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Die Erschaffung von Figuren

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Trippelschritt:
Danke,
stelle ich meine Fragen mal daneben

1. Wo kommst du her? Das ist u.a. eine frage des Settings.

2. Was willst du? Figuren müssen ziele haben.

3. Warum willst du das? Ohne Motive zu kennen sind die Ziele Zufallsprodukte und meist langweilig.

Es gibt noch mehr Fragen, die liegen für mich aber entweder in der zweiten Reihe oder aber sie zeigen nur einen anderen Aspekt und sind in diesen drei Fragen enthalten. Dazu gehören:

- Was würde passieren, wenn die Figur ihr Ziel nicht erreicht?
- Welche sind die Stärken und Schwächen der Figur
- Wie weit würde er gehen, um sein Ziel zu erreichen
- Wie weit ändert er sich in der Geschichte (Er muss sich nicht ändern. Ein Muss nur in Entwicklungsromanen)


Und dann gibt es noch Fragen, die ich aber nicht listen kann, weil sie sich erst ergeben, wenn ich die obigen Fragen beantwortet habe und Teile vom Plot existieren. Es sind die Fragen zum Detail der Figuren oder solche, die sich aus einer Szene ergeben.


Liebe Grüße
Trippelschritt

Mooncat:
Zwei Fragen decken sich also schon. Die dritte eigentlich auch, denn für mich ist das die Frage nach dem Stören - oder kommt dann sonst spätestens auf dem Fuss von Was willst du ...

Trippelschritt:
Das sehe ich auch so, Mooncat.
Vielleicht habe ich noch einen Tipp für Dich.
Ich selber tendiere ja dazu, Figurenerfindung, Figureneinführung und Figurenpräsentation in meinen Notizen getrennt zu behandeln, auch wenn diese drei Aspekte durchaus Gemeinsamkeiten aufweisen.

Ich bin jetzt über einen Schreibratgeber von Orson Scott Card gestolpert, der sich mit Figuren beschäftigt.
Der geht völlig anders an die Thematik heran. Zwar bietet er mir von den Informationen her nicht viel Neues, aber seine Sichtweise tritt ständig Ideen los bei mir. Und das hat was.

Keine Ahnung, ob es ihn auf Deutsch gibt, aber Du hast ja eh kein Problem mit deinem Englisch.

Liebe Grüße
Trippelschritt

kass:
@Trippel

ich hab mal nach dem Schreibratgeber von Orson Scott Card gesucht, ihn leider aber nicht gefunden. Könntest du mir mal den Titel nennen?

Schade, dass die Diskussion hier beendet wurde. Ich fand es sehr interessant und bin erleichtert, dass ich nicht die einzige bin, die Probleme damit hat, im Vorneherein die Figur klar zu zeichnen. Ich gehöre wohl zu der Fraktion, die ihre Figuren im Laufe der Geschichte kennen lernt. (Und dann muss ich auch manchmal an den Anfang zurück und den ein oder anderen Dialog überarbeiten, weil er nicht mehr wirklich zur Figur passt, so wie sie sich dann entwickelt hat.)

Vieles, was die Figuren anbelangt, läuft bei mir ganz instinktiv ab. Aber jetzt, wo ich drüber nachdenke, finde ich, dass die beiden Themen plot und Figuren zu eng verknüpft sind, als dass man sie trennen könnte. Für mich ist z.B. ein wesentlicher Aspekt, dass ich in irgendeiner Form Freude an der Figur haben kann, sonst erstickt sie mich beim Schreiben. Zeichne ich also einen Tyrannen (der General) wie in meinem ersten Buch, dann hat er - allen Übels zum Trotze - z.B. Humor.

Die meisten Eigenschaften sind (bislang bei mir) aus der Position der Figur vorgegeben. Hat also der Tyrann (Nebenfigur) einen zweiten Stellvertreter (eine der Hauptfiguren), so sind ja bestimmte Eigenschaften vorgegeben, ohne die man eine solche Position nicht erreicht: Stärke, Klugheit, Ehrgeiz. Da ich ja auch mehr so in Richtung Bauchschreiber gehe und den plot nur ansatzweise und manchmal gar nicht kenne, muss ich mehrere  Optionen offen halten. Also lege ich einen kleinen Keim in ihm an, der ihn zweifeln lässt. Dieser Keim des Auflehnens widerspricht sich aber mit seinem tief verwurzelten Glauben. Ich weiß selbst noch nicht, ob es am Ende gelingen wird, ihn auf die andere Seite zu ziehen, auch wenn das im Moment noch so geplant ist, und was es braucht, um das bewirken (obwohl ich da natürlich auch schon Ideen habe, aber ich habe schon lange nicht mehr an der Geschichte gearbeitet und weiß noch nicht einmal, ob ich das Projekt weiterführen werde).

