Expressionisten. Aber ich kann sehr wohl sagen, auch wenn mir der Stil nicht gefällt, es ist verdammt gut gemacht. Verdammt gut. Und eben das ist es, es ist keine Geschmackssache, es ist viel, viel auch Handwerk. Gerade das richtige Tempo, die Konsistenz einer Szene. Darüber verzweifele ich so manchen Abend, wenn ich schreibe. Aber manchmal komme ich meinem Sound schon nahe und ich sage zu mir selbst. Ja, diese Szene hört sich so an, wie ich sie mir vorgestellt habe. Mal schauen, was die Leser sagen :)
Thumb up!!!
L.
P.S. Hatte die Zitatseite von John Wick noch hoffen. Herrlich.
John: "Ich hab mich zur Ruhe gesetzt."
Addy: "Nicht, wenn Du Deinen Drink hier nimmst."
Diese zwei Sätze erklären weit mehr, als die einfache Bedeutung nahelegt. Eingebettet in den Kontext, erklären diese zwei Sätze, dass John Wick sich wieder entschieden hat, in den nächsten 60 Minuten ca. 60 Leute zu ermorden, nur weil er einen Drink nimmt. Hammer, Hammer, Hammer.
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