Teufelszeug > Theorie
Basically we have no cash. And thus, no flow. (Dialoge in Filmen)
Parzifal:
--- Zitat ---Was mich interessiert, wenn die Diskussion hier schon in diese Richtung geht: Kann irgendjemand den Unterschied zwischen Film- und Buchdialogen greifen? Klar, ich sehe ihn in meiner eigenen Schreibe, die aber diese Trennung eben sehr stark zieht. Also viel mehr Ping-Pong in den Filmdialogen, mehr Monologisieren/Exposition in Prosadialogen. Das ist nicht allgemein zielführend. Also kann es jemand besser ausdrücken?
--- Ende Zitat ---
Dialoge:
Ich denke mal, dass es im Film oder in der Prosa darauf ankommt, was für ein Thema zur Debatte steht und was für Figuren und Protagonisten agieren. Es könnte ja eine Romanfigur sein, die bestimmte Wörter nicht korrekt aussprechen kann oder eine Figur in einem Film, in dem kaum etwas geredet wird (könnte auf einer ostfriesischen Insel spielen)
Von daher wird man weder im Film noch in der Prosa pauschale Dialog-Mechanismen aufzeigen können, die das jeweilige Metier repäsentieren oder sich deutlich vom anderen unterscheiden. Mehr ping-pong kann auch im Roman gut sein und Expostion im Film.
Der Autor wird sich in jedem Einzelfall Gedanken machen müssen, was passt und was seinem Stil entgegen kommt. ;)
Viskey:
Naja, beim Film kann man sich die ganzen Zusätze sparen,die einem verraten, wer gerade spricht. Auch Außerungen zur Gemütslage kann man sich dort sparen. Da steht am Anfng noch ein es kommt zum Streit, der Rest muss dann von Regisseur und Schauspielern kommen.
Wohingegen es in der Literatur sehr viel einfacher ist, Motivationen und andere Gedanken einzuflechten, als im Film.
Und der Film-Dialog kann (oder muss sogar) ein realistischer sein. Da stottert dann halt jemand herum, verwendet Halbsätze und Wortwiederholungen ... Fällt im Film nicht so sehr auf. Im Buch geht das nicht, weil das schmerzhaft zu lesen ist, und einfach ewig aufhält.
Hm, mal sehen, ob das morgen auch noch Sinn ergibt, oder ob das nur Geschwafel meines übernachtigen, schlafverschonten Gehirns ist.
Trippelschritt:
Vielleicht stehe ich da auf der Leitung, aber ich sehe gar keinen grundlegenden Unterschied zwischen den Dialogen in Roman und Film, wenn ich mal davon absehe, dass ich Tonfall etc. in Pros explicit erwähnen muss und Schwierigkeiten habe, bestimmte Betonungen deutlich zu machen.
Ping-Pong-Spiel ist in Filmen beliebt, aber nicht unbedingt immer gut. Aber das gilt auch für Prosa.
Für beide gilt, dass jeder gute Dialog einer eigenen Regie folgt.
Und den einzigen Unterschied, den ich sehe, ist vielleicht der, dass in Filmen Dialoge häufiger die Handlung vorwärtstreiben als in Romanen, in denen die Stimme aus dem Off (Autorenstimme oder Ähnliches) leichter zu handhaben ist.
Jetzt bin ich wirklich gespannt auf die Unterschiede.
Liebe Grüße
Trippelschritt
Bateman:
--- Zitat ---Auch Außerungen zur Gemütslage kann man sich dort sparen. Da steht am Anfang noch ein es kommt zum Streit, der Rest muss dann von Regisseur und Schauspielern kommen.
--- Ende Zitat ---
Mmh, weiß nicht, ob das so stimmt. Die Arbeit von Regie und Schauspiel ist eine interpretierende. Der Text wird sich zurechtgelegt und möglicherweise auf die eigene Rolleninterpretation umgededeutet. ABER es ist alles vorher angelegt. In den Dialogen selbst (Haltung der Figur), Verdeutlichungen im Text (Groß- oder Fettschreibung), den erklärenden Klammern und natürlich im Beschreibungstext über die Handlung:
--- Zitat ---LISA wendet sich ab.
LISA
(ironisch)
DAS hab ich nicht erwartet!
--- Ende Zitat ---
Da ist tatsächlich erstmal wenig Interpretationsspielraum, was wichtig ist, damit das Buch richtig umgesetzt wird.
Richtig ist aber, dass die Dialoge im Film viel strukturierender wirken, als in der Prosa.
