Patricia Highsmith: Suspense oder Wie man einen Thriller schreibt
Hatte mich auf das Buch schon gefreut, aber:
Der Titel verspricht mehr als das Buch dann hergibt. Es lässt sich zwar schnell weglesen, ist ja auch nur ein kurzes Büchlein, aber ernsthaft Aufschlüsse darüber, wie Spannung, wie Suspense (übrigens ganz anders definiert als von uns) zu erzeugen ist, sind nicht enthalten.
Mein Fazit: Kann man lesen, muss man aber nicht.
Schon im Vorwort steht, dass es sich nicht um einen Ratgeber handelt, denn die gute Frau Highsmith meint, es sei unmöglich zu erklären, wie ein erfolgreiches - lesbares - Buch zu schreiben sei. Sie erzählt schlicht von ihren eigenen Erfolgen und Misserfolgen.
Das Wort suspense wird als Klassifizierung für ein Genre benutzt. Suspense-Stories sind Geschichten, in denen physische Gewaltanwendung und Gefahr drohen oder tatsächlich stattfinden. Ein weiteres Charakteristikum der Suspense-Story liegt darin, dass sie Unterhaltung liefert - meist in lebhaftem oder oberflächlichem Sinne. Diese Definition war wohl damals im amerikanischen Buchhandel üblich. Es entspricht also im wesentlich dem, was als Thriller bezeichnet wird.
Es geht in dem Buch viel um ihre eigenen Ideen zu den Büchern und auch darum, wie sie sich häufiger im plot vertan hat. Sie schildert, wie sie sich beispielsweise an einer Szene festgebissen hatte, weil sie der Meinung war, sie bräuchte diese Szene, und außerdem mochte sie sie auch echt gerne, aber es schadete der Story.
Schon 1951 war ihr Roman "Der Fremde im Zug" von Hitchcock verfilmt worden mit weltweitem Erfolg.
Für mich ganz interessant war, dass selbst eine renommierte und international erfolgreiche Schriftstellerin auch später noch recht derbe Absagen zu ihren Manuskripten erhielt und auch drastische Kürzungen vom Lektor übernahm. Schnell mal mehr als 100 Seiten rausgeschmissen. Allein der Arbeitsaufwand in den Zeiten, als es noch keine PCs gab und alles mit Schreibmaschine dann umgefummelt werden musste. (Das Buch stammt aus den späten 60er Jahren) Bei einem Buch, das auf Ablehnung beim eigenen Verlag stieß, übernahm sie aus der ersten Fassung nur eine Dreiviertelseite. Der Rest war Murks.
Sie schreibt, dass auch die zweite Fassung eines Manuskripts zu Recht vom ihren Verlag abgelehnt wurde. Die Begründung für die Ablehnung war, dass die Hauptfigur ein passiver, sich selbst bemitleidender, schwacher und eher dümmlicher Held war. In einer anderen Absage hieß es, ein Buch verkrafte vielleicht einen oder zwei Neurotiker, aber sicherlich nicht drei, noch dazu die Hauptfiguren.
Sie war eine Eigenbrötlerin, mochte niemandem ihre Entwürfe und Rohfassungen zeigen, weil sie Bedenken hatte, dass negative Kritiken im Schaffensprozess für ihr Schreiben hinderlich seien. Sie hielt auch nichts davon, sich mit Autorenkollegen auszutauschen. Wörtlich: "Ich kann mir nichts Schlimmeres oder Riskanteres vorstellen, als über meine Arbeit mit einem anderen Schriftsteller zu sprechen; ich käme mir geradezu nackt vor. ... Ich glaube, das wechselseitige Unbehagen unter Schriftstellern kommt daher, dass sie sich alle irgendwie auf der gleichen Ebene befinden, wenn sie Romane schreiben. Ihre unsichtbaren Antennen tasten die Luft nach den gleichen Schwingungen ab; oder, um eine grobschlächtigere Metapher zu benutzen, sie schwimmen alle in derselben Tiefe, die Zähne gefletscht auf der Suche nach der gleichen Art treibenden Planktons."
Mir tat sie zwischendurch regelrecht leid. Ich glaube, sie hätte sich irre viel Mühe und Arbeit und auch Ablehnungen ersparen können, wenn sie nicht mit dieser Einstellung geschlagen gewesen wäre. Aber das war halt nicht ihr Ding.
Nach der Lektüre dieses Buches bin ich sehr, sehr dankbar, dass ich an einem PC schreiben kann und dass es das Internet gibt und insbesondere dieses Forum. Danke an Uli und Merin und alle anderen, die dieses Forum gegründet haben und daran arbeiten.