Vielleicht ist die Frage, die hier gestellt werden sollte, die: Wie entwickle ich Figuren mit möglichst viel Konfliktpotential für die Geschichte? Was lege ich in dem Bösen an, dass ich ihn - in der Stunde der Not - doch auf meine Seite ziehen kann oder ihn überlisten oder eine Schwäche ausnutzen kann? Was lege ich in meinem Verbündeten an, dass er mich - in der Stunde der Not - im Stich lassen wird? Kehrt er zurück und hilft mir doch? Welche Erwartungshaltung lege ich an, damit ich sie durchbrechen und - gegebenenfalls - der Geschichte eine neue Wendung geben kann? Das heißt ja noch lange nicht, dass ich das ausschöpfen muss.

Und die andere Frage: Was ist mit den Nebenfiguren?

Wie differenziert müssen / dürfen die sein? Ich hab mal in einem Ratgeber (ich glaube es war: Wie schreibe ich einen Bestseller) gelesen, dass die Nebenfiguren ruhig mit Stereotypen besetzt sein dürfen. Das erleichtere es dem Leser, sich in der Geschichte zurechtzufinden. Dem stimme ich zu. Es darf der joviale Wirt auftauchen, oder auch der brummige, mürrische Wirt, der dem Prota das Bier einschenkt und eine Info rausrückt.
(Allerdings stand im selben Buch auch, es gäbe so etwas wie eine optimale Anzahl an Hauptfiguren, je nach Länge des Buches zwischen 3-4 bei kürzeren Werken und max. bis zu 7-8 bei längeren Werken. Die optimale Erzählperspektive sei, bei den Hauptfiguren jeweils aus der Sicht der Hauptfigur zu schreiben, und bei allen Nebenfiguren den auktorialen Erzähler zu verwenden. Es überfordere den Leser, sich in zu viele Personen hineinzuversetzen. Daraufhin habe ich das Rad der Zeit mit seinen abertausenden Seiten und andere Mehrbänder noch mal gelesen und nur auf Perspektive geachtet. Dieser Aussage stimme ich nicht zu. Es überfordert mich nicht, auch in die Perspektive der Nebenfiguren zu schlüpfen.)

Die klassische Fehlbesetzung ist doch einfach herrlich, vor allem, wenn man gerne auch mit Humor arbeitet. Ich probiere mich ja gerade auch in kürzeren Geschichten, die ich quasi meinen Freunden widme, d.h. ich greife sie auf, lehne die Namen an ihre an, und schmeiße sie in Szenen rein, was ihnen enormes Vergnügen bereitet und mir auch. (Falls ich das jemals veröffentlichen werde, wird der Titel sein: Ode an die Freunde. Eine dieser Geschichten ist übrigens die mit der Bewerbung, wo einfach alles kaputt geht, die dir so gut gefallen hat.)
Also nehme ich z.B. einen Freund, der Ingenieur ist, und schmeiß ihn in eine Welt, in der er plötzlich mit Göttern und Feen und allem möglichen abstrusen Zeug konfrontiert wird. Da darf er ruhig allen Ingenieurswitzen und Klischees entsprechen. Das tut der Geschichte sogar gut, weil dann eben daraus der Konflikt entsteht.

So, und jetzt hör ich auf, hier unnütz rumzulabern. Eigentlich wollte ich ja nur kurz nach dem Ratgeber fragen.

LG
Kass


Viskey:

--- Zitat von: kass am 25 April 2017, 20:19:11 ---Vielleicht ist die Frage, die hier gestellt werden sollte, die: Wie entwickle ich Figuren mit möglichst viel Konfliktpotential für die Geschichte? Was lege ich in dem Bösen an, dass ich ihn - in der Stunde der Not - doch auf meine Seite ziehen kann oder ihn überlisten oder eine Schwäche ausnutzen kann? Was lege ich in meinem Verbündeten an, dass er mich - in der Stunde der Not - im Stich lassen wird?

--- Ende Zitat ---

Das halte ich für einen sehr guten und wichtigen Punkt.

Und das ist genau das Problem mit einer meiner Figuren. Sie ist eine der Bösen der Geschichte, und zumindest im 2. Teil die treibende Kraft hinter der Verschwörung. Gleichzeitig ist sie die Freundin/Liebschaft von einem der Guten - was sie überhaupt erst in die Lage versetzt, verschwörerisch tätig zu werden, weil sie nur über ihn an die nötigen INformationen kommt.

Das war und ist für mich ein schier unlösbares Problem, dass sie einerseits die ganze Welt in Gefahr bringt für ihre eigenen, falschen Vorstellungen, andererseits aber genug "Gutes" hat, um für einen der "Helden" der Geschichte von Interesse zu sein. Die eine Eigenschaft, die sie zur Antagonistin prädestiniert, ist (übertriebener) Ehrgeiz, und das ist die eine Eigenschaft, die dem Protagonisten völlig fehlt, und die er auch nicht mag. Wie die beiden also zusammenbringen?

Was liegt im Charakter dieser Frau, das ihn anzieht und dazu bringt, diesen Ehrgeiz zu tolerieren?

Vielleicht komm ich über diese Schiene endlich an dieses verdammte Miststück ran ... :begging:



Schön, dass das wieder ausgegraben wurde. :cheer:

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