Tja, ein passendes Datum für das Thema:
Frauenrollen, Frauenbilder, Frauensprache - und was uns, die Schreibnasen, das angeht.
Ich fang mal an mit einer Lagebeschreibung: Wir haben im Grundgesetz ein gleiches Recht für Männer und Frauen verankert, und in der Praxis ... nicht. Karrierechancen, Bildungschancen, Bezahlung ... das Problem ist nicht strittig.
Nun, wenigstens zum Teil liegt das an Sachen wie 'Rollenbildern' und auch am Sprachgebrauch, an Vorbildern (an denen es oft mangelt, oder, schlimmer noch, die ausschließlich aus erigierten Zeigefingern bestehen), an der Darstellung der Geschlechter auch in der Literatur - an Klischees und ISSOs.
Nun, es gibt da viele Ansätze, mit denen an der Sache gearbeitet wird (oder 'werden soll'), z.B. die 'gendergerechte Sprache'. Die Frage ist, ob das etwas bringt, und ob das 'muss'.
Grade 'Gendern' ist der Versuch, durch Sprachgebrauch Bewustsein zu ändern (oder zu bilden), eine Idee, die ziemlich bestechend zu sein scheint. Erstmal. Orwell hat mit seiner Neusprech und dem Zwiedenk da einiges vorgegeben.
Dumm ist, daß die faschistoide Vereinfachung in Ozeanien einen deutlich größeren Reiz ausübt als die Kompliziertheitinnen deX GenderI*nnengerechtInnen Sprachgebrauchin - doppelplusungut ist das.
Zudem ist zumindest zweifelhaft, ob das Abschalten der Männerdominierten Sprache den gewünschten Effekt überhaupt haben kann, oder ob im Gegenteil Missstände dadurch noch effektiver verschleiert werden: Wenn, als einfaches Beispiel, nicht mehr von 'Professoren' die Rede ist, sondern von 'ProfessorI*nnen', steht die Frage 'und, habt ihr keine Frauen auf den Leerstühlen' eben nicht mehr offen im Raum. Und kann demnach nicht hinterfragt werden.
Aber das ist nicht der Kern dieses Themas: Ob es funktioniert oder nicht ist sekundär - die erste Frage ist, ob ein Buch gelesen wird, denn nur dann kann es überhaupt wirken.
Erst danach kann man - vorausgesetzt man will - darüber nachdenken, welche Mittel geeignet sind, um 'beim Leser etwas zu erreichen' - wobei ich persönlich der Ansicht bin, daß eine gute, starke Frauenrolle mit ein paar Kernsätzen mehr bringt (weil verständlicher, eingängiger) als komplizierte Wortbildungen.
Dazu kommt noch der Gedanke:
In einem Setting 'Echtwelt' sollte die Story möglich sein - und die 'Lage der Nation' echt. Eine Notation des Zustandes, keine Schönfärberei. Besonders gilt das natürlich für historische Romane: Diese ganzen 'starken Frauen' (Päpstinnen und Wanderhuren, unbezähmbare Angeliques und so) bewirken nur eins: Ach, die Mädels träumen sich das zurecht, da sieht man mal wieder: Keinerlei Realitässinn. Ungeeignet für Führungspositionen.
(Wenn ich mir die Mädels an den Kinokassen so anschaue, bei den 50 Schattierungen von langweiligem Möchtegernsex, denkte ich mit Sorge darüber nach, was die so beruflich machen, echt. Vor allem, wenn sie kichern.)
Also, gleich mehrere Fragen:
Hat die gemeine Schreibnase einen 'Auftrag', die Welt zu verbessern?
Wenn ja: Wie kann das funktionieren? Welche Mittel sind wirksam, welche kontraproduktiv?
Und wie schafft man es, trotzdem gelesen zu werden, und zwar auch und besonders von denen, die da einen Anschub brauchen? Also nicht von der problembewusste, änderungswillige Frau mit Bildungshintergrund (was rein zahlenmäßig nicht eben für Bestsellerstatus langt) sondern von denen, die bei 'Biss zum Erbrechen' darüber nachdenken, wo sie diesen schicken Fummel wohl kaufen könnten ...
(Ähm ... ja. Ja, einiges davon ist eher provokant formuliert. Klar, oder: Schließlich bin ich ein Mann, und das Subtile ist daher nicht so meins. Kann man ja überall nachlesen: MännerI*nnen haben das einfach nicht drauf ...)
cheers, Uli