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Textanfänge

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Fabian:

--- Zitat von: Parzifal am 10 January 2015, 00:00:02 ---
--- Zitat ---Es ist kalt um 6 Uhr 40 in der Frühe eines Pariser Märztages, und es scheint noch kälter zu sein, wenn zu dieser Zeit ein Mann von einem Exekutionskommando füsiliert werden soll.
Am 11. März 1963 stand zu jener Stunde ein Oberstleutnant der französischen Luftwaffe im Gefängnishof des Fort d´Ivry an einem in den Kies getriebenen Pfahl, hinter welchem man ihm die Hände zusammenband, und starrte mit langsam schwindendem Zweifel auf den Zug Infanteristen, der ihm gegenüber in zwanzig Meter Entfernung Aufstellung genommen hatte.
--- Ende Zitat ---

- Wer ist der Mann?
- Warum soll er erschossen werden?
... sind die beiden ersten (Spannung erzeugenden) Fragen, die man sich nach diesem Absatz als Leser stellt.
Den leichten Schauer über den Rücken besorgt die Uhrzeit, der Ort und die Umstände unter denen das Geschehen abläuft.  8)

--- Ende Zitat ---

Schau an, so unterschiedlich wirken Anfänge ...

Mir stellen sich ganz andere Fragen:
- hat hier mal wieder der Übersetzer geschludert?
- was ist das für ein ominöses "es", das noch kälter zu sein scheint, als das einleitende "es"?

Auf mich wirkt die Sprache antiquiert und distanziert und ich meine mich zu erinnern, dass mich der Autor mit seinem Roman nicht fesseln konnte (aber das ist schon soooo lange her ...).

Parzifal:

--- Zitat ---Auf mich wirkt die Sprache antiquiert und distanziert und ich meine mich zu erinnern, dass mich der Autor mit seinem Roman nicht fesseln konnte (aber das ist schon soooo lange her ...).
--- Ende Zitat ---

Macht nichts, Fabian - der Roman hatte (auch ohne dich) weltweit mehr als genug Leser und gilt schon lange als Klassiker.  ;)

P.S.
Ich glaube auch nicht, dass es in diesem Thread darum geht, Textanfänge zu rösten. Wir wollen sie analysieren, um rauszufinden, was der Autor gemacht macht, um die Leser in seine Geschichte reinzuziehen.  :klug:

Trippelschritt:

--- Zitat von: Parzifal am 10 January 2015, 00:00:02 ---Guter Thread, Trippelschritt.


--- Zitat ---Es ist kalt um 6 Uhr 40 in der Frühe eines Pariser Märztages, und es scheint noch kälter zu sein, wenn zu dieser Zeit ein Mann von einem Exekutionskommando füsiliert werden soll.
Am 11. März 1963 stand zu jener Stunde ein Oberstleutnant der französischen Luftwaffe im Gefängnishof des Fort d´Ivry an einem in den Kies getriebenen Pfahl, hinter welchem man ihm die Hände zusammenband, und starrte mit langsam schwindendem Zweifel auf den Zug Infanteristen, der ihm gegenüber in zwanzig Meter Entfernung Aufstellung genommen hatte.
--- Ende Zitat ---


--- Ende Zitat ---

Da ist meine Antwort doch in den Tiefen der Federhölle verschwunden. Also noch einmal.
Danke für die Blumen, Parcifal, aber ich bin nur Deiner Anregung gefolgt undd achte mir, dass es mit Satzanfängen am leichtesten sei.

Dein Zitat gefällt mir, aber ich habe nicht Deine Fragen.
Mit dem Wetter anzufangen ist immer eine schlechte Idee, aber hier gibt es zwei Arten von Kälte, und die eine hat mit der anderen wenig zu tun. Das ist der Aufhänger.
Dann folgte eine Beschreibung belangloser Details, denen aber durch die Ausführlichkeit Bedeutung  zugewiesen wird.
Stark ist außerdem "mit langsam schwindenden Zweifel", weil dieser Aspekt den Menschen und nicht den Oberstleutnant betrifft und damit für Empathie sorgt.
Ein schönes Beispiel für überlegt gesetzte Worte.

Trippelschritt

Parzifal:
Um das nicht schuldig zu bleiben:
Es ist der Anfang des Romans "Der Schakal" von Frederick Forsyth.

LaHallia:
Hier mein Anfang:
Mit einer falschen Nummer fing es an, mitten in der Nacht läutete das Telefon dreimal, und die Stimme am anderen Ende fragte nach jemandem, der er nicht war.
(Stadt aus Glas, Paul Auster).

Warum mir dieser Anfang so gefällt?
Eigentlich ist es etwas ziemlich Banales, von jemandem angerufen zu werden, der sich verwählt hat, aber es ist mitten in der Nacht, der Anrufer wird also einen dringenden Grund haben. Oder war es vielleicht gar nicht unbeabsichtigt? Die Person könnte ja zunächst auch nur so getan haben, als hätte sie sich verwählt.
Ich kenne den Roman nicht, aber mir würden mehrere Möglichkeiten einfallen, wie es weitergehen könnte.
Und: wenn dieser Anruf nicht wichtig für die Geschichte wäre, hätte der Autor in (hoffentlich!!!) nicht an den Anfang gestellt.

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