--- Zitat ---Und den einzigen Unterschied, den ich sehe, ist vielleicht der, dass in Filmen Dialoge häufiger die Handlung vorwärtstreiben als in Romanen, in denen die Stimme aus dem Off (Autorenstimme oder Ähnliches) leichter zu handhaben ist.
--- Ende Zitat ---
Handlung sollte in jeder Kunstform durch Handlung getrieben sein, nicht durch Dialoge. Aber der Rhythmus wird im Film eben durch die Dialoge vorgegeben. Für das obige Beispiel braucht es in der Prosa viel mehr Worte:
--- Zitat ---Lisa wandte sich ab. Als hätte sie nicht gewusst, dass das passiert. Sie schnaubte verächtlich: "DAS hab ich nicht erwartet."
--- Ende Zitat ---
Hier wirkt die Gedankenstimme gleichberechtigt neben dem Dialog als strukturierendes, rhythmisches Eement des Textes.
Im Film könnte dieser Dialog gut eine Szene beenden. Falls wir als Zuschauer noch nicht wissen, was Lisa erwartet oder nicht erwartet hat, würde uns das wohl der nächste Schnitt zeigen. Lisas Dialog vielleicht sogar in die nächste Szene überlappen, damit eine Gleichzeitigkeit von Bild und Dialog passiert.
Das geht in der Prosa nicht, einfach weil wir Worte nicht so schnell aufnehmen können. Es braucht also Text/Beschreibung als Überleitung und strukturierendes Element.
Das kann man sogar in den einzelnen Dialog übertragen. In der Prosa ist es möglich, einzelne Dialogpassagen auszulassen und durch Beschreibung zu ersetzen.
--- Zitat ---Lisa wandte sich ab und machte eine ironische Bemerkung. Paul kannte das schon von ihr und sagte: "Lisa, reiß dich zusammen."
--- Ende Zitat ---
Dieses Stilmittel geht im Film zwar auch (indem die Kamera so weit weg geht, dass wir die Personen nicht mehr hören), es legt dann aber eine deutliche Gewichtung auf die Szene (Geheimnis).
Was will ich damit sagen? Im Film müssen Dialoge sehr viel präziser gesetzt sein. In der Prosa hat man immer den Beschreibungstext als zusätzliches Element. Heißt das, das Filmdialoge schwieriger zu schreiben sind? Vielleicht ja. Man kann jedenfalls in der Prosa mehr schummeln. Aber vielleicht macht das dann auch schlechte Prosa aus :biggrin:
Keine Ahnung, ich spiel mal den Ping-Pong-Ball weiter.
Parzifal:
--- Zitat ---Was will ich damit sagen? Im Film müssen Dialoge sehr viel präziser gesetzt sein. In der Prosa hat man immer den Beschreibungstext als zusätzliches Element. Heißt das, das Filmdialoge schwieriger zu schreiben sind? Vielleicht ja. Man kann jedenfalls in der Prosa mehr schummeln. Aber vielleicht macht das dann auch schlechte Prosa aus. Keine Ahnung, ich spiel mal den Ping-Pong-Ball weiter.
--- Ende Zitat ---
... ich greif ihn mal auf:
Alles was du zum Film gesagt hast, könnte auch für Prosa gelten - ich sehe da keine fundamentalen Unterschiede. Die Prosa hat halt keine visuellen Bilder und muss sich mit Beschreibungen behelfen, die Bilder im Kopf des Lesenden entstehen lassen. Von dem mal abgesehen, wird im Drehbuch ja auch ähnlich wie in der Prosa verfahren, da die Bilder zu dem Zeitpunkt noch nicht vorhanden sind. Und dass die Dialoge die Handlung noch vorne bringen und präzise sein sollten, gilt für Film wie Prosa.
Es wäre ja auch allzu einengend, wenn Autoren da nach Schema F verfahren müssten, weil sie vielleicht (versehentlich) einen "Filmdialog" geschrieben haben. Spaß macht doch der Einzelfall, indem ich mit meinen Ideen und meinem Stil (als Autor) einen interessanten Dialog zimmere, den man versteht, der unterhaltsam zu lesen ist und die Handlung nach vorne bringt (wie gesagt)
Ich glaube nicht, dass sich heutzutage ein Autor noch groß Gedanken darüber macht, ob er einen Film- oder einen Prosadialog geschrieben hat (den Unterschied gibt es ja eh nicht). Wir leben im Zeitalter des Recycling - alles ist schon gemacht worden, auf allen Ebenen von Kunst. Wir bedienen uns aus diesem riesigen Fond (selbstverständlich auch metierübergreifend) und setzen neu zusammen. Dabei gibt es keine einengenden Regeln mehr; zumindest nicht für die progressiven Autoren. :klug:
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